OGH 6Ob312/04g

OGH6Ob312/04g15.12.2004

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Ehmayr als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Huber, Dr. Prückner, Dr. Schenk und Dr. Schramm als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei D*****, vertreten durch Dr. Siegfried Leitner, Rechtsanwalt in Graz, gegen die beklagte Partei Dr. Friedrich S*****, wegen Erteilung einer Zustimmung und Zahlung, über den Rekurs der klagenden Partei gegen den Beschluss des Oberlandesgerichts Wien als Berufungsgericht vom 26. August 2004, GZ 12 R 68/04i-12, womit das Teilurteil des Landesgerichts für Zivilrechtssachen Wien vom 10. Dezember 2003, GZ 56 Cg 233/03a-8, aufgehoben wurde, in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Dem Rekurs wird nicht Folge gegeben.

Die Kosten des Rekursverfahrens sind weitere Verfahrenskosten.

Text

Begründung

Der Beklagte verrechnete der Klägerin für anwaltliche Tätigkeit im Zusammenhang mit der Errichtung und treuhändigen Abwicklung eines Liegenschaftskaufvertrags insgesamt 198.157,19 ATS. Die Klägerin anerkannte einen Honoraranspruch von 97.357,19 ATS, bestritt jedoch das diesen Betrag übersteigende Honorar und überwies insgesamt 94.922,02 ATS an den Beklagten. Dieser hinterlegte daraufhin den Differenzbetrag (das nach seiner Berechnung strittige Honorar) von 103.235,17 ATS (ds 7.502,39 EUR) bei Gericht. Er entnahm diesen Betrag einem davor zugunsten der Klägerin bei ihm treuhändig erlegten Betrag. Im Hinterlegungsantrag führte er die Klägerin als Erlagsgegnerin an und brachte vor, er mache von seinem Recht nach § 19 Abs 1 RAO Gebrauch und verrechne seinen (restlichen) Honoraranspruch mit den der Antragsgegnerin (= der Klägerin) aus einem weiteren Treuhandauftrag zustehenden Treuhandgeldern. Er sei nach § 19 Abs 3 RAO zur Hinterlegung berechtigt und verpflichtet.

Das als Erlagsgericht angerufene Bezirksgericht Innere Stadt Wien nahm den vom Beklagten eingezahlten Betrag zu Gericht an und sprach aus, dass die Ausfolgung nur über einvernehmlichen Antrag von Erleger und Erlagsgegner oder aufgrund einer gerichtlichen Entscheidung erfolgen werde.

Mit der vorliegenden Klage begehrt die Klägerin, den Beklagten schuldig zu erkennen, in die Ausfolgung des hinterlegten Betrages an die Klägerin einzuwilligen und ihr überdies 10.754,04 EUR (das ist die sich aus ihrer Berechnung ergebende Restforderung aus dem Treuhanderlag) samt Zinsen zu zahlen. Sie macht geltend, der Beklagte sei zur Durchführung eines Liegenschaftskaufvertrags, den die (damaligen) Leasinggeberin als Verkäuferin mit der Klägerin als Käuferin abgeschlossen habe, als Treuhänder eingeschritten. Der Treuhandvertrag sei mit den persönlich haftenden Gesellschaftern der Klägerin und der damaligen Leasingnehmerin der Liegenschaft abgeschlossen und nach Gründung der Klägerin auf sie überbunden worden. Zu Punkt IV der Treuhandvereinbarung hätten sich die persönlich haftenden Gesellschafter der Klägerin verpflichtet, bestimmte Zahlungen an den Beklagten als Treuhänder zu entrichten. Dieser sei berechtigt und verpflichtet gewesen, bestimmte Beträge nach den im Treuhandvertrag vereinbarten Bedingungen an die Leasingnehmerin weiterzuleiten. Die Honorarforderung des Beklagten sei überhöht und entspreche nicht der getroffenen Vereinbarung. Der Beklagte verweigere die Auszahlung des (restlichen) Treuhanderlags und damit des Verrechnungsguthabens der Klägerin in Höhe von 251.214 ATS. Er verstoße gegen §§ 9 und 19 RAO wie auch gegen § 16 der Richtlinien für die Ausübung des Rechtsanwaltsberufes. Der Einbehalt von Treuhandgeldern zur Abdeckung von Honoraransprüchen und die Unterlassung der gerichtlichen Hinterlegung trotz Bestreitung der Ansprüche sei disziplinär.

