Spruch:
1. Das am 26. März 2002 gemäß § 90a GOG ausgesetzte Revisionsverfahren wird von Amts wegen wiederaufgenommen.
2. Der Revision wird nicht Folge gegeben.
Der Kläger hat die Kosten seines Rechtsmittels selbst zu tragen.
Text
Entscheidungsgründe:
Mit Bescheid der beklagten Partei vom 12. 10. 2000 wurde ausgesprochen, dass ein Anspruch des Klägers auf Ausgleichszulage ab 1. 11. 1999 nicht zu Recht bestehe, weil der Kläger seinen gewöhnlichen Aufenthalt im Ausland habe.
Mit der vorliegenden Klage begehrt der Kläger von der Beklagten die Zahlung der Ausgleichszulage ab 1. 11. 1999 im Wesentlichen mit der Begründung, aufgrund gemeinschaftsrechtlicher Normen stehe ihm ein Anspruch auf Ausgleichszulage auch bei einem gewöhnlichen Aufenthalt im Ausland (Spanien) zu.
Das Erstgericht wies dieses Begehren ab. Es ging bei seiner Entscheidung davon aus, dass sich der Kläger mehr als sechs Monate im Jahr in Spanien aufhalte und daher keinen gewöhnlichen Aufenthalt in Österreich habe. Die Ausgleichszulage sei eine beitragsunabhängige Sonderleistung iSd Art 10a der Verordnung (EWG) Nr 1408/71 und im Anhang IIa ausdrücklich angeführt. Sie sei daher nur bei einem gewöhnlichen Aufenthalt in Österreich zu gewähren und nicht in das Gebiet eines anderen Mitgliedstaates zu exportieren.
Das Berufungsgericht gab der Berufung des Klägers keine Folge und teilte die Rechtsansicht des Erstgerichtes.
Der Kläger erhob gegen dieses Urteil rechtzeitig Revision wegen Mangelhaftigkeit des Berufungsverfahrens und unrichtiger rechtlicher Beurteilung und beantragt - allenfalls nach Einholung einer Vorabentscheidung des EuGH - die Abänderung im Sinne einer Zuerkennung der Ausgleichszulage ab 1. 11. 1999. Hilfsweise wird ein Aufhebungsantrag gestellt.
Die beklagte Partei hat sich am Revisionsverfahren nicht beteiligt.
Rechtliche Beurteilung
Die Revision ist nicht berechtigt.
Die geltend gemachte Mangelhaftigkeit des Berufungsverfahrens (§ 503 Z 2 ZPO) liegt nicht vor (§ 510 Abs 3 dritter Satz ZPO). Die von der beklagten Partei in ihrer Klagebeantwortung behauptete Tatsache, dass sich der Kläger überwiegend im Ausland aufhalte, wurde vom Kläger in der Tagsatzung vom 9. 5. 2001 ausdrücklich zugestanden. Ausdrücklich zugestandene Tatsachen bedürfen jedoch keines Beweises (§ 266 Abs 1 ZPO), sodass es zu dieser Frage keiner (weiteren) Beweisaufnahme bedurfte.
Auch die Rechtsrüge ist nicht berechtigt.
Nach § 149 Abs 1 GSVG besteht der Anspruch auf Ausgleichszulage nur, solange der Pensionsberechtigte seinen gewöhnlichen Aufenthalt im Inland hat. Wenn sich ein Pensionsberechtigter - so wie der Kläger - mehr als die Hälfte des Jahres im Ausland aufhält, kann nicht davon ausgegangen werden, dass er noch einen gewöhnlichen Aufenthalt im Inland hat. Der Auslandsaufenthalt überwiegt in einem solchen Fall eindeutig. Dass der Kläger daneben auch noch Beziehungen zu Österreich unterhielt, ändert nichts an der Tatsache, dass er in der Zeit seines Auslandsaufenthaltes keinen gewöhnlichen Aufenthalt im Inland hatte. Ein Anspruch auf Ausgleichszulage nach § 149 GSVG besteht daher nicht (vgl auch SSV-NF 10/83 betreffend den Anspruch auf Pflegegeld).
Der Kläger macht in seinen Revisionsausführungen schließlich noch geltend, dass es sich bei der Ausgleichszulage um keine beitragsunabhängige Sonderleistung im Sinne von Art 4 Abs 2a der Verordnung (EWG) Nr 1408/71 handle, weshalb diese Leistung auch in das EU-Ausland zu exportieren sei.
Da die vorliegende Rechtssache somit eine gemeinschaftsrechtliche Frage, nämlich die Auslegung der Bestimmung des Art 4 Abs 2a iVm Art 10a der Verordnung (EWG) Nr 1408/71 betrifft, hat der Oberste Gerichtshof dem Gerichtshof der Europäischen Gemeinschaften gemäß Art 234 EG eine Frage zur Auslegung der genannten gemeinschaftsrechtlichen Bestimmungen im Hinblick auf den Anspruch auf Ausgleichszulage nach dem GSVG zur Vorentscheidung vorgelegt.
Mit Urteil vom 29. 4. 2004, Rs C-160/02, hat der Europäische Gerichtshof auf diese ihm vom Obersten Gerichtshof vorgelegte Frage für Recht erkannt:
"Art 10a der Verordnung (EWG) Nr 1408/71 des Rates vom 14. Juni 1971 über die Anwendung der Systeme der sozialen Sicherheit auf Arbeitnehmer und Selbständige sowie deren Familienangehörige, die innerhalb der Gemeinschaft zu- und abwandern, in der durch die Verordnung (EG)Nr 118/97 des Rates vom 2. Dezember 1996 geänderten und aktualisierten Fassung in Verbindung mit deren Anhang IIa ist dahin auszulegen, dass die Ausgleichszulage nach dem Bundesgesetz über die Sozialversicherung der in der gewerblichen Wirtschaft selbständig Erwerbstätigen in den Geltungsbereich der Verordnung fällt und folglich eine beitragsunabhängige Sonderleistung im Sinne von Art 4 Abs 2a der Verordnung darstellt, so dass auf den Fall einer Person, die nach dem 1. Juni 1992 die Voraussetzungen für die Gewährung dieser Leistung erfüllt, ab dem 1. Januar 1995 - dem Tag, an dem Österreich der Europäischen Union beigetreten ist - ausschließlich die durch Art 10a der Verordnung geschaffene Koordinierungsregelung anzuwenden ist."
Aufgrund dieses Urteils des Europäischen Gerichtshofes ist davon auszugehen, dass es sich bei der Ausgleichszulage (nach dem GSVG) um eine beitragsunabhängige Sonderleistung im Sinne von Art 4 Abs 2a der Verordnung (EWG) Nr 1408/71 handelt, auf die ausschließlich die durch Art 10a der Verordnung geschaffene Koordinierungsregelung anzuwenden ist. Nach dieser Koordinierungsregelung sind die beitragsunabhängigen Sonderleistungen nur vom jeweiligen Wohnmitgliedstaat zu gewähren. Dies bedeutet, dass auch aufgrund gemeinschaftsrechtlicher Bestimmungen keine Verpflichtung zum Export der Ausgleichszulage in einen anderen Mitgliedstaat besteht.
Aus diesen Erwägungen erweist sich die Revision als nicht berechtigt.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 77 Abs 1 Z 2 lit b ASGG.
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