OGH 1Ob292/04d

OGH1Ob292/04d22.2.2005

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Gerstenecker als Vorsitzenden sowie die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Zechner, Univ. Doz. Dr. Bydlinski, Dr. Höllwerth und Dr. Fichtenau als weitere Richter in der Pflegschaftssache der mj. Andrea S*****, infolge „außerordentlichen Revisionsrekurses" des Vaters Dr. Christoph S*****, Facharzt für Unfallchirurgie, *****, gegen den Beschluss des Landesgerichts für Zivilrechtssachen Wien als Rekursgericht vom 6. Oktober 2004, GZ 42 R 354/04a-32, womit der Beschluss des Bezirksgerichts Hietzing vom 14. Juni 2004, GZ 3 P 76/02k-24, teilweise bestätigt und teilweise abgeändert wurde, in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Die dem Obersten Gerichtshof mit Vorlagebericht vom 14. Dezember 2004 vorgelegten Akten werden dem Bezirksgericht Hietzing zur gesetzmäßigen Behandlung zurückgestellt.

Text

Begründung

Vorauszuschicken ist, dass die Unterhaltsansprüche der mittlerweile volljährig gewordenen Tochter Sonja nicht mehr Gegenstand des Revisionsrekursverfahrens sind, wenngleich sie noch Gegenstand der Entscheidung des Rekursgerichts waren. Letzteres ist für die hier zu treffende Entscheidung bedeutungslos, weil im Unterhaltsverfahren der Wert des Entscheidungsgegenstandes des Rekursgerichts für jedes Kind einzeln zu beurteilen ist (RIS-Justiz RS0112656). Die Unterhaltsansprüche mehrerer Kinder beruhen nämlich nicht auf demselben tatsächlichen und rechtlichen Grund, sondern stellen nur gleichartige, auf einem im wesentlichen gleichartigen tatsächlichen und rechtlichen Grund beruhende Ansprüche dar; eine Zusammenrechnung findet daher nicht statt (RIS-Justiz RS0017257).

Das Erstgericht erhöhte den vom Vater für die mj. Andrea zu leistenden monatlichen Unterhaltsbeitrag ab 1. 1. 2003 von EUR 530 auf EUR 618; das Erhöhungsmehrbegehren wies es - unbekämpft - ab. Gegen die Erhöhung des von ihm zu leistenden Unterhaltsbeitrags erhob der Vater Rekurs, dem das Rekursgericht teilweise Folge gab und die für die mj. Andrea ab 1. 1. 2003 zu leistenden monatlichen Unterhaltsbeiträge auf EUR 595 reduzierte. Das Rekursgericht sprach aus, dass der ordentliche Revisionsrekurs nicht zulässig sei.

Den „außerordentlichen" Revisionsrekurs des Vaters legte das Erstgericht dem Obersten Gerichtshof unmittelbar vor.

Rechtliche Beurteilung

Diese Vorgangsweise widerspricht der seit Inkrafttreten der WGN 1997 geltenden Rechtslage:

1. Nach dem - wegen des vor dem 31. 12. 2004 gelegenen Entscheidungsdatums erster Instanz noch anzuwendenden (vgl § 203 Abs 7 AußStrG 2003) - § 14 Abs 3 AußStrG 1854 ist - außer im Fall des § 14a Abs 3 AußStrG 1854 - der Revisionsrekurs jedenfalls unzulässig, wenn der Entscheidungsgegenstand an Geld oder Geldeswert insgesamt EUR 20.000 nicht übersteigt und das Rekursgericht nach § 13 Abs 1 Z 2 AußStrG 1854 den ordentlichen Revisionsrekurs für nicht zulässig erklärt hat.

2. Unterhaltsansprüche sind gemäß § 58 Abs 1 JN mit der 3-fachen Jahresleistung zu bewerten. Eines Bewertungsausspruches durch das Gericht zweiter Instanz bedarf es daher bei Ansprüchen auf gesetzlichen Unterhalt nicht (RIS-Justiz RS0042366). Wird eine Erhöhung oder Herabsetzung eines Unterhaltsbeitrages begehrt, so bildet den Streitwert nicht der Gesamtbetrag, sondern nur der dreifache Jahresbetrag der begehrten Erhöhung oder Herabsetzung (RIS-Justiz RS0046543).

3. Hier war maßgeblicher Gegenstand der Rekursentscheidung nur mehr die Erhöhung des monatlichen Unterhaltsbeitrags für die mj. Andrea um EUR 88. Das 36-fache dieses Betrags (EUR 3.168) übersteigt nicht EUR 20.000. Unter diesen Voraussetzungen kann eine Partei nach § 14a Abs 1 und 2 AußStrG 1854 einen - binnen 14 Tagen nach der Zustellung der Entscheidung beim Erstgericht einzubringenden (§ 14a Abs 2 AußStrG 1854) - Antrag an das Rekursgericht stellen, seinen Ausspruch dahin abzuändern, dass der ordentliche Revisionsrekurs doch für zulässig erklärt werde; ein solcher Antrag, der mit dem ordentlichen Revisionsrekurs zu verbinden ist, muss hinreichend erkennen lassen, warum der ordentliche Revisionsrekurs für zulässig erachtet wird.

4. Der Vater hat sein Rechtsmittel rechtzeitig beim Erstgericht eingebracht, es als außerordentlichen Revisionsrekurs bezeichnet und auch ausdrücklich ausgeführt, dass und warum er entgegen dem Ausspruch des Rekursgerichts den Revisionsrekurs doch für zulässig erachte. Dem Rechtsmittel fehlt aber die ausdrückliche Erklärung, dass der Antrag auf Abänderung des Zulässigkeitsausspruches durch das Rekursgericht (§ 14a Abs 1 AußStrG 1854) gestellt werde.

Nach der dargestellten Rechtslage wäre der Rechtsmittelschriftsatz jedenfalls nicht dem Obersten Gerichtshof vorzulegen gewesen, sind doch im Streitwertbereich des § 14a AußStrG 1854 Rechtsmittel gegen Entscheidungen, gegen die nach dem Ausspruch gemäß § 13 Abs 1 Z 2 AußStrG 1854 der ordentliche Revisionsrekurs nicht zulässig ist, nur dem Gericht zweiter Instanz (sofort), nicht aber dem Obersten Gerichtshof vorzulegen (§ 16 Abs 2 Z 2 AußStrG 1854). Ob ein Antrag iSd § 14a Abs 1 AußStrG 1854 vorliegt oder ob das Rechtsmittel einer Verbesserung zu dessen Nachholung bedarf, bleibt der Beurteilung der Vorinstanzen vorbehalten.

Aus diesen Erwägungen ist der Akt dem Erstgericht zurückzustellen.

Stichworte