OGH 1Ob172/04g

OGH1Ob172/04g23.11.2004

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Vizepräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Schlosser als Vorsitzenden und die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Gerstenecker, Dr. Rohrer, Dr. Zechner und Univ. Doz. Dr. Bydlinski als weitere Richter in der Rechtssache des Antragstellers Leopold D*****, vertreten durch Dr. Walter Mardetschläger, Dr. Peter Mardetschläger und Mag. August Schulz, Rechtsanwälte in Wien, wider die Antragsgegnerin Gabriele D*****, vertreten durch Dr. Michael Mathes und Mag. Laurenz Strebl, Rechtsanwälte in Wien, wegen Aufteilung des ehelichen Gebrauchsvermögens und der ehelichen Ersparnisse gemäß §§ 81 ff EheG, infolge Revisionsrekurses des Antragstellers gegen den Beschluss des Landesgerichts für Zivilrechtssachen Wien als Rekursgericht vom 2. Juni 2004, GZ 43 R 277/04k-66, womit der Beschluss des Bezirksgerichts Donaustadt vom 22. März 2004, GZ 4 C 21/03b-60, teilweise abgeändert wurde, in nichtöffentlicher Sitzung den Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Dem Revisionsrekurs wird Folge gegeben.

Die Entscheidung des Rekursgerichts wird dahin abgeändert, dass der Beschluss des Erstgerichts zur Gänze wiederhergestellt wird. Die Antragsgegnerin ist schuldig, dem Antragsteller binnen 14 Tagen die mit 3.653,52 EUR (darin 610,57 EUR USt) bestimmten Kosten der Rechtsmittelverfahren zu zahlen.

Text

Begründung

Das Erstgericht übertrug dem Antragsteller den der Antragsgegnerin gehörenden Hälfteanteil an einem Reihenhaus, sodass dieser Alleineigentümer wurde. Es trug ihm auf, die "auf diesem Reihenhaus befindlichen offenen Verbindlichkeiten" zur Allein(rück)zahlung zu übernehmen und übertrug die im Reihenhaus (= eheliche Wohnung) befindlichen Fahrnisse ins Alleineigentum des Antragstellers. Beide Parteien wurden dazu verpflichtet, die gegenüber einem Kreditinstitut bestehende Verbindlichkeit von ursprünglich 21.801,85 EUR je zur Hälfte zu zahlen. Das Erstgericht sprach weiters aus, dass Vermögenswerte im Gesamtbetrag von etwa 10.100 EUR der Antragsgegnerin verbleiben. All diese Verfügungen (Punkte 1 bis 5 der erstinstanzlichen Entscheidung) blieben unangefochten. Mit Punkt 6 seines Beschlusses wies das Erstgericht "die darüber hinausgehenden Anträge des Antragstellers und der Antragsgegnerin" ab und hob schließlich die Kosten des Verfahrens gegenseitig auf (Punkt 7). Das Rekursgericht bestätigte die Abweisung des Ausgleichszahlungsbegehrens der Antragsgegnerin im Teilbetrag von 83.253,13 EUR und trug in Abänderung des Beschlusses des Gerichts erster Instanz dem Antragsteller auf, der Antragsgegnerin eine Ausgleichszahlung von 40.000 EUR in vier gleichen jährlichen Raten, beginnend mit dem Ersten des Kalendermonats, der auf die Rechtskraft des Beschlusses folgt, zu leisten; die übrigen Raten seien jeweils am Ersten dieses Kalendermonats der Folgejahre fällig. Es sprach aus, dass der ordentliche Revisionsrekurs nicht zulässig sei. Zur Begründung seiner Entscheidung führte es aus, dass die Mutter des Antragstellers erhebliche Mittel zur Beschaffung des Ehewohnung bereit gestellt habe, dass aber auch nicht übersehen werden dürfe, dass die Antragsgegnerin während der Ehe Rechte an den dem Antragsteller zugesprochenen erheblichen Vermögenswerten erlangt habe. Der Wert der auf den Antragsteller übertragenen Liegenschaftshälfte betrage nach Bereinigung der Schulden etwa 70.000 EUR, die der Antragsgegnerin zugewiesenen Erlöse beliefen sich auf etwa 13.400 EUR. Die entschädigungslose Übertragung der der Antragsgegnerin gehörenden Liegenschaftshälfte käme einer nicht zu billigenden Enteignung gleich. Der Antragsgegnerin stünde eine Entschädigungszahlung dafür, dass sie aus der Ehewohnung gewichen ist, zu. Es sei aber auch in Betracht zu ziehen, dass der Antragsteller nach den Angaben der Antragsgegnerin keinen Kredit mehr bekäme. Jedenfalls aber verfüge der Antragsteller über kein Einkommen, das die laufende Bedienung eines ihm allenfalls eingeräumten Kredits ermöglichte. Zu bedenken sei auch, dass die Antragsgegnerin bereits über eine Wohnmöglichkeit verfüge und die Ausgleichssumme nicht unmittelbar zur Anschaffung einer Wohnung benötige. Demnach erscheine die festgesetzte Ausgleichszahlung angemessen.

