OGH 5Ob185/04y

OGH5Ob185/04y28.9.2004

Der Oberste Gerichtshof hat durch die Senatspräsidentin des Obersten Gerichtshofes Hon. Prof. Dr. Langer als Vorsitzende sowie die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Floßmann, Dr. Tittel, Dr. Baumann und die Hofrätin des Obersten Gerichtshofes Dr. Hurch als weitere Richter in der außerstreitigen Wohnrechtssache des Antragstellers Franz B*****, vertreten durch Mag. Christian Wolf, Österreichischer Mieter- und Wohnungseigentümerbund, 1010 Wien, Biberstraße 7, gegen die Antragsgegner 1. Sylvia W*****, 2. Dipl. Ing. Jürgen G*****, 3. Paul S*****, 4. Flüchtlingsfond der V*****, 5. Paula V*****, 6. Irene W*****, 7. Charlotte S*****, 8. Herbert L*****, 9. Erich H*****, 10. Renate V*****, 11. Johann F*****, 12. Piotr L*****, 13. J*****, 14. Johanna T*****, 15. Mohamad Mehdi R*****, 16. Maria P*****, 17. Lydia S*****, 18. Walter U*****, 19. Stefan H*****, 20. Leonhard L*****, 21. Karl S*****, 22. Dr. Theobald S*****, 23. Günter A*****, 24. Alfred R*****, 25. Elke W*****, 26. Edith N*****, 27. Heinrich B*****, 28. Gerhard J*****, 29. Heinz G*****, 30. Helga H*****, 31. Rudolf K*****, 32. Johann Z*****, 33. Thomas B*****, 34. Maria S*****, 35. Ute S*****, 36. Eveline F*****, 37. Dr. Andreas S*****, 38. Sabine W*****, 39. Gebhard G*****, 40. Günter W*****, 41. Karl S*****, 42. Gertrude S*****, 43. Herbert H*****, 44. Wolfgang A*****, 45. Ludwig U*****, 46. Apollonia U*****, 47. Elisabeth Z*****, 48. Thomas B*****, 49. Heinz S*****, 50. Erika H*****, 51. Dr. Maria C*****, 52. Cornelia H*****, 53. Erich H*****, 54. J. A*****, 55. Hermann S*****, 56. Edeltraud R*****, 57. Bingyuan Y*****, 58. Xiaoping Q*****, der unter Ozl 27. Angeführte Antragsgegner vertreten durch Dr. Hermann Geissler, Rechtsanwalt in Wien, wegen § 52 Abs 1 Z 5 WEG 2002, über den Revisionsrekurs des Antragstellers gegen den Sachbeschluss des Landesgerichtes für Zivilrechtssachen Wien als Rekursgericht vom 6. April 2004, GZ 40 R 64/04i-15, mit dem der Sachbeschluss des Bezirksgerichtes Favoriten vom 18. November 2003, GZ 9 Msch 11/03y-8, bestätigt wurde, den

Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Der Revisionsrekurs wird zurückgewiesen.

Begründung

Rechtliche Beurteilung

Gegenstand des Verfahrens ist in dritter Instanz nur mehr der Sachantrag des Antragstellers, den von der Hausverwaltung am 6. 6. 2003 kundgemachten Mehrheitsbeschluss der Eigentümergemeinschaft (betreffend die Installation einer Gegensprechanlage) ersatzlos aufzuheben und der Hausverwaltung zur ordnungsgemäßen Bearbeitung zurückzustellen. Dieses Begehren ist vom Erstgericht abgewiesen und der abweisende Sachbeschluss von der zweiten Instanz bestätigt worden. Auf die Begründung des Sachantrags und der genannten Entscheidungen wird - soweit erforderlich - noch einzugehen sein.

Die Entscheidung der zweiten Instanz enthält den Ausspruch dass der ordentliche Revisionsrekurs zulässig sei, weil keine höchstgerichtliche Judikatur zur Frage vorliege, ob eine Komplettierung der Willensbildung (der Eigentümergemeinschaft) im Verfahren zur Erreichung eines Umlaufbeschlusses (analog § 25 Abs 3 WEG 2002) durch die nochmalige Aufforderung zur Stimmabgabe an jene Wohnungseigentümer, die sich innerhalb der gesetzten Frist nicht geäußert hatten, zulässig ist. Das Rekursgericht hat die Rechtmäßigkeit einer solchen Vorgangsweise befürwortet und damit das Argument des Antragstellers entkräftet, es habe im Umlaufverfahren eines zweiten Anlaufs zur Erreichung der erforderlichen Mehrheit bedurft.

Gegen den zweitinstanzlichen Sachbeschluss hat der Antragsteller Revisionsrekurs wegen unrichtiger rechtlicher erhoben und darin primär die Stattgebung seines eingangs erwähnten Sachantrags begehrt. Hilfsweise hat er einen Aufhebungsantrag gestellt.

Von den Antragsgegnern hat sich dazu nur Heinrich B***** in einer Revisionsrekursbeantwortung geäußert. Er beantragte primär die Zurückweisung des gegnerischen Rechtsmittels, weil die vom Rekursgericht als erheblich iSd § 528 Abs 1 ZPO erachtete Rechtsfrage gar nicht entscheidungsrelevant sei; hilfsweise wurde die Bestätigung der angefochtenen Entscheidung beantragt.

