OGH 11Os56/04

OGH11Os56/0428.9.2004

Der Oberste Gerichtshof hat am 28. September 2004 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Mayrhofer als Vorsitzenden sowie durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Ebner, Dr. Danek, Dr. Schwab und Dr. Lässig als weitere Richter, in Gegenwart des Richteramtsanwärterin Mag. Klenk als Schriftführerin, in der Strafsache gegen Rüdiger B***** wegen des Verbrechens des schweren Betruges nach §§ 146, 147 Abs 1 Z 1 und Abs 3 StGB über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung des Angeklagten gegen das Urteil des Landesgerichtes Salzburg als Schöffengericht vom 11. Juni 2003, GZ 38 Hv 34/02p-129, nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung den Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Die Nichtigkeitsbeschwerde wird zurückgewiesen.

Zur Entscheidung über die Berufung werden die Akten dem Oberlandesgericht Linz zugeleitet.

Dem Angeklagten fallen auch die Kosten des bisherigen Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Text

Gründe:

Mit dem angefochtenen Urteil, welches auch einen unangefochten gebliebenen Teilfreispruch enthält, wurde Rüdiger B***** des Verbrechens der Untreue nach § 153 Abs 1 und Abs 2 StGB schuldig erkannt,

Danach hat er in Salzburg die ihm als Geschäftsführer der N***** GesmbH durch Rechtsgeschäft eingeräumte Befugnis, über fremdes Vermögen zu verfügen, wissentlich missbraucht und dadurch der genannten Firma einen Vermögensnachteil in der Höhe von 523.229,38 EUR, somit einen 40.000 EUR übersteigenden Schaden, zugefügt und zwar dadurch, dass er fingierte Rechnungen erstellte und die dafür erfolgten Zahlungen entweder in bar kassierte oder in Form von Barschecks selbst einlöste, nämlich in den im Urteil zu A bis I detailliert geschilderten Fällen mit einem Gesamtbetrag von 6,827.977 S.

Rechtliche Beurteilung

Diesen Schuldspruch bekämpft der Angeklagte mit einer auf die Gründe der Z 5, 5a, 8 und 9 lit b des § 281 Abs 1 StPO gestützten Nichtigkeitsbeschwerde, der indes kein Erfolg zukommt. Der in der Mängelrüge (Z 5) erhobene, der Sache nach einen Feststellungsmangel iSd Z 9 lit a relevierende Einwand unterbliebener Feststellungen zu Art und Umfang der dem Angeklagten als Geschäftsführer der N***** GesmbH im Innenverhältnis eingeräumten Befugnisse übergeht die durch den Hinweis auf die im GesmbH-Gesetz beschriebenen Geschäftsführerpflichten hinreichend bestimmte Verfügungsmacht, ohne darzutun, welche weiteren Konstatierungen nach Ansicht der Beschwerde noch erforderlich gewesen wären. Dem weiteren Urteilssachverhalt zufolge hat der Angeklagte entgegen den ihn nach den Bestimmungen des GesmbH-Gesetzes treffenden Verhaltensanforderungen pflichtwidrig (S 7, 10) aufgrund von ihm hergestellter Scheinrechnungen erlangte Firmengelder für sich persönlich oder für Dritte, nicht aber für Firmenzwecke - nämlich die von ihm behaupteten Bonus- und Urlaubsablösezahlungen sowie zur Abgeltung eigener tatsächlich zustehender Provisionsansprüche - verwendet bzw - im Faktum C - durch Verwendung fingierter Rechnungen der L***** GesmbH eine Gutschrift zur Abdeckung von Gesellschaftsforderungen gegenüber jener GesmbH bewirkt. Nicht nachvollziehbar ist, worin die von der Beschwerde behauptete Undeutlichkeit einer gesondert hervorgehobenen Entscheidungspassage gelegen sein soll, in welcher der pflichtwidrige Befugnismissbrauch und der Vermögensschädigungsvorsatz festgestellt wurden (US 10), im Übrigen aber nur - einer Anfechtung aus Z 5 ohnedies entzogene - rechtliche Ausführungen enthalten sind (US 17 f).

Mit dem Einwand, das Erstgericht habe weder die Urteilsannahmen zum Befugnismissbrauch noch zu dem sich darauf beziehenden Täterwissen begründet, ignoriert der Beschwerdeführer die dazu angestellten beweiswürdigenden Erwägungen der Tatrichter und den Umstand, dass der deliktsspezifische Vorsatz sich bereits aus der festgestellten Verhaltensweise (ex re) von selbst ergibt. Einer weitergehenden Begründung bedurfte es angesichts der festgestellten eklatanten Pflichtverletzung nicht (§ 270 Abs 2 Z 5 StPO).

