OGH 15Os110/04

OGH15Os110/047.10.2004

Der Oberste Gerichtshof hat am 7. Oktober 2004 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Markel als Vorsitzenden sowie durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Schmucker, Dr. Zehetner, Dr. Danek und Dr. Kirchbacher als weitere Richter, in Gegenwart der Richteramtsanwärterin Mag. Finster als Schriftführerin, in der Strafsache gegen Hans Jürgen Josef K***** wegen des Verbrechens des Mordes nach § 75 StGB und weiterer strafbarer Handlungen über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung des Angeklagten sowie die Berufung der Staatsanwaltschaft gegen das Urteil des Geschworenengerichtes beim Landesgericht Innsbruck vom 17. Juni 2004, GZ 26 Hv 249/03a-156, nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung den Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Die Nichtigkeitsbeschwerde wird zurückgewiesen.

Zur Entscheidung über die Berufungen werden die Akten dem Oberlandesgericht Innsbruck zugeleitet.

Dem Angeklagten fallen auch die Kosten des bisherigen Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Text

Gründe:

Hans Jürgen Josef K***** wurde mit dem auf dem Wahrspruch der Geschworenen beruhenden angefochtenen Urteil, das auch einen unbekämpft gebliebenen Teilfreispruch (vgl jedoch Fabrizy StPO9 § 259 Rz 16) wegen des (idealkonkurrierend mit Mord begangenen) Verbrechens des schweren Raubes nach §§ 142 Abs 1, 143 zweiter Fall StGB enthält, der Verbrechen (A) des Mordes nach § 75 StGB, (B) des teils vollendeten, teils versuchten gewerbsmäßigen schweren Diebstahls durch Einbruch nach §§ 127, 128 Abs 1 Z 2, 129 Z 2, 130 zweiter Fall, 15 StGB, (C) des gewerbsmäßigen schweren Betruges nach §§ 146, 147 Abs 1 Z 1 und Abs 2, 148 zweiter Fall StGB sowie (D) des Vergehens der Urkundenunterdrückung nach § 229 Abs 1 StGB schuldig erkannt und hiefür nach § 75 StGB unter Anwendung des § 28 Abs 1 StGB zu einer Freiheitsstrafe in der Dauer von 16 Jahren verurteilt. Weiters wurde gemäß § 21 Abs 2 StGB die Unterbringung des Angeklagten in einer Anstalt für geistig abnorme Rechtsbrecher angeordnet. Danach hat er, soweit für die Nichtigkeitsbeschwerde von Relevanz, am 3. März 1989 in Amsterdam den Martin Maurice Ka***** dadurch, dass er diesem einen Schlag mit dem Griff einer Pistole der Marke Luger Nr 6624, Kaliber 9 Millimeter Parabellum, gegen die hohe Hinterkopfregion versetzte und weiters den nach diesem Schlag nach vorne taumelnden Martin Maurice Ka***** in den Rücken schoss, wodurch dieser am Boden zu liegen kam, wo er ihm einen weiteren Schuss gegen die rechte Halsseite versetzte, wodurch Martin Maurice Ka***** eine Verletzung an der Kopfschwarte, einen Rumpfdurchschuss sowie einen Durchschuss durch die vorderen Halsweichteile erlitt, welche einen höhergradigen Blutverlust nach innen und eine Herzbeuteltamponade zufolge hatten, vorsätzlich getötet. Von der weiters wider ihn erhobenen Anklage, er habe nachts zum 3. März 1989 in Amsterdam den Martin Maurice Ka***** dadurch, dass er diesem einen Schlag mit dem Griff einer Pistole der Marke Luger Nr. 6624, Kaliber 9 Millimeter Parabellum, gegen die hohe Hinterkopfregion versetzte und weiters dem nach diesem Schlag nach vorne taumelnden Martin Maurice Ka***** in den Rücken schoss, wodurch dieser am Boden zu liegen kam, wo er ihm einen weiteren Schuss gegen die rechte Halsseite versetzte, sohin mit Gewalt gegen eine Person unter Verwendung einer Waffe, eine fremde bewegliche Sache, nämlich Bargeld in Höhe von 650 holländischen Gulden mit auf unrechtmäßige Bereicherung gerichtetem Vorsatz weggenommen und hiedurch das Verbrechen des schweren Raubes nach §§ 142 Abs 1, 143 zweiter Fall StGB begangen, wurde der Angeklagte (wegen Erlöschens der Strafbarkeit der Tat nach Art 70 Z 3 des Niederländischen Strafgesetzbuches) - ohne Zusatzfragestellung - gemäß § 337 StPO freigesprochen.

Die Geschworenen haben die anklagekonforme Hauptfrage 2 gerichtet auf das Verbrechen des Mordes im Stimmenverhältnis 7:1 bejaht, ebenso die anklagekonforme Hauptfrage 1, gerichtet auf das Verbrechen des schweren Raubes nach §§ 142 Abs 1, 143 zweiter Fall StGB im Stimmenverhältnis 6:2 mit dem Zusatz "aber nicht in den Nachtstunden". Demgemäß entfiel die Beantwortung der Eventualfragen 1, 2 und 3 zur Hauptfrage 1 nach Bedrängnisdiebstahl sowie nach Totschlag und absichtlich schwerer Körperverletzung mit Todesfolge zur Hauptfrage 2. Weitere Eventualfragen (bzw Zusatzfragen) zu den Hauptfragen 1 und 2 waren nicht gestellt worden.

