OGH 2Ob219/04a

OGH2Ob219/04a6.12.2004

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Niederreiter als Vorsitzenden sowie durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Schinko, Dr. Tittel, Dr. Baumann und Hon. Prof. Dr. Danzl als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Herbert S*****, vertreten durch Urbanek Lind Schmied Reisch Rechtsanwälte OEG in St. Pölten, gegen die beklagten Parteien 1.) A***** Bau GmbH, *****, vertreten durch Hule & Heinke Rechtsanwälte GmbH in Wien und 2.) J***** AG, *****, vertreten durch Dr. Wolfgang Waldeck und Dr. Hasenauer, Rechtsanwälte in Wien, wegen EUR 165.584,94 sA und Feststellung (Streitwert EUR 7.267,28) über die außerordentlichen Revisionen der erstbeklagten Partei und der zweitbeklagten Partei gegen das Teil- und Zwischenurteil des Oberlandesgerichtes Wien als Berufungsgericht vom 13. Juli 2004, GZ 12 R 96/04g-65, womit infolge Berufung der klagenden Partei und der zweitbeklagten Partei das Urteil des Landesgerichtes St. Pölten vom 6. Februar 2004, GZ 4 Cg 155/01x-57 abgeändert wurde, in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Der Revision der erstbeklagten Partei wird Folge gegeben.

Die Entscheidungen der Vorinstanzen werden aufgehoben.

Dem Erstgericht wird eine neuerliche Entscheidung nach allfälliger Verfahrensergänzung aufgetragen.

Die Kosten der Rechtsmittelverfahren sind weitere Verfahrenskosten.

Die außerordentliche Revision der zweitbeklagten Partei wird zurückgewiesen.

Text

Begründung

Am 2. 12. 1999 ereignete sich in Wolfsgraben, Heimbautal, Frühlingsstraße 19 ein Unfall, bei dem der Kläger zwischen einem abgestellten LKW und einem von der erstbeklagten Partei gehaltenen, von der zweitbeklagten Partei ausgelieferten Asphaltfertiger Super 1804, Type 6-69, Baujahr 1996 eingeklemmt und schwer verletzt wurde.

Der Kläger begehrt Schmerzengeld sowie den Ersatz seines Schadens von insgesamt EUR 165.584,94 sA sowie die Feststellung der Haftung der beklagten Parteien für die künftigen Folgen des Unfalls. Die Erstbeklagte hafte als Halterin des Asphaltfertiges nach § 1 iVm §5 Abs 1 EKHG. Der Asphaltfertiger müsse am Straßenverkehr teilnehmen, um auf eine Baustelle zu gelangen. Die Baustelle, auf der sich der Unfall ereignet habe, sei für Fußgänger nicht abgesichert gewesen; jeder der die Straße passiert habe, habe am Asphaltfertiger vorbeigehen müssen. Die Erstbeklagte habe alle branchenüblichen Sicherheitsvorschriften missachtet und hafte überdies für das Verschulden ihres Dienstnehmers, der den Asphaltfertiger unsachgemäß bedient und ohne Vorwarnung in Bewegung gesetzt habe. Der von der Zweitbeklagten hergestellte und in Verkehr gebrachte Asphaltfertiger weise unfallkausale Konstruktionsmängel auf; unfallkausal sei auch die mangelhafte Instruktion; das Steuerungssystem sei insoweit fehlerhaft gewesen, als der Endschalter derart unzweckgemäß montiert worden sei, dass er noch angesprochen habe, bevor sich das mechanische Getriebe auf den langsameren Arbeitsgang umgestellt habe. Dadurch sei die Geschwindigkeitssteuerung nicht über das Gaspedal, sondern über ein Potentiometer erfolgt. Wäre der Endschalter erst aktiv geworden, als das Getriebe bereits in den langsameren Arbeitsgang umgestellt gewesen wäre, wäre der Asphaltfertiger bei Stellung des Potentiometers auf Vollgas nur langsam vorwärts gefahren.

