OGH 12Os20/05s

OGH12Os20/05s10.3.2005

Der Oberste Gerichtshof hat am 10. März 2005 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Schindler als Vorsitzenden sowie die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Holzweber, Dr. Philipp, Dr. Schwab und Dr. Lässig als weitere Richter, in Gegenwart des Richteramtsanwärters Mag. Petö als Schriftführer, in der Strafsache gegen Herbert K***** wegen des Verbrechens des Mordes nach § 75 StGB und anderer strafbarer Handlungen über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung des Angeklagten gegen das Urteil des Geschworenengerichtes beim Landesgericht Korneuburg vom 6. Dezember 2004, GZ 702 Hv 1/04x-234, nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung den Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Die Nichtigkeitsbeschwerde wird zurückgewiesen.

Zur Entscheidung über die Berufung werden die Akten dem Oberlandesgericht Wien zugeleitet.

Dem Angeklagten fallen die Kosten des bisherigen Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Text

Gründe:

Mit dem angefochtenen, auf dem Wahrspruch der Geschworenen beruhenden Urteil wurde Herbert K***** des Verbrechens des Mordes nach § 75 StGB (I 1), des Verbrechens des schweren Raubes nach §§ 142, 143 zweiter Fall StGB (I 2), des Verbrechens der schweren Nötigung nach §§ 105 Abs 1, 106 Abs 1 Z 1 [erster Fall] StGB (I 3), des Vergehens des versuchten Widerstandes gegen die Staatsgewalt nach §§ 15, 269 Abs 1 erster Fall StGB (II) und des Vergehens nach § 50 Abs 1 Z 1 WaffG (III) schuldig erkannt.

Danach hat er

I. am 24. Februar 2003 in Gerasdorf bei Wien

1. Gerhard H***** durch 7 Schüsse aus einer Pistole [Walther] PP, Kaliber 7,65 mm, vorsätzlich getötet,

2. der Bediensteten der Raiffeisenbank Gerasdorf bei Wien Birgit B***** durch die Aufforderung „Ruhig bleiben, Geld her", wobei er die Pistole [Walther] PP, Kaliber 7.65 mm, gegen sie richtete, sohin durch Drohung mit gegenwärtiger Gefahr für Leib oder Leben und unter Verwendung einer Waffe, eine fremde bewegliche Sache, und zwar 14.075 EUR Bargeld, mit dem Vorsatz abgenötigt, sich durch deren Zueignung unrechtmäßig zu bereichern,

3. Harald P***** als Lenker des PKW Opel Omega dadurch, dass er sich auf die Rücksitzbank des bei einer auf Rotlicht geschalteten Verkehrsampel angehaltenen PKW setzte und zu P***** zunächst sagte, „Wennst dich umdrehst, erschieß ich dich" und ihm sodann auftrug, wohin er fahren solle, sohin durch gefährliche Drohung mit dem Tode, zu einer Handlung, nämlich zur Lenkung des PKW von Gerasdorf bei Wien nach Deutsch-Wagram genötigt;

II. am 4. November 2003 in Poysdorf die Gendarmeriebeamten RI Karl Hu***** und RI Reinhard L***** durch Stöße mit den Händen sowie dadurch, dass er die Dienstwaffe von RI L***** aus dem Holster zu zerren und sich vom Zugriff der Beamten loszureißen versuchte, sohin mit Gewalt an einer Amtshandlung, nämlich seiner Festnahme und Eskortierung auf den Gendarmerieposten Poysdorf zu hindern versucht;

IV. (richtig: III.) zumindest im Zeitraum zwischen dem 24. Februar 2003 und dem 4. November 2003 in Gerasdorf bei Wien, Poysdorf und an anderen Orten des Bundesgebietes unbefugt genehmigungspflichtige Schusswaffen besessen, und zwar die Feuerwaffen Walther PP, Nummer 886953, Kal 7,65 mm und FEG Röhm 78, Nummer B16290, Kal 7,65 Browning.

Rechtliche Beurteilung

Die dagegen vom Angeklagten aus § 345 Abs 1 Z 4 und Z 10a erhobene Nichtigkeitsbeschwerde ist nicht berechtigt.

