OGH 14Os94/04

OGH14Os94/0416.11.2004

Der Oberste Gerichtshof hat am 16. November 2004 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Mag. Strieder als Vorsitzenden sowie durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Zehetner, Hon. Prof. Dr. Ratz, Dr. Philipp und Hon. Prof. Dr. Schroll als weitere Richter, in Gegenwart der Richteramtsanwärterin Mag. Diewok als Schriftführerin, in der Strafsache gegen Robert L***** wegen Finanzvergehen der gewerbsmäßigen Abgabenhinterziehung nach §§ 33 Abs 2 lit a, 38 Abs 1 lit a FinStrG über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung der Privatbeteiligten gegen das Urteil des Landesgerichtes für Strafsachen Wien als Schöffengericht vom 10. März 2004, GZ 123 Hv 2/04x-163, nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung den Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung werden zurückgewiesen.

Text

Gründe:

Soweit mit Nichtigkeitsbeschwerde angefochten, wurde Robert L***** von der wider ihn erhobenen Anklage, er habe "in Wien als Inhaber der Fa. A***** in T***** und faktischer Geschäftsführer der Firmen B***** GmbH, Richard O***** KEG, C***** GmbH und D***** GmbH im bewussten und gewollten Zusammenwirken mit den abgesondert verfolgten Carlo E***** als Geschäftsführer der Fa B***** GmbH, Richard O***** und Guido M***** als Komplementären der Richard O***** KEG, Mario BE***** als Geschäftsführer der C***** GmbH, Jovan MI***** als Geschäftsführer der D***** GmbH, Gert ST***** als Bereichsverantwortlichen der Fa AU*****, Vefa CA***** als Inhaber der Fa T*****, Reuven AL***** als Verantwortlichen für den Tradingbereich der Fa TI***** GesmbH sowie weiteren bisher unbekannt gebliebenen Mittätern vorsätzlich, unter Verletzung der Verpflichtung zur Abgabe von dem § 21 UStG entsprechenden Voranmeldungen eine Verkürzung von Umsatzsteuer bewirkt, wobei es ihm darauf ankam, sich durch die wiederkehrende Begehung eine fortlaufende Einnahme zu verschaffen, und dies nicht nur für möglich, sondern für gewiss gehalten hat, und zwar durch Vortäuschung innergemeinschaftlicher Lieferungen

1.) an die Firmen AR***** die Grazioso SA***** und AG***** in Italien gemeinsam mit dem abgesondert verfolgten Jovan MI***** als Geschäftsführer der D***** GmbH im Bereich des Finanzamtes für den 2. und 20. Bezirk im Zeitraum

  1. a) Juni, Juli und Oktober 2002 in Höhe von 128.890,33 EUR,
  2. b) Februar 2003 in Höhe von 833.033 EUR;

    2.) an die Firma AG***** gemeinsam mit dem abgesondert verfolgten Carlo E*****, Richard O*****, Guido M*****, Giacomo SI*****, Jovan MI***** und Mario BE***** im Bereich des Finanzamtes Graz-Stadt im Zeitraum

  1. a) Februar bis Dezember 2002 in Höhe von 1,547.102,93 EUR,
  2. b) Jänner bis August 2003 in Höhe von 4,749.382,41 EUR;

    3.) an die Firmen A***** und AR***** gemeinsam mit dem abgesondert verfolgtem Gert ST***** im Bereich des Finanzamtes Salzburg-Stadt im Zeitraum

  1. a) April bis Dezember 2002 in Höhe von 120.911,07 EUR,
  2. b) Jänner bis August 2003 in Höhe von 696.511,22 EUR;

    4.) an die Fa A***** gemeinsam mit dem abgesondert verfolgten Vefa CA***** als Inhaber der Fa T***** im Bereich des Finanzamtes für den 6., 7. und 15. Bezirk für den Zeitraum Februar bis März 2003 in Höhe von 564.924,33 EUR;

    5.) an die Fa A***** gemeinsam mit den abgesondert verfolgten Reuven AL***** und Raul TA***** als Verantwortlichen für den Tradingbereich der Fa TI***** GmbH im Bereich des Finanzamtes für den 2. und 20. Bezirk im Zeitraum Jänner bis August 2003 in Höhe von 3,247.548,18