Der Beklagte beantragte die Abweisung des Klagebegehrens und wendete ein, er sei Treuhänder des vormaligen Eigentümers und der vormaligen Leasingnehmerin der Liegenschaft gewesen, nicht aber Treuhänder im Zusammenhang mit der Verrechnung des Kaufpreises für die von der Klägerin erworbene Liegenschaft. Seine Aufgabe habe darin bestanden, jene Erlöse, die aus der Untervermietung durch den Leasingnehmer erzielt und auf sein Treuhandkonto überwiesen würden, an den Leasinggeber weiterzuleiten. Nach dem Verkauf dieser Liegenschaft an die Klägerin stehe diese nun auf dem Standpunkt, die auf dem Treuhandkonto des Beklagten erliegenden Beträge von letztlich 253.649,17 ATS stünden ihr zu. Trotz eines zwischen der Klägerin und der ehemaligen Leasingnehmerin geschlossenen Vergleichs sei ungeklärt geblieben, wer Anspruch auf das Restguthaben am Treuhanderlag habe. So sei der Beklagte auch von der ehemaligen Leasingnehmerin aufgefordert worden, den bei Gericht hinterlegten Betrag an sie zu überweisen. Der Beklagte sei berechtigt gewesen, seinen Honoraranspruch mit dem Rückerstattungsanspruch aus dem Treuhanderlag aufzurechnen. Die Hinterlegung des Differenzbetrags bei Gericht sei im Einklang mit standesrechtlichen Pflichten erfolgt, weil eine Aufrechnung bei Bestreitung des Honoraranspruchs nicht zulässig sei. Den Einwand der mangelnden Aktivlegitimation hielt der Beklagte im Rechtsmittelverfahren nicht aufrecht.

Das Erstgericht verpflichtete den Beklagten mit Teilurteil, in die Ausfolgung des beim Bezirksgericht Innere Stadt Wien hinterlegten Betrages an die Klägerin einzuwilligen. Er stellte noch fest, der Beklagten sei für die Klägerin im Zusammenhang mit der Errichtung eines Kaufvertrags über ein Einkaufszentrum sowie dessen treuhändiger Abwicklung tätig geworden. Beim Beklagten sei zugunsten der Klägerin ein Betrag von umgerechnet 253.649,17 ATS treuhändig erlegt worden. Der Beklagte habe der Klägerin für seine anwaltliche Tätigkeit insgesamt 198.157,19 ATS an Honorar verrechnet. Die Klägerin habe die Höhe des Honorars bestritten und dem Beklagten ein ihrer Meinung nach zu Recht bestehendes Honorar von 94.922,02 ATS überwiesen, in weiterer Folge jedoch einen Honoraranspruch von insgesamt 97.357,19 ATS anerkannt. Der vom Beklagten zugunsten der Klägerin bei Gericht hinterlegte strittige Honorarteil von 7.502,39 EUR sei durch das Erlagsgericht angenommen worden, der Beklagte habe die Klägerin nicht auf Zustimmung zur Ausfolgung geklagt.

In rechtlicher Hinsicht führte das Erstgericht aus, der Anwalt sei nach § 19 Abs 1 RAO berechtigt, von den für seine Partei an ihn eingegangenem Barschaften, wozu auch Treuhanderläge zählten, die Summe seiner Auslagen und seines Verdienstes in Abzug zu bringen. Er sei auch berechtigt, die bei ihm eingegangenen Beträge bis zur Höhe der bestrittenen Forderung gerichtlich zu erlegen; zugleich sei er aber verpflichtet, die Richtigkeit und Höhe seiner Forderung nachzuweisen, was durch Klage zu geschehen habe. Halte der Anwalt diese Vorgangsweise nicht ein, sei er nach § 17 RL-BA zur unverzüglichen Ausfolgung der bei ihm erliegenden Beträge verpflichtet. Im vorliegendem Fall sei die Höhe der Honorarforderung des Beklagten zum Teil bestritten. Der Beklagte habe den bestrittenen Teil zwar gerichtlich erlegt, die nach § 19 Abs 3 RAO gebotene Klage über den strittigen Honorarteil jedoch nicht eingebracht. Eine Prüfung des strittigen Honorars im Passivprozess sei nicht möglich, weil dies einem Zurückbehaltungsrecht gleichzuhalten wäre, dass dem Beklagten sonst nicht zukomme. Unterlasse daher der Anwalt die Klagsführung zum Nachweis der Richtigkeit seines Honoraranspruchs, sei er zur sofortigen Ausfolgung der bei ihm eingegangenen Beträge verpflichtet.

