OGH 4Ob130/04b

OGH4Ob130/04b6.7.2004

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Kodek als Vorsitzenden und durch die Hofrätinnen des Obersten Gerichtshofs Hon. Prof. Dr. Griß und Dr. Schenk sowie die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Vogel und Dr. Jensik als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei K***** AG, *****, vertreten durch Dr. Wolfgang Gewolf und Dr. Gernot Murko, Rechtsanwälte in Klagenfurt, gegen die beklagte Partei Karin F*****, vertreten durch Dr. Frank Kalmann und Dr. Karlheinz De Cillia, Rechtsanwälte in Klagenfurt, wegen 30.108,65 EUR sA, über die außerordentliche Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Graz als Berufungsgericht vom 4. März 2004, GZ 4 R 12/04y-22, mit dem infolge Berufung der klagenden Partei das Urteil des Landesgerichtes Klagenfurt vom 20. Oktober 2003, GZ 20 Cg 214/02a-16, bestätigt wurde den Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Der Revision wird Folge gegeben.

Die Entscheidungen der Vorinstanzen werden aufgehoben und die Rechtssache an das Erstgericht zur neuerlichen Entscheidung nach Verfahrensergänzung zurückverwiesen.

Die Kosten des Revisionsverfahrens bilden weitere Verfahrenskosten.

Text

Begründung

Die Klägerin hat dem Unternehmer Ernst F***** (in der Folge: Exporteur), dessen Rechtsnachfolgerin seine Tochter - die nunmehrige Beklagte - ist, einen Exportfinanzierungskredit gewährt. Der Exporteur war Begünstigter einer von der Österreichischen Kontrollbank AG (in der Folge: Garantin) übernommenen Garantieverpflichtung betreffend Exporte nach Italien und hat der Klägerin zur Besicherung ihrer Kreditforderungen sowohl seine Ansprüche aus dieser Garantie als auch seine Ansprüche aus Lieferungen an italienische Geschäftspartner abgetreten und die Garantin davon verständigt. Die Klägerin hat ihrerseits ihre bestehenden und künftig entstehenden Forderungen an ausländische Abnehmer des Exporteurs sowie ihre Ansprüche aus der Garantie und ihre Kreditforderung gegen den Exporteur im Ausmaß der jeweils refinanzierten Teile zur Sicherstellung an die Garantin abgetreten. Auf Grund eines Exportgeschäfts besaß der Exporteur eine Forderung aus Holzlieferung gegen das italienische Unternehmen L*****. Die Garantin anerkannte den Haftungsfall und zahlte gegen Abtretung der Forderung vertragsgemäß 80 % der Forderung an die Klägerin als Zessionarin des begünstigten Exporteurs, die diese Zahlung dem Kreditkonto des Exporteurs gutbuchte. 1988 erklärte die Klägerin gegenüber der Garantin, als Zessionarin uneingeschränkt in alle Rechte und Pflichten aus der dem Exporteur eingeräumten Garantie einzutreten. Zur Hereinbringung der Forderung gegen L***** führte der Exporteur in Italien einen Zivilprozess; dies war der Klägerin bekannt.

1994 geriet der Exporteur in Zahlungsschwierigkeiten und führte zusammen mit seiner Gattin mit der Klägerin Verhandlungen über eine Bereinigung ihrer Verbindlichkeiten. Es kam zu einer Einigung dahin, dass mit Zahlung von fünf Mio Schilling die wechselseitigen Forderungen zwischen der Klägerin, dem Exporteur und seiner Gattin erledigt und verglichen sind. Damit wollten die Beteiligten die bestehenden Rechtsverhältnisse zwischen ihnen endgültig in Form eines Generalvergleichs bereinigen.

1999 teilte die Garantin der Klägerin mit, dass der italienische Schuldner des Exporteurs (L*****) Zahlung geleistet habe, und forderte sie unter Hinweis auf ihren Eintritt in die Rechte und Pflichten des Exporteurs auf, den ausgezahlten Garantiebetrag zurückzuzahlen; der Exporteur habe sich nicht kooperativ gezeigt, und es habe bisher nicht geklärt werden können, wann L***** gezahlt habe und in welcher Höhe Zinsen und Kosten überwiesen worden seien. Die Garantin bezifferte mit Schreiben vom 16. 11. 2000 ihre Forderung mit der Höhe des nunmehrigen Klagebetrags, den die Klägerin an die Garantin zahlte.