Der Antragsteller begründet sein Rechtsmittelbegehren im Wesentlichen mit dem Argument, dass die Übertragung der in § 25 Abs 3 WEG 2002 für die Willensbildung der Eigentümerversammlung vorgesehenen Möglichkeit der additiven Beschlussfassung auf Umlaufbeschlüsse nicht rechtens sein könne, weil damit in einer dem § 24 Abs 1 letzter Halbsatz und § 24 Abs 2 erster Satz widersprechenden Weise eine Diskussion mit den Teilnehmern am ersten Umlaufverfahren und eine Änderung ihres Stimmverhaltens unterbunden würde. Das damit aufgezeigte Problem ist jedoch im Anlassfall nicht zu lösen, weil nach den maßgeblichen Feststellungen ohnehin nur ein einheitliches Umlaufverfahren stattgefunden hat. Die Entscheidung hängt somit von der dem Obersten Gerichtshof vorgetragenen Rechtsfrage gar nicht ab.

Nach der Aktenlage hat der Antragsteller im verfahrenseinleitenden Antrag ua behauptet, der Abstimmung im Umlaufverfahren sei eine von der Hausverwaltung initiierte Umfrage über den Einbau einer Gegensprechanlage vorangegangen, die keine positive Stellungnahme der Wohnungseigentümer erbracht habe. Es liege so ist aus seinem weiteren Vorbringen zu schließen die Vermutung nahe, dass die Hausverwaltung mit einer zweiten ("erneuerten") Umfrage das Abstimmungsergebnis habe verbessern wollen. Als Beweis für seine Behauptung bot er (wie zu seinen sonstigen Behauptungen) vorzulegende Urkunden und die Parteienvernehmung an. Darauf replizierte der Hausverwalter als Vertreter der Antragsgegner, dass in einer Versammlung der Wohnungseigentümer am 7. 4. 2003 beschlossen worden sei, im Umlaufweg eine Abstimmung über den Einbau einer Gegensprechanlage durchzuführen. Deren Ergebnis, wonach sich die Mehrheit der Wohnungseigentümer für den Einbau der Gegensprechanlage aussprach, habe er am 6. 6. 2003 durch persönliche Schreiben an die Wohnungseigentümer und durch einen Hausanschlag kundgemacht. Der Antragsteller brachte dazu vor, "dass er das Ergebnis nicht kennen würde und wenn dies so vorgebracht werde, werde es wohl stimmen".

Beweisergebnisse über das vom Antragsteller behauptete zweite ("erneuerte", "zur Verbesserung des Abstimmungsverfahrens" durchgeführte) Umlaufverfahren liegen nicht vor. Das Erstgericht stellte dazu fest, dass im April 2003 eine von der Hausverwaltung einberufene Hausversammlung stattfand, in der das Thema "Gegensprechanlage" angesprochen wurde. Das Ergebnis war die Einholung eines Umlaufbeschluss in der Weise, dass das Protokoll über die Hausversammlung zusammen mit einem Abstimmungsblatt über die Frage versendet wurde, ob der betreffende Wohnungseigentümer für oder gegen die Installation einer Gegensprechanlage ist. Beide Schriftstücke wurden auch in beiden Stiegen des Hauses ausgehängt. Gezählt nach Anteilen haben sich daraufhin 55.010 für und 29.250 gegen die Installierung einer Gegensprechanlage ausgesprochen, was am 6. 6. 2003 kundgemacht wurde.

Von einem additiven Umlaufbeschluss kann demnach wie der Antragsgegner Heinrich B***** in seiner Revisionsrekursbeantwortung zutreffend bemerkt, keine Rede sein. Dass sich das Rekursgericht überhaupt mit dieser Möglichkeit beschäftigte, ist auf das vom Antragsteller im Rekurs "zur unrichtigen Tatsachenfeststellung und unrichtigen Beweiswürdigung" vorgetragene Argument zurückzuführen, dass sich das Erstgericht "in keinster Weise" mit der behaupteten Tatsache einer erneuerten Abstimmung befasst habe. Irgendwelche Beweisergebnisse für diese Behauptung oder auch nur vermeintlich übergangene Beweisangebote wurden nicht genannt. Das Rekursgericht sah darin die Rüge eines sekundären Verfahrensmangels, den es mit der eingangs erwähnten Begründung verneinte.

Diese Umdeutung des Anfechtungsgrundes, um eine gar nicht entscheidungsrelevantes rechtliches Problem zur Diskussion zu stellen, ist durch die Aktenlage nicht gedeckt. Dass die vom Antragsgegner behauptete additive Beschlussfassung in den Feststellungen des Erstgerichtes keinen Niederschlag fand, ist nicht auf einen Stoffsammlungsmangel des Erstgerichtes, sondern schlicht darauf zurückzuführen, dass nach einem mängelfrei durchgeführten Verfahren keine Beweisergebnisse vorlagen, die das Erstgericht von der Richtigkeit der Behauptung des Antragstellers hätten überzeugen können. Dementsprechend hatte sich das Rekursgericht in Wahrheit mit einer Tatsachen- und Beweisrüge und nicht mit der Rüge eines sekundären Verfahrensmangels auseinanderzusetzen. Der Umstand, dass der Anfechtungsgrund nicht gesetzmäßig ausgeführt wurde und demnach unbeachtlich ist (RIS-Justiz RS0041830; Kodek in Rechberger2 Rz 8 zu § 471 ZPO), erübrigt jedoch eine Aufhebung in die zweite Instanz zur neuerlichen Entscheidung.

Es war daher wie im Spruch zu entscheiden.

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