Die Erstbeklagte wendete im Wesentlichen ein, beim Asphaltfertiger handle es sich nicht um ein Fahrzeug im Sinne des EKHG, weil es kein zur Verwendung auf Straßen bestimmtes oder auf Straßen verwendetes Kraftfahrzeug sei, weshalb es über kein Kennzeichen verfüge. Der Unfall habe sich im Bereich einer gekennzeichneten Baustelle ereignet. Der Kläger sei von keinem Mitarbeiter im Gefahrenbereich gesehen worden, weshalb nicht damit gerechnet habe werden müssen, dass sich eine Person vor dem Asphaltfertiger befinde.

Die Zweitbeklagte wendete im Wesentlichen ein, der Fahrer des Asphaltfertigers habe entgegen den in der Bedienungsanleitung geforderten Vorsichtsmaßnahmen vor dem Umschalten vom Straßengang in den Arbeitsgang nicht kontrolliert, ob sich jemand im Gefahrenbereich aufhalte. Das unerwartete und plötzliche Anfahren sei auf einen Bedienungsfehler des Fahrers zurückzuführen. Es liege weder ein Konstruktions- noch ein Instruktionsfehler vor. Wäre den Bedienungsanleitungen gefolgt worden, hätte sich der Asphaltfertiger überhaupt nicht in Bewegung gesetzt. Eine nunmehrige Änderung in der Ausführung derartiger Asphaltfertiger habe nichts mit dem Unfall zu tun. Den Kläger treffe ein Mitverschulden von zwei Dritteln, weil er sich grundlos in den Gefahrenbereich begeben habe. Der Asphaltfertiger sei für den Straßenverkehr zugelassen.

Das Erstgericht wies das Klagebegehren gegen die Erstbeklagte ab und gab dem Klagebegehren gegen die Zweitbeklagte mit vier Fünfteln dem Grunde nach statt.

Es ging von nachstehenden - wesentlichen - Feststellungen aus:

Der Kläger begleitete am 2. 12. 1999 seinen Freund Thomas Z*****, der als Kraftfahrer Bitumenmischgut zur Straßenbaustelle der Erstbeklagten in Wolfsgraben, Frühlingsstraße 19 brachte. Als sie die Baustelle erreichten, war der Asphaltfertiger der Zweitbeklagten "Super 1804" von einem Mitarbeiter der Erstbeklagten ca 600 m bis zum Beginn der Asphaltierungsarbeiten gebracht worden. Die Maschine war in der Nacht zuvor mit einem Tieflader zur Baustelle gebracht worden. Thomas Z***** stellte den LKW in eine Entfernung von 2 bis 3 m vor dem stillstehenden Asphaltfertiger ab. Der Asphaltfertiger verfügt in der Mitte über einen erhöhten Führerstand, von dem aus das Fahrzeug bedient wird. Fahrersitz, Lenkrad und Bedienpult zeigen in die Richtung der Gosse, in die das angelieferte Bitumenmischgut gekippt wird. Hinter dem Führerhaus befindet sich die Gerätschaft zur Aufbringung des Asphalts.

