OGH 11Os46/04

OGH11Os46/0429.6.2004

Der Oberste Gerichtshof hat am 29. Juni 2004 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Mayrhofer als Vorsitzenden sowie durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Ebner, Dr. Zehetner, Dr. Danek und Dr. Schwab als weitere Richter, in Gegenwart der Richteramtsanwärterin Mag. Felbab als Schriftführerin, in der Strafsache gegen Efosa I***** wegen des Verbrechens nach § 28 Abs 2 vierter Fall, Abs 3 erster Fall, Abs 4 Z 3 SMG und weiterer strafbarer Handlungen über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung des Angeklagten sowie über die Berufung der Staatsanwaltschaft gegen das Urteil des Landesgerichtes für Strafsachen Graz als Schöffengericht vom 23. Dezember 2003, GZ 8 Hv 87/03p-77, und über die Beschwerde des Angeklagten gegen den Widerrufsbeschluss (§ 494a Abs 1 Z 4, Abs 4 StPO) nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung den Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Die Nichtigkeitsbeschwerde wird zurückgewiesen.

Zur Entscheidung über die Berufungen und die Beschwerde werden die Akten dem Oberlandesgericht Graz zugeleitet.

Dem Angeklagten fallen auch die Kosten des bisherigen Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Text

Gründe:

Mit dem angefochtenen Urteil wurde Efosa I***** des Verbrechens nach § 28 Abs 2 vierter Fall, Abs 3 erster Fall, Abs 4 Z 3 SMG (Punkt I des Urteilssatzes) und der Vergehen nach § 27 Abs 1 erster und zweiter Fall SMG schuldig erkannt (II).

Darnach hat er, zusammengefasst wiedergegeben, in Graz den bestehenden Vorschriften zuwider

(zu I) von Anfang 2001 bis Anfang März 2003 gewerbsmäßig Suchtgift in einer großen Menge, nämlich zumindest 1.912 Gramm Heroin, 54 Gramm Kokain und 1 Gramm Marihuana, in unterschiedlichen Teilmengen an im Spruch namentlich genannte Abnehmer verkauft und damit in Verkehr gesetzt, wobei die Tat in Beziehung auf eine das Fünfundzwanzigfache der Grenzmenge (§ 28 Abs 6 SMG) übersteigende Suchtgiftmenge begangen wurde, und

(zu II) 1) zu nicht näher bekannten Zeitpunkten vor dem 5. März 2003 unbekannte Mengen Heroin und Cannabisprodukte von bislang unbekannten Personen erhalten und in der Folge konsumiert und

  1. 2) am 5. März 2003 18 Gramm Heroin und
  2. 3) am 12. März 2003 3,3 Gramm Cannabiskraut besessen.

Rechtliche Beurteilung

Gegen dieses Urteil richtet sich die auf die Gründe der Z 4, 5a und 10 des § 281 Abs 1 StPO gestützte Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten, welcher indes keine Berechtigung zukommt. Durch die als Verfahrensmangel (Z 4) relevierte Abweisung (S 248 f/II) des Antrags auf Vernehmung Dris. Gerald H***** vom Institut für gerichtliche Medizin der Universität Graz zum für die behauptete Suchtgiftabhängigkeit des Angeklagten erheblichen Beweis der bloß kurzfristigen Nachweisbarkeit von Kokain und Heroin in Blut und Harn wurden Verteidigungsrechte schon deshalb nicht beeinträchtigt, weil die privilegierende Regelung für gewerbsmäßige Tatbegehung suchtmittelgewöhnter Täter nach dem klaren Wortlaut des § 28 Abs 3 zweiter Satz SMG auf eine allein im Absatz 2 leg cit bezeichnete und demnach nicht zusätzlich beschwerte Tat abstellt. Sie kann daher beim hier vorliegenden Qualifikationstatbestand des § 28 Abs 4 SMG nicht zum Tragen kommen (12 Os 107/99, 15 Os 17/03). Mit dem Vorbringen aber, seine Suchtgiftabhängigkeit sei als wesentlicher Milderungsgrund zu werten, macht der Beschwerdeführer lediglich einen Berufungsgrund geltend.

