Spruch:
Der Nichtigkeitsbeschwerde wird teilweise Folge gegeben; es wird das angefochtene Urteil, das im Schuldspruch unberührt bleibt, im Strafausspruch aufgehoben und insoweit in der Sache selbst erkannt:
Günther W***** wird für das ihm zur Last liegende Verbrechen der betrügerischen Krida als Beteiligter nach §§ 156 Abs 1 und Abs 2 erster Fall, 12 zweiter und dritter Fall StGB nach § 156 Abs 2 StGB unter Anwendung des § 65 Abs 2 StGB und gemäß §§ 31, 40 StGB unter Bedachtnahme auf das Urteil des Landesgerichtes Wels vom 13. Jänner 1998, AZ 13 Vr 287/97, zu einer Zusatzfreiheitsstrafe in der Dauer von
3 (drei) Monaten
verurteilt.
Gemäß § 43 Abs 1 StGB wird die Strafe unter Bestimmung einer Probezeit von 3 (drei) Jahren bedingt nachgesehen.
Im Übrigen wird die Nichtigkeitsbeschwerde verworfen. Mit seiner Berufung wird der Angeklagte auf diese Entscheidung verwiesen.
Gemäß § 390a Abs 1 StPO fallen dem Angeklagten auch die Kosten des Rechtsmittelverfahrens zur Last.
Text
Gründe:
Mit dem angefochtenen Urteil wurde der Angeklagte Günther W***** des Verbrechens der betrügerischen Krida als Beteiligter nach §§ 156 Abs 1 und 2 zweiter Fall, 12 zweiter und dritter Fall StGB schuldig erkannt.
Danach hat er in Zürich, Hersgiswil/Nidwalden und Alpnach zumindest mit den in der Schweiz abgesondert verfolgten Maya B***** und Christoph Wa***** als Beteiligte (§ 12 StGB) Bestandteile des Vermögens der Firma "H***** AG" teils beiseite geschafft, teils veräußert sowie teils nicht bestehende Verbindlichkeiten anerkannt, bezahlt und somit Firmenvermögen wirklich verringert und dadurch die Befriedigung zumindest der Obwaldener Kantonalbank als Gläubigerin dieses Unternehmens vereitelt oder geschmälert, wobei sie durch die Taten einen insgesamt 40.000 Euro übersteigenden Schaden herbeiführten, und zwar
1. am 24. November 1993, indem Maya B***** als Geschäftsführerin und Präsidentin des Verwaltungsrates mit Einzelzeichnungsberechtigung des genannten Unternehmens in Umsetzung eines Konzeptes des Günther W***** und Christoph Wa***** durch Bezahlung einer fiktiven, treuhänderisch über die Firma "E***** Ltd" Vertrieb von Computer und Software, gestellten Rechnung für angebliche Leistungen des Christian J***** über 121.460 sfr, von welcher Summe Günther W***** 21.000 sfr für sich behielt und 100.000 sfr als Gründungskapital der Firma "Ha***** AG" verwendet wurden, Schaden 69.290,70 Euro;
2. im Verlauf des Dezember 1993, indem Maya B***** als Geschäftsführerin und Präsidentin des Verwaltungsrates mit Einzelzeichnungsberechtigung in Umsetzung eines Konzeptes des Günther W***** und unter Mitwirkung des Christoph Wa***** als Vertragspartner in dessen Eigenschaft als einziger Verwaltungsrat der Firma "Ha***** AG" den Bereich "Operative Tätigkeit im Bereich EDV-Personalverleih", insbesondere Adressenmaterial, Kundendatei, diverse Kundenaufträge und Corporate Design, sowie Büroeinrichtung, -maschinen und -systeme und zwei Pkws der Marke Audi Quattro der Firma "H***** AG" unterpreislich an die Firma "Ha***** AG" verkaufte, Schaden ca 35.857,70 Euro (614.600 sfr).
Gegen dieses Urteil richtet sich die auf Z 3, 4, 5, 5a sowie 9 lit a, 10 und 11 des § 281 Abs 1 StPO gestützte Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten.