Am Unfallstag stand der Asphaltfertiger in der Mitte der nach Kanalbauarbeiten wieder zu asphaltierenden Fahrbahn mit der Gosse zum LKW jeweils mit einem Abstand von etwa einem Meter nach rechts zu einem bereits asphaltierten Gehsteig und nach links zum Straßenrand. Die notwendigen Aufbauarbeiten betreffend Steuerautomatik und sonstigem Zubehör waren abgeschlossen; der Motor lief auf Standgas. Der Kläger, sein Freund, der Fahrer des Asphaltfertigers und ein Polier der Erstbeklagten unterhielten sich und standen dabei links vom Asphaltfertiger. Als der Polier meinte, dass man jetzt anfangen müsse, sprühte der LKW-Fahrer ein Trennmittel auf den hinteren Bereich des LKW, während der Fahrer des Asphaltfertigers auf das Gerät aufstieg. Der Kläger ging nach vorne in Richtung LKW und sodann zwischen dem LKW und dem Asphaltfertiger durch, um auf der Beifahrerseite des LKW wieder einzusteigen. Weder dem Fahrer des Asphaltfertigers noch dem Polier ist aufgefallen, dass der Kläger zwischen dem LKW und der Arbeitsmaschine durchging, weil beide eine andere Richtung eingeschlagen hatten. Deshalb wurde der Kläger von niemandem aufmerksam gemacht, dass er nicht zwischen dem LKW und dem Asphaltfertiger durchgehen dürfe. Es wäre ihm auch möglich gewesen, am LKW links vorbei bis ganz nach vorne zu gehen, um an der Front des LKW vorbei zur Beifahrertür zu gelangen. Als der Kläger im letzten Drittel des Zwischenraums war, bewegte sich der Asphaltfertiger plötzlich ruckartig nach vorne und klemmte den Kläger derart ein, dass sein linkes Bein abgetrennt wurde. Die schnelle und ruckartige Bewegung erfolgte für alle überraschend und unvermittelt. Die Vorwärtsbewegung ereignete sich, während der Fahrer des Asphaltfertigers den Ganghebel von der Transportfahrt in die Arbeitsfahrt umlegte, wobei gleichzeitig das Potentiometer, mit dem die Motorleistung im Arbeitsgang (1. Gang) gesteuert wird, nicht auf "Null" stand und die Handbremse nicht angezogen war. Vor Betätigung des Schalthebels überprüfte der Fahrer des Asphaltfertigers nicht den Zwischenraum zum LKW, weil er nicht damit rechnen musste, dass sich der Asphaltfertiger schnell und plötzlich nach vorne bewegen werde. An sich hätte der Asphaltfertiger überhaupt nicht in Richtung des LKW bewegt werden sollen; vielmehr hätte der LKW zum Asphaltfertiger zurückschieben und das angelieferte Bitumenmischgut in die noch zu öffnende Gosse leeren sollen. Erst dann wäre der Asphaltfertiger in Arbeitsfahrt während dem Aufbringen des Asphalts langsam nach vorne gefahren. Grundsätzlich verfügt der Asphaltfertiger über einen 1. Gang für die Arbeitsfahrt und einen 2. Gang für die Transportfahrt, die durch einen Schalthebel eingelegt werden können. In Arbeitsfahrt legt die Arbeitsmaschine 10 m in 33 sec nach vorwärts, mit Standgas in 53 sec, also 2 m in 6,6 sec bzw 10,6 sec und 3 m in 9,9 sec bzw 15,9 sec zurück. In Transportfahrt legt die Arbeitsmaschine 10 m in 4 sec vorwärts, also 2 m in 0,8 sec und 3 m in 1,2 sec zurück. In Transportfahrt (2. Gang) wird die Motorleistung über ein Gaspedal gesteuert, in Arbeitsfahrt (1. Gang) über ein Potentiometer (Sollwertgeber) in Form eines Drehknopfes am Steuerpult. Dessen Nullstellung befindet sich links, dessen Maximumstellung rechts, ohne dass diese Stellungen genau gekennzeichnet gewesen wären. Unterhalb des Drehknopfes befindet sich ein kleines schwarzes dreieckiges Symbol, das besagt, dass mit dem Drehknopf ein Signal der Größe nach verändert werden kann. Die Richtung der Signalveränderung ist nicht gesondert symbolhaft gekennzeichnet. Der Drehknopf verfügt noch über eine kleine Nase als Hinweis dafür, in welcher Stellung sich das Potentiometer gerade befindet. Um die Nullstellung des Potentiometers zu überprüfen, muss der Drehknopf bis zum Anschlag nach links gedreht werden. Optisch ist