Die Tatsachenrüge (Z 5a) ist nicht geeignet, beim Obersten Gerichtshof Bedenken gegen die Richtigkeit der dem Ausspruch über die Schuld zu Grunde gelegten entscheidenden Tatsachen zu wecken. Die in der Beschwerde angeführten Zeugenaussagen zu Provisions-, Urlaubsablöse- und Aufwandsentschädigungszahlungen im Wege fingierter Reisekostenrechnungen und zur Erstellung unrichtiger Bilanzen sind für die allein entscheidungswesentliche Frage einer Verwendung der durch die konkret inkriminierten Scheinrechnungslegungen nicht existenter Unternehmen erlangten Geldmittel für die vom Angeklagten behaupteten Firmenzwecke nicht von Bedeutung. Aus den Aussagen der Zeugen Andreas M***** und Josef J***** (S 461, 471 f/III) ergibt sich bloß eine (überdies nicht auf den inkriminierten Tatzeitraum eingrenzbare) einmalige Auszahlung von Urlaubsentschädigungen an Dienstnehmer im Jahre 1992 oder 1993; ein konkreter Bezug zu den inkriminierten Geldentnahmen wird damit ebenso wenig dargetan, wie durch die vom Zeugen Thomas H***** (S 489/III) bekundete einmalige Auszahlung von Urlaubsentschädigungen im Jahre 1991 oder 1992. Auch der Hinweis auf vom Zeugen Herbert E***** (S 341 verso/IV) deponierte Zahlungen an den Golfklub Mondsee und den Fußballklub ASK geht fehl, weil die Beschwerde - abgesehen von einem teilweise nicht ersichtlichen Bezug zu den inkriminierten Geldentnahmen - abseits bloß spekulativer Überlegungen nicht darlegt, weshalb mit diesen Zahlungen ein konkreter Vermögensvorteil für die GesmbH verbunden gewesen sein soll. Das auf Grund der Selbstanzeige der N***** GesmbH vom 13. August 1998 gegen den Angeklagten beim Finanzamt Salzburg-Stadt als Finanzstrafbehörde erster Instanz (ua) wegen des Finanzvergehens nach § 33 Abs 2 lit b FinStrG eingeleitete finanzbehördliche Strafverfahren wiederum bezieht sich in hier relevanter Hinsicht ausschließlich auf die Nichtentrichtung von Abgaben für Lohnbestandteile, die buchhalterisch mit fingierten Rechnungen der Firma P***** Ltd abgedeckt wurden (vgl Ergänzungsgutachten ON 84 und die unjournalisiert einliegende Kopie des Strafaktes des Finanzamtes Salzburg, Straflistennummer 13/00; siehe auch das Buchsachverständigengutachten ON 26, S 393 f/II), nicht aber auf die hier inkriminierten Scheinrechnungen und betrifft somit keine entscheidungswesentlichen Tatsachen. Die übrigen Beschwerdeausführungen erschöpfen sich, ohne auf Verfahrensergebnisse Bezug zu nehmen, in eigenen Beweiswerterwägungen und somit in dem Versuch, nach Art einer gegen kollegialgerichtliche Urteile unstatthaften Schuldberufung die tatrichterliche Beweiswürdigung zu bekämpfen.

Die mit Blick auf die vom Anklagevorwurf nach §§ 146, 147 Abs 1 Z 1 und Abs 3 StGB abweichende Verurteilung wegen des Verbrechens der Untreue nach § 153 Abs 1 und Abs 2 zweiter Deliktsfall StGB aus Z 8 erhobene Rüge ist unbegründet. Der Kritik zuwider, es fehle damit ein entsprechender Verfolgungsantrag, sind die vom Schuldspruch betroffenen Taten von dem im Tenor und in der Begründung der Anklageschrift (ON 35) dargestellten Lebenssachverhalt (prezessualer Tatbegriff) umfasst. Eine Überschreitung der Anklage im Sinne des § 267 StPO liegt daher nicht vor. Mit dem Einwand der Unterlassung einer nach § 262 StPO gebotenen Anhörung zu dem geänderten rechtlichen Gesichtspunkt verkennt die Beschwerde, dass eine Verletzung der Vorschrift des § 262 erster Satz StPO nur dann Nichtigkeit nach Z 8 zu verwirklichen vermag, wenn das Gericht nicht nur die im Anklagetenor inkriminierte Tat in rechtlicher Hinsicht abweichend von der Anklage beurteilt, sondern es den Angeklagten vielmehr statt der im Anklagetenor genannten Tat einer anderen Tat schuldig spricht (vgl 14 Os 34/00, EvBl 2000/221, Ratz WK-StPO § 281 Rz 542 ff), was vorliegend nicht zutrifft. Überdies wird mit dem bloßen Vorbringen einer unterbliebenen Anhörung des (der Sache nach auch unter dem Gesichtspunkt des § 153 StGB eingehend vernommenen) Angeklagten nicht dargetan, weshalb dadurch konkret (vgl neuerlich 14 Os 34/00) der von § 262 StPO intendierte Schutzzweck der Wahrung von Verteidigungsrechten verletzt worden sein soll.

Die Rechtsrüge (Z 9 lit b) ist nicht gesetzmäßig ausgeführt, weil sie die gebotene Ableitung aus dem Gesetz vermissen lässt, warum die (neuerlich relevierte) - unter weiteren Voraussetzungen von § 281 Abs 1 Z 8 StPO exklusiv erfasste - Nichtbeachtung des § 262 StPO einen Verfolgungsausschließungsgrund verwirklichen soll.

Die Nichtigkeitsbeschwerde war somit teils als nicht dem Gesetz gemäß ausgeführt, teils als offenbar unbegründet schon in nichtöffentlicher Beratung nach § 285d Abs 1 Z 1 und Z 2 StPO zurückzuweisen, woraus die Kompetenz des Oberlandesgerichtes Linz zur Entscheidung über die Berufung folgt (§ 285i StPO).

Die Kostenentscheidung ist in § 390a StPO begründet.

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