Das Berufungsgericht hob das Teilurteil auf und verwies die Rechtssache zur neuerlichen Verhandlung und Entscheidung an das Erstgericht zurück. Nach § 19 Abs 3 RAO habe der Rechtsanwalt im Fall der Bestreitung von Richtigkeit und Höhe seiner Forderung den Teil der bestrittenen Forderung bei Gericht zu erlegen; er sei - sollte eine gütliche Einigung iSd § 19 Abs 2 RAO scheitern - verpflichtet, Richtigkeit und Höhe seiner Honorarforderung nachzuweisen. Nach § 19 Abs 4 RAO stehe ihm ein gesetzliches Pfandrecht am gerichtlich erlegten Betrag zu. Mache der Anwalt von dem ihm nach § 19 Abs 3 RAO eingeräumten Hinterlegungsrecht keinen Gebrauch, so sei er nach § 17 RL-BA verpflichtet, die Barschaft unverzüglich auszufolgen. Weder der RAO noch der vom Erstgericht zitierten Entscheidung (RZ 1977/101) sei jedoch zu entnehmen, dass der Nachweis des strittigen Honoraranspruchs nur durch unverzügliche Klage nach dem Gerichtserlag möglich wäre, zumal das Gesetz auf die Möglichkeit nach § 19 Abs 2 RAO verweise, den Ausschuss der Rechtsanwaltskammer anzurufen. Auch das gesetzliche Pfandrecht, das der Anwalt nach § 19 Abs 4 RAO am erlegten Betrag erwerbe, spreche dafür, dass ihm der Nachweis seines Honoraranspruchs auch dann möglich sein müsse, wenn er vom Erlagsgegner auf Zustimmung zur Ausfolgung geklagt werde.

Das Berufungsgericht sprach aus, dass der "ordentliche Revisionsrekurs" (richtig: Rekurs an den Obersten Gerichtshof nach § 519 Abs 1 Z 2 ZPO) zulässig sei, weil Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs zur Frage fehle, ob der materiell rechtliche Anspruch eines Rechtsanwalts auf sein Honorar auch in einem vom Erlagsgegner angestrengten Verfahren auf Ausfolgung des nach § 19 Abs 3 RAO erlegten Betrages "möglich sei" (gemeint: geprüft werden kann).

Der Rekurs der Klägerin ist zulässig (§ 519 Abs 2 ZPO) aber nicht berechtigt.

Rechtliche Beurteilung

Die Klägerin machte in ihrem gegen den Aufhebungsbeschluss gerichteten Rekurs geltend, der Beklagte habe gegen § 16 RL-BA verstoßen, wonach er zu einem bestimmten Zweck übergebene Gelder, nämlich den für sie bestimmten Treuhanderlag, weder widmungswidrig verwenden noch zurückbehalten dürfe. Die Begründung eines Pfandrechts nach § 19 RAO iVm Treuhanderlägen sei ausgeschlossen.

1. Nach den beiderseits unbekämpft gebliebenen Feststellungen des Erstgerichts wurde der Beklagte als Treuhänder der Klägerin im Zusammenhang mit Errichtung und Abwicklung eines Kaufvertrags tätig. Beim Beklagten sei - so das Erstgericht wörtlich - "zugunsten der Klägerin ein Betrag von umgerechnet 253.649,17 ATS treuhändig erlegt worden". Eine Feststellung darüber, ob diese Beträge von einem Dritten oder von der Klägerin selbst erlegt wurden (letzteres stünde in Einklang mit der Klageerzählung) fehlt.

