OGH 5Ob189/04m

OGH5Ob189/04m14.9.2004

Der Oberste Gerichtshof hat durch die Senatspräsidentin des Obersten Gerichtshofes Hon. Prof. Dr. Langer als Vorsitzende sowie die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Floßmann und Dr. Kuras und die Hofrätinnen des Obersten Gerichtshofes Dr. Hurch und Dr. Kalivoda als weitere Richter in der Außerstreitsache des Antragstellers Peter L*****, vertreten durch Dr. Peter Balogh, Rechtsanwalts KEG in Wien, wider die Antragsgegnerin W***** M*****, vertreten durch Mag. Franz Podovsovnik, Rechtsanwalt in Wien, wegen § 37 Abs 1 Z 8 MRG, infolge des Revisionsrekurses der Antragsgegnerin gegen den Sachbeschluss des Landesgerichtes für Zivilrechtssachen Wien als Rekursgericht vom 31. März 2004, GZ 39 R 9/04s-8, womit der Sachbeschluss des Bezirksgerichtes Innere Stadt Wien vom 27. Jänner 2004, GZ 56 Msch 23/03d-4, aufgehoben wurde, nachstehenden

Sachbeschluss

gefasst:

 

Spruch:

Dem Revisionsrekurs der Antragsgegnerin wird nicht Folge gegeben.

Text

Begründung

Nach dem Vorbringen des Antragstellers trat dieser per 28. 2. 1994 in die Hauptmietrechte seiner Großmutter an der Wohnung top Nr 19 im Haus ***** in ***** ein, welches im Eigentum der Antragsgegnerin steht. Ab 1. 3. 1994 habe er den von seiner Großmutter bis zur Mietrechtsabtretung bezahlten Mietzins von EUR 338,92 (inklusive Betriebskosten und USt) bezahlt. Die Antragsgegnerin habe diesen Betrag auch stets unbeanstandet angenommen. Dann habe sie vom Antragsteller einen Mietzins von EUR 580,19 (darin Nettohauptmietzins von EUR 316,11) begehrt, ihm diesen vorgeschrieben und sogar Klage wegen einer behaupteten Mietzinsdifferenz erhoben.

Tatsächlich betrage aber der zulässige Hauptmietzins für die 119,74 m2 große Wohnung, die im Zeitpunkt der Anmietung durch die Großmutter des Antragstellers die Ausstattungskategorie D in nicht gebrauchsfähigem Zustand aufgewiesen habe, nur EUR 79,02 monatlich.

Der Antragsteller begehrte daher mit dem verfahrenseinleitenden Antrag festzustellen, dass die Antragsgegnerin ihm gegenüber das gesetzlich zulässige Zinsausmaß für die bezeichnete Wohnung ab 1. 3. 1994 durch Vorschreibung eines monatlichen Hauptmietzinses von EUR 316,11 überschritten habe.

Die Antragsgegnerin wendete im Wesentlichen eine Präklusion des Überprüfungsbegehrens des Antragstellers ein. Der Antragsteller sei Altmieter, weil er vor Inkrafttreten des 3. WÄG in die Mietrechte seiner Großmutter eingetreten sei, und daher nur drei Jahre ab dem 1. 4. 1994 zur Überprüfung des Hauptmietzinses berechtigt. Die Präklusivfrist des § 16 Abs 8 MRG idF des 3. WÄG sei im vorliegenden Fall anzuwenden.

Der Antragsteller bestritt dies unter Hinweis darauf, dass es nicht um eine Mietzinsvereinbarung, sondern um eine Anhebung des Mietzinses nach § 46 Abs 2 bis 4 MRG gehe. Dabei berief sich der Antragsteller auf die Entscheidung des erkennenden Senats 5 Ob 9/02p.

