Spruch:
Das Rechtsmittel der beklagten Partei wird zurückgewiesen.
Die klagende Partei hat die Kosten der Rekurs- und Revisionsbeantwortung selbst zu tragen.
Text
Begründung
Die Ehe der beiden nach Schluss der mündlichen Verhandlung erster Instanz verstorbenen Streitteile Ingeborg H***** und Ing. Hans H***** (im Folgenden weiterhin als Klägerin und Beklagter bezeichnet) wurde im Jahr 1967 geschieden. Noch vor der Ehescheidung schlossen sie am 21. 12. 1966 „im Zusammenhang mit der in beiderseitigem Einvernehmen erfolgenden Scheidung ihrer Ehe" einen notariellen Vertrag über die Scheidungsfolgen. In Punkt 1. dieses Vertrages verpflichtete sich der Beklagte, der Klägerin beginnend mit dem auf die Rechtskraft des Scheidungsurteiles folgenden Monat einen monatlichen Unterhaltsbetrag von S 10.000,-- zu bezahlen, und zwar 14 x jährlich, monatlich im Vorhinein und außerdem am 15. 7. und 15. 12. eines jeden Jahres. Die Bezahlung dieses Unterhaltsbetrages sollte wertgesichert nach dem Index der Verbraucherpreise I erfolgen.
Mit der Behauptung, der Beklagte sei seiner Unterhaltspflicht nicht zur Gänze nachgekommen, begehrte die Klägerin vom Beklagten zuletzt die Zahlung von S 1,663.450,-- sA an restlichem Unterhalt für die Zeit von Mai 1994 bis September 1999 sowie von S 196.435,36 an kapitalisierten Verzugszinsen wegen der nicht bezahlten Unterhaltserhöhung. Darüber hinaus sei der Beklagte schuldig, der Klägerin ab Oktober 1999 monatlich im Vorhinein zu dem monatlich bezahlten Unterhaltsbetrag von S 15.000,-- einen weiteren Unterhaltsbetrag von S 21.160,-- sowie jeweils am 15. 7. und 15. 12. eines jeden Jahres monatlich im Vorhinein einen weiteren Unterhaltsbetrag von S 36.160,-- zu bezahlen. Mit diesem Unterhaltsbegehren verband die Klägerin ein weiteres Begehren auf Zahlung von zuletzt (vgl S 1 im Protokoll ON 59) S 1,714.790,46 (S 240.000,-- Mietentgang, S 174.790,46 „Nebenkosten" und S 1,300.000,-- Instandsetzungskoten), welches allerdings nicht Gegenstand des Rechtsmittelverfahrens ist.
Das Erstgericht sprach mit Teilurteil über das Unterhaltsbegehren der Klägerin dahin ab, dass es den Beklagten verpflichtete, der Klägerin S 1,597.494,-- sA, S 164.328,15 an kapitalisierten Zinsen und ab Oktober 1999 monatlich im Vorhinein zu dem monatlich bezahlten Unterhaltsbetrag von S 15.000,-- einen weiteren Unterhaltsbetrag von S 20.457,-- und jeweils am 15. 7. und 15. 12. eines jeden Jahres monatlich im Vorhinein einen weiteren Unterhaltsbetrag von je S 35.457,-- sowie ab 15. 9. 1999 für die jeweils fällig werdenden Unterhaltsbeträge bis zum Zeitpunkt der Zahlung 4 % Verzugszinsen pro Jahr zu bezahlen. Das Zahlungsmehrbegehren von S 65.956,-- sA sowie das kapitalisierte Zinsenmehrbegehren von S 32.107,21 und ein Mehrbegehren an laufendem Unterhalt von monatlich S 703,-- (14 x jährlich) sA wurden abgewiesen.
Dieses Ersturteil wurde mit Teilurteil des Berufungsgerichtes vom 29. 6. 2000 (ON 66) im Umfang eines Zuspruches von S 790.995,-- sA und eines laufenden Unterhaltes seit 1. 10. 1999 als Teilurteil bestätigt. Im übrigen Umfang wurde mit der Fortführung des Berufungsverfahrens gemäß § 62 Abs 3 VfGG innegehalten und gemäß Art 89 Abs 2 B-VG an den Verfassungsgerichtshof der Antrag gestellt, § 72 EheG als verfassungswidrig aufzuheben.
Nach Vorliegen des Erkenntnisses des Verfassungsgerichtshofes vom 25. 2. 2004, G 76/01-11, bestätigte das Berufungsgericht mit Teilurteil vom 17. 6. 2004 (ON 72) das Ersturteil im Umfang eines weiteren Zuspruches von S 554.499,-- (EUR 40.297,01) sA an kapitalisiertem Unterhalt für die Zeit vom 31. 5. 1994 bis 31. 3. 1997 und hob das Ersturteil im verbliebenen Umfang (Zuspruch von S 252.000,-- = EUR 18.313,55 sA und von S 164.328,15 = EUR 11.942,19 an kapitalisierten Zinsen) auf und verwies die Rechtssache in diesem Umfang an das Erstgericht zur neuerlichen Entscheidung zurück. Das Berufungsgericht sprach aus, dass die ordentliche Revision gegen das Teilurteil und der Rekurs gegen den Aufhebungsbeschluss zulässig seien, weil das Berufungsgericht von der Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes zur Frage, ob eine außergerichtliche Mahnung des unterhaltspflichtigen geschiedenen Ehegatten Voraussetzung für den Verzug nach § 72 EheG sei, abgewichen sei. Eine Ausfertigung dieser Entscheidung wurde dem Beklagtenvertreter am 15. 7. 2004 zugestellt.
