OGH 8ObA15/04w

OGH8ObA15/04w24.6.2004

Der Oberste Gerichtshof hat in Arbeits- und Sozialrechtssachen durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Petrag als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Rohrer und Dr. Spenling sowie die fachkundigen Laienrichter Dr. Friedrich Stefan und Mag. Thomas Kallab als weitere Richter in der Arbeitsrechtssache der klagenden Partei Elisabeth P*****, Angestellte, *****, vertreten durch Dr. Franz Müller-Strobl und Dr. Robert Kugler, Rechtsanwälte in Klagenfurt, gegen die beklagte Partei D***** GesmbH, *****, vertreten durch Dr. Hannes Hammerschmidt und Mag. Gernot Götz, Rechtsanwälte in Spittal, wegen EUR 2.976,40 sA, über den Rekurs der klagenden Partei gegen den Beschluss des Oberlandesgerichtes Graz als Berufungsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen vom 19. November 2003, GZ 7 Ra 122/03w-15, womit über Berufung der beklagten Partei das Urteil des Landesgerichtes Klagenfurt als Arbeits- und Sozialgericht vom 4. Juli 2003, GZ 35 Cga 57/03w-9, aufgehoben wurde, in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Dem Rekurs wird nicht Folge gegeben.

Die Kosten des Rekursverfahrens sind weitere Verfahrenskosten.

Text

Begründung

Die Klägerin war bei der Beklagten vom 2. 2. 1998 bis zum 31. 1. 2003 beschäftigt. Auf das Arbeitsverhältnis war der Kollektivvertrag für die Handelsangestellten und für die Entlohnung der Klägerin die Gehaltstafel Allgemeiner Groß- und Kleinhandel, Gehaltsgebiet A, anzuwenden.

Punkt XX. des Kollektivvertrages ("Verfalls- und Verjährungsbestimmungen") lautet wie folgt:

"A. Grundsatz

Soweit in diesem Kollektivvertrag nicht anders geregelt, sind Ansprüche des Arbeitgebers sowie des Arbeitnehmers bei sonstigem Verfall innerhalb von sechs Monaten nach Fälligkeit schriftlich dem Grunde nach geltend zu machen. Bei rechtzeitiger Geltendmachung bleibt die gesetzliche Verjährungsfrist gewahrt."

Punkt 4. Des allgemeinen Teils der Gehaltsordnung (A 4) lautet:

"Gehaltsansprüche aufgrund von Unstimmigkeiten hinsichtlich der Einstufung verfallen mangels Geltendmachung mit Ablauf von einem Jahr".

Das Berufungsgericht vertrat die Rechtsauffassung, dass die in Punkt XX. des Kollektivvertrages enthaltene Grundsatzregelung, dass Ansprüche zur Vermeidung des Verfalls schriftlich geltend zu machen seien, auch für die Geltendmachung von Ansprüchen auf Grund von Unstimmigkeiten über die Einstufung anzuwenden sei. Diese Rechtsauffassung ist zutreffend, sodass es ausreicht, auf die Richtigkeit der Begründung der angefochtenen Entscheidung zu verweisen (§ 510 Abs 3 ZPO).

Rechtliche Beurteilung

Ergänzend ist den Rekursausführungen entgegenzuhalten:

Die Rekurswerberin macht geltend, dass die in der Gehaltsordnung enthaltene Verfallsbestimmungen für Ansprüche aus Unstimmigkeiten über die Einstufung gegenüber der Grundsatzbestimmung des Punktes XX. des Kollektivvertrages die speziellere Norm sei, die in ihrem Anwendungsbereich - soweit zur Grundsatznorm ein Widerspruch stehe - die Grundsatznorm verdränge. Dieses Argument ist zutreffend; es rechtfertigt aber nicht die von der Rekurswerberin daraus gezogenen Schlüsse. Die hier anzuwendende speziellere Norm enthält nämlich nach ihrem unmissverständlichen Wortlaut nur hinsichtlich der Länge der Verfallsfrist eine andere Regelung als die Grundsatznorm. Zur in der Grundsatznorm geregelten Frage der Schriftlichkeit der zur Verfallsvermeidung notwendigen Anspruchsgeltendmachung enthält die Spezialnorm hingegen keine Anordnung. Der Standpunkt der Rekurswerberin, daraus sei abzuleiten, dass die Spezialnorm in ihrem Anwendungsbereich die Grundsatznorm hinsichtlich des Schriftlichkeitsgebots abändern wolle, entbehrt einer rechtfertigenden Grundlage. Der - im Übrigen in dieser Allgemeinheit keineswegs zwingende - Einwand, dass bei Einstufungsstreitigkeiten im allgemein keine Beweisschwierigkeiten bestünden, sodass kurze Verfallsfristen entbehrlich seien, kann daran ebenso wenig etwas ändern, wie der Hinweis auf die Unbilligkeit Umstandes, dass sich der Arbeitgeber trotz mündlicher Hinweise der Klägerin auf den Verfall berufen könne.

Die vom Berufungsgericht vermissten Feststellungen über die Art der von der Klägerin bei der Gemeinde F***** ausgeübten Tätigkeit können durch den Hinweis auf im Akt erliegende Beweismittel nicht ersetzt werden.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf § 52 Abs 1 ZPO. Auch wenn ein Rekurs gegen einen Aufhebungsbeschluss erfolglos bleibt, sind die Rekurskosten als weitere Verfahrenskosten zu erklären, wenn das Rechtsmittel - wie hier - zur Klärung der Rechtslage beiträgt (RIS-Justiz RS0036035; zuletzt etwa 3 Ob 43/02y).

Stichworte