Spruch:
Die Nichtigkeitsbeschwerde wird zurückgewiesen.
Zur Entscheidung über die Berufung werden die Akten dem Oberlandesgericht Graz zugeleitet.
Dem Angeklagten fallen die Kosten des bisherigen Rechtsmittelverfahrens zur Last.
Text
Gründe:
Mit dem angefochtenen Urteil wurde Gottfried M***** des Verbrechens des teils vollendeten, teils versuchten schweren gewerbsmäßigen Diebstahles nach §§ 127, 128 Abs 2, 130 erster Fall, 15 StGB (I) sowie der Vergehen der Nötigung nach § 105 Abs 1 StGB (II) und der Urkundenunterdrückung nach § 229 Abs 1 StGB (III) schuldig erkannt. Danach hat er
I. fremde bewegliche Sachen in einem 40.000 EUR übersteigenden Wert nachangeführten Personen gewerbsmäßig mit dem Vorsatz weggenommen bzw wegzunehmen versucht, sich durch deren Zueignung unrechtmäßig zu bereichern, und zwar
1. am 14. April 2000 in Loipersdorf, Bezirk Fürstenfeld, im Thermalbad neun namentlich genannten Personen Beträge zwischen 450 S und 7.000 S, insgesamt 14.460 S,
2. in der Zeit vom 29. Oktober 2003 bis 1. November 2003 in Fürstenfeld der Theresia J***** eine Lederschmuckkassette mit Schmuck in einem 40.000 EUR übersteigenden Betrag,
3. am 30. Oktober 2003 in Loipersdorf, Bezirk Fürstenfeld, der Jutta L***** eine Geldbörse der Marke Fendi nicht näher bekannten Wertes samt 250 EUR Bargeld,
4. am 31. Oktober 2003 in Loipersdorf dem Hubert H***** dessen Geldbörse samt Bargeld, wobei es zur Vollendung der Tat nicht kam, da Hubert H***** erwachte und er Gottfried M***** zur Rede stellte,
5. am 2. November 2003 in Bad Blumau dem Mag. Wolfgang Ha***** 200 EUR Bargeld,
6. am 13. November 2003 [in Fürstenfeld - US 14] der Maria K***** eine Geldtasche nicht näher bekannten Wertes samt 10 EUR Bargeld sowie weitere 650 EUR Bargeld, die er mittels der in der Geldtasche vorgefundenen Bankomatkarte samt Code bei der S***** Sparkasse von einem Geldbehebungsautomaten behob,
7. in der Zeit vom 12. bis 14. November 2003 in Fürstenfeld der Christine R***** eine Geldbörse nicht näher bekannten Wertes samt 8 EUR Bargeld,
II. am 31. Oktober 2003 in Loipersdorf, Bezirk Fürstenfeld, Hubert H*****, der ihn nach dem unter I 4 angeführten Diebstahlsversuch verfolgte, einholte und festhielt, durch die Äußerung: "Los mi aus, sonst prack i da ane", sohin durch gefährliche Drohung zu einer Handlung, nämlich ihn auszulassen, genötigt,
III. nachstehende Urkunden, über die er nicht verfügen durfte, mit dem Vorsatz unterdrückt, zu verhindern, dass sie im Rechtsverkehr zum Beweise eines Rechtes, eines Rechtsverhältnisses oder einer Tatsache gebraucht werden, und zwar
1. am 30. Oktober 2003 in Loipersdorf anlässlich des zu I 3 angeführten Diebstahls einen Führerschein, eine Bankomatkarte, eine Visa-Kreditkarte, eine Diners-Club-Kreditkarte und eine America-Express-Kreditkarte der Jutta L*****,
2. am 13. November 2003 in Fürstenfeld anlässlich des zu I 6 angeführten Diebstahls einen Führerschein, eine Bankomatkarte und einen Postausweis der Maria K*****,
3. zwischen 12. und 14. November 2003 in Fürstenfeld anlässlich des zu I 7 angeführten Diebstahls eine Bankkarte der Christine R*****.
Rechtliche Beurteilung
Die gegen die Schuldsprüche I 1, I 2, I 7, II und III 3 aus § 281 Abs 1 Z 4, 5, 5a, 9 lit a StPO erhobene Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten ist nicht berechtigt.