Die Klägerin begehrt von der Beklagten als Rechtsnachfolgerin des Exporteurs 30.108,65 EUR sA. als Regressanspruch mit dem Vorbringen, die Forderung der Garantin sei infolge Zahlung durch sie im Weg der Legalzession (§ 1358 ABGB) auf sie übergegangen. Der Exporteur habe es unterlassen, den vom italienischen Schuldner L***** zu Handen des Rechtsvertreters des Exporteurs, Rechtsanwalt Prof. Antonio S*****, gezahlten Betrag der Garantin als tatsächliche Forderungsinhaberin weiterzuleiten. Der Zahlungsempfänger sei vom Exporteur bevollmächtigt worden und habe in seinem Auftrag und Namen gehandelt; die Zahlung sei daher dem Exporteur "in dessen Verfügungsbereich zugegangen" (AS 21). Die Beklagte hafte als dessen Universalrechtsnachfolgerin.

Die Beklagte beantragt die Abweisung des Klagebegehrens. Dem Exporteur sei keine Zahlung zugegangen; er sei zwar zu Betreibungshandlungen verpflichtet gewesen, alleiniger legitimierter Zahlungsempfänger sei aber die Garantin gewesen. Die Klägerin habe der Garantin eine Nichtschuld gezahlt. Der 1994 abgeschlossene Generalvergleich zwischen den Eltern der Beklagten und der Klägerin habe auch die Rechtsbeziehung zwischen dem Exporteur und der Klägerin umfasst.

Das Erstgericht wies das Klagebegehren ab. Es stellte ua fest, der Gerichtsvollzieher beim Vereinigten Amt für Exekutionen des Berufungsgerichts Rom habe am 19. 4. 1996 ein Protokoll über ein "dingliches Anbot an den vom Gläubiger erwählten Empfangsbevollmächtigten", nach dessen Inhalt zur Vermeidung eines Exekutionsverfahrens Rechtsanwalt Prof. Antonio S***** in seiner Eigenschaft als Zustellungsbevollmächtigter des Exporteurs an seinem Kanzleisitz in Rom einen auf den Exporteur ausgestellten Verrechnungsscheck von L***** über 77,364.800 Lire aus der Hand des italienischen Gerichtsvollziehers übernommen; der Übergabe liege ein Urteil des Berufungsgerichts Venedig zugrunde, das L***** zur Zahlung an den Exporteur verpflichte; ein zwischen den Parteien anhängiger Kassationsrekurs werde aufrechterhalten. Ob der im Verrechnungsscheck ausgewiesene Betrag dem Exporteur zugekommen ist, konnte nicht festgestellt werden. Rechtlich ging das Erstgericht davon aus, der geltend gemachte Anspruch sei von der Bereinigungswirkung des Generalvergleichs aus dem Jahr 1994 zwischen dem Exporteur und der Klägerin mitumfasst, weil es sich nicht um einen solchen Anspruch handle, der bei Anwendung der pflichtgemäßen Sorgfalt nicht hätte bedacht werden können.

Das Berufungsgericht bestätigte dieses Urteil und sprach aus, dass die ordentliche Revision mangels erheblicher Rechtsfrage nicht zulässig sei. Die geltend gemachte Regressforderung sei vom Generalvergleich aus dem Jahr 1994 nicht erfasst, weil nur die Verhältnisse im Zeitpunkt des Vergleichsabschlusses den Gegenstand des Vergleichs und damit seiner Bereinigungswirkung bildeten. Damals hätte die Klägerin nicht iSd § 1389 Satz 2 ABGB an eine ihr zustehende Regressforderung infolge vertragswidrigen Verhaltens des Exporteurs denken können und müssen.

