OGH 15Os12/05m

OGH15Os12/05m17.2.2005

Der Oberste Gerichtshof hat am 17. Februar 2005 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Markel als Vorsitzenden sowie durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Schmucker, Dr. Zehetner, Dr. Danek und Dr. Kirchbacher als weitere Richter, in Gegenwart des Richteramtsanwärters Mag. Pablik als Schriftführer, in der Strafsache gegen Horst E***** wegen der Verbrechen des schweren sexuellen Missbrauchs von Unmündigen nach § 206 Abs 1 StGB über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung des Angeklagten gegen das Urteil des Landesgerichtes Ried im Innkreis als Schöffengericht vom 24. November 2004, GZ 21 Hv 15/04b-11, nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung den Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Die Nichtigkeitsbeschwerde wird zurückgewiesen.

Zur Entscheidung über die Berufung werden die Akten dem Oberlandesgericht Linz zugeleitet.

Dem Angeklagten fallen auch die Kosten des bisherigen Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Text

Gründe:

Horst E***** wurde der Verbrechen des schweren sexuellen Missbrauchs von Unmündigen nach § 206 Abs 1 StGB schuldig erkannt, weil er in Eberschwang und anderen Orten vom 22. Mai bis 10. Juli 1993 in wiederholten Angriffen mit der am 11. Juli 1979 geborenen, sohin im Tatzeitraum unmündigen Maria D*****, den Beischlaf unternommen hat.

Rechtliche Beurteilung

Die vom Angeklagten aus Z 5, 5a und 11 des § 281 Abs 1 StPO erhobene Nichtigkeitsbeschwerde verfehlt ihr Ziel.

Entgegen der Kritik der Mängelrüge (Z 5) haben die Tatrichter - dem Gebot der gedrängten Darstellung der Urteilsgründe nach § 270 Abs 2 Z 5 StPO Rechnung tragend - im Einklang mit den Gesetzen folgerichtigen Denkens und grundlegenden Erfahrungssätzen hinreichend begründet dargelegt, warum sie - der leugnenden Verantwortung des Angeklagten zuwider - aus der Aussage der Zeugin D*****, der Angeklagte habe gewusst, wie alt sie ist im Zusammenhang mit seiner Stellung als Klassenvorstand und unterrichtender Lehrer in zwei Fächern über einen Zeitraum von 4 Jahren erschlossen haben, dass er zum Tatzeitpunkt vom tatsächlichen Alter des Opfers Kenntnis hatte (US 3 und 4). Dass sie der insoweit gegenteiligen Verantwortung des Angeklagten nicht gefolgt sind und die aus den im Ersturteil angeführten Beweismitteln gezogenen Schlüsse dem Beschwerdeführer nicht überzeugend genug erscheinen, vermag den herangezogenen Nichtigkeitsgrund nicht zu verwirklichen.

In Wahrheit bekämpft die Beschwerde - wie sich schon aus dem Verweis auf den Zweifelsgrundsatz ableiten lässt - unter Hinweis auf selektiv hervorgehobene, dem Angeklagten entlastend erscheinende Teile des Beweisverfahrens und Anstellen eigener Beweiserwägungen die Beweiswürdigung der Tatrichter nach Art einer im kollegialgerichtlichen Verfahren nicht vorgesehenen Schuldberufung, ohne damit einen formalen Begründungsmangel aufzuzeigen. Die Tatsachenrüge (Z 5a) trachtet neuerlich unter Hinweis auf die leugnende Verantwortung des Angeklagten mit der Behauptung einer „an Willkür grenzenden Scheinbegründung" zu den ihn belastenden Depositionen des Opfers über dessen Alter unter 14 Jahren zu den Tatzeitpunkten und der mehrfachen Begehung des angelasteten Delikts in einer auch unter diesem Nichtigkeitsgrund nicht vorgesehenen Art die Beweiswürdigung der Tatrichter in Zweifel zu ziehen, vermag damit aber keine sich aus den Akten ergebenden erheblichen Bedenken gegen die Richtigkeit der dem Ausspruch über die Schuld zugrunde gelegten entscheidenden Tatsachen zu wecken.

Soweit die Beschwerde behauptet, das Erstgericht habe seine Pflicht zur amtswegigen Wahrheitsforschung vernachlässigt, indem es die Zeugin D***** nicht ausreichend über Umstände und Anzahl weiteren Geschlechtsverkehrs nach dem 22. Mai bis zur Vollendung des 14. Lebensjahres befragt und keinerlei Ermittlungen zu damaligen körperlichen Anzeichen von Reife bei der Unmündigen durchgeführt habe, macht sie nicht deutlich, wodurch der Angeklagte an der Ausübung seines Rechtes, die Beweisaufnahme in der Hauptverhandlung sachgerecht zu beantragen, gehindert war und daher hätte belehrt werden müssen (§ 3 StPO), um so die Ermittlung der Wahrheit zu fördern (vgl Ratz, WK-StPO § 281 Rz 480). Im Übrigen war der Verteidiger bei der kontradiktorischen Vernehmung der Zeugin D***** anwesend und wäre es ihm unbenommen gewesen, anlässlich der Vernehmung der Zeugin sein Fragerecht in der gewünschten Richtung auszuüben.

Die Sanktionenrüge (Z 11) wendet sich vorerst mit der Behauptung, „die Wiederholung der strafbaren Handlung" sei zu Unrecht als erschwerend angenommen, weil zufolge der zeitlich eng aufeinander folgenden, von einem Tatentschluss getragenen geschlechtlichen Handlungen nur eine einzige zusammenhängende Straftat vorliege, gegen die Annahme echter Realkonkurrenz des Deliktes. Dabei verkennt sie, dass beim Verbrechen des schweren sexuellen Missbrauchs von Unmündigen auch bei in kurzer zeitlicher Abfolge gegen dasselbe Tatopfer gerichteten mehrfachen Angriffen - im Fall getrennter Handlungskomplexe - Deliktswiederholung (echte Realkonkurrenz) vorliegt (vgl RIS-Justiz RS0118269) und geht dabei im Übrigen, abweichend von der Konstatierung, es sei etwa „jede Woche einmal bis alle zwei Wochen einmal" zum Geschlechtsverkehr gekommen, - urteilsfremd - von einer gegen dasselbe Opfer in Verfolgung eines einheitlichen, auf Vollendung ein und desselben Deliktes ausgerichteten Willensentschlusses aus (vgl RIS-Justiz RS0114523). Die weiteren Einwände der Sanktionenrüge machen einen Verstoß gegen die Bestimmungen der Strafzumessung, insbesondere der Grundsätze des § 32 Abs 2 StGB, damit allerdings lediglich einen Berufungsgrund geltend (Ratz aaO Rz 698 und Rz 728).

Die Nichtigkeitsbeschwerde war daher - in Übereinstimmung mit der Stellungnahme der Generalprokuratur, jedoch entgegen der die Argumente der Nichtigkeitsbeschwerde im Wesentlichen wiederholenden Äußerung der Verteidigung gemäß § 35 Abs 2 StPO - als offenbar unbegründet bei nichtöffentlicher Beratung sofort zurückzuweisen (§ 285d Abs 1 StPO), woraus die Kompetenz des Gerichtshofes zweiter Instanz zur Entscheidung über die Berufung folgt (§ 285i StPO). Die Kostenentscheidung beruht auf § 390a StPO.

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