Gemäß § 16 RL-BA darf der Rechtsanwalt Gelder und andere Vermögenswerte, die ihm zu einem bestimmten Zweck übergeben sind, weder widmungswidrig verwenden noch zurückbehalten. Die Ausnahme von der Pflicht des Rechtsanwalts zur unverzüglichen Ausfolgung eingehender Beträge an seine Mandantin normiert § 19 RAO (vgl auch OBDK 4 Bkd 6/94, AnwBl 1995/5063, S 513). Danach ist der Rechtsanwalt bei aufrechtem Vollmachtsverhältnis und unabhängig davon, ob die eingegangene Barschaft ihm gerade in der Rechtssache zugekommen ist, auf die sich die Kostenforderung bezieht (SZ 71/155 mwN) berechtigt, von dem für seine Partei an ihn eingegangenen Barschaften die Summe seiner Auslagen und seines Verdienstes, insoweit sie durch erhaltene Vorschüsse nicht gedeckt sind, in Abzug zu bringen; er ist jedoch schuldig, sich hierüber sogleich "mit seiner Partei zu verrechnen". Der Ausdruck "für seine Partei an ihn eingegangene Barschaften" wird allgemein so verstanden, dass es sich um Geldbeträge handeln muss, die dem Rechtsanwalt von einem Dritten, also nicht vom Mandanten übergeben werden und dem Klienten zugedacht sind (Dullinger, Anm zu 2 Ob 518, 519/92, ÖBA 1993, 154 mwN; 6 Ob 16/02z). Auch Beträge, die der Rechtsanwalt von einem Dritten als Treuhänder für seine Partei übernimmt, und die er aufgrund der Treuhandvereinbarung an seine Partei weiterzuleiten hat, sind bei ihm eingegangene Barschaften iSd § 19 Abs 1 RAO, er kann daher seine Kostenforderung hievon in Abzug bringen (6 Ob 16/02z; RIS-Justiz RS0072025). Die Aufrechnungsbefugniss des Rechtsanwalts ist nur dann abzulehnen, wenn Zahlungen (des Dritten) zu einer bestimmten anderen Verwendung als zur Ausfolgung an seinen Klienten geleistet werden (SZ 71/155; ÖBA 1993, 151; Dullinger, Handbuch der Aufrechnung 113 mwN in FN 40; RIS-Justiz RS0110836). Diesem Grundsatz entspricht auch § 16 RL-BA, wonach der Rechtsanwalt Gelder und andere Vermögenswerte, die ihm zu einem bestimmten Zweck übergeben wurden, weder widmungswidrig verwenden noch zurückbehalten darf (SZ 71/155). Die Zweckbestimmung der beim Beklagten eingegangenen Gelder als Treuhanderlag zugunsten der Klägerin steht daher einer Anwendung des § 19 RAO nicht entgegen, sofern diese Gelder von einem Dritten und nicht von der Klägerin selbst dem beklagten Treuhänder übergeben wurden. An Geldern, die die Partei selbst ihrem Anwalt übergeben hat, besteht nach ständiger Rechtsprechung weder ein Abzugsrecht nach § 19 Abs 1 RAO noch - nach Gerichtserlag - ein gesetzliches Pfandrecht nach § 19 Abs 4 RAO (6 Ob 16/02z).

Das Erstgericht wird daher im fortzusetzenden Verfahren auch zu prüfen haben, von wem jene Gelder stammten und dem Beklagten treuhändig überlassen wurden, aus denen der Gerichtserlag entnommen wurde.