die Nullstellung mit entsprechender Erfahrung und Aufmerksamkeit bei der Beobachtung nur annähernd erkennbar. Zum Unfallszeitpunkt war ein Drucktaster eingebaut, der ausschließlich für die Rückwärtsfahrt vorgesehen war und dabei durchgehend gedrückt werden musste. Für die Vorwärtsfahrt musste dieser Taster nicht betätigt werden. Daneben war ein Fahrtrichtungsschalter für die Vorwärts und Rückwärtsfahrt vorhanden. Nach dem Unfall wurde der Drucktaster durch eine Änderung des Fahrtrichtungsschalters ersetzt, wobei dieser nunmehr zusätzlich eine Leer- oder Nullstellung hat. In dieser Stellung kann die Arbeitsmaschine trotz Betätigung des Gaspedals weder in Arbeits- noch in Transportfahrt vorwärts oder rückwärts bewegt werden. Ein Zusammenhang zwischen dieser konstruktiven Änderung und dem Unfall konnte nicht festgestellt werden. Zum Unfallszeitpunkt war durch die Zweitbeklagte im Steuerungssystem der Endschalter derart unzweckmäßig eingebaut, dass bei Betätigung des Schalthebels die Steuerung des Motors vom Gaspedal auf das Potentiometer umgestellt wurde, noch bevor mechanisch das Getriebe vom 2. Gang auf den 1. Gang umgestellt wurde. Dies bewirkte, dass sich der Asphaltfertiger beim Schaltvorgang schnell und ruckartig nach vorne bewegte, wenn sich das Potentiometer nicht in Nullstellung befand, weil das Potentiometer auf die Motorleistung zu einem Zeitpunkt wirksam wurde, als sich das Getriebe mechanisch noch im schnelleren 2. Gang befand. Nunmehr wurde der Einbau dieses Endschalters im Steuerungssystem derart verändert, dass die Steuerung der Motorleistung erst auf das Potentiometer umgestellt wird, wenn sich das Getriebe mechanisch im langsameren Gang befindet. Ist in diesem Fall das Potentiometer nicht in Nullstellung, so bewegt sich der Asphaltfertiger im Arbeitsgang erheblich langsamer vorwärts. Wäre dies auch am Unfallstag der Fall gewesen, hätte der Kläger noch ausreichend und zwar zumindest mehr als 6 sec Zeit gehabt, den Gefahrenbereich zwischen der Arbeitsmaschine und dem LKW problemlos zu verlassen. Die Arbeitsmaschine hätte sich auch nicht bewegt, wenn die Handbremse angezogen gewesen wäre. Unfallkausale technische Defekte lagen nicht vor. In der der Erstbeklagten zur Verfügung stehenden Betriebsanleitung war ein ausdrücklicher Hinweis, wonach beim Schalten immer darauf zu achten ist, dass sich das Potentiometer in Nullstellung befindet und die Handbremse angezogen sein muss und erst nach Beendigung des Schaltvorgangs zu lösen ist, nicht enthalten. Der Fahrer des Asphaltfertigers wurde von seinem Vorgänger eingeschult und ist etwa ein Jahr bei derartigen Arbeiten nur mitgefahren, um zu lernen, wie die Maschine funktioniert. Er konnte nicht wissen, dass das Steuerungssystem des Asphaltfertigers so gebaut war, dass, noch bevor mechanisch vom 2. Gang auf den 1. Gang durch Betätigen des Schalthebels die Steuerung der Motorleistung vom Fußpedal auf das Potentiometer geschaltet wird, sodass kurzfristig das Potentiometer, falls es nicht in Nullstellung ist, bereits während des noch eingelegten Transportgangs wirkt. Während derartige Asphaltfertiger in Deutschland nach der deutschen Straßenverkehrs - Zulassungs - Ordnung als selbstfahrende Arbeitsmaschinen zum Straßenverkehr zugelassen sind, und alle Kriterien einer selbstfahrenden Arbeitsmaschine nach § 2 KFG 1967 aufweisen, war der hier zum Einsatz kommende Asphaltfertiger nicht zum Straßenverkehr zugelassen. Im Transportgang (2. Gang) kann der Asphaltfertiger auf ebener Strecke bei Windstille ein Höchstgeschwindigkeit bis zu 20 km/h erreichen. Für den Transport dieser Arbeitsmaschine von einer Baustelle zur anderen wird üblicherweise ein Tieflader verwendet. Der Transportgang dient vor allem dazu, sich auf der Baustelle fortzubewegen, sofern nicht mit dem Asphaltfertiger gearbeitet wird.

