OGH 11Os61/04

OGH11Os61/0427.7.2004

Der Oberste Gerichtshof hat am 27. Juli 2004 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Mayrhofer als Vorsitzenden sowie durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Ebner, Dr. Danek, Dr. Schwab und Dr. Lässig als weitere Richter, in Gegenwart der Richteramtsanwärterin Mag. Finster als Schriftführerin, in der Strafsache gegen Rafet R***** wegen des Verbrechens der teils versuchten, teils vollendeten schweren Nötigung nach §§ 105 Abs 1, 106 Abs 1 Z 1 und § 15 StGB und andere strafbare Handlungen über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung des Angeklagten gegen das Urteil des Landesgerichtes Linz als Schöffengericht vom 22. März 2004, GZ 25 Hv 39/03b-95, nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung den Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Die Nichtigkeitsbeschwerde wird zurückgewiesen.

Zur Entscheidung über die Berufung werden die Akten dem Oberlandesgericht Linz zugeleitet.

Dem Angeklagten fallen die Kosten des bisherigen Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Text

Gründe:

Mit dem angefochtenen Urteil wurde Rafet R***** der Verbrechen (zu I) der teils versuchten, teils vollendeten schweren Nötigung nach §§ 105 Abs 1, 106 Abs 1 Z 1 und § 15 StGB und (zu III) der versuchten Vergewaltigung nach § 15, 201 Abs 2 StGB sowie der Vergehen (zu II) der Körperverletzung nach § 83 Abs 1 StGB und (zu IV) der gefährlichen Drohung nach § 107 Abs 1 StGB schuldig erkannt. Danach hat er in Kapfenberg

I. Ende Februar/Anfang März 2002 Maria M***** mit Gewalt, indem er ihr mehrmals mit der Faust ins Gesicht schlug, sie aufs Bett warf und ihr das Knie auf den Kopf drückte, und durch gefährliche Drohung mit dem Tode, indem er mit der Hand in die Tasche griff und erklärte, er werde sie schlachten, sollte sie weiter schreien oder jemandem etwas erzählen, zur Bekanntgabe eines Namens und zur Unterlassung der Mitteilung des Vorfalls an andere Personen zu nötigen versucht sowie zum Schweigen und zur Unterlassung der Anzeigeerstattung genötigt;

II. Ende Februar/Anfang März 2002 Maria M***** durch die zu I beschriebene Gewaltanwendung vorsätzlich am Körper verletzt, wobei diese Hämatome am Auge, im Bereich des linken Oberarms und an der linken Schulter erlitt;

III. am 15. September 2002 außer dem Fall des § 201 Abs 1 StGB Iris L***** mit gegen sie gerichteter Gewalt, indem er sie erfasste, zu entkleiden versuchte und eine Stiege hinunterzerrte, zur Duldung des Beischlafs zu nötigen versucht;

IV. nachstehende Personen gefährlich mit zumindest einer Körperverletzung bedroht, um sie in Furcht und Unruhe zu versetzen, und zwar

1. am 15. Jänner 2002 Suzanne V***** dadurch, dass er ihr ankündigte, er werde ihren Kopf in die Klomuschel stecken und sie dadurch umbringen,

2. am 17. September 2002 Ankica L***** durch die Äußerung "Du bist die nächste, die dran ist".

Rechtliche Beurteilung

Gegen den Schuldspruch richtet sich die auf § 281 Abs 1 Z 5, 5a und 9 lit a StPO gestützte Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten; sie schlägt fehl.

Die behauptete Aktenwidrigkeit (Z 5) der Wiedergabe der Aussagen der Zeugin Muratka P***** über ihre Wahrnehmungen zu Verletzungen der Maria M***** betrifft keinen für die Beurteilung der Tat nach § 83 Abs 1 StGB entscheidenden Umstand, weil - der Beschwerde zuwider - auch ein einzelner Bluterguss ("blauer Fleck") eine die Erheblichkeitsschwelle überschreitende Verletzung am Körper iSd zitierten Gesetzesstelle darstellt (vgl Burgstaller/Fabrizy in WK2 § 83 Rz 6, 8).