2. Sind Richtigkeit und Höhe der Honorarforderung - wie hier - bestritten, ist der Rechtsanwalt nach § 19 Abs 3 RAO zur Deckung seiner Forderung befugt, die bei ihm eingegangenen Gelder bis zur Höhe der bestrittenen Forderung gerichtlich zu erlegen "zugleich" ist er aber - "wenn die angesuchte gütliche Beilegung ohne Erfolg geblieben ist" - verpflichtet, Richtigkeit und Höhe seiner Forderung nachzuweisen. Macht er von der Befugnis zum Gerichtserlag nicht Gebrauch, besteht die Verpflichtung, die Beträge unverzüglich auszufolgen (§ 17 RL-BA; OBDK AnwBl 1995/5063, S 513, AnwBl 2004/7926, S 305). Der Anwalt hat daher die Wahl, im Falle einer Bestreitung seiner Forderung den zur ihrer Deckung erforderlichen Betrag sofort bei Gericht zu erlegen oder aber das Guthaben unverzüglich auszufolgen. Der Sinn des Gerichtserlages besteht in der Besicherung des Anwalts für den Fall späterer Liquiditätsschwierigkeiten seines Mandanten. Er muss jenen Teil des bei ihm liegenden Guthabens, der dem bestrittenen Honorarbetrag entspricht, noch nicht auszahlen und kann so den Betrag zur späteren Befriedigung seiner Honorarforderung sicherstellen. Dem steht aber die Verpflichtung des Anwalts gegenüber, die Richtigkeit und Höhe seiner Forderung nachzuweisen. Dass dieser Nachweis - wie die Klägerin meint - nur in einem Aktivprozess des Anwalts und nicht auch auf andere Weise erbracht werden könnte, wie etwa hier durch Einwendung des Anwalts im Verfahren auf Zustimmung zur Ausfolgung der hinterlegten Beträge, ist dem Gesetz nicht zu entnehmen. Vielmehr weist die Formulierung, der Nachweis sei zu erbringen "wenn die angesuchte gütliche Beilegung ohne Erfolg geblieben ist" darauf hin, dass sogar eine außergerichtliche Einigung über die Höhe der Honorarforderung als Voraussetzung für das Entstehen des gesetzlichen Pfandrechts nach § 19 Abs 4 RAO als Folge gerichtlicher Hinterlegung in Frage kommt. Um so mehr muss es daher dem Anwalt möglich sein, Richtigkeit und Höhe seines Honoraranspruchs in einem vom Erlagsgegner kurz nach der Hinterlegung angestrengten Verfahren auf Zustimmung zur Ausfolgung des hinterlegten Betrages unter Beweis zustellen. Es wäre ein unnötiger Formalismus, wollte man trotz eines bereits anhängigen Verfahrens, in dem über Einwendung des Beklagten Richtigkeit und Höhe seiner Forderung ohnehin zu prüfen sind, zusätzlich noch die Geltendmachung des Honoraranspruchs in einem Aktivprozess verlangen.

Auch die vom Erstgericht zitierte Entscheidung 6 Ob 512/77, RZ 1977/101 (richtig: RZ 1977/110 S 215), wonach der Nachweis der Forderung "in der Regel" durch Erhebung der Klage geschehen werde, schließt keineswegs aus, dass der Nachweis auch auf andere Art als durch Klageführung des Anwalts erbracht wird.

Der in § 19 Abs 3 RAO geforderte Nachweis der Richtigkeit und Höhe der Honorarforderung kann daher auch in einem gegen den Anwalt gerichteten Verfahren auf Zustimmung zur Ausfolgung des hinterlegten Betrages erbracht werden. Ein allenfalls zu fordernder zeitlicher Zusammenhang zwischen Gerichtserlag und Klageführung wäre im vorliegenden Fall gegeben, weil das auch der Prüfung der Honorarforderung dienende Verfahren schon einen Monat nach Vorname des Gerichtserlags anhängig gemacht wurde.

Das Erstgericht hat Richtigkeit und Höhe der vom Beklagten geltend gemachten Honorarforderung als Voraussetzung des gesetzlichen Pfandrechts nach § 19 Abs 4 RAO im Wege des Gerichtserlags nicht geprüft. Die erkennbar der Prüfung der Honorarforderung dienende Aufhebung und Zurückverweisung durch das Berufungsgericht begegnet daher keinen Bedenken. Das Erstgericht wird allerdings im fortgesetzten Verfahren auch zu prüfen haben, ob die beim Beklagten erlegten (und für die Klägerin bestimmten) Beträge, denen der Beklagte den bei Gericht erlegten Betrag entnahm, tatsächlich von einem Dritten stammten. An Geldern, die die Klägerin selbst ihrem Anwalt übergeben hat, bestünde weder ein Abzugsrecht nach § 19 Abs 1 RAO noch - nach Gerichtserlag - ein gesetzliches Pfandrecht nach § 19 Abs 4 RAO.

Dem im Ergebnis unberechtigten Rekurs gegen den Aufhebungsbeschluss des Berufungsgerichts wird ein Erfolg versagt.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 52 Abs 1 ZPO.

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