Die Behauptung einer Nichtigkeit gemäß Z 4, weil in der Hauptverhandlung unter anderem eine mit ihm aufgenommene, von ihm aber (bewusst) nicht unterfertigte Niederschrift (vgl S 651/VI) verlesen wurde (S 65/IX), legt einerseits nicht dar, aus welchem Grund dadurch in der Hauptverhandlung irgendeine prozessuale Vorschrift verletzt oder vernachlässigt worden sei, und übergeht andererseits, dass die Verlesung gemäß § 252 Abs 1 Z 4 StPO erfolgte (S 93/IX).

Die Tatsachenrüge (Z 10a) argumentiert zum einen damit, dass im Fahrzeug des Harald P***** (vgl Faktum I 3) aufgefundene Haare nicht dem Angeklagten zugeordnet werden konnten (DNA-Gutachten ON 172, 173), und hebt zum anderen hervor, dass zwei Zeuginnen Haartracht und -farbe des Täters der Faktengruppe I im Widerspruch zum Erscheinungsbild des Angeklagten beschrieben.

Erhebliche Bedenken gegen die Richtigkeit der im Wahrspruch der Geschworenen festgestellten entscheidenden Tatsachen werden dadurch nicht erweckt:

Nach den Verfahrensergebnissen trug nämlich der Täter bei Verübung des Raubes und in weiterer Folge auch des Mordes eine (bis über die Ohren reichende und ins Genick gezogene) Haube mit einer darüber befestigten großflächigen Gesichtsmaske (vgl Bilder der Überwachungskamera der Bank S 399, 455/II; Zeugen Ba***** S 373/II, Gabriela M***** S 379/II).

Die bezogenen Angaben (S 345/II) der Tatzeugin Christel H***** kurz nach dem für sie überaus belastenden Geschehen (handelte es sich beim Mordopfer doch um ihren Gatten) - die sie im Übrigen in der Hauptverhandlung relativierte (S 39/IX) - vermögen daher keine qualifizierte Bedeutung bei der Lösung der Schuldfrage zu entfalten. Die Zeugin Edith Br***** (die Kassiererin eines in der Nähe der Bank gelegenen Geschäftes) wiederum beschrieb einen Mann, der in Richtung Bank ging (S 207/VIII, 68/IX), dessen von der Beschwerde behauptete Identität mit dem Täter allerdings nach den Ergebnissen des Beweisverfahrens rein hypothetisch ist (vgl S 753/VI). Auch wenn nicht gesichert ist (vgl S 363/II, 40/IX), dass der Täter im Auto des Harald P***** noch eine Haube trug (was gegen das Hinterlassen von Haarspuren spräche), vermag das Auffinden von Haaren anderer Personen im genannten Fahrzeug zur Beantwortung der Täterfrage überhaupt nichts beizutragen.

Bloß der Vollständigkeit halber sei aus der für die Täterschaft des Angeklagten in den Schuldspruchfakten I sprechenden erdrückenden Indizienkette hervorgehoben, dass die Tatmunition aus der sichergestellten Faustfeuerwaffe des Rechtsmittelwerbers, der zum Tatzeitpunkt kein geregeltes Einkommen aufwies und verschuldet war (S 367 f, 383/III), verschossen wurde (S 595, 599/VI, 87/IX) und diese (sehr seltene) Munition der ebenso beim Angeklagten beschlagnahmten entsprach (S 117, 385/VI, 90/IX), wobei dessen Verantwortung zum Erwerb der Waffe (erst) im Mai 2003 in einem namentlich genannten Lokal in Wien (S 371/III, 21 ff/IX) im Widerspruch zu dem Umstand steht, dass dieses zur fraglichen Zeit gar nicht in Betrieb war (S 381/VI).

Die Nichtigkeitsbeschwerde, die ungeachtet des Antrages auf gänzliche Urteilsaufhebung zum Faktum II unausgeführt blieb (§§ 285 Abs 1 zweiter Satz, 285a Z 2 StPO), war deshalb und darüber hinaus als offenbar unbegründet in nichtöffentlicher Sitzung zurückzuweisen (§§ 344, 285d Abs 1 StPO), woraus die Zuständigkeit des Oberlandesgerichtes Wien zur Erledigung der Berufung folgt (§ 285i StPO).

Der als Ergänzung der Rechtsmittelausführung durch den Verteidiger gedachte Schriftsatz des Angeklagten vom 20. Februar 2005 ist ex lege (§ 285 Abs 1 Satz 1 StPO) unbeachtlich und sohin keiner Erwiderung zugänglich (Fabrizy StPO9 § 285 Rz 1).

Die Kostenentscheidung fußt auf § 390a Abs 1 StPO.

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