OGH 11Os59/04

OGH11Os59/0429.6.2004

Der Oberste Gerichtshof hat am 29. Juni 2004 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Mayrhofer als Vorsitzenden sowie die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Ebner, Dr. Zehetner, Dr. Danek und Dr. Schwab als weitere Richter in Gegenwart der Richteramtsanwärterin Mag. Felbab als Schriftführerin, in der Strafsache gegen Kadir G***** und andere Angeklagte wegen Verbrechen nach § 28 Abs 2 vierter Fall, Abs 3 erster Fall SMG und weiterer strafbarer Handlungen über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufungen des Angeklagten Danijel P***** gegen das Urteil des Landesgerichtes Innsbruck als Schöffengericht vom 4. Februar 2004, GZ 35 Hv 4/04i-187, nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung den Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Die Nichtigkeitsbeschwerde und die "Berufung wegen Schuld" werden zurückgewiesen.

Zur Entscheidung über die Berufung wegen Strafe werden die Akten dem Oberlandesgericht Innsbruck zugeleitet.

Dem Angeklagten P***** fallen die Kosten des bisherigen Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Text

Begründung

Mit dem angefochtenen Urteil - das auch in Rechtskraft erwachsene, überwiegend andere Angeklagte betreffende Schuld- und Freisprüche enthält - wurde der am 21. Jänner 1985 geborene Danijel P***** des Verbrechens nach § 28 Abs 2 (vierter Fall), Abs 3 erster Fall SMG und des Vergehens nach § 27 Abs 1 erster und zweiter Fall SMG schuldig erkannt.

Danach hat er in Innsbruck und anderen Orten zwischen Frühjahr/Frühsommer 2003 und September 2003 im bewussten und gewollten Zusammenwirken mit dem unter einem rechtskräftig wegen derselben strafbaren Handlungen verurteilten, am 19. Juni 1983 geborenen Ivan G***** durch in sehr geringem Umfang kostenlose Weitergabe, größtenteils aber durch gewerbsmäßigen Verkauf von insgesamt ca 2.500 Stück Ecstasy-Tabletten, sohin Suchtgift in einer großen Menge an im Urteilsspruch namentlich angeführte und zahlreiche weitere namentlich nicht bekannte Abnehmer in Verkehr gesetzt (A 5) und im Frühjahr 2003 durch Erwerb und Besitz geringer Mengen an Cannabisprodukten und Ecstasy-Tabletten bei namentlich nicht bekannten Verkäufern Suchtgifte den bestehenden Vorschriften zuwider erworben und besessen (B 3).

Rechtliche Beurteilung

Die dagegen vom Angeklagten P***** aus § 281 Abs 1 Z 3, Z 5 StPO erhobene Nichtigkeitsbeschwerde ist nicht berechtigt. Der Geltendmachung einer Nichtigkeit nach Z 3 iVm § 152 Abs 5 StPO ist durch den Beschluss des Vorsitzenden des Schöffengerichtes auf Berichtigung und Ergänzung des Protokolles über die Hauptverhandlung vom 4. Februar 2004 (ON 186) die faktische Grundlage entzogen, weil diesem die vermissten bzw bemängelten Belehrungen und die dazu korrespondierenden Erklärungen der Zeugen (auf ihr Zeugnisentschlagungsrecht ausdrücklich zu verzichten) nunmehr zu entnehmen sind (ON 213; S 69, 89, 91/VII).

Die Mängelrüge (Z 5) behauptet eine offenbar unzureichende Begründung für die erstgerichtliche Feststellung eines Reinheitsgehaltes der vom Rechtsmittelwerber in Verkehr gesetzten, durchschnittlich 0,25 Gramm schweren Ecstasy-Tabletten von 25 % (an MDMA und MDE - US 21, 22 iVm ON 46). Im Hinblick darauf, dass die Tatrichter den Verkauf von insgesamt 2.500 Stück Ecstasy-Tabletten feststellten, wird damit keine entscheidende Tatsache für die Verwirklichung des Tatbestandsmerkmales der großen Menge an Suchtgift (§ 28 Abs 6 SMG - hier iVm Anhang V der SV und Anhang 4 der SGV: 30g Reinsubstanz) angesprochen, weil diese nämlich selbst bei dem im Rechtsmittel angenommenen Reinheitsgehalt von bloß 10 % überschritten wäre. Die Nichtigkeitsbeschwerde war daher in diesem Umfang als offenbar unbegründet (§ 285d Abs 1 Z 2 StPO) und - soweit sie sich formell (vgl die Rechtsmittelanträge) gegen den Schuldspruch wegen "des" Vergehens nach § 27 Abs 1 erster und zweiter Fall SMG richtet, mangels jeglicher Ausführungen (§§ 285 Abs 1, 285a Z 2, 285d Abs 1 Z 1 StPO) - als unzulässig ebenso zurückzuweisen wie die angemeldete (ON 188) "Berufung wegen Schuld", die gegen Urteile von Kollegialgerichten in der Strafprozessordnung nicht vorgesehen ist. Der gemäß § 285i StPO zur Entscheidung über die Berufung wegen Strafe zuständige Gerichtshof zweiter Instanz wird zu berücksichtigen haben (Ratz, WK-StPO § 285i Rz 6), dass das Erstgericht sowohl bei Danijel P***** als auch bei Ivan G***** (§§ 290 Abs 1 vorletzter Satz, 295 Abs 1 letzter SatzStPO) trotz deren Delinquenz als junge Erwachsene § 36 vorletzter Fall StGB der Strafrahmenbildung nicht zugrunde legte (US 8) und somit den Strafausspruch mit Nichtigkeit nach § 281 Abs 1 Z 11 erster Fall StPO belastete (11 Os 121/01 = EvBl 2002/106). Die Kostenentscheidung fußt auf § 390a Abs 1 StPO.

Stichworte