Den Einwendungen (Z 4) gegen die trotz Widerspruchs des Angeklagten vorgenommene Verlesung der Aussagen der Zeugen Sascha B*****, Michael M***** und Elvis H***** ist nicht zu entnehmen, weshalb hiedurch Verteidigungsrechte iSd angerufenen Nichtigkeitsgrundes verletzt worden sein sollen. Soweit der Beschwerdeführer darin aber einen Nichtigkeit nach § 281 Abs 1 Z 3 StPO begründenden Verstoß gegen das Unmittelbarkeitsprinzip erblickt, übersieht er, dass eine unmittelbare Vernehmung dieser Zeugen vor dem erkennenden Gericht in Anbetracht der - von der Beschwerde nicht in Frage gestellten - fehlgeschlagenen Ausforschung ihres Aufenthaltes durch die Polizei nicht bewirkt werden konnte (S 242/II), weshalb die Verlesung der Aussageprotokolle gemäß § 252 Abs 1 Z 1 StPO zu Recht erfolgte. In der Tatsachenrüge (Z 5a) unternimmt der Beschwerdeführer lediglich den Versuch, mit eigenen Beweiswerterwägungen seiner von den Tatrichtern mit logisch und empirisch einwandfreier Begründung verworfenen Verantwortung zur (redlichen) Herkunft der auf sein Bankkonto eingezahlten Geldbeträge zum Durchbruch zu verhelfen und die Aussagen seiner Hauptabnehmer Siegfried und Ronald B***** zu widerlegen. Damit vermag er jedoch keine Bedenken gegen die Lösung der Schuldfrage hervorzurufen, sondern wendet sich nach Art einer im kollegialgerichtlichen Verfahren nicht vorgesehenen Schuldberufung in unzulässiger Weise gegen die Beweiswürdigung des Erstgerichtes. Der Hinweis auf widersprüchliche Angaben (Z 5) des Zeugen G***** wiederum geht schon deshalb ins Leere, weil eine Suchtgiftweitergabe an diese Person vom Schuldspruch nicht umfasst ist und der behauptete Begründungsmangel daher keine entscheidende Tatsache betrifft. Dem Vorbringen der Subsumtionsrüge (Z 10, inhaltlich Z 5) zuwider haben die Tatrichter die Feststellung gewerbsmäßigen Handelns mängelfrei aus der Vielzahl der Suchtgiftgeschäfte, den dabei verkauften Suchtgiftmengen, dem daraus erzielten Gewinn sowie den angespannten Einkommens- und Vermögensverhältnissen des Angeklagten im Tatzeitraum abgeleitet (US 12).

Weshalb die Verantwortung des Beschwerdeführers, er habe das Drogengeschäft auf Kommissionsbasis durchgeführt und von drei erhaltenen Gramm zwei Gramm verkauft und ein Gramm selbst konsumiert (S 178/II), sowie das Vorliegen einer geregelten Beschäftigung in der Zeit vom 27. Februar 2002 bis 5. September 2002 für die Beurteilung der Gewerbsmäßigkeit von Relevanz und damit erörterungsbedürftig (Z 5) oder Gegenstand einer Feststellung (Z 10) sein sollte, wird in der Beschwerde prozessordnungswidrig nicht dargelegt.

Dass der Wille des Angeklagten die kontinuierliche Begehung und den daran geknüpften Additionseffekt mitumfasste, wurde vom Erstgericht ebenfalls zureichend aus dem objektiven Tatgeschehen, der Vielzahl der Suchtgiftverkäufe und der angespannten wirtschaftlichen Situation des Beschwerdeführers erschlossen (US 6, 11, 12).

Die Nichtigkeitsbeschwerde war somit teils als nicht gesetzesgemäß ausgeführt, teils als offenbar unbegründet bereits bei einer nichtöffentlichen Beratung zurückzuweisen (§ 285d Abs 1 StPO), woraus die Kompetenz des Oberlandesgerichtes Graz zur Entscheidung über die Berufungen und die Beschwerde folgt (§ 285i StPO).

Die Kostenentscheidung ist in § 390a Abs 1 StPO begründet.

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