Rechtliche Beurteilung
Die Verfahrensrüge nach Z 3 lässt außer Acht, dass der - nur den Angeklagten betreffenden - dreitägigen Vorbereitungsfrist des § 221 Abs 1 StPO durch rechtzeitige Zustellung der Vorladung zur Hauptverhandlung Rechnung getragen wurde. Eine sonstige Behinderung des rechtzeitig vorgeladenen Angeklagten in seiner Vorbereitung kann daher nicht den Nichtigkeitsgrund der Z 3 bilden, sondern nur im Falle der ungerechtfertigten Ablehnung eines sich darauf beziehenden Antrages durch das Erstgericht unter dem Nichtigkeitsgrund der Z 4 geltend gemacht werden. Ein solcher Antrag ist jedoch hinsichtlich des Angeklagten nicht gestellt worden, sondern (bloß) hinsichtlich der Verteidigerin.
Der hinsichtlich letzterer zu ihrer Vorbereitung gestellte Vertagungsantrag wurde im Ergebnis zutreffend abgewiesen, weil Verteidigungsrechte nicht beeinträchtigt wurden. War doch bei der Tags zuvor erfolgten Einvernahme der Zeugin Maya B***** im Rechtshilfeweg (ON 74) die Verteidigung vertreten und daher ausreichend noch vor Beginn der - neu durchgeführten - Hauptverhandlung über den Aussageinhalt informiert. Ein Verfahrensfehler nach Z 4 hat somit nicht statt gefunden. Die weitere Verfahrensrüge nach Z 3 wendet sich gegen die ohne Zustimmung des Angeklagten erfolgte Verlesung des Rechtshilfevernehmungsprotokolls der Zeugin Maya B*****, führt dazu als Verlesungsvorschrift aktenkonform § 252 Abs 1 Z 1 StPO an und entkräftet sich damit selbst, weil zu einer nach dieser Bestimmung stattfindenden Verlesung eine Parteienzustimmung nicht erforderlich ist.
Entgegen der Beschwerde hat die Zeugin B***** sich in ihrer Rechtshilfevernehmung auf frühere Aussagen bezogen, welche sohin Bestandteil dieser Vernehmung wurden und als solche zu verlesen waren.
Soweit sich die Rüge gegen die Verlesung von durch sie nicht näher genannten Aktenteilen wendet, ist sie mangels deren deutlicher und bestimmter Bezeichnung einer sachbezogenen Erörterung unzugänglich. Indem die Mängelrüge (Z 5) vorweg "Beweiswürdigungsfehler" behauptet, verkennt sie die Prämissen dieses Nichtigkeitsgrundes (gegenüber der im kollegialgerichtlichen Verfahren nicht vorgesehenen und somit unzulässigen Schuldberufung).
Die Kritik an der Urteilsbegründung zum Spruchfaktum 1., wonach offene Lohnansprüche der Maya B***** verneint wurden, weil sich diese "daran nicht erinnern konnte", obgleich diese nahezu ein Jahresgehalt ausmachten (US 11), als unvollständig (Z 5 zweiter Fall) versagt mangels Anführung angeblich vom Erstgericht bei der Feststellung entscheidender Tatsachen übergangener erheblicher Verfahrensergebnisse. Die Bemängelung der Feststellung des korrespondierenden Vorsatzes des Angeklagten, welcher einen Tatbildirrtum behauptet, als offenbar unzureichend (Z 5 vierter Fall) entbehrt der Darlegung, dass die Begründung den Gesetzen folgerichtigen Denkens oder grundlegenden Erfahrungssätzen widerspricht (wovon auch keine Rede ist). Dass der Beschwerdeführer in anderen Fällen als Sachwalter, Liquidator und Konkursverwalter zur vollsten Zufriedenheit der Gerichtsbehörden tätig war, ist weder für den Strafsatz noch die Schuldfrage von Relevanz, sodass ein weiteres Eingehen des Gerichtes darauf entbehrlich war.
