Spruch:
Dem Rekurs wird nicht Folge gegeben.
Die klagende Partei hat die Kosten ihres erfolglosen Rechtsmittels selbst zu tragen.
Die Rekursbeantwortung der beklagten Partei wird zurückgewiesen.
Text
Begründung
In der Klage berief sich der für die Klägerin einschreitende Rechtsanwalt Dr. Friedrich Schwank auf die ihm erteilte Vollmacht. Er ließ sich ua in der mündlichen Streitverhandlung vom 27. 1. 2003 (ON 109) durch Dr. Edith Egger substituieren.
Mit einem als "Vollmachtsbekanntgabe" bezeichneten Schriftsatz, der am 18. 4. 2003 beim Erstgericht einlangte (ON 113), teilte die Klägerin mit, sie habe den (im Rubrum als ihre Vertreter ausgewiesenen) Rechtsanwälten Dr. Rudolf Fiebinger & Partner "nunmehr Prozessvollmacht erteilt".
In der mündlichen Streitverhandlung am 15. 9. 2003 (ON 118) schritten für die Klägerin a) Mag. Konstantin Kletzer für die Kanzlei Dr. Rudolf Fiebinger & Partner und b) Dr. Edith Egger ein.
Das Urteil des Erstgerichts vom 15. 9. 2003 (ON 119) wurde Dr. Friedrich Schwank am 6. 11. 2003 zugestellt.
Der Erstrichter hielt in einem AV vom 10. 11. 2003 (ON 120) fest: "KV gibt bekannt, dass das Urteil irrtümlich der nicht mehr vertretenden Kanzlei Dr. Schwank zugestellt worden sei, sodass es lediglich 'informell' dem nunmehrigen KV bekannt geworden sei. Es werde um Zustellung an neuen KV ersucht." Daraufhin wurde das Urteil des Erstgerichts am 13. 11. 2003 an die Kanzlei Fiebinger & Partner zugestellt.
Das Berufungsgericht wies die am 11. 12. 2003 zur Post gegebene Berufung der Klägerin als verspätet zurück. Lege eine Partei im fortgesetzten Verfahren die Vollmacht eines neuen Bevollmächtigten vor, ohne dem Gericht und dem Gegner durch Zustellung eines Schriftsatzes das Erlöschen der Vollmacht des bisherigen Bevollmächtigten anzuzeigen, gelte die Partei als durch zwei Prozessbevollmächtigte vertreten. Die früheste Zustellung an einen von ihnen sei für den Beginn der Rechtsmittelfrist maßgebend. Die Klägerin habe bloß mitgeteilt, anderen Rechtsanwälten Vollmacht erteilt zu haben; diese Mitteilung umfasse nicht die Bekanntgabe des Erlöschens der Vollmacht ihres bisherigen Vertreters. Dieser sei nach dem Inhalt des Protokolls der Verhandlung vom 15. 9. 2003 auch weiterhin für die Klägerin eingeschritten.
Rechtliche Beurteilung
Der Rekurs der Klägerin ist zulässig (§ 519 Abs 1 Z 1 ZPO); das Rechtsmittel ist aber nicht berechtigt.
In Rechtssachen, in denen - wie hier - die Vertretung durch Rechtsanwälte geboten ist, erlangt die durch Widerruf oder Kündigung herbeigeführte Aufhebung der Vollmacht zur Prozessführung oder zur Vornahme einzelner Prozesshandlungen dem Prozessgegner gegenüber erst dann rechtliche Wirksamkeit, wenn ihm das Erlöschen der Vollmacht und die Bestellung eines anderen Rechtsanwalts von der Partei durch Zustellung eines Schriftsatzes angezeigt wird (§ 36 Abs 1 ZPO).
Die in dieser Bestimmung normierte verzögerte Wirksamkeit der Vollmachtsaufhebung erstreckt sich - wie § 93 Abs 1 ZO zeigt - auch auf das Gericht, daher auch auf die amtswegig erfolgenden Zustellungen (Zib in Fasching² § 36 Rz 14 mwN). Damit soll erreicht werden, dass der Vollmachtswechsel den Fortlauf des Rechtsstreits in keiner Weise berührt und insbesondere Gericht und Gegner keine weitwendigen Untersuchungen darüber anstellen müssen, wer eigentlich der bevollmächtigte Prozessvertreter ist (AnwBl 1977, 354; 10 ObS 85/98t = SSV-NF 12/33). Es kann deshalb auch das bloße Einschreiten eines neuen Vertreters unter Vollmachtsnachweis nicht einer (nicht angezeigten) Vollmachtsaufhebung des bisherigen Vertreters zur prozessualen Wirksamkeit verhelfen (Zib aaO Rz 18 mwN; RIS-Justiz RS0035718 [T5]).
Zutreffend hat das Berufungsgericht die Vollmachtsbekanntgabe im Schriftsatz vom 16. 4. 2003 (ON 113) - ihrem unzweideutigen Wortlaut nach - dahin verstanden, die Klägerin habe den in diesem Schriftsatz genannten Rechtsanwälten Prozessvollmacht erteilt. Dass die Vollmacht des bisherigen Klagevertreters erloschen ist, kommt in diesem Schriftsatz entgegen der bloßen Behauptung der Klägerin - die im Wortlaut der Erklärung keine Stütze findet - nicht zum Ausdruck.
Ob Dr. Egger, die schon in früheren Verhandlungen als Substitutin des bisherigen Klagevertreters aufgetreten ist, auch in der Streitverhandlung am 15. 9. 2003 substitutionsweise für Dr. Schwank eingeschritten ist, ist für die hier zu beantwortende Frage, wann die Klägerin erstmals schriftlich gegenüber Gericht und Prozessgegner das Enden des Vollmachtsverhältnisses zu Dr. Schwank angezeigt hat, ohne Bedeutung. Auf die in diesem Zusammenhang von der Rechtsmittelwerberin behauptete Aktenwidrigkeit muss daher nicht eingegangen werden.
Der Aktenvermerk vom 10. 11. 2003 geht auf ein Gespräch des Klagevertreters mit dem Erstrichter zurück und kann zur Auslegung des Schriftsatzes ON 113 nach dem Verständnishorizont des Prozessgegners nichts beitragen.
Da das Erlöschen der Prozessvollmacht des Klägers an Dr. Schwank erst mit dem Rekurs ausdrücklich angezeigt wurde, konnte das Urteil des Erstgerichts wirksam an Dr. Schwank zugestellt werden (§ 93 Abs 1 ZPO). Ist eine Partei durch zwei Bevollmächtigte vertreten, beginnt die Rechtsmittelfrist bereits mit der Zustellung an einen der beiden Vertreter zu laufen (EvBl 1963/451; RIS-Justiz RS0102502). Dem Rekurs ist deshalb ein Erfolg zu versagen.
Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 40, 50 Abs 1 ZPO.
Da der angefochtene Beschluss nicht unter die in § 521a Abs 1 ZPO aufgezählten Entscheidungen fällt, ist das Rekursverfahren einseitig. Die Rekursbeantwortung ist daher unzulässig.
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