OGH 6Ob357/04z

OGH6Ob357/04z17.2.2005

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Ehmayr als Vorsitzenden und die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Huber, Dr. Prückner, Dr. Schenk und Dr. Schramm als weitere Richter in den verbundenen Rechtssachen der klagenden Partei Liselotte P*****, vertreten durch Dr. Johannes Hintermayr ua, Rechtsanwälte in Linz, gegen die beklagten Parteien 1. K***** Gesellschaft mbH & Co KG, *****, vertreten durch Ebert & Huber, Rechtsanwälte in Wien, und 2. Kammer für Arbeiter und Angestellte *****, vertreten durch Dr. Adalbert Laimer, Rechtsanwalt in Wien, wegen Unterlassung, Widerrufs, Veröffentlichung des Widerrufs ehrverletzender Äußerungen und Zahlung von je 1.000 EUR, über die außerordentliche Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Wien als Berufungsgericht vom 22. Oktober 2004, GZ 4 R 262/04k-34, womit über die Berufung der erstbeklagten Partei das Urteil des Handelsgerichts Wien vom 24. Mai 2004, GZ 24 Cg 167/03x, 24 Cg 168/03v-30, teilweise abgeändert wurde, den

Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Die außerordentliche Revision wird mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO zurückgewiesen.

Text

Begründung

Rechtliche Beurteilung

Im Fall der üblen Nachrede kommt dem Medieninhaber gemäß § 6 Abs 2 Z 2 MedienG ein Rechtfertigungsgrund zugute, wenn a) die Veröffentlichung wahr ist oder b) ein überwiegendes Interesse der Öffentlichkeit an der Veröffentlichung bestanden hat und auch bei Aufwendung der gebotenen journalistischen Sorgfalt gebotene hinreichende Gründe vorgelegen sind, die Behauptung für wahr zu halten. Dieser auf die üble Nachrede eingeschränkte Rechtfertigungsgrund ist nach der oberstgerichtlichen Rechtsprechung auf alle Tatbestände des § 1330 ABGB, also auch auf bloß rufschädigende Tatsachenbehauptungen auszudehnen (SZ 73/198). Die Frage nach dem Umfang der Nachforschungspflicht eines Journalisten hängt immer von den Umständen des Einzelfalls ab. Das Nichteinholen einer möglichen Auskunft bedeutet noch nicht a priori und in jedem Fall eine Sorgfaltsverletzung (SZ 50/86; 6 Ob 78/00i; SZ 70/180). Bei der Veröffentlichung von Informationen eines Dritten ist die Einholung der Stellungnahme des von der Äußerung Betroffenen jedenfalls dann erforderlich, wenn nicht besondere Gründe für die Verlässlichkeit des Informanten sprechen (RIS-Justiz RS0108415). Medieninhaber können beispielsweise auf die Richtigkeit amtlicher Presseaussendungen, etwa von Sicherheitsbehörden, vertrauen und müssen keine eigenen Nachforschungen anstellen (SZ 60/93; SZ 73/198). Die Rechtsansicht des Berufungsgerichts, das Mitteilungen einer Arbeiterkammer Informationen eines verlässlichen, nicht weiter zu überprüfenden Informanten darstellen, ist keine den zitierten Grundsätzen entgegenstehende rechtliche Fehlbeurteilung. Arbeiterkammern sind gemäß § 3 Abs 1 des Bundesgesetzes über die Kammern für Arbeiter und Angestellte und die Bundeskammer für Arbeiter und Angestellte (Arbeiterkammergesetz 1992 - AKG, BGBl 1991/626) Körperschaften des öffentlichen Rechts, zu deren eigenem Wirkungsbereich ua die Ergreifung von Maßnahmen in Angelegenheiten des Konsumentenschutzes gehört (§ 4 Abs 2 Z 5 AKG), also auch die Information der Öffentlichkeit über Gefahren für Konsumenten durch gesetzwidrige Praktiken von Unternehmern. Da die Arbeiterkammern auch zur Wahrnehmung von Aufgaben der staatlichen Verwaltung berufen sind (§ 8 AKG) hat der Gesetzgeber selbst ein besonderes Vertrauen in die Institution zum Ausdruck gebracht, das auch aus § 93 Abs 1 AKG abgeleitet werden kann, wonach ua Behörden und Ämter des Bundes den Arbeiterkammern auf deren Verlangen die zur Erfüllung ihrer Obliegenheiten erforderlichen Auskünfte zu erteilen haben. Damit ist aber die Ansicht des Berufungsgerichts, dass Presseaussendungen der Arbeiterkammer „in die Nähe amtlicher Mitteilungen" gerückt seien, keine aufzugreifende Fehlbeurteilung.

Insoweit die Revisionswerberin releviert, dass die Erstbeklagte andere Vorwürfe als die Arbeiterkammer erhoben bzw deren Vorwürfe unzulässig verstärkt habe (insbesondere hinsichtlich des Betrugsvorwurfs), ist ihr zwar einzuräumen, dass der Rechtfertigungsgrund nach § 6 MedienG zur Voraussetzung hat, dass die falsche Äußerung des Dritten wahrheitsgetreu wiedergegeben wurde. Zumindest im relevanten Tatsachenkern trifft dies aber hier durchaus zu, sodass auch zu diesem Punkt keine erheblichen Rechtsfrage vorliegt. Einer weiteren Begründung bedarf dieser Beschluss nicht (§ 510 Abs 3 ZPO).

Stichworte