    EUR

    gemäß § 259 Z 3 StPO freigesprochen" (Anklagefakten A/III). Kein Schuldspruch wegen des Finanzvergehens der gewerbsmäßigen Abgabenhinterziehung nach §§ 33 Abs 2 lit a, 38 Abs 1 lit a FinStrG erfolgte zum Vorwurf, der Angeklagte habe als faktischer Geschäftsführer gewerbsmäßig im Bereich des Finanzamtes für den 2. und 20. Bezirk in Wien unter Verletzung der Verpflichtung zur Abgabe von dem § 21 des Umsatzsteuergesetzes entsprechenden Voranmeldungen eine Verkürzung von Umsatzsteuer bewirkt und dies nicht nur für möglich, sondern für gewiss gehalten,

    "I. indem durch die D***** GmbH ungerechtfertigt Vorsteuerbeträge geltend gemacht wurden, welche als Schein- und Deckungsrechnungen der Firma B***** GmbH resultierten, und zwar im Zeitraum Mai bis Juni 2002 in Höhe von 67.715,14 EUR;

    III. indem durch die Firma T***** GmbH ungerechtfertigt Vorsteuerbeträge, welche als Schein- und Deckungsrechnungen der Firma Richard O***** KEG resultierten, und zwar im Zeitraum Februar bis Mai 2003 in Höhe von 503.700 EUR."

    Wegen in der Zeit von Mai 2002 bis August 2003 begangener Finanzvergehen der gewerbsmäßigen Abgabenhinterziehung nach §§ 33 Abs 2 lit a, 38 Abs 1 lit a FinStrG wurde der Angeklagte hingegen zu einer Freiheitsstrafe von neun Monaten und zu einer Geldstrafe von 7,200.000 Euro, für den Fall deren Uneinbringlichkeit zu einer Ersatzfreiheitsstrafe von 18 Monaten, verurteilt.

    Das Finanzamt Graz-Stadt als Finanzstrafbehörde erster Instanz hat rechtzeitig Nichtigkeitsbeschwerde und Berufung angemeldet. Am 11. Mai 2004 wurde dem Postabholer des Finanzamtes eine Urteilsabschrift ausgefolgt, welche aufgrund organisatorischer Unzukömmlichkeiten im Bereich des Finanzamtes jedoch erst am 14. Mai 2004 beim zuständigen Sachbearbeiter einlangte (ON 185 und 187). Die Nichtigkeitsbeschwerde wurde am 11. Juni 2004 ausgeführt; eine Ausführung der Berufung erfolgte nicht.

Rechtliche Beurteilung

Trotz Vorhandenseins einer Zustelladresse darf nach § 4 Abs 5 erster Satz ZustG an jedem Ort zugestellt werden, an dem der Empfänger angetroffen wird, wenn er die Annahme der Sendung nicht verweigert. Ist der Empfänger - wie hier - keine natürliche Person, so ist die Sendung einem zur Empfangnahme befugten Vertreter zuzustellen (§ 13 Abs 3 ZustG).

Da der Postabholer des Finanzamtes als zur Empfangnahme befugter Vertreter im Sinn des § 13 Abs 3 ZustG anzusehen ist und - seinem Auftrag entsprechend - die Annahme der Sendung nicht verweigerte, ist die Urteilsabschrift demnach am 11. Mai 2004 zugestellt worden. Somit endete die zur Ausführung der Nichtigkeitsbeschwerde offen stehende vierwöchige Frist am 8. Juni 2004. Die erst am 11. Juni 2004 zur Post gegebene Nichtigkeitsbeschwerde erweist sich als verspätet, weil auch bei der Anmeldung keine Bezeichnung von Nichtigkeitsgründen erfolgt ist (§ 285 Abs 1 StPO).

Die Nichtigkeitsbeschwerde konnte demnach bereits bei der nichtöffentlichen Beratung sofort zurückgewiesen werden (§ 285d Abs 1 Z 1 StPO).

Da die Privatbeteiligte entgegen § 294 Abs 2 vierter Satz StPO bei der Anmeldung der Berufung nicht erklärt hat, gegen welche der Strafen sie sich beschwert erachtet und eine Ausführung der Beschwerdegründe nicht erfolgt ist, gilt insoweit nichts anderes (§ 296 Abs 2 StPO).

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