Das Erstgericht wies den verfahrenseinleitenden Antrag ab. Die Antragstellung an die Schlichtungsstelle vom 1. 8. 2003 sei verfristet gewesen. Es sei zwar richtig, dass nach höchstgerichtlicher Rechtsprechung Fälle einer einseitigen Mietzinsanhebung (dort nach § 46a Abs 4 MRG) nicht einer Mietzinsvereinbarung gleichzuhalten seien und daher eine analoge Anwendung des § 16 Abs 8 MRG nicht vorzunehmen sei. Dennoch sei der vorliegende Fall anders gelagert. Der Antragsteller, der per 28. 2. 1994 in den Mietvertrag seiner Großmutter eingetreten sei, sei als sogenannter "Altmieter" anzusehen, weil er bereits vor Inkrafttreten des 3. WÄG am 1. 3. 1994 Hauptmieter war. Nach ständiger Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs sei aber auf solche Altmietverträge die Präklusionsfrist des § 16 Abs 8 MRG mit der Maßgabe anzuwenden, dass die Präklusionsfrist diesfalls mit 1. 3. 1994 zu laufen begonnen habe. Dies sei nunmehr ausdrücklich im § 49c Abs 8 MRG idF der WRN 2000 gesetzlich geregelt worden.

Damit stelle sich die Frage der Analogiefähigkeit des § 16 Abs 8 MRG nicht mehr.

Einem dagegen vom Antragsteller erhobenen Rekurs gab das Gericht zweiter Instanz Folge, hob den erstinstanzlichen Sachbeschluss auf und trug dem Erstgericht eine neuerliche Entscheidung nach Verfahrensergänzung auf.

Ausdrücklich habe der Oberste Gerichtshof in der Entscheidung 5 Ob 9/02p die Analogiefähigkeit der Bestimmung des § 16 Abs 8 MRG auf Fälle von Mietzinsanhebungen, zu denen ein Vermieter aufgrund gesetzlicher Bestimmungen berechtigt sei, abgelehnt. Es mache eben einen Unterschied, ob sich ein Mieter aus einer rechtsgeschäftlichen Zusage zu lösen versuche oder ob er mit einseitigen Erklärungen des Vermieters, eine gesetzliche Mietzinsanhebungsmöglichkeit auszunutzen, konfrontiert werde. Das Vorliegen einer Regelungslücke habe der Oberste Gerichtshof in dieser Entscheidung ausdrücklich verneint.

Diese Erwägungen träfen auch auf den Fall einer Mietzinsanhebung nach § 46 Abs 2 MRG wie im vorliegenden Fall zu. Mit Erhöhungen aufgrund einer Wertsicherungsklausel sei diese Erhöhung nicht zu vergleichen, weil auch einer solchen eine Mietzinsvereinbarung zugrunde liege.

Die vom Erstgericht vorgenommene Unterscheidung zwischen Altmietverträgen und solchen, die erst nach dem 1. 3. 1994 begründet wurden, lehnte das Rekursgericht ab. Auch für sogenannte Altverträge gebe es keinen Grund, eine Analogiefähigkeit des § 16 Abs 8 MRG auf einseitige Mietzinserhöhungen zu bejahen.

Das Erstgericht hätte daher den am 1. 8. 2003 gestellten Antrag nicht als verfristet abweisen dürfen, sondern habe in der Folge über diesen inhaltlich zu entscheiden.

Das Rekursgericht sprach aus, dass der Rekurs an den Obersten Gerichtshof zulässig sei, weil zur Frage der Analogiefähigkeit der Bestimmung des § 16 Abs 8 MRG auf einseitige Mietzinsanhebungen noch keine gefestigte Judikatur des Obersten Gerichtshofs vorliege.

Gegen diesen Beschluss richtet sich der Revisionsrekurs der Antragsgegnerin wegen unrichtiger rechtlicher Beurteilung mit dem Antrag auf Abänderung im Sinne einer gänzlichen Abweisung des verfahrenseinleitenden Antrags. Hilfsweise wird beantragt, eine Aufhebung nur im Umfang der Anfechtung vorzunehmen und insoweit die Rechtssache zur neuerlichen Verhandlung und Entscheidung an das Gericht erster Instanz zu verweisen.

Der Antragsteller beantragte, dem Revisionsrekurs nicht Folge zu geben.

Rechtliche Beurteilung

Der Revisionsrekurs der Antragsgegnerin ist nicht berechtigt.

