OGH 10ObS36/03x

OGH10ObS36/03x18.5.2004

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Bauer als Vorsitzenden, die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Fellinger und Dr. Schramm sowie die fachkundigen Laienrichter Dr. Johannes Pflug und Eveline Umgeher (beide aus dem Kreis der Arbeitgeber) als weitere Richter in der Sozialrechtssache der klagenden Partei Franz G*****, vertreten durch Dr. Martin Holzer, Rechtsanwalt in Bruck an der Mur, gegen die beklagte Partei Sozialversicherungsanstalt der gewerblichen Wirtschaft, 1051 Wien, Wiedner Hauptstraße 84-86, vor dem Obersten Gerichtshof nicht vertreten, wegen Wegfall der vorzeitigen Alterspension wegen dauernder Erwerbsunfähigkeit, Rückforderung und Aufrechnung, infolge Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Graz als Berufungsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen vom 10. Oktober 2002, GZ 7 Rs 220/02f-10, womit infolge Berufung der beklagten Partei das Urteil des Landesgerichtes Leoben als Arbeits- und Sozialgericht vom 19. September 2001, GZ 34 Cgs 11/01p-6, abgeändert wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

 

Spruch:

Der Revision wird nicht Folge gegeben.

Der Kläger hat die Kosten seines Rechtsmittels selbst zu tragen.

Entscheidungsgründe:

Rechtliche Beurteilung

Die aus dem Revisionsgrund der unrichtigen rechtlichen Beurteilung der Sache erhobene Revision des Klägers, auf deren Beantwortung die beklagte Partei verzichtet hat, ist zulässig, aber nicht berechtigt.

Zur Zulässigkeit der Revision:

Zu Unrecht hat das Berufungsgericht angenommen, dass im vorliegenden Fall nicht ein Verfahren über wiederkehrende Leistungen im Sinne des hier noch anzuwendenden § 46 Abs 3 Z 3 ASGG gegeben ist, und deshalb gemäß § 45 Abs 1 ASGG ausgesprochen, dass die Revision nach § 46 Abs 1 ASGG nicht zulässig ist. Es trifft zwar zu, dass ein Verfahren über den Rückersatz einer zu Unrecht empfangenen Versicherungsleistung gemäß § 65 Abs 1 Z 2 ASGG - auch wenn es sich bei jenen Leistungen, deren Rückersatz strittig ist, um wiederkehrende Leistungen handelt (hier: vorzeitige Alterspension wegen dauernder Erwerbsunfähigkeit, § 131c GSVG) - kein Verfahren über wiederkehrende Leistungen in Sozialrechtssachen im Sinne des § 46 Abs 3 Z 3 ASGG ist (RIS-Justiz RS0085754 [T 2]). Im Falle einer Aufrechnung mit laufenden Leistungen nach § 71 GSVG - wie hier - liegt jedoch ein Streit um wiederkehrende Leistungen nach § 46 Abs 3 Z 3 ASGG vor (10 ObS 215/01t; RIS-Justiz RS0115428).

Zur Berechtigung der Revision:

Da die Begründung des Berufungsgerichts im Übrigen zutreffend ist, genügt es, auf deren Richtigkeit hinzuweisen (§ 510 Abs 3 ZPO). Den Revisionsausführungen ist noch zu erwidern:

Zu Unrecht meint der Kläger, die beklagte Partei habe mit dem der Klage zugrunde liegenden Bescheid vom 22. 12. 2000 nicht gemäß § 131c Abs 2 GSVG den Wegfall der von ihm seit 1. 3. 1995 bezogenen vorzeitigen Alterspension wegen dauernder Erwerbsunfähigkeit vom 1. 1. bis 31. 12. 1999 aussprechen dürfen, weil § 131c GSVG mit Ablauf des 30. 6. 2000 aufgehoben worden sei (§ 284 Abs 2 GSVG idF Sozialversicherungs-Änderungsgesetz 2000, BGBl I 2000/43). Er übersieht, dass für Bezieher einer solchen Pension die Wegfallsbestimmungen des § 131c GSVG weiter gelten (§ 284 Abs 3 GSVG).

Nach § 131c Abs 2 GSVG in der zum Stichtag 1. 3. 1995 geltenden und im vorliegenden Fall anzuwendenden Fassung (§ 263 Abs 2 GSVG idF BGBl 1995/832) fällt die vorzeitige Alterspension wegen dauernder Erwerbsunfähigkeit mit dem Tag weg, an dem der Versicherte eine unselbständige oder selbständige Erwerbstätigkeit ausübt; eine Erwerbstätigkeit, aufgrund derer ein Erwerbseinkommen bezogen wird, das das nach § 5 Abs 2 lit c ASVG jeweils in Betracht kommende Monatseinkommen nicht übersteigt, bleibt hiebei unberücksichtigt. Ist die Pension aus diesem Grund weggefallen und endet die Erwerbstätigkeit, so lebt die Pension auf die dem Versicherungsträger erstattete Anzeige über das Ende der Erwerbstätigkeit im früher gewährten Ausmaß mit dem dem Ende der Erwerbstätigkeit folgenden Tag wieder auf.

Der Revisionswerber vertritt nach wie vor den Standpunkt, er sei im Jahr 1999 nicht selbständig erwerbstätig im Sinne dieser Bestimmung gewesen, weil er festgestelltermaßen außerstande gewesen sei, aktiv in dem von seiner Gattin und seinem Sohn betriebenen Gasthaus mitzuarbeiten. Er habe daher das Gesamtgut nicht mehr verwaltet.

