OGH 8Nc35/04w

OGH8Nc35/04w26.8.2004

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Petrag als Vorsitzenden sowie durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Rohrer, Dr. Hopf und Dr. Kuras und die Hofrätin des Obersten Gerichtshofes Dr. Lovrek als weitere Richter über den Antrag der E*****-GmbH, ***** vertreten durch Mag. Michael Trötzmüller, Rechtsanwalt in Klagenfurt, auf Eröffnung des Konkurses über das Vermögen der C***** GmbH, ***** infolge Anzeige eines negativen Kompetenzkonfliktes durch das Handelsgericht Wien zu 2 Se 228/04y, den Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Als das zur Entscheidung über die im Spruch genannte Konkursantragssache zuständige Gericht wird das Landesgericht Klagenfurt bestimmt, dessen Beschlüsse vom 25. 2. 2004, GZ 41 Se 48/04p-4, aufgehoben werden.

Text

Begründung

Die Antragstellerin brachte am 24. 2. 2004 den Konkurseröffnungsantrag beim Landesgericht Klagenfurt ein. Sie bezeichnete die Antragsgegnerin als "C***** GmbH, *****". Das Landesgericht Klagenfurt erklärte sich mit Beschluss vom 25. 2. 2004 zur Entscheidung unzuständig und überwies den Konkurseröffnungsantrag gemäß § 44 JN dem Landesgericht Salzburg. Die Gemeinschuldnerin betreibe ihr Unternehmen im Sprengel des Landesgerichtes Salzburg. Dabei ging das LG Klagenfurt offenbar davon aus, dass sich der Konkurseröffnungsantrag gegen die zu FN ***** registrierte W***** GmbH (vormals C***** GmbH) richte. Dieser vom LG Salzburg zugestellte Beschluss wurde von der Antragstellerin nicht angefochten.

Nach Durchführung von Erhebungen und Einholung einer Stellungnahme der Antragstellerin, die sich darauf bezog, dass sich ihr Konkurseröffnungsantrag gegen die C***** V***** GmbH (FN ***** - nunmehr C***** V***** & V***** GmbH) richte, erklärte sich das Landesgericht Salzburg mit Beschluss vom 18. 5. 2004 für örtlich unzuständig und überwies den Konkurseröffnungsantrag gemäß § 44 JN dem Handelsgericht Wien. Zur Begründung führte es aus, dass die C***** V***** & V***** GmbH ihren Sitz in ***** W***** habe. Auch dieser Beschluss erwuchs in Rechtskraft.

Das Handelsgericht Wien führte Erhebungen durch, aus denen sich ergibt, dass der Firmensitz der Antragsgegnerin zwar in ***** W***** liegt, dass aber die Verwaltung der Antragsgegnerin in Klagenfurt unter der Adresse ***** stattfindet. In W***** befindet sich nur ein Verkaufsbüro. Diese Erhebungen des Handelsgerichtes Wien stimmen auch mit den - fehlgeschlagenen - Zustellversuchen an die Antragsgegnerin unter der im Firmenbuch eingetragenen Wiener Sitzadresse überein. Das Handelsgericht Wien erklärte sich schließlich mit Beschluss vom 1. 7. 2004 für örtlich unzuständig und legte nach Rechtskraft dieses Beschlusses den Akt gemäß § 47 Abs 2 JN dem Obersten Gerichtshof vor. Die Verwaltung der Antragsgegnerin werde von Klagenfurt aus geführt. Es sei daher nicht das Handelsgericht Wien, sondern das Landesgericht Klagenfurt zuständig.

Die in den Sprengeln verschiedener Oberlandesgerichte gelegenen Gerichte haben jeweils rechtskräftig ihre Unzuständigkeit ausgesprochen. Die Voraussetzungen des § 47 JN für die Entscheidung des Kompetenzkonfliktes durch den Obersten Gerichtshof sind gegeben.

Rechtliche Beurteilung

Nach Lehre und Rechtsprechung entfaltet auch ein unrichtiger, aber in Rechtskraft erwachsener Überweisungsbeschluss Bindungswirkung (RIS-Justiz RS0046135; RS0046391; Ballon in Fasching² I § 47 JN Rz 17). Für das Konkursverfahren ist aber - wie der erkennende Senat bereits ausgesprochen hat (8 Nd 2/00; 8 Ob 20/02b; 8 Nc 41/03a), aus § 63 Abs 1 KO abzuleiten, dass der Gesetzgeber gerade der für die effektive und rasche Abwicklung des Konkursverfahrens bedeutsamen Nähe des Konkursgerichtes zum Betriebsort besonderes Gewicht beigemessen hat. Daraus ist zu folgern, dass gemäß § 46 Abs 1 JN nur die die sachliche Zuständigkeit betreffende rechtskräftige Unzuständigkeitsentscheidung bindend ist (8 Nd 2/00; 8 Ob 20/02b; 8 Nc 41/03a), während - zumindest im Konkursverfahren - ein rechtskräftiger Beschluss auch des überweisenden Gerichtes über die örtliche Unzuständigkeit dessen Überprüfung im Rahmen der Entscheidung eines negativen Kompetenzkonfliktes nicht verhindert. Daraus folgt für den vorliegenden Fall, dass die lediglich die örtliche Zuständigkeit verneinende Unzuständigkeitsentscheidung des Landesgerichtes Klagenfurt weder für das Landesgericht Salzburg noch für das Handelsgericht Wien bindend war.

Der bereits vor dem Inkrafttreten des IRÄG 1982 im § 63 Abs 1 KO enthaltene Ausdruck "sein Unternehmen betreibt" wurde von Lehre und Rechtsprechung dahin ausgelegt, dass unter "Betriebsort" jener Ort zu verstehen ist, von dem aus das Unternehmen geleitet wird, nicht also zB der bloße Standort der Fabrik (SZ 72/159 mwN). Demgemäß wird der "Betriebsort" weiterhin vom Kriterium der "Leitung" des Unternehmens bestimmt. In § 63 Abs 1 KO steht die Zuständigkeitsbestimmung nach den tatsächlichen Verhältnissen im Vordergrund (SZ 72/159). Daraus folgt für den vorliegenden Fall, dass das Landesgericht Klagenfurt, in dessen Sprengel nach den Erhebungen des Handelsgerichtes Wien die Leitung des Unternehmens erfolgt, das im Sinne des § 63 Abs 1 KO für den Konkurseröffnungsantrag zuständige Gericht ist.

Die Unzuständigkeitsbeschlüsse des Landesgerichtes Klagenfurt waren gleichzeitig mit der Bestimmung des Landesgerichtes Klagenfurt als das zur Entscheidung über die Konkursantragssache zuständige Gericht aufzuheben (8 Nc 41/03a).

Stichworte