OGH 13Os120/04

OGH13Os120/0415.12.2004

Der Oberste Gerichtshof hat am 15. Dezember 2004 durch den Vizepräsidenten des Obersten Gerichtshofes Hon. Prof. Dr. Brustbauer als Vorsitzenden sowie durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Rouschal, Hon. Prof. Dr. Ratz, Hon. Prof. Dr. Schroll und Dr. Kirchbacher als weitere Richter in Gegenwart der Richteramtsanwärterin Mag. Klenk als Schriftführerin in der Strafsache gegen Igors R***** und einen anderen Angeklagten wegen des Verbrechens des versuchten schweren Raubes nach §§ 15, 142 Abs 1, 143 zweiter Fall StGB und einer anderen strafbaren Handlung über die Nichtigkeitsbeschwerden und die Berufungen der Angeklagten Igors R***** und Edgars T***** und die Berufung der Staatsanwaltschaft gegen das Urteil des Geschworenengerichtes beim Landesgericht Innsbruck vom 7. Juli 2004, GZ 22 Hv 33/04h-121, nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung den Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Die Nichtigkeitsbeschwerden werden zurückgewiesen.

Zur Entscheidung über die Berufungen werden die Akten dem Oberlandesgericht Innsbruck zugeleitet.

Den Angeklagten fallen auch die Kosten des bisherigen Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Text

Gründe:

Mit dem angefochtenen Urteil wurden Igors R***** und Edgars T***** der Verbrechen des versuchten schweren Raubes nach §§ 15, 142 Abs 1, 143 zweiter Fall StGB (1.) und des verbrecherischen Komplotts nach § 277 Abs 1 StGB in zwei Fällen (2.) schuldig erkannt. Danach haben sie

1. am 19. Oktober 2003 in Reutte im bewussten und gewollten Zusammenwirken dadurch, dass sie sich bei der Tankstelle versteckten, auf das spätere Raubopfer warteten und beabsichtigten, eine Pistole gegen Anni T***** zu richten und sie aufzufordern, alles Geld herzugeben, mithin durch Drohung mit gegenwärtiger Gefahr für Leib oder Leben der Genannten fremde bewegliche Sachen mit auf unrechtmäßige Bereicherung gerichtetem Vorsatz wegzunehmen versucht, wobei sie den Raub unter Verwendung einer Waffe verübt hätten;

2. dadurch, dass sie vereinbarten, in den nächsten Tagen Raubüberfälle zu begehen und die Tatorte genau auskundschafteten, gemeinsam „die Ausübung" eines Raubes verabredet, und zwar

  1. a) am 18. Oktober 2003 in Pinswang durch Auskundschaften der W*****;
  2. b) am 19. Oktober 2003 in Lechaschau durch Auskundschaften des dortigen Supermarktes M*****.

    Die Geschworenen haben die Hauptfragen nach den Verbrechen des versuchten schweren Raubes nach §§ 15, 142 Abs 1, 143 zweiter Fall StGB (Hauptfragen 1 und 2) und des verbrecherischen Komplotts nach § 277 Abs 1 StGB (3a, 3b, 4a und 4b) stimmeneinhellig bejaht.

Rechtliche Beurteilung

Die gesondert ausgeführten, vom Angeklagten Igors R***** auf Z 10a und 11 lit a und vom Angeklagten Edgars T***** auf Z 1, 9 und 10 des § 345 Abs 1 StPO gestützten Nichtigkeitsbeschwerden verfehlen ihr Ziel.

Zur Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten Igors R*****:

Entgegen dem auf die Tatsachengrundlage der Qualifikation nach § 143 zweiter Fall StGB abstellenden Vorbringen (Z 10a) bietet der ins Treffen geführte Akteninhalt keinen Grund für erhebliche Bedenken gegen die Richtigkeit der dazu im Wahrspruch der Geschworenen festgestellten entscheidenden Tatsachen („Verwendung einer Waffe"). Weder die Verantwortung des Angeklagten, mit der Pistole habe man „kleine Kugeln mit einem Durchmesser von ca 3 mm" verschießen können (S 177/II), noch das Ergebnis der kriminaltechnischen Untersuchung der Pistole weisen in Richtung einer sogenannten „Soft Gun" (vgl EvBl 2001/180, wo ein Produkt in Rede stand, bei dem mittels Federdrucks bis zu einer Distanz von ca 4 m Kugeln abgeschossen werden können). Der kriminaltechnischen Untersuchung zufolge liegt hier eine CO2-Pistole in gut erhaltenem Zustand vor. Sie wurde auf Grund der Untersuchung als Schusswaffe im Sinn des § 2 Abs 1 Z 4 WaffG eingestuft (S 213 f, 219, 243/I).