Der gegen diese Entscheidung vom Antragsteller erhobene außerordentliche Revisionsrekurs ist zulässig und berechtigt.

Rechtliche Beurteilung

Vorauszuschicken ist, dass nur mehr strittig ist, ob und in welchem Ausmaß der Antragsgegnerin eine Ausgleichszahlung gebührt. Der Wert der Liegenschaft, die nunmehr im Alleineigentum des Antragstellers steht, beläuft sich auf 215.838,32 EUR. Diesem Betrag hinzuzuzählen ist der Wert des Hausrats von 13.741 EUR, sodass von einem Wert der Liegenschaft samt Hausrat im Gesamtbetrag von 229.579,32 EUR auszugehen ist. Der Antragsteller muss Verbindlichkeiten für die bisherige Ehewohnung im Gesamtbetrag von 89.063,09 EUR abstatten. Dies ergibt einen um diese Schulden reduzierten Wert von Liegenschaft und Hausrat von 140.516,23 EUR. Die Hälfte dieses Betrags, also etwa 70.000 EUR, stellt den Wert dar, der dem Antragsteller mit den Entscheidungen der Vorinstanzen zuerkannt wurde.

Der Antragsgegnerin wurden verschiedene Geldbeträge, die aus Verkäufen bzw Abhebungen herrührten, belassen; insgesamt ist ihr so ein Betrag von etwa 10.100 EUR zuerkannt worden. Der vom Rekursgericht errechnete, der Antragsgegnerin zugewiesene Betrag von rund 13.400 EUR beruht insofern auf einem Fehler, als der Wert des verkauften PKWs der Marke Porsche im Gegensatz zu den vom Rekursgericht übernommenen Feststellungen des Erstgerichts nicht mit 363 EUR, sondern mit 3.603,36 EUR angesetzt wurde (s S 2 und 5 des Beschlusses des Gerichts zweiter Instanz).

Berücksichtigt man die den Parteien im Rahmen der Aufteilung zugekommenen Werte, dann ergibt sich zu Gunsten des Antragstellers ein Überhang von etwa 60.000 EUR. Höchstens in diesem Ausmaß könnte der Antragsgegnerin eine Ausgleichszahlung zuerkannt werden. Bedenkt man aber, dass die Mutter des Antragstellers im Laufe der Ehe der Parteien 158.136,09 EUR beisteuerte und die Eltern der Antragsgegnerin einen wesentlich geringeren Betrag leisteten, von dem ein Großteil aus einem Sparguthaben von 36.336,42 EUR resultierte (S 20 und 29 des erstinstanzlichen Beschlusses), dann entspricht es der Billigkeit, der Antragsgegnerin eine Ausgleichszahlung zu verwehren. Das hat das Rekursgericht zum Teil auch insoweit bedacht, als es berücksichtigte, dass die Mutter des Antragstellers erhebliche Mittel zur Beschaffung der Ehewohnung bereit gestellt hatte. Vergleicht man die Höhe der von der Mutter des Antragstellers zur Verfügung gestellten Mittel mit den von den Eltern der Antragsgegnerin beigesteuerten Beträgen, dann wäre es unbillig, dem Antragsteller eine Ausgleichszahlung aufzuerlegen.

Mit seiner Entscheidung hat das Rekursgericht den ihm eingeräumten Ermessensspielraum überschritten (1 Ob 125/03v). Unter Bedachtnahme darauf, dass Leistungen von Verwandten, sofern sie nicht ausdrücklich beiden Ehegatten gewidmete Zuwendungen sind, nur jenem Ehegatten zuzurechnen sind, der mit dem leistenden Dritten verwandt ist (3 Ob 149/03p mwN; 1 Ob 2104/96k; EvBl 1986/13), aber selbst auch unter Beachtung des Grundsatzes, dass derjenige, der Sachwerte übernimmt, an sich seine Kräfte anzuspannen hat, um eine Ausgleichszahlung leisten zu können (3 Ob 44/03x; 4 Ob 200/01t), weil ein geringes Einkommen nicht dazu führen darf, dass dem anderen Ehegatten Eigentum entschädigungslos oder bloß gegen eine unverhältnismäßig geringe Gegenleistung entzogen wird (8 Ob 143/03t), entspricht die Entscheidung, der Antragsgegnerin keine Ausgleichszahlung zuzuerkennen, der Billigkeit.

Die Antragsgegnerin hat dem Antragsteller nach billigem Ermessen gemäß § 234 AußStrG die in den Rechtsmittelverfahren aufgelaufenen Kosten zu ersetzen.

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