Rechtliche Beurteilung

Die (inhaltlich allein) gegen den Schuldspruch wegen des Verbrechens des Mordes nach § 75 StGB aus Z 6, 8, 11 lit b und 13 des § 345 Abs 1 StPO erhobene Nichtigkeitsbeschwerde verfehlt ihr Ziel. Die - auf Stellung einer Zusatzfrage nach Verjährung der Strafbarkeit (im Sinn des Art 70 Z 3 iVm Art 287 des Wetboek van Strafrecht) - gerichtete Fragerüge (Z 6) behauptet unzutreffend (vgl Beil D zu ON 143) zum einen, Totschlag nach Art 287 des niederländischen Strafgesetzbuches werde mit einer Freiheitsstrafe von bis zu zehn Jahren (richtig: fünfzehn Jahren) geahndet, zum anderen eine Verjährungsfrist nach Art 70 Z 3 Wetboek van Strafrecht von zwölf Jahren (richtig: fünfzehn Jahre gemäß Z 4 Art 70 leg cit) und ignoriert, dass die am 3. März 1989 in Lauf gesetzte Verjährung spätestens durch die Kundmachung der Anklage vom 28. November 2003 am 2. Dezember 2003 (ON 120) unterbrochen wurde (Art 72 Wetboek van Strafrecht, ON 151, 152 "wenn dem Verdächtigen die Anschuldigungen gegen ihn, die vom Dienste des öffentlichen Anklägers oder des Richters erhoben werden, bekannt sind").

Damit erweist sich die Fragestellungsrüge nicht als den Vorschriften des Prozessrechtes entsprechend dargestellt.

Gleiches gilt für die Beschwerdekritik (Z 8), bei der Rechtsbelehrung habe die Abgrenzung zwischen "Doodslag" und "Moord" (nach Wetboek van Strafrecht), nicht Eingang gefunden, sodass die Geschworenen keine Gelegenheit hatten, allenfalls im Sinn des § 327 StPO vorzugehen, weil sie verkennt, dass die Rechtsbelehrung nur insoweit angefochten werden kann, als sie Fragen betrifft, die den Geschworenen tatsächlich unterbreitet wurden (RIS-Justiz RS0101091). Soweit die Beschwerde als Nichtigkeit nach Z 11 lit b des § 345 Abs 1 StPO moniert, dass die Verjährungsbestimmungen des Art 70 des Niederländischen Strafgesetzbuches als prozessuales Verfolgungshindernis beurteilt werden sollten, verfehlt sie ebenfalls die Ausrichtung am Gesetz, weil Strafaufhebungsgründe im geschworenengerichtlichen Verfahren nicht unmittelbar mit einem materiellen Nichtigkeitsgrund releviert werden können, sondern Gegenstand der unter der Sanktion des § 345 Abs 1 Z 6 StPO stehenden Fragestellung sind (vgl RIS-Justiz RS0101411 und RS0100197). Die Sanktionenrüge (Z 13) übergeht, dass das Urteil beim Vergleich des Tötungsdeliktes nach § 75 StGB mit niederländischem Recht von Art 288 des Niederländischen Strafgesetzbuches ausgeht. Nach dieser Bestimmung wird Totschlag mit einer lebenslangen Gefängnisstrafe oder zeitlichen Gefängnisstrafe bis zu 20 Jahren oder einer Geldstrafe der fünften Kategorie bestraft, wobei die Tat nach Art 70 Z 5 in 18 Jahren verjährt, somit die Strafbarkeit der Tat auch nach den Gesetzen des Tatortes nicht erloschen war. Warum "aufgrund des von den Geschworenen angenommenen Tatherganges und Tatablaufes" die Tat unter Art 287 des Niederländischen Strafgesetzbuches zu subsumieren gewesen wäre, legt die Beschwerde mit dem nicht weiter substanziierten Vorbringen nicht deutlich und bestimmt dar. Im Übrigen behauptet sie gar nicht eine Verletzung des § 65 Abs 2 StGB in Bezug auf die Strafbestimmung des Art 288 des Niederländischen Strafgesetzbuches.

Soweit das Rechtsmittel im Schlussantrag die "Behebung des angefochtenen Urteils" begehrt, finden sich keine sachbezogenen Ausführungen zu den Schuldsprüchen B und C des Urteils, sodass die Beschwerde insoweit mangels deutlicher und bestimmter Bezeichnung von Nichtigkeitsgründen zurückzuweisen war (§ 285d Abs 1 Z 1 iVm § 285a Z 2 StPO).

Die Nichtigkeitsbeschwerde war daher als nicht prozessordnungskonform ausgeführt bei nichtöffentlicher Beratung sofort zurückzuweisen (§§ 344, 285d Abs 1 Z 1 iVm § 285a StPO), sodass die Kompetenz der Entscheidung über die Berufungen dem zuständigen Oberlandesgericht zukommt (§§ 344, 285i StPO).

Die Kostenentscheidung gründet sich auf § 390a StPO.

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