OGH 12Os131/04

OGH12Os131/0413.1.2005

Der Oberste Gerichtshof hat am 13. Jänner 2005 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Schindler als Vorsitzenden sowie durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Holzweber, Dr. Philipp, Dr. Schwab und Dr. Lässig als weitere Richter, in Gegenwart des Richteramtsanwärters Mag. Petö als Schriftführer, in der Strafsache gegen Adolf E***** wegen des Verbrechens der Unzucht mit Unmündigen nach § 207 Abs 1 StGB (idF vor BGBl I 1998/153) und weiterer strafbarer Handlungen über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung des Angeklagten gegen das Urteil des Landesgerichtes Klagenfurt als Schöffengericht vom 21. Juli 2004, GZ 14 Hv 94/04h-35, nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung den Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Die Nichtigkeitsbeschwerde wird zurückgewiesen.

Zur Entscheidung über die Berufung werden die Akten dem Oberlandesgericht Graz zugeleitet.

Dem Angeklagten fallen auch die Kosten des bisherigen Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Text

Gründe:

Mit dem angefochtenen Urteil wurde der Angeklagte Adolf E***** des Verbrechens der Unzucht mit Unmündigen nach § 207 Abs 1 StGB idF vor BGBl I 1998/153 (1.) und der Vergehen der sittlichen Gefährdung von Personen unter sechzehn Jahren nach § 208 (zu ergänzen:) Abs 1 StGB

(2.) sowie der Nötigung nach § 105 Abs 1 StGB (3.) schuldig erkannt und nach §§ 28 Abs 1, 207 Abs 1 StGB idF vor BGBl I 1998/153 zu zwei Jahren Freiheitsstrafe verurteilt.

Nach dem Inhalt des Schuldspruchs hat er in Kamering

l. zu nicht näher bekannten Zeitpunkten im Sommer 1996 eine unmündige Person, nämlich den am 25. Mai 1984 geborenen Michael P***** in mehreren Angriffen auf andere Weise als durch Beischlaf zur Unzucht missbraucht, indem er den Penis des Unmündigen in den Mund nahm, an ihm einen Handverkehr durchführte sowie den Unmündigen dazu veranlasste, ihn im Genitalbereich zu berühren und zu lecken;

2. am 12. April 2003 eine Handlung, die geeignet ist, die sittliche, seelische oder gesundheitliche Entwicklung von Personen unter sechzehn Jahren zu gefährden, vor einer unmündigen Person, nämlich dem am 7. Juli 1992 geborenen Norbert R***** vorgenommen, um sich dadurch geschlechtlich zu erregen, indem er einen Pornofilm in Anwesenheit des Unmündigen abspielte;

3. am 12. April 2003 (vgl US 6 ff iVm S 333 ff) Norbert R***** (jun.) mit Gewalt dazu genötigt, im Zimmer zu bleiben und eine Verständigung seiner Eltern von der zu 2. angeführten Tathandlung zu unterlassen, indem er ihn unter Anwendung von Körperkraft festhielt und ihm den Mund zuhielt.

Rechtliche Beurteilung

Der vom Angeklagten inhaltlich allein gegen die Schuldspruchpunkte 2. und 3. aus den Gründen der Z 5 und 11 des § 281 Abs 1 StPO erhobenen Nichtigkeitsbeschwerde kommt keine Berechtigung zu. Das Schöffengericht hat - der Mängelrüge (Z 5) zuwider - die Verantwortung des wegen des Verbrechens des Beischlafs mit Unmündigen vorbestraften (US 4), in diesem Verfahren des Verbrechens der Unzucht mit Unmündigen (1.) nach anfänglichem Leugnen geständigen (US 9 f) Angeklagten, wonach der Unmündige selbst die Kassette in den Videorekorder einlegte und er das Abspielen bloß deshalb nicht mehr verhindern konnte, weil „in diesem Moment bereits der Vater des Buben kam" (S 334), mit mängelfreier Begründung abgelehnt und sich dabei auf die belastenden Angaben des Opfers gestützt, dessen Depositionen es ua deshalb als tragfähig beurteilte, weil sie durch die Aussagen der Zeugen Norbert R***** sen. und Gerry R***** gestützt werden, wonach es dem deutlich minderbegabten (US 8 f iVm S 334) Knaben nicht möglich gewesen wäre, die Videokassette mit dem Pornofilm herbeizuschaffen (US 13 und 14).

Dabei haben die Tatrichter auch die Möglichkeit mitberücksichtigt, „dass Norbert R***** jun. bereits vor der Vorführung der Videokassette durch den Angeklagten Wahrnehmungen von geschlechtlichen Handlungen zwischen Männern und Frauen auf Umschlägen von Videokassetten, welche er im Beisein seines Vaters ansah, gemacht hat" (US 16), sodass der Vorwurf der Unvollständigkeit mangels Erörterung einer darauf abzielenden Äußerung des Opfers gegenüber seiner Lehrerin Helga L***** (S 25 f) sowie der Aussage der Sachverständigen Dr. Isabella S*****, wonach sich der Minderjährige in einem Loyalitätskonflikt mit seinem Vater befindet (S 143), ins Leere geht.

Die Feststellung, wonach Norbert R***** sen. die Videokassette mit dem Pornofilm über Auftrag eines Dritten in Holland kaufte, betrifft keinen entscheidenden Umstand, sodass der dagegen gerichtete Einwand auf sich beruhen kann.

Auch die Strafzumessungsrüge (Z 11) geht fehl:

Denn auch unter Berücksichtigung des Umstands, dass der Angeklagte bereits mit Urteil des Landesgerichtes Klagenfurt als Schöffengericht vom 14. Jänner 1999, GZ 17 Vr 2116/98-10, ua wegen des im Jahr 1996 verübten Verbrechens des Beischlafs mit Unmündigen nach § 206 Abs 1 StGB (aF) verurteilt wurde und dem nunmehrigen Schuldspruch ua das gleichfalls 1996 begangene Verbrechen nach § 207 Abs 1 aF StGB zu Grunde liegt, bleibt für eine vom Beschwerdeführer vermisste Bedachtnahme nach § 31 StGB auf das in Rede stehende frühere Urteil kein Raum, weil eine solche voraussetzt, dass sämtliche der nachträglichen Verurteilung zugrunde liegenden Taten vor dem Vorurteil (erster Instanz) begangen wurden (Ratz in WK2 § 31 Rz 2; Leukauf/Steininger Komm3 § 31 RN 12). Im Blick auf die vom Schuldspruch mitumfassten, im April 2003 verübten Vergehen (Punkte 2. und 3.) unterblieb die Bedachtnahme auf das Vor-Urteil zu Recht. Die Nichtigkeitsbeschwerde war daher bereits in nichtöffentlicher Sitzung sofort zurückzuweisen (§ 285d Abs 1 StPO). Daraus folgt die Kompetenz des Gerichtshofes zweiter Instanz zur Entscheidung über die Berufung (§ 285i StPO).

Die Kostenentscheidung ist in § 390a Abs 1 StPO begründet.

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