Spruch:
Die Nichtigkeitsbeschwerde wird zurückgewiesen.
Zur Entscheidung über die Berufung werden die Akten dem Oberlandesgericht Innsbruck zugeleitet.
Dem Angeklagten fallen auch die Kosten des bisherigen Rechtsmittelverfahrens zur Last.
Text
Gründe:
Mit dem angefochtenen Urteil wurde Amel S***** der Verbrechen der Vergewaltigung nach § 201 Abs 2 StGB (idF BGBl I 2001/130; Punkt I 1 des Urteilssatzes) und der schweren Nötigung nach §§ 105 Abs 1, 106 Abs 1 Z 1 und 3 StGB (I 2) sowie der Vergehen der schweren Körperverletzung nach §§ 83 Abs 1, 84 Abs 3 StGB (I 3), der gefährlichen Drohung nach § 107 Abs 1 und Abs 2 StGB (I 4) und des Vergehens nach § 27 Abs 1 erster und zweiter Fall SMG (II) schuldig erkannt.
Danach hat er in Rankweil
I) Alisa B*****
1) im Zeitraum ca Mitte Juni 2003 bis Juli 2003 zweimal außer dem Fall des § 201 Abs 1 StGB mit Gewalt, indem er ihr mit einer Hand den Mund zuhielt, mit der anderen Hand ihre Arme zusammenhielt, sie auf ein Bett drückte, mit seinen Beinen ihre Beine auseinanderdrückte und gewaltsam in sie eindrang, zur Duldung des Beischlafes genötigt;
2) mit einer Drohung mit dem Tode zu einer Unterlassung, nämlich es zu unterlassen, ihn zu verlassen bzw die Beziehung zu beenden, genötigt bzw am 10. August 2003 zu nötigen versucht, die besonders wichtige Interessen der Genötigten verletzte, und zwar
a) zwischen Anfang Juni 2003 und 10. August 2003 wiederholt durch die Äußerung, er habe eine Axt bzw eine Pistole und werde sie mit dieser umbringen bzw ihr den Kopf abschlagen, wenn sie ihn verlasse;
b) am 10. August 2003 durch die zu 3)a) beschriebene Gewalt in mehreren Angriffen dadurch, dass er mit einem 20 cm langen Küchenmesser an ihrem Hals herumfuhr und fragte, ob sie das Messer sehe und wisse, was damit passieren könne, sie in das Schlafzimmer seiner Eltern zerrte, die Kastentür aufriss und sagte, dass er jetzt die Pistole suche und sie dann umbringen werde, falls sie nicht bei ihm bleibe, und in weiterer Folge, nachdem er keine Pistole vorfand, durch die Äußerung "dann hol' ich im Keller die Axt und werde dich dann wie ein richtiger Bosnier umbringen, so wie es jeder Bosnier mit seiner Frau macht!";
3) vorsätzlich am Körper verletzt, wobei er diese drei selbständigen Taten ohne begreiflichen Anlass und unter Anwendung erheblicher Gewalt begangen hat, und zwar
a) am 10. August 2003, indem er in mehreren Angriffen sie an den Haaren riss, ihr mit den Händen und der Faust seitlich gegen den Kopf und den Hals schlug, sie zu Boden riss, auf sie einschlug, mit den Füßen gegen ihren Hinterkopf und in den Bauch trat, wodurch sie multiple Prellungen am ganzen Körper, eine Rissquetschwunde an der Zunge und Risse an der Oberlippe erlitt;
b) am 30. Mai 2003 dadurch, dass er ihr mehrere Ohrfeigen ins Gesicht und Faustschläge gegen den Oberschenkel versetzte, die Lippen zusammendrückte und sie heftig "herumschupfte", wodurch sie multiple Hämatome und eine Rissquetschwunde an der Lippe erlitt;
c) Anfang Juni oder Juli 2003, indem er ihr zwei Ohrfeigen versetzte, sie schüttelte und zu Boden warf, wodurch sie multiple Hämatome erlitt;
4) am 11. August 2003 durch die telefonische Äußerung, er werde es mit ihr so machen, wie es im Koran stehe; zuerst würde er sie umbringen und anschließend sich selbst; er würde sie finden, egal, wo sie sei, wenn nicht heute dann morgen, er würde sie auf jeden Fall töten, gefährlich mit dem Tod bedroht, um sie in Furcht und Unruhe versetzen;
II) im Zeitraum Juli 2002 bis 13. August 2003 und vom 17. September 2003 bis 22. September 200 den bestehenden Vorschriften zuwider ein Suchtgift, nämlich Heroin und Methadon in nicht mehr feststellbaren Mengen, erworben und besessen.