Die festgestellte Übergabe eines Verrechnungsschecks an den Rechtsvertreter des Exporteurs in Italien gelte nach dem anzuwendenden italienischen Recht nur dann als wirksame Zahlung an den Exporteur, wenn der Scheckempfänger innerhalb der ihm als gewillkürter Vertreter erteilten Befugnis gehandelt habe oder der Exporteur die Zahlung genehmigt oder daraus Nutzen gezogen hätte. Keine dieser Voraussetzungen sei erwiesen. Daraus, dass der Exporteur den italienischen Rechtsanwalt im Zusammenhang mit einer Kassationsbeschwerde als Zustellungsbevollmächtigten namhaft gemacht habe, folge noch nicht zwingend dessen Befugnis, mit Wirkung für seinen Mandanten einen vom Prozessgegner ausgestellten Verrechnungsscheck entgegennehmen zu dürfen. Dass der Exporteur die Zahlung an seinen Zustellungsbevollmächtigten genehmigt habe, sei weder behauptet worden noch hervorgekommen. Dass ihm die Zahlung zugekommen sei, stehe nicht fest; dies gehe zu Lasten der Klägerin, die nicht bewiesen habe, eine Schuld des Exporteurs, der sie beigetreten ist, erfüllt zu haben. Eine Schuld des Exporteurs aus dem Garantievertrag hätte nur dann bestanden, wenn sein italienischer Schuldner an ihn wirksam Zahlung geleistet hätte oder ihm eine solche Zahlung tatsächlich zugekommen wäre, er aber diese Zahlung nicht an die Garantin weitergeleitet hätte.

Rechtliche Beurteilung

Die Revision ist zulässig, weil das Berufungsgericht von den Grundsätzen höchstgerichtlicher Rechtsprechung zur Behauptungs- und Beweislastverteilung abgewichen ist; das Rechtsmittel ist berechtigt im Sinne seines Aufhebungsantrags.

Die Klägerin macht geltend, das Berufungsgericht weiche von Grundsätzen der Beweislastverteilung ab, wenn es die Beweislast für die anspruchsvernichtende Einwendung, eine Zahlung an einen - in welcher Form immer - bevollmächtigten Vertreter des Gläubigers habe mangels Inkassovollmacht keine schuldbefreiende Wirkung entfaltet, der Klägerin auferlegt. Diese Rechtsansicht sei umso überraschender, als die Beklagte eine fehlende Bevollmächtigung des Zahlungsempfängers durch ihren Rechtsvorgänger nie behauptet habe. Vorauszuschicken ist, dass der erkennende Senat die - eingehenden - Ausführungen des Berufungsgerichts zur fehlenden Bereinigungswirkung des Generalvergleichs (S 13-15) teilt und diesen Teil der Begründung für zutreffend erachtet (§ 510 Abs 3 ZPO). Die Beklagte räumt in ihrer Revisionsbeantwortung selbst ein, dass der Exporteur trotz des Vergleichs Geld, das ihm "völlig unerwartet in der Folge" zugeflossen wäre, "im Sinne der Bereicherung herauszugeben gehabt hätte" (S 4 der Revisionsbeantwortung). Damit kommt aber der weiteren Einwendung, der Exporteur habe keine Zahlung von seinem italienischen Schuldner erlangt, entscheidende Bedeutung zu.

Grundsätzlich muss jede Partei die für ihren Rechtsstandpunkt günstigen Normen behaupten und beweisen. (RIS-Justiz RS0109832 [T1]). Die Verpflichtung zur Behauptung der anspruchsbegründenden Tatsachen trifft daher den Kläger (Rechberger in Rechberger, ZPO² Vor § 266 Rz 7). Welche Partei welche konkreten Tatsachen zu behaupten oder einzuwenden hat, lässt sich nicht für alle Fälle abschließend bestimmen: Es hängt vielmehr vom jeweiligen Stand des Beweisverfahrens ab, welche Prozessbehauptung/-einwendung nach Treu und Glauben geboten ist.

