OGH 13Os139/04

OGH13Os139/049.2.2005

Der Oberste Gerichtshof hat am 9. Februar 2005 durch den Vizepräsidenten des Obersten Gerichtshofes Hon. Prof. Dr. Brustbauer als Vorsitzenden sowie durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Rouschal, Hon. Prof. Dr. Ratz, Hon. Prof. Dr. Schroll und Dr. Kirchbacher als weitere Richter in Gegenwart des Richteramtsanwärters Mag. Pablik als Schriftführer in der Strafsache gegen Ljubica S***** und andere Angeklagte wegen des Vergehens der kriminellen Vereinigung nach § 278 Abs 1 StGB und anderer strafbarer Handlungen über die Nichtigkeitsbeschwerde der Staatsanwaltschaft und die Berufungen des Angeklagten Sladjan J***** und der Staatsanwaltschaft gegen das Urteil des Landesgerichtes Innsbruck als Schöffengericht vom 26. Juli 2004, GZ 36 Hv 128/04g-69, nach öffentlicher Verhandlung in Anwesenheit des Vertreters des Generalprokurators, Staatsanwalt Mag. Freyschlag, und des Verteidigers des Angeklagten Sladjan J*****, Dr Grossmann, jedoch in Abwesenheit der Angeklagten Sladan J***** und Dalibor M***** und dessen Verteidigers zu Recht erkannt:

 

Spruch:

In Stattgebung der Nichtigkeitsbeschwerde wird das angefochtene Urteil, das im Übrigen unberührt bleibt, in dem den Angeklagten Dalibor M***** betreffenden Ausspruch nach § 43a Abs 3 StGB aufgehoben und in der Sache selbst erkannt:

Von der über Dalibor M***** verhängten Freiheitsstrafe von 21 Monaten wird gemäß § 43a Abs 3 StGB ein Teil von 14 Monaten bedingt nachgesehen.

Den Berufungen der Staatsanwaltschaft und des Angeklagten Sladjan J***** wird nicht Folge gegeben.

Dem Angeklagten Sladjan J***** fallen auch die Kosten des Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Text

Gründe:

Mit dem angefochtenen, hinsichtlich anderer Angeklagter zur Gänze rechtskräftigen Urteil wurden Sladjan J***** und Dalibor M***** folgender strafbarer Handlungen schuldig erkannt:

Sladjan J***** des Vergehens der kriminellen Vereinigung nach § 278 Abs 1 StGB (A), des Verbrechens des teils versuchten, teils vollendeten, im Rahmen einer kriminellen Vereinigung gewerbsmäßig durch Einbruch begangenen Diebstahls nach §§ 127, 129 Z 2, 130 erster und zweiter Fall (richtig: erster Satz zweiter Fall, zweiter Satz zweiter Fall), 15 StGB (im Urteil zu B näher aufgeschlüsselt) und des Vergehens der Vortäuschung einer mit Strafe bedrohten Handlung nach § 298 Abs 1 StGB (C);

Dalibor M***** des Vergehens der kriminellen Vereinigung nach § 278 Abs 1 StGB (A) sowie des Verbrechens des teils versuchten, teils vollendeten schweren, im Rahmen einer kriminellen Vereinigung gewerbsmäßig durch Einbruch begangenen Diebstahls nach §§ 127, 128 Abs 1 Z 4, 129 Z 2, 130 erster und zweiter Fall (richtig: erster Satz zweiter Fall, zweiter Satz zweiter Fall), 15 StGB (im Urteil zu B näher aufgeschlüsselt).

Danach haben Sladjan J***** und Dalibor M***** in Innsbruck und anderen Orten

A. Mitte Dezember 2003 dadurch, dass sie sich mit Ljubisa S***** verabredeten, bei der Begehung von Einbruchsdiebstählen, insbesondere in Wasch- und Staubsaugerautomaten an Tankstellen in Tirol und anderen Bundesländern, arbeitsteilig zusammenzuwirken und solche nicht nur geringfügigen Diebstähle arbeitsteilig und in wechselnder Beteiligung auszuführen, eine kriminelle Vereinigung gegründet und sich an einer solchen als Mitglied beteiligt;

B. (zusammengefasst wiedergegeben) in wechselnder Beteiligung mit anderen Angeklagten durch die im Urteilsspruch näher beschriebenen Tathandlungen in zahlreichen Angriffen anderen fremde bewegliche Sachen - bei M***** in einem insgesamt 2.000 Euro übersteigenden Wert - mit dem Vorsatz weggenommen und wegzunehmen versucht, sich dadurch unrechtmäßig zu bereichern, wobei sie die Einbruchsdiebstähle gewerbsmäßig und als Mitglied einer kriminellen Vereinigung unter Mitwirkung (§ 12 StGB) eines anderen Mitglieds dieser Vereinigung begingen;

C. Sladjan J***** am 8. Oktober 2003 in Rum dem diensthabenden Gendarmeriebeamten, sohin einem zur Entgegennahme von Anzeigen zuständigen Beamten die Begehung einer mit Strafe bedrohten Handlung wissentlich vorgetäuscht, indem er dort fernmündlich zur Anzeige brachte, dass ihm ein unbekannter Täter beide Kennzeichentafeln von seinem PKW gestohlen hätte.