Rechtliche Beurteilung
Gegen diesen Schuldspruch richtet sich die auf die Gründe der Z 4, 5, 5a, 9 lit b und 10 des § 281 Abs 1 StPO gestützte Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten, der in des aus den in der Stellungnahme der Generalprokuratur zutreffend angeführten Gründen keine Berechtigung zukommt.
Der Verfahrensrüge (Z 4) zuwider wurde der Beschwerdeführer durch die Abweisung seines Antrages, Veronika K***** und Sandra M***** als Zeuginnen zum Beweis dafür einzuvernehmen, dass er "ein liebenswerter Freund war und die Anschuldigungen der Alisa B***** haltlos sind" (S 5/II), in seinen Verteidigungsrechten nicht beeinträchtigt. Denn die in Aussicht gestellten Angaben der Zeuginnen über ein positives Verhalten der Angeklagten ihnen gegenüber weisen im Bezug auf das inkriminierte Verhalten gegenüber Alisa B***** keinen Aussagewert auf.
Begründungsmängel in der Bedeutung der Z 5 haften den Entscheidungsgründen - der Mängelrüge zuwider - nicht an. Die vom Beschwerdeführer vermisste Erörterung von Angaben der Zeugin Alisa B***** über die näheren Umstände ihrer Beziehung zum Beschwerdeführer konnte unterbleiben, weil die - von den Tatrichtern verneinte (vgl US 7 oben) - Frage, ob zwischen ihm und Alisa B***** eine Lebensgemeinschaft bestanden hat, weder für die Schuldfrage und die Subsumtion noch für die Wahl des anzuwendenden Strafsatzes von Bedeutung ist. Rechtliche Relevanz käme einer (in den Tatzeitpunkten bestehenden) Lebensgemeinschaft zwischen dem Angeklagten und Alisa B***** nur in Ansehung der Punkte I 4 (Vergehen der gefährlichen Drohung nach § 107 Abs 1 und Abs 2 StGB) und I 1 (Verbrechen der Vergewaltigung nach § 201 Abs 1 StGB) des Schuldspruches zu, weil in diesen Fällen der Schuldspruch gemäß § 107 Abs 4 StGB die rechtzeitige (§ 2 Abs 4 und Abs 5 vorletzter Satz StPO) Erteilung der Verfolgungsermächtigung wegen gefährlicher Drohung bzw Antragstellung auf Strafverfolgung (§ 203 Abs 1 StGB) voraussetzt. Zudem käme der behaupteten Angehörigeneigenschaft (§ 72 Abs 2 StGB) unter den weiteren Voraussetzungen des § 203 Abs 2 StGB in Bezug auf den Schuldspruch wegen § 201 StGB in Ansehung der Strafbemessung (privilegierende) Bedeutung zu.