Die Klägerin macht einen Rückgriffsanspruch gem § 1358 ABGB nach Zahlung einer fremden Schuld, für die sie persönlich haftet, geltend. Voraussetzung des Eintritts in die Gläubigerrechte ist Zahlung der fremden Schuld (Gamerith in Rummel, ABGB³ § 1358 Rz 3 mwN). Ein schuldrechtlicher Anspruch der Garantin gegen den Exporteur - den die Klägerin erfüllt zu haben behauptet - setzt wiederum wirksame Zahlung des italienischen Vertragspartners des Exporteurs an diesen voraus. Nach den Feststellungen der Vorinstanzen hat Rechtsanwalt Prof. Antonio S***** in seiner Eigenschaft als Zustellungsbevollmächtigter des Exporteurs an seinem Kanzleisitz in Rom einen auf den Exporteur ausgestellten Verrechnungsscheck von L***** über 77,364.800 Lire aus der Hand des italienischen Gerichtsvollziehers übernommen, die damit verbundene Bedingung anerkannt, die Exekution zur Einstellung zu bringen, und eine Quittung über die empfangene Zahlung ausgestellt. Unstrittig ist, dass eine Zahlung des Schuldners an einen zustellungsbevollmächtigten Vertreter des Gläubigers allein nicht ausreicht, die Zahlung als schuldbefreiend anzuerkennen. Es kommt nämlich - wie das Berufungsgericht zutreffend ausführt - stets darauf an, ob der Zahlungsempfänger vom Gläubiger auch mit einer Inkassovollmacht ausgestattet worden ist; dass die Zahlung "in die Sphäre" oder "in den Verfügungsbereich" des Exporteurs gelangt sei, wie die Klägerin wiederholt - dogmatisch unscharf - betont, reicht nicht aus, daraus die von ihr gewünschten Rechtsfolgen abzuleiten. War aber das Thema des Bestehens einer Inkassovollmacht des italienischen Rechtsanwalts noch nicht in den Prozess eingeführt, durfte das Berufungsgericht - ohne vorangegangene Erörterung mit den Parteien - diesen überraschenden rechtlichen Aspekt nicht zur Begründung seiner Entscheidung heranziehen. Die Klägerin rügt diesen Mangel des Berufungsverfahrens zu Recht.

Nach den Gesetzesmaterialien zu § 182a ZPO (abgedruckt bei M. Bydlinski, ZPO 103) sind nur jene Umstände erörterungspflichtig, die entweder von den Parteien oder vom Gericht unterschiedlich beurteilt werden oder bisher noch gar nicht in Betracht gezogen worden sind, jeweils aber voraussichtlich entscheidungswesentlich sein könnten. Damit soll auch in jenen Konstellationen, in denen das Gericht sich von den von den Parteien als relevant erachteten rechtlichen Gesichtspunkten lösen möchte, vermieden werden, dass die Ausrichtung des Verfahrens mangels Erörterung auch dieser Gesichtspunkte für eine Partei im Dunkeln bleibt und sie so die Gelegenheit versäumt, ihrem Prozessstandpunkt günstiges Vorbringen zu erstatten. Ein Umstand in diesem Sinne, der vor einer Entscheidung mit den Parteien jedenfalls zu erörtern gewesen wäre, ist nun im Anlassfall die vom Berufungsgericht erstmals aufgeworfene Vollmachtsproblematik. Abgesehen von diesem Verfahrensfehler teilt der erkennende Senat auch die zur Beweislastverteilung gemachten Aussagen des Berufungsgerichts nicht.

Die Klägerin hat einen Sachverhalt bewiesen, wonach sich der italienische Rechtsanwalt des Exporteurs wie ein Bevollmächtigter verhalten hat. Nach der Lebenserfahrung lässt der bewiesene Geschehensablauf - im Sinne eines Anscheinsbeweises (vgl dazu Rechberger in Rechberger, ZPO² vor § 266 Rz 22) - vermuten, der Zahlungsempfänger sei vom Exporteur, der ihn als Zustellungsbevollmächtigten eingesetzt hat, auch zur Entgegennahme der Zahlung ermächtigt worden oder habe zumindest die für den Exporteur entgegengenommene Zahlung an diesen weitergeleitet. Hat demnach ein Anwalt unter den festgestellten Umständen eine Zahlung für seinen Mandanten entgegengenommen, wäre es daher an der Beklagten gelegen, einzuwenden und zu beweisen, dass der Anwalt keine Inkassovollmacht des Exporteurs besessen oder diesem die entgegengenommene und quittierte Zahlung nicht weitergeleitet hat. Sie ist - als Gesamtrechtsnachfolgerin des Exporteurs, der den Rechtsanwalt beauftragt hat - auch näher zu diesem Beweis als die Klägerin, die über keinerlei Kontakte zum Zahlungsempfänger verfügt. Die Beklagte hat sich im bisherigen Verfahren damit begnügt einzuwenden, ihrem Rechtsvorgänger seien keine Zahlungen seines italienischen Vertragspartners zugeflossen. Sie hat damit das Thema, ob allfällige an den italienischen Zustellungsbevollmächtigten des Exporteurs erfolgte Zahlungen infolge einer Inkassovollmacht dem Exporteur zuzurechnen seien, übersehen oder für unerheblich gehalten. Auch die Beklagte darf mit diesem neuen rechtlichen Gesichtspunkt nicht überrascht werden; dieser kann vielmehr nur dann bei der Entscheidung herangezogen werden, wenn er erörtert wurde und so die Gelegenheit gegeben war, etwa fehlendes Vorbringen zu erstatten oder Beweisanträge zu stellen (§ 182a ZPO). Damit erweist sich eine Aufhebung der Entscheidung als unumgänglich.