Dem Kläger, zum Unfallszeitpunkt arbeitsloser Kraftfahrer, war der Arbeitsablauf beim Entlade des Bitumenmischguts in den Asphaltfertiger und die Aufbringung des Asphalt nicht bekannt, weshalb er unter anderem mit seinem Freund mitfuhr, um sich dies anzusehen.

Die damals zu asphaltierende Straße dient lediglich der Zu- und Abfahrt des dortigen Siedlungsgebietes und war aus Anlass der Asphaltierungsarbeiten abgesperrt. Ein Zufahren für Baustellenfahrzeuge war möglich. Für den Fußgängerverkehr war die Baustelle nicht abgesperrt, um den Zugang für Anrainer zu gewährleisten. Dem Kläger war bewusst, dass es sich um eine Baustelle handelt, bei der mit den Asphaltierungsarbeiten gerade begonnen werden sollte.

Rechtlich beurteilte das Erstgericht den festgestellten Sachverhalt dahingehend, der Kläger habe nicht nachweisen können, dass sich die Erstbeklagte einer untüchtigen oder wissentlich gefährlichen Person im Sinne des § 1315 ABGB bedient hätte. Aus dem Umstand, dass der Fahrer des Asphaltfertigers vor dem Umschalten vom Transportgang auf den Arbeitsgang nicht nochmals überprüft habe, ob das Potentiometer auf Null stehe, könne nicht abgeleitet werden, dass ihm überhaupt die für die Bedienung des Asphaltfertigers erforderlichen Kenntnisse fehlten. Eine Verletzung von Verkehrssicherungspflichten durch mangelhafte Absicherung der Baustelle liege nicht vor. Dem Kläger sei bewusst gewesen, dass er sich auf einer Baustelle befinde. Er habe nicht darauf aufmerksam gemacht werden müssen, dass er nicht zwischen dem LKW und dem Asphaltfertiger durchgehen dürfe, weil der Motor des Asphaltfertigers bereits gelaufen sei, weshalb für ihn erkennbar gewesen sei, dass er sich grundsätzlich in den Gefahrenbereich des Asphaltfertigers begebe. Es wäre dem Kläger leicht möglich gewesen, auf die Beifahrerseite des LKW zu gelangen, ohne den unmittelbaren Gefahrenbereich der Arbeitsmaschine zu queren. Für die Mitarbeiter der Erstbeklagten sei nicht erkennbar gewesen, dass der Kläger zwischen dem LKW und dem Asphaltfertiger durchgehen werde. Der Kläger könne sich auch nicht auf eine Verletzung von Schutz- und Sorgfaltspflichten aus einem Vertrag der Erstbeklagten mit ihrem Auftraggeber mit Schutzwirkung zugunsten Dritter berufen, weil er sich nur aus eigenem Interesse als Begleiter eines Freundes auf der Baustelle befunden habe.

Eine Haftung nach dem EKHG liege nicht vor. Der Asphaltfertiger sei zwar ein Fahrzeug, das von seiner Bauart her einerseits eine Höchstgeschwindigkeit von 20 km/h auf ebener Fläche und Windstille erreiche und andererseits technisch die Voraussetzungen des " § 2 Abs 1 KFG" erfülle, jedoch in Österreich nicht zum Verkehr zugelassen sei. Der Asphaltfertiger sei auch nicht zur Verwendung auf Straßen bestimmt, sondern auf der Baustelle und werde üblicherweise von Baustelle zu Baustelle mittels Tieflader transportiert. Er sei daher nicht als Kraftfahrzeug im Sinne des "§ 2 Z 1 KFG" zu qualifizieren.

Die (im Rechtsmittelverfahren dem Grunde nach nicht mehr bestrittene) Haftung der Zweitbeklagten begründete das Erstgericht mit dem Vorliegen eines Konstruktionsfehlers bzw eines Instruktionsmangels.

Den Kläger treffe ein Mitverschulden von einem Fünftel, weil er sich als nicht auf der Baustelle beschäftigte Person grundlos im unmittelbaren Gefahrenbereich aufgehalten habe.

