OGH 4Ob143/04i

OGH4Ob143/04i18.8.2004

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Kodek als Vorsitzenden und die Hofrätinnen des Obersten Gerichtshofs Hon. Prof. Dr. Griß und Dr. Schenk sowie die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Vogel und Dr. Jensik als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Ursula F*****, vertreten durch Prettenhofer & Jandl, Rechtsanwälte-Partnerschaft in Wien, gegen die beklagte Partei W*****-GmbH, *****, vertreten durch Mag. Dieter Helbok, Rechtsanwalt in Höchst, wegen Unterlassung (Streitwert im Provisorialverfahren 25.000 EUR), über den Rekurs der beklagten Partei gegen den Beschluss des Oberlandesgerichts Innsbruck als Rekursgericht vom 14. April 2004, GZ 2 R 72/04m-9, womit der Beschluss des Landesgerichts Feldkirch vom 16. Februar 2004, GZ 8 Cg 20/04z-4, aufgehoben und die Rechtssache zur neuerlichen Entscheidung an das Erstgericht zurückverwiesen wurde, in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Dem Rekurs wird nicht Folge gegeben.

Die Kosten des Rekursverfahrens sind weitere Verfahrenskosten.

Text

Begründung

Die Klägerin ist Inhaberin der beim Österreichischen Patentamt zu Register-Nr 141819 registrierten Wort-Bild-Marke "Newton". Mit Schreiben vom 10. Jänner 2003 wies sie die Beklagte auf ihr Markenrecht hin und behauptete, die Beklagte verletze dieses, indem sie seit zumindest drei Jahren Fahrradvorbauten und -lenker vertreibe, die mit dem Schriftzug "Newton" gekennzeichnet seien. Die von der Klägerin geforderte Unterlassungserklärung unterfertigte die Beklagte nicht, sondern rechtfertigte ihre Vorgangsweise mit Schreiben vom 28. Februar 2003.

Zur Sicherung ihres inhaltsgleichen Unterlassungsbegehrens, welches die Klägerin mit weiteren Begehren auf Beseitigung, Rechnungslegung, Zahlung und Urteilsveröffentlichung verband, beantragte die Klägerin, der Beklagten mittels einstweiliger Verfügung zu verbieten, im geschäftlichen Verkehr in Österreich die Bezeichnung "Newton" oder eine verwechselbar ähnliche Bezeichnung im Zusammenhang mit der Ankündigung, dem Verkauf oder dem Vertrieb von Fahrradteilen oder Fahrrädern mit solchen Teilen oder gleichartigen Waren kennzeichenmäßig zu verwenden, sofern es sich nicht um Erzeugnisse der Klägerin handle. Sie vertreibe seit 1992 unter der zu ihren Gunsten geschützten Marke Fahrräder in ganz Österreich. Seit Beginn ihrer Tätigkeit bemühe sie sich, die Marke als Bezeichnung für hochpreisige und qualitätsvolle Fahrräder zu positionieren. Sie verfüge nunmehr im obersten Preissegment über einen österreichischen Marktanteil von bis zu 5 %. Die Beklagte betreibe einen Großhandel und vertreibe unter anderem Fahrradteile eines italienischen Erzeugers. Diese Fahrradteile, insbesondere Vorbau- und Lenkmodelle, würden unter der Marke "Deda Newton" angeboten und verkauft. Die Bezeichnung dieser "Newton-Teile" gleiche insbesondere hinsichtlich ihres Schriftzuges erheblich der zugunsten der Klägerin geschützten Marke. Die von der Beklagten für Fahrräder verwendeten "Newton-Teile" unterschieden sich durch mindere Qualität wesentlich von den von der Klägerin vertriebenen Produkten.

Die Beklagte wendete ein, die italienische Lieferantin habe ihr immer versichert, über sämtliche Berechtigungen zum Handel mit derartigen Produkten zu verfügen. Die Bezeichnung der "Deda Newton-Teile" gleiche hinsichtlich ihres Schriftzugs nicht dem Schriftzug der von der Klägerin ehemals geschützten Marke. Deren Schutzdauer sei mit 12. Dezember 2001 abgelaufen. Überdies seien allfällige Ansprüche der Klägerin bereits verjährt.