Das dagegen von der beklagten Partei erhobene Rechtsmittel der Revision und des Rekurses, mit dem die beklagte Partei eine Abänderung der angefochtenen Entscheidung im Sinne einer Abweisung des Klagebegehrens im noch strittigen Umfang anstrebt, wurde am 22. 9. 2004 zur Post gegeben.
Rechtliche Beurteilung
Das Rechtsmittel der beklagten Partei erweist sich damit jedoch als verspätet.
Bei der Überprüfung der Rechtzeitigkeit eines Rechtsmittels ist von Amts wegen auch zu prüfen, ob eine Ferialsache im Sinn des § 224 Abs 1 ZPO vorliegt. Diese Frage ist nach den Klagsbehauptungen zu beurteilen (Schragel in Fasching/Konecny2 II/2 § 224 ZPO Rz 1 mwN). Gemäß § 224 Abs 1 Z 4 ZPO sind unter anderem „Streitigkeiten über den aus dem Gesetz gebührenden Unterhalt" Ferialsachen. Diese Formulierung entspricht wörtlich dem § 49 Abs 2 Z 2 JN, der für diese Art familienrechtlicher Streitigkeiten die Eigenzuständigkeit der Bezirksgerichte vorsieht. Zu den gesetzlichen Unterhaltsansprüchen zählen auch Unterhaltsansprüche aus einer vertraglichen Unterhaltsvereinbarung, soweit durch diese eine im Gesetz gegründete Unterhaltspflicht geregelt wird, also auch aus Unterhaltsvergleichen der Ehegatten. Im Sinne der ständigen Rechtsprechung ändert der Umstand, dass Unterhaltsansprüche der Höhe nach durch Vergleich festgesetzt sind, grundsätzlich nichts an ihrer Rechtsnatur als gesetzlicher Unterhaltsanspruch. Ferialsachen sind daher ua alle Streitigkeiten zwischen Ehegatten über den gesetzlichen Unterhalt, auch wenn aus einem Unterhaltsvergleich oder auf Aufwertung eines bestehenden Titels geklagt wird (Gitschthaler in Rechberger, ZPO2 § 224 Rz 7; Schragel aaO § 224 Rz 2 jeweils mwN ua; RIS-Justiz RS0037450, RS0046467, RS0037368). Es entspricht auch ständiger Rechtsprechung, dass durch die Verbindung einer Ferialsache mit einer Nichtferialsache in einer Klage auch die Nichtferialsache zur Ferialsache wird (EvBl 1990/124 mwN ua; RIS-Justiz RS0037388, RS0037773). Schließlich vermag auch der Umstand, dass die beiden Ehegatten nach Schluss der mündlichen Verhandlung erster Instanz verstorben sind und der Rechtsstreit nunmehr vom Erben der Klägerin gegen die Verlassenschaft nach dem Beklagten fortgeführt wird, nichts daran zu ändern, dass es sich beim vorliegenden Rechtsstreit weiterhin um eine Ferialsache im Sinne des mit § 49 Abs 2 Z 2 JN wortgleichen § 224 Abs 1 Z 4 ZPO handelt. Denn auch die Eigenzuständigkeit nach § 49 Abs 2 Z 2 JN besteht nach Abs 3 dieser Gesetzesstelle weiter, wenn der Rechtsstreit von einem oder gegen einen Rechtsnachfolger einer Partei oder von einer Person geführt wird, die kraft Gesetzes anstelle der ursprünglichen Person hiezu befugt ist, also etwa bei Klagen von und gegen Singular- oder Universalsukzessoren (Mayr in Rechberger, ZPO2 § 49 JN Rz 8; vgl auch EFSlg 88.093). Gemäß § 225 Abs 2 ZPO hat die verhandlungsfreie Zeit auf den Anfang und den Ablauf von Fristen in Ferialsachen keinen Einfluss. Durch den Beginn der verhandlungsfreien Zeit am 15. 7. 2004, dem Tag der Zustellung der Entscheidung des Berufungsgerichtes an den Beklagtenvertreter, trat daher keine Verlängerung der vierwöchigen Rechtsmittelfrist ein. Das erst am 22. 9. 2004 zur Post gegebene Rechtsmittel ist daher verspätet und war deshalb zurückzuweisen.
Dem Kläger gebühren für die von ihm erstattete Revisions- und Rekursbeantwortung keine Kosten, weil er auf die auch für ihn erkennbare Verspätung des Rechtsmittels der beklagten Partei nicht hingewiesen hat und der Schriftsatz daher zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung nicht notwendig war (§§ 40, 50 ZPO).
Lizenziert vom RIS (ris.bka.gv.at - CC BY 4.0 DEED)