Zunächst ist klarzustellen, dass zufolge der Aufhebung des § 44 MRG idF der WRN 1999 durch die WRN 2000 für nach dem 30. 6. 2000 eingebrachte Mietzinsüberprüfungsanträge, wieder die Präklusivfrist des § 16 Abs 8 MRG auch für "Altmietzinsvereinbarungen", also solche, die vor dem Inkrafttreten des 3. WÄG mit 1. 3. 1994 geschlossen wurden, anzuwenden ist. § 49c Abs 8 MRG idF der WRN 2000 stellt dies klar (vgl Würth/Zingher, Wohnrecht 2000 Rz 7 zu § 16 MRG; 5 Ob 174/01a).

Der Antragsgegnerin ist daher insofern Recht zu geben, dass der Antragsteller grundsätzlich unter die Präklusivfrist des § 16 Abs 8 MRG insoweit fällt, als davon Mietzinsvereinbarungen vor dem 1. 3. 1994 umfasst sind. Er kann also nicht mehr den zwischen der Antragsgegnerin und seiner Großmutter vereinbarten Mietzins dahin überprüfen lassen, dass dieser insoweit unzulässig sei, als er den Betrag von EUR 79,02 monatlich überstieg.

Nicht ausgeschlossen von der Überprüfung des zulässigen Mietzinses ist jedoch jener Betrag, der durch einseitige Anhebung des Vermieters infolge des Mietrechtseintritts des Antragstellers begehrt wurde. § 46 Abs 2 MRG lässt unter bestimmten Voraussetzungen im Fall des Mietrechtseintritts eine Mietzinserhöhung auf einen bestimmten Betrag zu. Die vom erkennenden Senat in der Entscheidung 5 Ob 9/02p = WoBl 2003/3 für den Fall einer Mietzinsanhebung nach § 46a Abs 4 MRG verneinte Analogiefähigkeit des § 16 Abs 8 MRG ist, wie das Rekursgericht zutreffend ausführte, auch auf den gegenständlichen Fall anzuwenden. Dem Gesetzgeber des 3. WÄG kann nicht ohne Weiteres unterstellt werden, bei der Einführung der Präklusionsbestimmung für die Überprüfung von Mietzinsvereinbarungen auf eine gleichartige Regelung für einseitige Mietzinsanhebungen vergessen zu haben. Auch hier macht es einen Unterschied, ob sich der Mieter aus einer Mietzinsvereinbarung, also aus einer rechtsgeschäftlichen Zusage zu lösen versucht oder ob er mit einer einseitigen Erklärung des Vermieters konfrontiert ist, eine gesetzliche Mietzinsanhebungsmöglichkeit auszunützen.

Weil zur einseitigen Mietzinsanhebung nach § 46 Abs 2 MRG im Zusammenhang mit der Präklusionsregel des § 16 Abs 8 MRG, die sich ausdrücklich auf Mietzinsvereinbarungen bezieht, noch keine höchstgerichtliche Rechtsprechung vorliegt, war der Revisionsrekurs zulässig. Aus den dargestellten Gründen ist er jedoch nicht berechtigt.

Zum Revisionsrekurs der Antragsgegnerin sei noch ergänzend ausgeführt, dass Gegenstand des verfahrenseinleitenden Antrags bei seiner Gesamtbetrachtung nicht eine Vorschreibung (also Gesamtmietzins) von monatlich EUR 316,11 ist, sondern wie sich dem letzten Absatz des Antrags entnehmen lässt, das Begehren eines Nettohauptmietzinses von EUR 316,11 überprüft werden soll. Neben den übrigen Fragen über die Zulässigkeit der Anhebung wird daher im fortgesetzten Verfahren eine Feststellung dahin zu treffen sein, welchen Betrag die Antragsgegnerin von der Großmutter des Antragstellers im Zeitpunkt der Mietrechtsabtretung als Nettohauptmietzins (aufgrund getroffener Vereinbarung) begehrte (dieser Betrag ist, wie schon oben ausgeführt, keiner Überprüfung mehr zugänglich) und auf welchen Betrag die Antragsgegnerin den Hauptmietzins zufolge § 46 Abs 2 MRG anhob. Nur in diesem Bereich scheitert eine Überprüfung nicht am Ablauf von Präklusionsfristen.

Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

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