Die zum Urteilsfaktum 2. bloß behauptete Unvollständigkeit der Urteilsbegründung zur Frage der Preisgestaltung der Kaufverträge durch den Angeklagten unternimmt mit der Forderung nach Anwendung des Grundsatzes "in dubio pro reo" nur den Versuch, nach Art einer im kollegialgerichtlichen Verfahren nicht vorgesehenen Schuldberufung die Beweiswürdigung der Tatrichter mit anderen, für den Angeklagten günstigeren Schlussfolgerungen (dass nämlich Christoph Wa*****, ein Angestellter der "Consultana", eines Unternehmens des Angeklagten, aus eigenem die Preise gebildet habe) in Frage zu stellen. Angesichts der von den Erkenntnisrichtern in freier Beweiswürdigung (§ 258 Abs 2 StPO) ihrer Entscheidung zugrundegelegten Aussage der Zeugin Maya B*****, wonach Christoph Wa***** wie sie selbst nur das gemacht hätten, was der Angeklagte vorgab, in Verbindung mit der Angabe des Angeklagten, er sei "in Wahrheit die Consultana gewesen", liegen auch die vorgebrachten sonstigen Begründungsmängel nicht vor. Die Tatsachenrüge (Z 5a) führt aus, dass die Depositionen der - nach der Entschlagung des Zeugen Christoph Wa***** - einzigen "Hauptbelastungszeugin" Maya B***** gegen die Aussage des Angeklagten stünden, und kritisiert damit die sich mit allen wesentlichen Verfahrensergebnissen auseinandersetzende, denkmögliche und mängelfreie Beweiswürdigung des Schöffengerichts ohne jedoch mit der isolierten Hervorhebung einzelner Beweisergebnisse und aus dem bloßen Vorwurf mangelnder Plausibilität erhebliche Bedenken gegen die Richtigkeit der entscheidenden Urteilsannahmen hervorzurufen.
Vorweg zur Rechts- und Subsumtionsrüge (Z 9 lit a und 10):
Das vorliegende Verfahren beruht auf einer "Anzeige zum Zwecke der Strafverfolgung" (Übernahme der Strafverfolgung) in Anwendung des Art 21 des Europäischen Übereinkommens über die Rechtshilfe in Strafsachen (RechtshilfeÜbk), die bloß als Bekanntgabe eines strafbaren Sachverhalts an die Strafverfolgungsbehörde des Heimatstaates des Rechtsbrechers ausgestaltet ist. Diese Behörden führen die Strafverfolgung nach ihren eigenen Vorschriften und sind nur verpflichtet, den um Übernahme der Strafverfolgung ersuchenden (anzeigenden) Staat vom Sachausgang in Kenntnis zu setzen (vgl Linke/Epp/Dokoupil/Felsenstein, Internationales Strafrecht, 311 [Erl 1 zu Art 21 RechtshilfeÜbk]). Hiebei handelt es sich sohin um die Durchsetzung eines (auch) nach innerstaatlichem Recht bestehenden vorliegend auf dem Personalitätsprinzip beruhenden Strafanspruches, wobei die im Ausland begangene Straftat nach dem "Grundsatz der identen Norm" (dazu U. Kathrein in WK-StGB² § 65 Rz 5) zu beurteilen ist (wobei - anders als bei der Auslieferung zwecks Strafverfolgung - nicht der Grundsatz der Spezialität gilt). Die Bezeichnung des Deliktes durch die ausländischen Behörden ist demnach unbeachtlich. Die Beschwerde missachtet die genannten Grundsätze, indem sie eine Bindung der österreichischen Gerichtsbarkeit an die von den Schweizer Behörden vorgenommene Subsumtion seiner Tathandlungen unter die Bestimmungen des Art 140 aF (138 rev) und 159 aF (158 rev) schwStGB (S 11 ff/I) als gegeben erachtet und diese bekämpft. Im Übrigen sei darauf hingewiesen, dass der festgestellte Sachverhalt dem (wenn auch im Anhang der Mitteilung des Verhöramtes für Wirtschaftsdelikte, Kantone Nidwalden, Obwalden, Uri nicht ausdrücklich angeführten - siehe S 23 f/I) Tatbestand des betrügerischen Konkurses nach Art 163 aF schwStGB zu unterstellen ist. Diese Bestimmung lautet:
"1. Der Schuldner, der zum Nachteil der Gläubiger sein Vermögen vermindert, namentlich Vermögensstücke veräußert, beschädigt, zerstört, entwertet oder unbrauchbar macht, sein Vermögen zum Scheine vermindert, namentlich Vermögensstücke beiseite schafft oder verheimlicht, Schulden vortäuscht, vorgetäuschte Forderungen anerkennt oder deren Geltendmachung veranlasst, oder, besonders durch falsche Buchführung oder Bilanz, einen geringeren Vermögensbestand vorspiegelt, wird, wenn über ihn der Konkurs eröffnet worden ist, mit Zuchthaus bis zu fünf Jahren oder mit Gefängnis bestraft.