Auf dieser Basis begegnet die im Wahrspruch der Geschworenen ausgedrückte Annahme, dass die Angeklagten beim Überfall auf die Tankstellenbedienstete „eine Waffe" verwenden wollten, keinen erheblichen Bedenken.

Auch das weitere Vorbringen der Tatsachenrüge, die beschriebene Waffe sei nahe der Tankstelle in dem von den Angeklagten benützten PKW vorgefunden worden, zeigt keine erheblichen Bedenken gegen die Richtigkeit der im Wahrspruch der Geschworenen festgestellten entscheidenden Tatsachen auf. Der Einwand lässt Verfahrensergebnisse außer Acht, wonach zunächst nur ein Angeklagter festgenommen werden konnte, während dem anderen die Flucht gelang, und wonach der PKW den Gendarmen vorerst nicht bekannt war (S 217 f/I, 201 f/III). Die Rechtsrüge (Z 11 lit a) geht zu keinem Punkt des Schuldspruches von allen im Wahrspruch festgestellten Tatsachen aus. In Ansehung des Schuldspruches zu I wird die ausdrückliche Bestreitung des wahrspruchmäßig konstatierten Sachverhalts hinsichtlich der inneren Tatseite zur Grundlage der Rechtsrüge gemacht. Indem die von den Geschworenen festgestellte Absicht der Angeklagten, eine Pistole gegen Anni T***** zu richten und sie aufzufordern, alles Geld herzugeben, in Abrede gestellt wird, verlässt die Rüge den nach dem Gesetz heranzuziehenden Urteilssachverhalt.

Im Wahrspruch zu 3a und b wurde konstatiert, dass der Angeklagte mit Edgars T***** vereinbarte, in den nächsten Tagen Raubüberfälle zu begehen, und dass er gemeinsam mit diesem „die Ausübung eines Raubes" in den schon genannten Fällen verabredet hatte (US 3). Die festgestellte Verabredung wäre der Geltendmachung materiellrechtlicher Nichtigkeit zugrunde zu legen gewesen. Auf Betrachtung des Auskundschaftens von Tatobjekten allein kann die gegen den Schuldspruch zu 2 gerichtete Rechtsrüge nicht zielführend gestützt werden, weil es auf den Vergleich des gesamten konstatierten Sachverhaltes mit dem angewendeten Gesetz ankommt.

Zur Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten Edgars T*****:

Mit dem Vorbringen (Z 1), der Verteidiger habe auf Grund einer nach der Hauptverhandlung mit einem Geschworenen geführten Unterhaltung den Eindruck, dass bei der Beratung ein Geschworener „den anderen das Wort geredet hatte", und der daran geknüpften Mutmaßung, „dass zumindest der Großteil der Geschworenen ihrer Pflicht nicht ordnungsgemäß nachgekommen ist", wird keiner der Fälle des herangezogenen Nichtigkeitsgrundes angesprochen. Von der in der Beschwerde behaupteten „mangelhaften Besetzung des Gerichtes" kann dabei keine Rede sein.

Das Unterbleiben eines Moniturverfahrens bei - hier geltend gemachtem - Widerspruch zwischen der Antwort der Geschworenen und dem Inhalt der Niederschrift (§ 331 Abs 3 StPO) stellt entgegen der Beschwerde (Z 9 und 10) keinen Nichtigkeitsgrund dar (Fabrizy StPO9 § 345 Rz 16; Ratz, WK-StPO § 345 Rz 66-69, je mwN).

Die Nichtigkeitsbeschwerden waren daher - in Übereinstimmung mit der Stellungnahme der Generalprokuratur - bei nichtöffentlicher Beratung sofort zurückzuweisen (§§ 344, 285d Abs 1 Z 1 und 2 StPO), woraus die Kompetenz des Gerichtshofs zweiter Instanz zur Entscheidung über alle Berufungen folgt (§ 285i StPO).

Die Kostenersatzpflicht der Angeklagten beruht auf § 390a Abs 1 StPO.

Stichworte