Dem kann nicht gefolgt werden:

Mit Notariatsakt vom 6. 7. 1970 vereinbarten der Kläger und seine Gattin eine allgemeine Gütergemeinschaft unter Lebenden dergestalt, dass alles Vermögen samt Erträgnissen, welche sie gegenwärtig besitzen, künftig erwerben, ererben oder sonstwie immer rechtlich an sich bringen und erhalten werden, ein beiden Teilen gemeinschaftliches Gut sein soll. In diese Gütergemeinschaft brachte der Kläger unter anderem seinen Gastgewerbebetrieb ein. Aufgrund des Ehevertrags stehen dem Kläger 50 % der Einnahmen aus dem gastgewerblichen Betrieb zu. Mit Einkommensteuerbescheid des Finanzamtes Bruck an der Mur vom 9. 6. 2000 wurden die Einkünfte des Klägers aus Gewerbebetrieb für 1999 mit 103.384 S festgesetzt.

Wie der Oberste Gerichtshof wiederholt ausgesprochen hat, besteht im Bereich der Alterspensionen kein Anlass, den Begriff des Erwerbseinkommens grundsätzlich anders als nach den steuerrechtlichen Vorschriften zu verstehen (SSV-NF 3/98; 10/57; 10 ObS 113/01t).

Gemäß § 188 Abs 1 lit b BAO werden die Einkünfte (der Gewinn oder Überschuss der Einnahmen über die Werbungskosten) aus Gewerbebetrieb einheitlich und gesondert festgestellt, wenn an den Einkünften mehrere Personen beteiligt sind. Eine tatbestandsmäßige Beteiligung an den Einkünften wird nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofs nur dann angenommen, wenn sie in einer Mitunternehmerschaft besteht (VwGH 21. 2. 1996, 92/14/0041 mwN). Bei Abschluss einer allgemeinen Gütergemeinschaft unter Lebenden ist für die Zurechnung der Einkünfte aus Gewerbebetrieb der beiden Ehegatten nach der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofs entscheidend, ob nach den getroffenen Verabredungen und der tatsächlichen Handhabung beide Ehegatten unternehmerisch tätig werden. Die Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofs anerkennt bei dieser Einkunftsart eine Zurechnung bei beiden Ehegatten nur, wenn zwischen den Ehegatten ein Gesellschaftsvertrag geschlossen wurde oder die Mittätigkeit desjenigen Ehegatten, dem der Betrieb ursprünglich nicht gehörte, über seine zivilrechtliche Beistandspflicht hinausgeht (VwGH 24. 6. 1970, 413/70, ÖStZB 1971, 16; 21. 10. 1980, 2385/79, ÖStZB 1981, 186; Doralt/Ruppe, Grundriss des österreichischen Steuerrechts I8 Rz 56). Dass abgabenrechtlich eine Mitunternehmerschaft des Klägers 1999 gegeben war, steht aufgrund des Einkommensteuerbescheids fest. Gegenteiliges behauptete der Kläger in erster Instanz nicht. In seiner Berufungsbeantwortung bestritt der Kläger zwar seine Mitunternehmerschaft, behauptete aber gleichzeitig, es handle sich beim "Unternehmen der Gattin des Klägers in Verbindung mit dem Ehepakt um eine Gesellschaft nach bürgerlichem Recht". Das Bestehen einer Erwerbsgesellschaft nach bürgerlichem Recht reicht aber für die Zurechnung der Einkünfte aus Gewerbebetrieb bei beiden Ehegatten aus (ÖStZB 1981, 186). Dass der Kläger 1999 keine Arbeitsleistung erbrachte, ist auch steuerrechtlich nicht entscheidend, weil schon eine Vermögensbeteiligung allein den Beitrag eines Gesellschafters zu einer Erwerbsgesellschaft bürgerlichen Rechts bilden kann, ohne dass es daneben einer Arbeitsleistung bedarf (ÖStZB 1981, 186).

Der Oberste Gerichtshof hat bereits für den Bereich der Sozialversicherung ausgesprochen (SZ 69/81 = SSV-NF 10/31), dass eine durch Notariatsakt eingegangene Gütergemeinschaft unter Lebenden ungeachtet etwaiger interner abweichender Vereinbarungen bis zu ihrer Auflösung durch Notariatsakt im Sinn einer Betriebsführung auf gemeinsame Rechnung und Gefahr wirkt und es unerheblich ist, ob der Betrieb vom Mitbesitzer selbst oder von seiner Gattin oder sogar von einem Dritten besorgt wird, weil es ja für einen selbständig Erwerbstätigen geradezu typisch ist, dass er nicht persönlich tätig werden muss. Dass die Abänderung einer notariell vereinbarten Gütergemeinschaft auch für den Bereich der Sozialversicherung eine Auflösung des Ehepakts wiederum in Form eines Notariatsakts erfordert, folgt dabei schon daraus, dass es ansonsten den Ehegatten in die Hand gegeben wäre, formelle Ehepakte durch bloße Übereinkunft außer Wirksamkeit zu setzen.

Da feststeht, dass der Kläger Anspruch auf die Hälfte des Gewinns aus dem Gastgewerbebetrieb im Jahr 1999 hatte, hat er in diesem Jahr ein Erwerbseinkommen im Sinn des § 131c Abs 2 GSVG bezogen (vgl SSV-NF 3/1). Das aus dem Gewerbebetrieb erzielte Einkommen überstieg bei der anzustellenden Berechnung eines Monatsdurchschnitts (SSV-NF 10/57) das nach § 5 Abs 2 lit c ASVG in Betracht kommende Monatseinkommen (1999: 3.899).

Der Revision war daher ein Erfolg zu versagen.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 77 Abs 1 Z 2 lit b ASGG.

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