Das Erstgericht wird im fortgesetzten Verfahren die bisher unberücksichtigt gebliebenen Gesichtspunkte zum zuvor aufgezeigten Vollmachtsproblem zu erörtern und allenfalls ergänzende Beweise dazu aufzunehmen haben. Auf Grund der erörterten Beweislastverteilung wird das Fehlen einer Inkassovollmacht des italienischen Rechtsanwalts beim bisher bewiesenen Sachverhalt von der Beklagten einzuwenden sein; sollte ihr ein solcher Beweis nicht gelingen, ginge dies ebenso zu ihren Lasten wie der fehlende Nachweis, dass der Rechtsanwalt - auch ohne Inkassovollmacht - die empfangene Zahlung (allenfalls gekürzt um seine eigenen Honoraransprüche) nicht an den Exporteur weitergeleitet hat.

Der Revision ist Folge zu geben und die Rechtssache zur neuerlichen Entscheidung nach Erörterung und allenfalls ergänzender Beweisaufnahme an das Erstgericht zurückzuverweisen. Nur der Vollständigkeit halber ist auszuführen, dass das Berufungsgericht die aufgezeigte Vollmachtsfrage gem § 49 IPRG zutreffend nach materiellem italienischem Recht beurteilt hat, ist doch das Vollmachtsstatut (Wirkungsstatut, Recht des Gebrauchsortes) und nicht das Geschäftsstatut - wie die Klägerin unrichtig meint - dem Dritten gegenüber das für Erteilung, Bestand, Auslegung und Umfang der Vollmacht maßgebende Recht (JBl 1987, 60; SZ 61/10; RIS-Justiz RS0045172; Schwimann in Rummel, ABGB² § 49 IPRG Rz 5). Der Oberste Gerichtshof hat auch schon ausgesprochen, dass dann, wenn vom Geschäftsherrn eine ständige Vertretungstätigkeit hervorgerufen wird und der Vertreter dem Dritten gegenüber erkennbar in dieser Eigenschaft auftritt, es gerechtfertigt ist, die Wirksamkeit der Vollmacht nach dem Recht des Ortes zu beurteilen, von dem aus diese Person regelmäßig handelt (SZ 74/177 im Fall eines Scheinvertreters). Gleiches gilt nach Schwimann (aaO Rz 3) ganz allgemein für den Fall der Verwendung berufsmäßiger Vertreter mit festem Geschäftssitz, zB eines Rechtsanwalts. Auf Grund welchen Sachverhalts eine nachträgliche konkludente Rechtswahl durch entsprechendes Prozessverhalten vorliegen soll, wie die Rechtsmittelwerberin behauptet, führt sie nicht näher aus.

Im Anlassfall hat der vom Exporteur mit Zustellungsvollmacht im Verfahren ausgestattete Rechtsanwalt von seinem Kanzleisitz in Rom aus gehandelt, sodass die Frage des Vollmachtumfangs nach materiellem italienischem Recht zu lösen sein wird. Die von der Klägerin angeführten Art 1713 und 1721 codice civile betreffen das Innenverhältnis zwischen Auftraggeber und Auftragnehmer und sind für die hier zu lösenden Vollmachtsfragen im Außenverhältnis nicht einschlägig; gleiches gilt für Art 41 und 44 Codice deontologico forense (der Standesregeln der italienischen Anwälte), die das Verhalten des Anwalts gegenüber den Mandanten regeln (vgl Wolff, Die Reform des italienischen Standesrechts, AnwBl 1997, 613 ff, 615). Der Kostenvorbehalt beruht auf § 52 Abs 1 zweiter Satz ZPO.

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