2. Der Dritte, der eine solche Handlung zum Nachteil der Gläubiger vornimmt, wird, wenn über den Schuldner der Konkurs eröffnet worden ist, mit Gefängnis bestraft."
Den Erwägungen zur Rechtsrüge aus Z 9 lit b ist voranzustellen, dass der Oberste Gerichtshof bei Behandlung einer Nichtigkeitsbeschwerde ein Urteil erster Instanz auf den Grundlagen der Sach- und Rechtslage zum Zeitpunkt seiner Fällung vorzunehmen hat, sodass diesbezügliche Änderungen nach Urteilsfällung in erster Instanz bei einer nicht aufhebenden Rechtsmittelentscheidung unbeachtlich sind (vgl auch das Neuerungsverbot; sowie Dorazil/Harbich, FinStrG § 31 ENr 13). Indem die Beschwerde den erfolgten Eintritt der absoluten Verjährung der Taten nach (seinerzeitigem) schweizerischem Recht am 5. Februar 2004 behauptet, zeigt sie keinen dem Erstgericht unterlaufenen Fehler auf.
Dass die Taten zum Zeitpunkt der Urteilsfällung erster Instanz (4. Dezember 2003) nach schweizerischem oder österreichischem Recht verjährt gewesen wäre (§ 65 Abs 4 Z 1 StGB), behauptet die Beschwerde gar nicht.
Insoweit war die Nichtigkeitsbeschwerde zu verwerfen. Sie ist jedoch im Recht, als sie einen bei der Strafbemessung unterlaufenen nichtigkeitsbegründenden Fehler durch die Berücksichtigung einer bereits getilgten Verurteilung (vom 15. Dezember 1982 durch das Obergericht des Kantons Zürich zu einer dreijährigen Zuchthaus - sowie einer Geldstrafe, US 3) als Erschwerungsgrund aufzeigt (§ 281 Abs 1 Z 11 zweiter Fall StPO). Demzufolge war das angefochtene Urteil, das im Übrigen unberührt zu bleiben hatte, im Strafausspruch aufzuheben.
Bei der Neubemessung der Strafe, welche nach § 156 Abs 2 StGB unter Anwendung des § 65 Abs 2 StGB (Obergrenze der Freiheitsstrafe 5 Jahre) und gemäß §§ 31, 40 StGB unter Bedachtnahme auf das im Spruch bezeichnete Urteil, mit welchem der Angeklagte wegen Suchtgiftdelikten zu einer 4-jährigen Freiheitsstrafe verurteilt worden war, zu erfolgen hatte, war als erschwerend das Zusammentreffen von Verbrechen (laut Vor-Urteil, § 33 Z 1 StGB) und der die Qualifikationsgrenze um ein Mehrfaches übersteigende Schadensbetrag, als mildernd hingegen ein (allerdings nur gering ins Gewicht fallendes) Teilgeständnis, vor allem aber der Umstand des langen Zurückliegens der Taten zu werten und, dass die Verurteilung in erster Instanz knapp vor Ablauf der nach früherem Schweizer Recht vorgesehenen, zufolge § 65 Abs 4 Z 1 StGB relevanten (absoluten) Verjährungsfrist erfolgte.
Dies sowie § 34 Abs 2 StGB berücksichtigend ist eine Zusatzfreiheitsstrafe in der Dauer von drei Monaten angemessen, deren bedingter Nachsicht aus diesen Umständen zu gewähren war. Auf diese Strafneubemessung war der Angeklagte mit seiner die Herabsetzung der Zusatzstrafe und deren bedingte Nachsicht anstrebenden Berufung zu verweisen.
Die Kostenentscheidung gründet sich auf § 390a Abs 1 StPO.
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