Das Erstgericht wies das Sicherungsbegehren wegen Verjährung ab. Nach § 20 UWG verjährten Unterlassungsansprüche bereits nach sechs Monaten, nachdem der Anspruchsberechtigte von der Gesetzesverletzung oder von der Person des Verpflichteten erfahren habe. Nur dann, wenn ein gesetzwidriger Zustand fortbestehe, bleibe der Anspruch auf seine Beseitigung und auf Unterlassung der Gesetzesverletzung gewahrt. Dass die Beklagte im zweiten Halbjahr 2003 noch Fahrradteile unter der Marke "Deda Newton" angeboten und verkauft habe, habe die Klägerin weder behauptet noch bescheinigt. Aus den vorgelegten Bescheinigungsmitteln betreffend das zweite Halbjahr 2003 ergebe sich kein Zusammenhang mit der Tätigkeit der Beklagten. Da die Klägerin bereits im Jänner 2003 Kenntnis von der von ihr behaupteten Markenrechtsverletzung durch die Beklagte gehabt habe und ein Dauerzustand nicht als bescheinigt angenommen werden könne, seien die Ansprüche der Klägerin verjährt.

Das Rekursgericht hob den erstgerichtlichen Beschluss auf und verwies die Rechtssache zur neuerlichen Entscheidung an das Erstgericht zurück. Es sprach aus, dass der Wert des Entscheidungsgegenstands 20.000 EUR übersteige und der Rekurs an den Obersten Gerichtshof mangels Rechtsprechung zur Verjährung markenrechtlicher Unterlassungsansprüche zulässig sei. Der auf ihr Markenrecht gestützte Unterlassungsanspruch der Klägerin sei nach den Bestimmungen des MSchG zu beurteilen und nicht nach den Bestimmungen des UWG. § 55 MSchG verweise auf § 154 PatG, der eine dreijährige Verjährungsfrist für alle Ansprüche in Geld sowie für den Anspruch auf Rechnungslegung normiere. Der zu sichernde Unterlassungsanspruch sei in § 154 PatG nicht erwähnt, sodass weder aus dieser Bestimmung noch aus anderen Bestimmungen des MSchG bzw des PatG eine Verjährungsfrist für auf das Markenschutzgesetz gestützte Unterlassungsansprüche abgeleitet werden könne. Ob der Gesetzgeber damit zum Ausdruck bringen habe wollen, dass die (kurze) Verjährungsfrist des § 1489 ABGB für derartige Unterlassungsansprüche nicht zu gelten habe, sondern derartige Ansprüche vielmehr der 30-jährigen Verjährungsfrist unterliegen, oder ob eine planwidrige Gesetzeslücke vorliege, die per analogiam zu schließen wäre, könne hier dahingestellt bleiben. Eine anloge Anwendung der Bestimmungen der §§ 55 MSchG, 154 PatG und 1489 ABGB auf markenschutzrechtliche Unterlassungsansprüche führte zu einer dreijährigen Verjährungsfrist, was auch der deutschen Rechtslage entspreche (§ 20 Abs 1 MarkenG). Eine analoge Anwendung des § 20 UWG auch auf markenrechtliche Unterlassungsansprüche scheide aus, weil nach dem erklärten Willen des Gesetzgebers sämtliche aus Markenverletzungen ableitbaren zivilrechtlichen Ansprüche aus dem UWG in das MSchG transferiert worden seien, sodass für eine Gesetzesanalogie kein Raum bleibe.

Rechtliche Beurteilung

Der Rekurs der Beklagten ist zulässig, aber nicht berechtigt.

Aufgrund der am 23. Juli 1999 durch die Markenrechtsnovelle 1999 (BGBl I 1999/111) wirksam gewordenen Änderung der Rechtslage wurde - als ein Schwerpunkt der Novelle - die zivilrechtliche Durchsetzung der aus eingetragenen Marken resultierenden Rechte durch Schaffung entsprechender Normen im Markenschutzgesetz ermöglicht (Unterlassungsanspruch nach § 51 MSchG, Beseitigungsanspruch nach § 52 MSchG, Schadenersatzanspruch nach § 53 MSchG; EBzRV in Kucsko, MSchG 48 f und Schanda MSchG 100 f; Asperger und Stangl in ecolex 1999, 780).