Der Erledigung der Verfahrensrüge (Z 4) ist vorauszuschicken, dass die Erklärung des Angeklagten selbst, Beweisanträge seines Verteidigers zurückzuziehen (S 337/II), im Verfahren mit notwendiger Verteidigung (wie hier aus § 41 Abs 1 Z 1 zweiter Fall StPO) ohne prozessuale Wirkung ist (Achammer, WK-StPO Rz 12; Fabrizy StPO9 Rz 5; Mayerhofer StPO5 E 60 - alle zu § 44).
Die im Rechtsmittel relevierte teilweise (vgl S 194/II) Nichterledigung von - nach der Fehlmeinung des Erstgerichtes zurückgezogenen - Beweisanträgen (S 193, 335/II) begründet keine Nichtigkeit. Der Angeklagte beantragte nämlich durch seinen Verteidiger wie folgt: "Durchführung eines Ortsaugenscheines über die dort vorhandenen Örtlichkeiten" (S 193/II - erkennbar zu Faktum I 2) und "zum Beweise dafür, dass der Angeklagte den zu I 2 angeführten Diebstahl der Anklageschrift nicht begangen haben kann, die Einholung eines kriminaltechnischen Sachverständigengutachtens, die Durchführung eines Ortsaugenscheines sowie die Einvernahme der Lebensgefährtin des Angeklagten Angelika Ja***** als Zeugin, wobei zur Begründung ausgeführt wird, dass der Diebstahl, wenn er vom Angeklagten begangen worden wäre, irgendwelche Spuren oder Abbilder hinterlassen hätte, wie zB, weil die Örtlichkeiten, wo der Schmuck der Zeugin J***** aufbewahrt war, mit einer Kamera überwacht wurde, bzw der Platz vor dem Haus, und weil der Schmuck entweder in natura oder in Form von Geld vorhanden sein müsste, worüber die angebotenen Beweismittel Aufschluss geben können" (S 335/II).
Daraus lässt sich die Tauglichkeit der Beweismittel zur Herbeiführung des vom Antragsteller behaupteten Ergebnisses in keiner Weise erkennen (Ratz, WK-StPO § 281 Rz 327, 330; Fabrizy aaO § 246 Rz 1); die Nachträge dazu in der Beschwerde sind aufgrund des im Nichtigkeitsverfahren geltenden Neuerungsverbotes unbeachtlich (Ratz aaO Rz 325).
Die Mängelrüge (Z 5) bezeichnet zu Unrecht die erstgerichtliche Begründung der Schuldsprüche I 7 und III 3 (mit zeitlichen und örtlichen Zusammenhängen - US 21, auch 19) infolge Nichterörterung der "Anzeige und der Aussagen der vernommenen Zeugen, insbesondere von Christine R*****, ON 25" als unvollständig: Mit Stillschweigen übergangene erhebliche Verfahrensergebnisse werden gar nicht dargetan, sondern es wird nur nach Art einer im kollegialgerichtlichen Verfahren nicht vorgesehenen Berufung wegen Schuld die tatrichterliche Beweiswürdigung angezweifelt und ein "eklatanter Aufklärungsmangel" behauptet, somit insgesamt die behauptete Nichtigkeit nicht prozessordnungsgemäß dargestellt (Fabrizy aaO § 281 Rz 43), zumal es keinerlei Tatzeugen gab und den sicherheitsbehördlichen Erhebungen Umstände gegen die Täterschaft des Rechtsmittelwerbers nicht zu entnehmen sind (Mayerhofer aaO § 281 Z 5 E 63).
