OGH 14Os146/04

OGH14Os146/0415.2.2005

Der Oberste Gerichtshof hat am 15. Februar 2005 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Mag. Strieder als Vorsitzenden sowie durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Zehetner, Hon. Prof. Dr. Ratz, Dr. Philipp und Hon. Prof. Dr. Schroll als weitere Richter, in Gegenwart des Richteramtsanwärters Mag. Petö als Schriftführer, in der Strafsache gegen Joseph K***** wegen des Verbrechens des schweren sexuellen Missbrauchs von Unmündigen nach § 206 Abs 1 StGB und weiterer strafbarer Handlungen über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung des Angeklagten sowie über die Berufung der Staatsanwaltschaft gegen das Urteil des Landesgerichtes für Strafsachen Graz als Schöffengericht vom 24. August 2004, GZ 22 Hv 65/04g-56, nach Anhörung des Generalprokurators in nichtöffentlicher Sitzung den Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Die Nichtigkeitsbeschwerde wird zurückgewiesen.

Zur Entscheidung über die Berufungen werden die Akten dem Oberlandesgericht Graz zugeleitet.

Dem Angeklagten fallen auch die Kosten des bisherigen Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Text

Gründe:

Mit dem angefochtenen Urteil wurde Joseph K***** des Verbrechens des schweren sexuellen Missbrauchs von Unmündigen nach § 206 Abs 1 StGB (A.1.) sowie der Vergehen des Missbrauchs eines Autoritätsverhältnisses nach § 212 Abs 1 Z 1 StGB (A.2.), der Blutschande nach § 211 Abs 1 StGB (A.3.) und der Nötigung nach § 105 Abs 1 StGB (B.) schuldig erkannt.

Demnach hat er in Graz

A. mit einer mit ihm in absteigender Linie verwandten unmündigen Person, nämlich seiner am 15. Juni 1999 geborenen Tochter Janet K*****,

1. in der Nacht vom 9. auf den 10. April 2004 den Beischlaf unternommen, indem er mit seinem Glied in die Vagina des unmündigen Mädchens eindrang;

2. durch die unter 1. geschilderte Tathandlung eine geschlechtliche Handlung vorgenommen;

3. durch die unter 1. geschilderte Tathandlung mit einer Person, mit der er in gerader Linie verwandt ist, den Beischlaf vollzogen;

B. nach der unter A.1. geschilderten Tathandlung zu einem nicht näher bekannten Zeitpunkt Janet K***** durch die Äußerung, sie würde eine "Hauerei" bekommen, wenn sie jemandem von dieser Mitteilung mache, sohin durch Drohung zumindest mit einer Verletzung am Körper, zur Unterlassung, jemandem von dem zu A. beschriebenen sexuellen Missbrauch zu erzählen, genötigt.

Rechtliche Beurteilung

Die vom Angeklagten dagegen aus § 281 Abs 1 Z 4 und 5 StPO erhobene Nichtigkeitsbeschwerde geht fehl.

Der Verfahrensrüge (Z 4) ist vorweg zu erwidern, dass allein der im Zeitpunkt der kritisierten Entscheidung des erkennenden Gerichts vorliegende Antrag den Gegenstand des Nichtigkeitsgrundes bildet. Erst im Rechtsmittel vorgebrachte Gründe tatsächlicher Art sind hingegen verspätet und können keine Berücksichtigung finden (Ratz, WK-StPO § 281 Rz 325).

Der Antrag auf "Einholung eines weiteren aussagepsychologischen Gutachtens über Joel und Janet, da das Gutachten Mängel in den theoretischen Grundlagen und der Planung und der Durchführung der psychologischen Untersuchung leidet und nicht dem Stand der Wissenschaft entspricht" (S 289), verfiel zu Recht der Abweisung. Der Angeklagte vermochte nämlich keine dem Befund oder dem Gutachten der beigezogenen Sachverständigen für Kinderpsychologie Dr. Sylvia W***** anhaftete Mängel der in §§ 125 f StPO bezeichneten Art aufzuzeigen, deren Vorliegen das Gesetz für die Einholung des Gutachtens eines anderen Sachverständigen voraussetzt. Die genannte Expertin wurde in der Hauptverhandlung vom 24. August 2004 ergänzend zu ihrem schriftlichen Gutachten (ON 36) befragt und hat logisch und empirisch einwandfrei dargelegt, dass ihr weitere Testverfahren angesichts des geringen Alters des Opfers keine zusätzlichen Informationen verschafft hätten (S 288).

Wenn der Beschwerdeführer dagegen schon bei der Antragstellung vorbrachte, "die weitere Begutachtung würde ergeben, dass Janet an Konfabulationstendenzen leidet bzw durch suggestive Befragung nicht realitätsbezogene Aussagen getätigt hat" (S 289), und in der Rüge eine (der Rechtsmittelschrift angeschlossene) Entscheidung des deutschen Bundesgerichtshofes (1 StR 618/98) zur Überprüfung der Glaubwürdigkeit einer zum Aussagezeitpunkt bereits 14jährigen Zeugin ins Treffen führt, zielt sein Verlangen nach einem weiteren Gutachten der Sache nach bloß auf einen unzulässigen Erkundungsbeweis ab (Ratz, WK-StPO § 281 Rz 351).

Die Mängelrüge (Z 5) zeigt keinen Formalfehler in der Bedeutung des geltend gemachten Nichtigkeitsgrundes auf, sondern beschränkt sich mit dem Ziel, der leugnenden Verantwortung des Angeklagten zum Durchbruch zu verhelfen, auf eigenständige Beweiswertüberlegungen, die - weil jenseits der Prüfung auf Übereinstimmung mit den Denkgesetzen und empirischen Erfahrungssätzen - nicht Gegenstand einer Mängelrüge sein können.

Dem Beschwerdevorwurf zuwider haben sich die Tatrichter mit der Aussage des Angeklagten, wonach das Mädchen von dessen Mutter im Geschlechtsbereich gewaschen und eingecremt worden sei, ohnedies auseinandergesetzt, diese Version als Ursache für die vom Sachverständigen Univ. Prof. Dr. Peter H***** festgestellte (nach dessen Gutachten mit großer Wahrscheinlichkeit durch repetitive Dehnung entstandene; US 5) anatomische Situation jedoch ausgeschlossen (US 7) und formal einwandfrei dargelegt, weshalb für sie keine Zweifel an einer Täterschaft des Angeklagten bestanden. Hingegen vermag der Beschwerdeführer unerörtert gebliebene Verfahrensergebnisse, die für ihn günstigere Schlussfolgerungen zugelassen hätten, nicht aufzuzeigen.

Die Nichtigkeitsbeschwerde war daher schon bei einer nichtöffentlichen Beratung sofort zurückzuweisen (§ 285d Abs 1 StPO), woraus die Zuständigkeit des Gerichtshofs zweiter Instanz zur Entscheidung über die Berufungen folgt (§ 285i StPO). Die Kostenentscheidung beruht auf § 390a Abs 1 StPO.

Stichworte