Hinsichtlich der Verjährung rezipiert § 55 MSchG die Bestimmung des Patentgesetzes (§ 154 PatG). Die Regelung des Patentgesetzes sieht die sinngemäße Anwendung der Verjährungsbestimmung für zivilrechtliche Schadenersatzansprüche (§ 1489 ABGB) für die Verjährung der Ansprüche auf angemessenes Entgelt (§ 150 Abs 1 PatG), Herausgabe des Gewinns (§ 150 Abs 2 lit b PatG) und Rechnungslegung (§ 151 PatG) vor. Eine ausdrückliche Regelung der Verjährung von Unterlassungsansprüchen aus Patentverletzungen besteht nicht, weshalb - wie vom Rekursgericht zutreffend festgehalten - auch für den Unterlassungsanspruch aus der Markenrechtsverletzung (§ 51 MSchG) keine gesetzliche Regelung besteht.

Der Oberste Gerichtshof hat für Unterlassungsansprüche aus Patentverletzungen - der Ansicht Schönherrs (Gewerblicher Rechtschutz und Urheberrecht, Allgemeiner Teil 48) folgend - die bestehende Gesetzeslücke durch die analoge Anwendung des § 1489 ABGB auch auf die Unterlassungsansprüche geschlossen (SZ 58/86). Dabei wurde auch ausdrücklich auf die gesetzliche Regelung in § 141 (d)PatG verwiesen, die ebenso eine dreijährige Frist ab Kenntnis der Tat und des Täters vorsieht.

Da der Gesetzgeber der Markenrechtsnovelle 1999, der eigene Anspruchsgrundlagen für die zivilrechtliche Verfolgung von Markenverletzungen im Markenschutzgesetz geschaffen hat und damit das Sanktionensystem im Markenrecht aus der Anwendung der Bestimmungen des UWG herausgelöst hat, die Verjährungsfrage durch Verweisung auf die für Patentverletzungen bestehenden Gesetzesbestimmungen gelöst hat und damit zu erkennen gegeben hat, dass Markenrechtsverstöße gleich Patentverletzungen behandelt werden sollen, ist die Bestimmung des § 1489 ABGB auch für die Verjährung von Unterlassungsansprüchen wegen Markenrechtsverletzung nach § 51 MSchG analog anzuwenden. Schon das Rekursgericht hat zutreffend auf die vergleichbare deutsche Rechtslage hingewiesen (§ 20 MarkenG iVm § 195 BGB).

Das Argument der Beklagten, Unterlassungsansprüche erforderten stets ein kurzfristiges Einschreiten und Durchsetzen und somit eine kurze Frist von sechs Monaten zur tunlichen raschen Schaffung von Rechtsklarheit, weshalb allein die Bestimmung des § 20 Abs 1 UWG zur Lückenfüllung heranzuziehen sei, verfängt im Hinblick auf die anzustrebende einheitliche Lückenfüllung durch Analogie für den Bereich des Patent-, Marken- und Musterschutzes sowie die erwähnte deutsche Rechtslage nicht.

Ausgehend von der (auch) für Markenrechtsverletzungen geltenden Verjährungsfrist für Unterlassungsansprüche von drei Jahren ab Kenntnis des Eingriffs sowie des Verletzers erweist sich die Verjährungseinrede der Beklagten als unberechtigt.

Da § 56 MSchG die Erlassung einstweiliger Verfügungen zur Sicherung der Ansprüche auf Unterlassung und Beseitigung von Markenrechtsverletzungen auch dann vorsieht, wenn die im § 381 EO bezeichneten Voraussetzungen (Gefährdungsbescheinigung) nicht zutreffen, bedurfte es entgegen der von der Beklagten auch noch in dritter Instanz vertretenen Ansicht keines weiteren Vorbringens zu dem mit der Klage verbundenen Sicherungsantrag.

Dem Rekurs der Beklagten gegen den Aufhebungsbeschluss des Rekursgerichts ist daher ein Erfolg zu versagen.

Der Kostenvorbehalt gründet sich auf § 52 Abs 1 ZPO iVm §§ 78 und 402 Abs 4 EO.

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