Das vom Kläger und der Zweitbeklagten angerufene Berufungsgericht gab lediglich der Berufung des Klägers, nicht aber der Berufung der Zweitbeklagten Folge und sprach mit Teil- und Zwischenurteil aus, dass das Klagebegehren gegenüber der Erstbeklagten und der Zweitbeklagten zur ungeteilten Hand dem Grunde nach zu Recht bestehe. Auch das Feststellungsbegehren sei hinsichtlich beider Beklagten berechtigt; die Haftung der Erstbeklagten sei mit den Haftungshöchstbeträgen nach § 15 EKHG beschränkt. Das Berufungsgericht sprach aus, dass die ordentliche Revision nicht zulässig sei.

Es übernahm die Feststellungen des Erstgerichtes und bejahte die Anwendbarkeit des EKHG hinsichtlich des Asphaltfertigers, weil die Voraussetzungen des § 2 Abs 1 Z 1 KFG vorlägen und es bedeutungslos sei, ob das KFZ zum Verkehr zugelassen sei. Das EKHG sei auch auf Unfälle anzuwenden, die sich nicht auf öffentlichen Verkehrsflächen ereigneten. Der Unfall habe sich auch beim "Betrieb" des Fahrzeuges ereignet. Ein unabwendbares Ereignisse liege nicht vor.

Dem Kläger sei kein anrechenbares Mitverschulden anzulasten, weil er davon habe ausgehen können, gefahrlos zwischen dem LKW und dem Asphaltfertiger durchgehen zu können. Auch der Lkw-Fahrer habe sich nämlich zum Heck des LKW begeben, um es mit Trennspray einzusprühen. Der Kläger habe daher nicht erkennen können, dass er sorglos in eigenen Angelegenheiten gehandelt habe.

Die ordentliche Revision sei nicht zulässig, weil die Frage, ob eine Haftung nach dem EKHG gegeben sei, immer nur nach den Umständen des Einzelfalles entschieden werden könne.

Gegen diese Entscheidung richten sich die außerordentlichen Revisionen der Erstbeklagten und der Zweitbeklagten.

Der Kläger beantragt in der ihm freigestellten Revisionsbeantwortung zur Revision der Erstbeklagten, das Rechtsmittel zurückzuweisen, bzw. ihm nicht Folge zu geben.

Rechtliche Beurteilung

Die Revision der Erstbeklagten ist zulässig im Sinne des § 502 Abs 1 ZPO, jene der Zweitbeklagten hingegen nicht.

Zur Revision der Zweitbeklagten.

Wie bereits vom Berufungsgericht festgehalten, wird die Haftung der Zweitbeklagten dem Grunde nach nicht mehr bekämpft, wohl aber die Verschuldensteilung.

Fragen der Verschuldensteilung sind aber im Allgemeinen - von korrekturbedürftigen Fehlbeurteilungen abgesehen - grundsätzlich nicht revisionsfähig. Ob sich bereits ein weiterer Unfall ereignet hatte, ist nicht von entscheidender Bedeutung, wenn man bedenkt, dass auch der sich zulässig im Arbeitsbereich aufhaltende Lkw-Fahrer, der sein Fahrzeug mit Trennspray besprühte, vom plötzlich und unerwartet losfahrenden Asphaltfertiger hätte erfasst werden können. Die Revision der Zweitbeklagten war daher mangels Vorliegens einer erheblichen Rechtsfrage als unzulässig zurückzuweisen.

Zur Revision der Erstbeklagten.

Im Rechtsmittel wird als erhebliche Rechtsfrage die Frage aufgeworfen, ob ein Asphaltfertiger ein Kraftfahrzeug im Sinne des § 2 Abs 1 Z 1 KFG ist.