Das Schöffengericht verhängte über den Angeklagten Dalibor M***** unter Anwendung des § 36 StGB nach dem zweiten Strafsatz des § 130 StGB eine Freiheitsstrafe von 21 Monaten. Einen Strafteil von zwölf Monaten sah es "gemäß § 43a Abs 3 StGB" für eine Probezeit von drei Jahren bedingt nach.

Rechtliche Beurteilung

Den letztgenannten Ausspruch bekämpft die Staatsanwaltschaft zu Gunsten des Angeklagten mit einer auf § 281 Abs 1 Z 11 StPO gestützten Nichtigkeitsbeschwerde, der - auch laut Stellungnahme der Generalprokuratur - Berechtigung zukommt.

Gemäß § 43a Abs 3 letzter Satz StGB muss der nicht bedingt nachgesehene Teil der Strafe mindestens einen Monat betragen und er darf nicht mehr als ein Drittel der Strafe ausmachen. Bei der verhängten Freiheitsstrafe von 21 Monaten hätte dieser Teil daher sieben Monate nicht übersteigen dürfen und demgemäß der bedingt nachgesehene Strafteil mindestens 14 Monate betragen müssen. Durch die Bemessung des unbedingten Teils mit neun Monaten hat das Erstgericht seine Strafbefugnis überschritten (§ 281 Abs 1 Z 11 erster Fall StPO, Ratz, WK-StPO § 281 Rz 671 mwN).

Hinsichtlich dieses Strafausspruches wurde ausschließlich die Relation zwischen dem unbedingt ausgesprochenen und dem bedingt nachgesehenen Teil der Freiheitsstrafe bekämpft. Wegen der zutreffend aufgezeigten Gesetzwidrigkeit war in Stattgebung der Nichtigkeitsbeschwerde der Staatsanwaltschaft das angefochtene Urteil, das im Übrigen unberührt zu bleiben hatte, in dem den Angeklagten Dalibor M***** betreffenden Ausspruch nach § 43a Abs 3 StGB aufzuheben und gemäß § 288 Abs 2 Z 3 StPO eine dem § 43a Abs 3 StGB entsprechende bedingte Nachsicht eines Strafteils vorzunehmen, wobei das aus dem Spruch ersichtliche Verhältnis von unbedingtem und bedingt nachgesehenem Strafteil unter Berücksichtigung der schon vom Erstgericht (US 40) angeführten Erwägungen angemessen erschien und die zutreffend geltend gemachte Nichtigkeit beseitigt. Der Angeklagte Sladjan J***** wurde vom Schöffengericht zu einer Freiheitsstrafe von 18 Monaten verurteilt, von der gemäß § 43a Abs 3 StGB ein Teil von einem Jahr bedingt nachgesehen wurde. Als mildernd wurden die Unbescholtenheit, der Versuch und das Geständnis bezüglich der Einbruchsdiebstähle gewertet, als erschwerend das Zusammentreffen von zwei Vergehen mit einem Verbrechen und die 47-fache Begehung der Einbruchsdiebstähle.

Diesen Strafausspruch bekämpfen der Angeklagte Sladjan J***** und die Staatsanwaltschaft mit Berufungen, denen keine Berechtigung zukommt. Die Staatsanwaltschaft verweist auf den bis zu zehn Jahren reichenden Strafrahmen und den Umstand, dass der Angeklagte auch ein Rechtspflegedelikt begangen habe und diesbezüglich völlig uneinsichtig gewesen sei.

Der Angeklagte will die Zugehörigkeit zu einer "sozial besonders gefährdeten gesellschaftlichen Randgruppe" als mildernd gewertet wissen.

Der Oberste Gerichtshof sah sich auch angesichts des beiderseitigen Berufungsvorbringens zu keiner Änderung der vom Erstgericht ausgemessenen Strafe bestimmt.

Dem von der Staatsanwaltschaft angeführten Rechtspflegedelikt (falsche Meldung des Diebstahls zweier Kennzeichentafeln) kommt im gegebenen Zusammenhang (vgl die Schuldsprüche A und - besonders umfangreich - B) keine gravierende Bedeutung zu.

Weitere schuldmindernde Anhaltspunkte im Sinn des Berufungsvorbringens des Angeklagten sind nicht zu ersehen. Das Argument, "der Zweitangeklagte" habe die Einbruchstaten unter der dominierenden Einwirkung "des Erst- bzw Zweitangeklagten" begangen, ist nicht nachvollziehbar. Der dazu mildernd ins Treffen geführten Persönlichkeitsstruktur des Angeklagten haben die Tatrichter ersichtlich ohnedies Rechnung getragen.

Den Berufungen der Staatsanwaltschaft und des Angeklagten Sladjan J***** konnte daher kein Erfolg beschieden sein.

Die Kostenersatzpflicht dieses Angeklagten beruht auf § 390a Abs 1 StPO.

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