In Bezug auf Punkt I 4 des Schuldspruches übersieht der Beschwerdeführer jedoch, dass nach der (unbekämpft gebliebenen) Feststellung der Tatrichter seine "Beziehung" zu Alisa B***** (unabhängig davon, ob ihr die Qualität einer Lebensgemeinschaft zukam) nur bis zum 10. August 2003 angedauert hat (US 7), die (als gefährliche Drohung gewertete) telefonische Äußerung jedoch erst danach (nämlich am 11. August 2003) erfolgt ist. Bei gefährlichen Drohungen gegen einen ehemaligen Lebensgefährten ist die Ausübung des staatlichen Verfolgungsrechtes von der Erteilung einer Ermächtigung jedoch nicht abhängig. Deshalb ist für den Schuldspruch wegen gefährlicher Drohung ohne Belang, dass Alisa B***** eine Verfolgungsermächtigung - entgegen § 2 Abs 5 vorletzter Satz StPO - erst nach Beginn der Hauptverhandlung erteilt hat (S 45/II). Die dem Schuldspruch wegen § 201 Abs 2 StGB (I 1) zu Grunde liegenden beiden Vergewaltigungen hat der Angeklagte nach den Feststellungen zwar während des aufrechten Bestandes einer "Beziehung" zu Alisa B***** begangen, doch kann auch hier dahingestellt bleiben, ob diese Beziehung sämtliche Kriterien einer Lebensgemeinschaft (vgl Jerabek, WK² § 72, Rz 14 ff) erfüllte. Denn Alisa B***** hat ohnehin (wenn auch erst über Anfrage des Erstgerichtes, vgl S 73/II) am 8. Jänner 2004, und damit noch rechtzeitig vor der Urteilsfällung, durch (dem Gesetz genügende, vgl Markel in WK-StPO § 2 Rz 25) Erklärung am GP Rankweil einen Antrag auf Strafverfolgung ihres "Ex-Freundes Amel S*****" gemäß § 203 Abs 1 StGB gestellt (S 89/II). Zwar ist es nicht Aufgabe des Gerichtes, den (bei einem Antragsdelikt) zur Antragstellung Berechtigten zur Stellung eines solchen Antrages aufzufordern oder ihn zu befragen, ob er einen solchen Antrag stellt oder nicht (vgl SSt 20/46, 50/52). Doch ist nach dem Gesetz eine derartige Anfrage durch das zur Entscheidung über mehrere weitere Anklagepunkte berufene Gericht andererseits auch nicht ausgeschlossen und ist in solchen Fällen auch ein Endzeitpunkt für die Stellung eines Antrags auf Strafverfolgung (anders als gemäß § 2 Abs 5 vorletzter Satz StPO für die Erteilung einer Verfolgungsermächtigung bei Ermächtigungsdelikten) nicht bestimmt.
Dass dem relevierten Begründungsmangel betreffend die unterbliebene Annahme des Bestehens einer Lebensgemeinschaft zwischen dem Angeklagten und Alisa B***** auch deshalb Bedeutung zukäme, weil auf Grund dieser Negativfeststellung die Anwendung der privilegierenden Strafbemessungsvorschrift des § 203 Abs 2 StGB ausgeschlossen wäre, wird vom Beschwerdeführer (abgesehen davon, dass die weiteren Voraussetzungen der zitierten Gesetzesbestimmung nach der Aktenlage ohnehin nicht vorliegen) gar nicht behauptet.