Dem weiteren Vorbringen der Mängelrüge zuwider war das Schöffengericht nicht verhalten, im Sinn der weitwendig zitierenden Beschwerde die Aussagen der Zeugen in allen Einzelheiten wiederzugeben. Der Urteilsverweis darauf, dass die Zeugin Maria M***** zu den Fakten I und II vor der Gendarmerie und in der Hauptverhandlung "ohne wesentliche Widersprüche" ausgesagt hat (US 10), ist im konkreten Fall schon deshalb ausreichend, weil sich die Zeugin an die von der Beschwerde angeführten - für die Tatbestandsmäßigkeit bedeutungslosen - Teile ihrer sicherheitsbehördlichen Depositionen in der Hauptverhandlung lediglich nicht erinnern konnte, sie aber nicht in Abrede stellte (S 518 f). Einer Erörterung dahin, dass die Genannte in der Hauptverhandlung ua aussagte, sie habe ihre Verletzungen dem Schwager des Angeklagten, Muamer O***** gezeigt (S 523), während dieser hievon bei seiner Vernehmung vor der Gendarmerie nichts davon habe wissen wollen (S 267), bedurfte es in Hinblick auf die weiteren Depositionen der Zeugin, dass die Freunde und Familienmitglieder des Angeklagten, die ihre Verletzungen gesehen hätten, "es nicht zugeben" wollten (S 521), nicht.

Zu III hat das Schöffengericht seine Feststellungen in erster Linie auf die - insgesamt für glaubwürdig erachteten - Angaben der Zeugin Suzanna V***** gestützt. Die Tatrichter waren dabei - dem Gebot gedrängter Darstellung der Entscheidungsgründe (§ 270 Abs 2 Z 5 StPO) folgend - nicht verhalten, auf alle Angaben der Zeugin detailliert einzugehen, zumal ihnen - von der Beschwerde mit Zitaten aus den verschiedenen Aussagen dieser Zeugin behauptete - erörterungsbedürftige Widersprüche nicht anhaften. Dass Iris L***** (zunächst) auf dem Schoß des Angeklagten gesessen ist, schließt nicht aus, dass dieser sie (dann) von vorne umarmt und bei den Hüften gepackt und die Treppe hinuntergezerrt hat. Dass die Zeugin die von ihr beobachtete Gewaltanwendung bei verschiedenen Vernehmungen mit unterschiedlichen Ausdrücken (Hinunterzerren, Hinunterschleudern) beschrieb, stellt ebenfalls keinen erörterungsbedürftigen Widerspruch dar. Mit den Verfahrensergebnissen zum Verhalten der Iris L***** dem Angeklagten gegenüber vor dessen Gewaltanwendung hat sich das Erstgericht - der Beschwerde zuwider - hinreichend auseinandergesetzt (US 6, 11).

Zu IV 1 haben die Tatrichter die Beschimpfung des Angeklagten durch Suzanne V***** festgestellt (US 6); von welcher Relevanz dies im Übrigen für die folgende gefährliche Drohung sein soll, vermag die Beschwerde nicht anzugeben.

Zu IV 2 schließlich macht die Beschwerde keinen Begründungsmangel geltend, sondern bekämpft mit Erörterungen zur - nicht den unmittelbaren Tathergang betreffenden - Vorgeschichte ausschließlich die Beweiswürdigung nach Art einer im kollegialgerichtlichen Verfahren nicht vorgesehenen Schuldberufung.

Die Tatsachenrüge (Z 5a) vermag (zu III) mit dem Hinweis darauf, dass sich die Zeugin Iris L***** als Tatopfer der versuchten Vergewaltigung (nach ihren Angaben alkoholbedingt, S 231, 326, 501) an den Vorfall nicht erinnern konnte, keine erheblichen Bedenken des Obersten Gerichtshofs gegen die Richtigkeit der Feststellungen zum Faktum III zu erzeugen.

Die Rechtsrüge (Z 9 lit a) ist nicht prozessordnungsgemäß ausgeführt, weil sie mit der Behauptung des Fehlens von Feststellungen zur subjektiven Tatseite zum Faktum III die Urteilskonstatierungen vernachlässigt, wonach der Angeklagte beabsichtigte, durch näher beschriebene Tathandlungen mit Iris L***** gegen ihren Willen gewaltsam einen Geschlechtsverkehr zu vollziehen (US 7). Zum Faktum I kritisiert die Beschwerde die Unterlassung von Feststellungen zum subjektiven Empfinden des Nötigungsopfers, ohne jedoch darzutun, inwieweit solche für die Verwirklichung des Tatbilds von Bedeutung sein sollen. Die Intentionen des Angeklagten bei dieser Tat und damit die subjektive Tatseite wurden - der pauschalen Beschwerdebestreitung zuwider - im Urteil festgestellt (US 5).

Die Nichtigkeitsbeschwerde war daher teils als nicht gesetzmäßig ausgeführt, teils als offenbar unbegründet, bei nichtöffentlicher Beratung sofort zurückzuweisen (§ 285d Abs 1 StPO), woraus die Kompetenz des Gerichtshofs zweiter Instanz zur Entscheidung über die Berufung folgt (§ 285i StPO).

Die Kostenentscheidung gründet sich auf § 390a StPO.

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