OGH 3Ob255/04b

OGH3Ob255/04b26.1.2005

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Schiemer als Vorsitzenden sowie die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Pimmer, Dr. Zechner, Dr. Sailer und Dr. Jensik als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei B***** GmbH, *****, vertreten durch Eisenberger & Herzog, Rechtsanwaltspartnerschaft in Graz, wider die beklagte Partei B***** GmbH & Co KEG, *****, vertreten durch Mag. Dr. Georg Vetter, Rechtsanwalt in Wien, wegen Unzulässigkeit einer Exekution (§ 36 EO; Streitwert 25.000 EUR), infolge außerordentlicher Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Landesgerichts für Zivilrechtssachen Wien als Berufungsgericht vom 7. Juli 2004, GZ 46 R 362/04g-12, womit infolge Berufung der klagenden Partei das Urteil des Bezirksgerichts Josefstadt vom 6. April 2004, GZ 11 C 19/03p-6, bestätigt wurde, und nach schriftlichem Anerkenntnis des Klagebegehrens durch die beklagte Partei in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

 

Spruch:

Die gegen die klagende als verpflichtete Partei erlassenen Strafvollzugsbeschlüsse des Landesgerichts für Zivilrechtssachen Wien vom 24. März 2003, GZ 46 R 150/03d-7, und vom 11. September 2003, GZ 46 R 579/03t-21, sowie des Bezirksgerichts Josefstadt vom 6. Oktober 2003, GZ 13 E 5895/02z-22, werden für unzulässig erklärt.

Text

Entscheidungsgründe:

Die nun beklagte Partei führte gegen die nun klagende Partei Exekution nach § 355 EO. Das Erstgericht wies das Impugnations-Klagebegehren, die gegen die klagende als verpflichtete Partei aus dem Spruch ersichtlichen Strafvollzugsbeschlüsse würden für unzulässig erklärt, aus näher genannten Gründen ab. Das Berufungsgericht bestätigte diese Entscheidung aus näher genannten Erwägungen. Die klagende Partei erhob dagegen außerordentliche Revision. Die beklagte Partei anerkannte mit dem an den Obersten Gerichtshof gerichteten, vor Entscheidung über die außerordentliche Revision einegbrachten Schriftsatz vom 14. Jänner 2005 den mit der Impugnationsklage geltend gemachten Anspruch prozessual. Die klagende Partei beantragte mit dem gleichfalls an den Obersten Gerichtshof gerichteten Schriftsatz vom 19. Jänner 2005 die Fällung eines Anerkenntnisurteils, beantragte jedoch keinen Kostenzuspruch, weil die Parteien Kostenaufhebung vereinbart hätten.

Rechtliche Beurteilung

Das prozessuale Anerkenntnis ist die einseitige, daher keine Annahme bedürftige, aber durch Abgabe unwiderruflich gewordene Erklärung des Beklagten an das Gericht in der prozeßrechtlich vorgeschriebenen Form, dass der vom Kläger geltend gemachte Klagsanspruch (ganz oder teilweise) berechtigt ist. Es ist als Prozesshandlung eine Willenserklärung, die auf Gestaltung des Prozessrechtsverhältnisses gerichtet ist. Über ein in dritter Instanz abgegebenes Anerkenntnis hatte der Oberste Gerichtshof bisher noch nicht zu entscheiden. Der erkennende Senat erachtet auch in dritter Instanz ein (eindeutiges, unbedingtes, somit vorbehaltloses) Anerkenntnis des Klageanspruchs durch die beklagte Partei und die Fällung eines Anerkenntnisurteils nach § 395 ZPO über Antrag der klagenden Partei für zulässig. Denn das im Rechtsmittelverfahren geltende Neuerungsverbot schließt ein solches prozessuales Anerkenntnis nicht aus (Fasching1 IV 160; Fasching, Lehrbuch2 Rz 1312, 1727; E. Kodek in Rechberger2 § 482 ZPO Rz 7; vgl. auch Rechberger/Simotta, Zivilprozessrecht6 Rz 476; JBl 1937, 521), weil das Neuerungsverbot Verfügungen der Parteien über ihre Ansprüche, wozu auch das Anerkenntnis zählt, nicht ausschließt und der Prozessstoff nicht erweitert, sondern der Kognitionsbereich des Rechtsmittelgerichts eingeengt wird (so Deixler-Hübner in Fasching/Konecny2 § 394 ZPO Rz 10 zum Verzicht im Rechtsmittelverfahren). Die von Rechberger (in Rechberger2 § 394 ZPO Rz 3 und § 395 ZPO Rz 4) ohne nähere Begründung diesbezüglich geäußerten Zweifel können vom erkennenden Senat nicht geteilt werden.

Während nach herrschender Ansicht zufolge des Wortlauts des § 395 ZPO („... bei der mündlichen Streitverhandlung ...") ein Anerkenntnis in erster Instanz nur in der mündlichen Verhandlung - auch durch Vortrag eines ein Anerkenntnis enthaltenden Schriftsatzes - erklärt werden kann (Deixler-Hübner aaO § 395 ZPO Rz 11 mwN), ist die Fällung des Anerkenntnisurteiles auch außerhalb der mündlichen Verhandlung grundsätzlich zulässig. Das Gericht darf nur nicht auf Grund eines schriftlichen, also außerhalb der mündlichen Verhandlung gestellten Antrags auf Fällung eines Anerkenntnisurteils außerhalb der mündlichen Verhandlung ein Anerkenntnisurteil fällen, weil der Urteilsantrag des Klägers zu seiner Wirksamkeit der mündlichen Erklärung bei der mündlichen Streitverhandlung bedarf (SZ 47/85 = JBl 1975, 267 = EvBl 1975/33; RIS-Justiz RS0040859). Diese Grundsätze können aber nicht auf das Verfahren vor dem Obersten Gerichtshof übertragen werden. Denn wegen der im Revisionsverfahren eingeschränkten Mündlichkeit erscheint die Anberaumung einer Revisionsverhandlung (§ 509 ZPO) ausschließlich zum Vortrag der Schriftsätze und Verkündung des Anerkenntnisurteils nicht geboten.

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