Zur Tatsachenrüge (Z 5a) ist grundsätzlich zu bemerken, dass diese durch konkreten Verweis auf aktenkundiges Beweismaterial (bei gleichzeitiger Bedachtnahme auf die Gesamtheit der tatrichterlichen Beweiswürdigung) nur unerträgliche Feststellungen zu entscheidenden Tatsachen (ds schuld- oder subsumtionserhebliche Tatumstände, nicht aber im Urteil geschilderte Begleitmomente oder im Rahmen der Beweiswürdigung angestellte Erwägungen) und völlig lebensfremde Ergebnisse der Beweiswürdigung verhindern soll. Tatsachenrügen, die außerhalb solcher Sonderfälle auf eine Überprüfung von Beweiswerterwägungen an sich abzielen, beantwortet der Oberste Gerichtshof ohne eigene beweiswürdigende Ausführungen, um über den Umfang seiner Eingriffsbefugnisse keine Missverständnisse aufkommen zu lassen (Ratz aaO Rz 470 - 472; jüngst 14 Os 163/03). Das Vorbringen des Beschwerdeführers bewegt sich indes auf der für diesen formellen Nichtigkeitsgrund unbeachtlichen Ebene einer ausschließlich im Einzelrichterverfahren gesetzlich vorgesehenen Berufung wegen Schuld und vermag keine erheblichen Bedenken gegen die Richtigkeit der Schuldsprüche erwecken: Dies gilt zur Faktengruppe I 1 für einen (einzuräumenden) Widerspruch im Ersturteil über die den erhebenden Gendarmen bekannte Anzahl der vom Angeklagten benützten Kästchen (US 8, 9) ebenso wie für die Tatsache, dass es im Jahr 2000 (noch) zu keiner Anzeige gegen einen bestimmten Täter kam. Die laut psychiatrischem Sachverständigengutachten beim Nichtigkeitswerber "möglicherweise" (S 213/II) vorliegende neurotische Fehlhaltung steht der erstgerichtlichen Feststellung uneingeschränkter Zurechnungsfähigkeit (US 16) nicht entgegen. Das mit der entsprechenden Verfahrensrüge verknüpfte Vorbringen zum Schuldspruch I 2 (siehe oben) schließlich erschöpft sich in Hypothesen und lässt außer Acht, dass die ins Treffen geführten Bildaufzeichnungen (von schlechter Qualität und nicht vom Tatort selbst) immerhin auf den Angeklagten hindeuten (S 89/I).
Die Rechtsrüge (Z 9 lit a) zum Schuldspruch II beschränkt sich einerseits auf die argumentationslose Behauptung, "die festgestellte Äußerung" sei "keine gefährliche Drohung iSd § 74 Abs 1 Z 5 StGB und keine Nötigung im Sinne des angefochtenen Urteilsspruches" und entzieht sich damit meritorischer Erwiderung (13 Os 151/03 ua). Andererseits hält sie mit der Forderung nach Anwendung von § 105 Abs 2 StGB (der Sache nach daher Z 9 lit b) nicht am Urteil fest, wonach der durch die Nötigung beendeten Verfolgung ein Diebstahlsversuch zum Nachteil des Verfolgers voranging (US 3, 13), und bringt materiell-rechtliche Nichtigkeit sohin nicht zur gesetzmäßigen Darstellung (Mayerhofer aaO § 281 Z 9b E 29, 31). Nur der Vollständigkeit halber sei zum ersten Punkt unter Zugrundelegung des auch vom Erstgericht als unstrittig angesehenen Wortsinnes der umgangssprachlichen Wendung "Pracken" als festes Zuschlagen, sohin Ankündigung einer Körperverletzung, auf Jerabek in WK2 § 74 Rz 29 und Schwaighofer in WK2 § 105 Rz 61, 63 sowie zum zweiten auf Schwaighofer aaO § 105 Rz 75 bis 81 verwiesen - ein dringend des (geplanten) Diebstahles Verdächtigter und somit rechtmäßig Angehaltener (§ 86 Abs 2 StPO) kann sich nicht auf § 105 Abs 2 StPO berufen (vgl auch Mayerhofer aaO § 86 E 24, 25).
Teilweise als außerhalb des gesetzlichen Anfechtungsrahmens liegend, teilweise als offenbar unbegründet war die Nichtigkeitsbeschwerde bereits in nichtöffentlicher Sitzung zurückzuweisen (§§ 285a Z 2, 285d Abs 1 Z 1, Z 2 StPO), woraus die Zuständigkeit des Gerichtshofes zweiter Instanz zur Erledigung der Berufung folgt (§ 285i StPO). Die Kostenentscheidung beruht auf § 390a Abs 1 StPO.
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