OGH 11Os94/04

OGH11Os94/0428.9.2004

Der Oberste Gerichtshof hat am 28. September 2004 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Mayrhofer als Vorsitzenden sowie die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Ebner, Dr. Danek, Dr. Schwab und Dr. Lässig als weitere Richter, in Gegenwart der Richteramtsanwärterin Mag. Klenk als Schriftführerin, in der Strafsache gegen Flurim B***** und weitere Angeklagte wegen der Verbrechen der Schlepperei nach § 104 Abs 1, Abs 3 erster und zweiter Fall, Abs 5 FrG und weiterer strafbarer Handlungen über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung des Angeklagten gegen das Urteil des Landesgerichtes Eisenstadt als Schöffengericht vom 27. Mai 2004, GZ 12 Hv 70/04d-386, nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung den Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Die Nichtigkeitsbeschwerde wird zurückgewiesen.

Zur Entscheidung über die Berufung werden die Akten dem Oberlandesgericht Wien zugeleitet.

Dem Angeklagten Flurim B***** fallen die Kosten des bisherigen Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Text

Gründe:

Mit dem angefochtenen Urteil - das auch in Rechtskraft erwachsene Schuldsprüche weiterer Angeklagter enthält - wurde Flurim B***** wegen der Verbrechen der kriminellen Organisation nach § 278a StGB (I 1) und der Schlepperei nach § 104 Abs 1, Abs 3 erster und zweiter Fall, Abs 5 FrG (II 1, 2bb) schuldig erkannt.

Danach hat er - soweit für das Rechtsmittelverfahren von Belang - an verschiedenen Orten entlang der ungarisch-burgenländischen Grenze fortgesetzt in mehreren Tathandlungen die rechtswidrige Einreise von (vorwiegend aus dem Kosovo stammenden) Fremden in einen Mitgliedstaat der europäischen Union oder in einen Nachbarstaat Österreichs mit dem Vorsatz gefördert, dass dies gegen einen nicht bloß geringfügigen Vermögensvorteil für ihn oder einen anderen geschieht, wobei er gewerbsmäßig und (ab Mitte 2002 - US 11) als Mitglied einer Bande handelte und überdies (ab Februar 2003 bis zu seiner Verhaftung am 28. Oktober 2003 - US 11, 12, 6) in einer Verbindung einer größeren Zahl von Menschen zur fortgesetzten Begehung der Schlepperei führend tätig war.

Rechtliche Beurteilung

Die nur gegen die Annahme der Qualifikation nach § 104 Abs 5 FrG aus § 281 Abs 1 Z 10 StPO erhobene Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten Flurim B***** geht fehl.

Denn bei Ausführung materiell-rechtlicher Nichtigkeitsgründe muss unter Heranziehung der Gesamtheit der Urteilsfeststellungen ein Vergleich mit dem darauf angewendeten Gesetz vorgenommen und auf dieser Grundlage der Einwand entwickelt werden, dass dem Erstgericht bei Beurteilung dieses Urteilssachverhaltes ein Rechtsirrtum unterlaufen sei (Mayerhofer StPO5 § 281 Z 10 E 7b, 9). Die Nichtbeachtung dieses aus dem Gesetz abzuleitenden Anfechtungsrahmens nimmt dem Rechtsmittel den Anspruch, dass darauf nach kontradiktorischer Verhandlung meritorisch eingegangen wird. Sowohl die (nur mit der Zahl der in Österreich tätigen Mitglieder begründete) Bestreitung des Tatbestandsmerkmales einer größeren Zahl von Menschen als auch jenes der führenden Tätigkeit (§ 104 Abs 5 FrG) orientiert sich nicht am Ersturteil. Diesem ist nämlich unter anderem zu entnehmen, dass in der hierarchisch aufgebauten, grenzüberschreitenden Schlepperorganisation - die allein in Österreich sechs Mitglieder, aufgrund des größeren Aufgabenbereiches etwa in Ungarn aber ein Vielfaches dieser Zahl umfasste - in mehreren europäischen Ländern regional zuständige Führungskräfte eingesetzt waren. Der Angeklagte B***** - der sich ab Mitte 2002 an der Durchführung von Schleppungen in der kriminellen Großvereinigung beteiligt hatte - wurde ab Februar 2003 dadurch führend tätig, dass er nach Verständigung durch den ungarischen Teil der Organisation - für den er die wesentlichste Ansprechsstelle war - die Schleppungen in Österreich koordinierte und überwachte, Mitglieder der Organisation mit der Durchführung des Transportes beauftragte und die Bezahlung der Transporteure nach eigenem Ermessen abwickelte (US 8, 9, 11, 12, 16, 21, 22).

Weil die Subsumtionsrüge diese Urteilskonstatierungen unbeachtet lässt, wurde sie nicht zur gesetzesgemäßen Darstellung gebracht. Die Nichtigkeitsbeschwerde war daher bereits in nichtöffentlicher Sitzung zurückzuweisen (§§ 285a Z 2, 285d Abs 1 Z 1 StPO). Daraus folgt die Zuständigkeit des Gerichtshofes zweiter Instanz zur Erledigung der Berufung (§ 285i StPO).

Die Kostenentscheidung beruht auf § 390a Abs 1 StPO.

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