Dazu wurde erwogen:

Voraussetzung für die Anwendbarkeit des EKHG ist, dass sich der Unfall beim Betrieb einer Eisenbahn oder beim Betrieb eines Kraftfahrzeuges ereignet hat. Nach § 2 Abs 2 EKHG ist der Begriff des Kraftfahrzeuges im Sinn des Kraftfahrgesetzes 1967 BGBl Nr 267 auszulegen. Soweit sich aus dem EKHG nichts anderes ergibt, ist dieses auf Kraftfahrzeuge, bei denen nach ihrer Bauart und ihrer Ausrüstung dauernd gewährleistet ist, dass mit ihnen auf gerader waagrechter Fahrbahn bei Windstille eine Geschwindigkeit von 10 km in der Stunde nicht überschritten werden kann, nicht anzuwenden (§ 2 Abs 2 letzter Satz EKHG). § 2 Abs 1 Z 1 KFG definiert als Kraftfahrzeug ein zur Verwendung auf Straßen bestimmtes oder auf Straßen verwendetes Fahrzeug, das durch technisch freigemachte Energie betrieben wird und nicht an Geleise gebunden ist, auch wenn seine Antriebsenergie Oberleitungen entnommen wird. Nach § 2 Abs 1 Z 21 KFG gilt eine selbstfahrende Arbeitsmaschine als Kraftfahrzeug, das nach seiner Bauart und Ausrüstung ausschließlich oder vorwiegend zur Durchführung von nicht der Beförderung von Personen oder Gütern auf Straßen bestehenden Arbeitsvorgängen bestimmt ist. Nach § 1 Abs 2 lit b KFG sind von der Anwendung der Abschnitte II bis XI dieses Gesetztes selbstfahrende Arbeitsmaschinen ausgenommen, mit denen im Rahmen ihrer bestimmungsgemäßen Verwendung Straßen mit öffentlichem Verkehr nur überquert oder auf ganz kurze Strecken oder gemäß § 50 Z 9 der StVO 1960 als Baustelle gekennzeichnete Strecken befahren werden. Als ganz kurze Strecke ist eine Strecke von etwa 10 m anzusehen (Grundtner/Pürstl KFG6 Anm 4 zu § 1; 2 Ob 142/01y = EvBl 2002/191 S 726). In der Entscheidung 2 Ob 316/97b (ZVR 2000/42 S 162) hat sich der erkennende Senat mit der Frage der Anwendbarkeit des EKHG auf einen Radlader auseinandergesetzt und unter Wiedergabe der Vorjudikatur als erheblich angesehen, ob es sich bei dem Fahrzeug um ein zur Verwendung auf Straßen bestimmtes oder auf Straßen verwendetes Fahrzeug handelt und ob, falls Letzteres zutrifft, mit diesem im Rahmen seiner bestimmungsgemäßen Verwendung Straßen mit öffentlichem Verkehr nur überquert oder auf ganz kurzen Strecken befahren werden. Als Fahrzeuge, mit denen im Rahmen ihrer "bestimmungsgemäßen Verwendung" Straßen mit öffentlichem Verkehr "nur überquert oder auf ganz kurze oder ... als Baustelle gekennzeichnete Strecken befahren werden, sind in erster Linie Fahrzeuge anzusehen, die an sich nicht zum Verkehr auf Straßen mit öffentlichem Verkehr, sondern nur zur Verwendung auf einem bereits an solche Straßen angrenzenden Gebiet bestimmt sind und mit denen Straßen aus betrieblichen Gründen innerhalb des Gebietsbereiches überquert werden müssen. Wenn aber die "bestimmungsgemäße Verwendung" auch das Befahren von Straßen mit öffentlichem Verkehr auf längere Strecken vorsieht, fallen diese Fahrzeuge nicht unter die in Frage stehende Ausnahmebestimmung. Die vom Berufungsgericht zur Begründung seiner Rechtsmeinung zitierte Entscheidung (ZVR 1978/39) betraf eine Straßenbaumaschine, die tatsächlich auf öffentlichen Straßen verwendet wurde.

Im fortgesetzten Verfahren werden Feststellungen zu treffen sein, ob die bestimmungsgemäße Verwendung des Asphaltfertigers das Befahren von Straßen mit öffentlichem Verkehr auf längeren Strecken vorsieht.

Der Kostenvorbehalt gründet sich auf § 52 ZPO.

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