Das weitere Beschwerdevorbringen, das Erstgericht stütze seine Feststellungen zum Teil auf bloße Scheingründe (vierter Fall der Z 5), bezieht sich auf bloß allgemeine Erwägungen der Tatrichter im Bezug auf die Glaubwürdigkeit der Zeugin Alisa B*****, die sie jedoch - formell ausreichend (§ 270 Abs 2 Z 5 StPO) - primär auf den von der Zeugin gewonnenen persönlichen Eindruck und die Übereinstimmung ihrer Angaben mit dem im Krankenhaus am 11. August 2003 objektivierten Verletzungsbild (S 61 bis 65/I) gründeten (US 13 f). Erhebliche Bedenken im Sinn der Z 5a gegen die Richtigkeit der erstgerichtlichen Tatsachenfeststellungen vermag der Beschwerdeführer nicht aufzuzeigen. Auch mit der Tatsachenrüge können nämlich nur die für die Frage der rechtlichen Kategorie einer oder mehrerer strafbarer Handlungen entscheidenden Tatsachenfeststellungen angefochten werden (Ratz WK-StPO, § 281 Rz 398 f). Dass es bei der vorliegenden Fallgestaltung in Ansehung der Schuldsprüche wegen § 201 Abs 2 StGB und § 107 Abs 1 und Abs 2 StGB unerheblich ist, ob Alisa B***** bis zum 10. August 2003 Lebensgefährtin des Angeklagten war, wurde bereits bei Erörterung der Mängelrüge aufgezeigt. Mit den Einwänden, die Zeugin Alisa B***** habe doch noch den gemeinsamen Urlaub mit dem Angeklagten in Mallorca finanziert und sei dort - wie aus vorliegenden Urlaubsfotos und den Angaben der Zeugin Amela S***** zu erschließen - glücklich gewesen, die Zeugin Amela S***** (s die ausführliche Beweiswürdigung US 15 ff) wäre wohl aufgewacht und hätte dann Angriffe ihres Bruders (= des Angeklagten) gegen Alisa B***** mitbekommen, wenn die Angaben der Letztgenannten, die damals im Zimmer der Amela S***** genächtigt haben will, wahr wären, bekämpft der Beschwerdeführer unzulässig bloß die Beweiswürdigung der Tatrichter, vermag die für den Beschwerdeerfolg notwendigen erheblichen Bedenken jedoch nicht zu erzeugen.
Sowohl der Rechts- (Z 9 lit b) als auch der Subsumtionsrüge (Z 10) legt der Beschwerdeführer die Behauptung zu Grunde, den Tatrichtern sei bei der Feststellung, zwischen ihm und Alisa B***** habe zu keiner Zeit eine Lebensgemeinschaft bestanden (US 7), ein Rechtsirrtum unterlaufen. In beiden Fällen bringt er die Beschwerde jedoch nicht dem Gesetz gemäß zur Darstellung.
In der wegen verspäteter (§ 2 Abs 5 vorletzter Satz StPO) Erteilung der Verfolgungsermächtigung ein Verfolgungshindernis in Ansehung des Schuldspruches wegen gefährlicher Drohung reklamierenden Rechtsrüge (Z 9 lit b) legt er aus dem Gesetz nicht dar, weshalb dem angeblichen Rechtsfehler für die Beurteilung der Tat als Ermächtigungsdelikt Bedeutung zukommen sollte, obgleich die "Beziehung" zu Alisa B***** nach den Konstatierungen der Tatrichter - worauf bereits mehrfach hingewiesen wurde - im Zeitpunkt der ihm angelasteten gefährlichen Drohung bereits beendet war (vgl nochmals US 7 iVm US 10 f). Nach dem Inhalt der Subsumtionsrüge (Z 10) hätte das Erstgericht bei rechtsrichtiger Beurteilung seiner Beziehung zu Alisa B***** als Lebensgemeinschaft von einer "allfälligen Begehung der vorgeworfenen Vergewaltigung in Lebensgemeinschaft gemäß § 203 StGB ausgehen müssen". Damit legt er aber erneut aus dem Gesetz nicht dar, weshalb eine privilegierende Strafbemessung in Ansehung der (gleichwohl nach § 201 Abs 2 StGB zu subsumierenden) Tathandlungen iSd § 203 Abs 2 StGB vorzunehmen gewesen wäre, obgleich das Erstgericht keine Feststellung über das Vorliegen der weiteren Voraussetzungen für eine Strafbemessung gemäß § 203 Abs 2 StGB getroffen hat und derartige Feststellungen nach den Beweisergebnissen auch nicht indiziert sind. Die Nichtigkeitsbeschwerde war daher teils als nicht prozessordnungsgemäß ausgeführt, teils als offenbar unbegründet bereits in nichtöffentlicher Sitzung zurückzuweisen (§ 285d Abs 1 StPO), woraus die Zuständigkeit des Oberlandesgerichtes Innsbruck zur Entscheidung über die Berufung folgt (§ 285i StPO). Die Kostenentscheidung basiert auf § 390a StPO.
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