OGH 9ObA53/04s

OGH9ObA53/04s5.5.2004

Der Oberste Gerichtshof hat in Arbeits- und Sozialrechtssachen durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Maier als Vorsitzenden und die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Spenling und Dr. Hradil sowie die fachkundigen Laienrichter Dr. Ernst Galutschek und Univ. Prof. Mag. Dr. Michaela Windischgrätz als weitere Richter in der Arbeitsrechtssache der klagenden Partei Engelbert P*****, vertreten durch Dr. Karl-Heinz Plankl ua, Rechtsanwälte in Dornbirn, gegen die beklagte Partei E*****AG, *****, vertreten durch Schönherr Rechtsanwälte OEG in Wien, wegen EUR 117.412,33 sA und Feststellung (Gesamtstreitwert EUR 127.412,33 sA), über den außerordentlichen Revisionsrekurs der klagenden Partei gegen den Beschluss des Oberlandesgerichtes Innsbruck als Rekursgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen vom 9. März 2004, GZ 13 Ra 6/04m-21, den

Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Der außerordentliche Revisionsrekurs wird gemäß § 526 Abs 2 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 528 Abs 1 ZPO zurückgewiesen (§ 528a iVm § 510 Abs 3 ZPO).

Begründung

Rechtliche Beurteilung

Die Frage, ob zwischen den Parteien ein Arbeitsvertrag oder ein freier Dienstvertrag besteht, kann immer nur an Hand der Umstände des jeweiligen Einzelfalls beurteilt werden. Hat das Berufungsgericht - wie hier - seiner Entscheidung die vom Obersten Gerichtshof in ständiger Rechtsprechung judizierten Abgrenzungskriterien zugrunde gelegt, liegt daher - von Fällen krasser Fehlbeurteilung abgesehen - keine erhebliche Rechtsfrage iSd § 502 Abs 1 ZPO vor (9 ObA 131/02h; 9 ObA 259/00d uva).

Auch bei der Beurteilung der Frage der Arbeitnehmerähnlichkeit einer Person iSd § 51 Abs 3 Z 2 ASGG lässt sich in Grenzfällen keine allgemein gültige Regel aufstellen. Auch insofern sind die Umstände des Einzelfalls maßgeblich, sodass auch diese Beurteilung - von Fällen krasser Fehlbeurteilung abgesehen - die Zulässigkeit der Revision nicht rechtfertigen kann (RIS-Justiz RS0085540; zuletzt etwa 9 ObA 151/01y).

Von einer unvertretbaren Rechtsauffassung des Berufungsgerichtes - dieses hat sowohl das Vorliegen eines Arbeitsverhältnisses als auch die Arbeitnehmerähnlichkeit des Klägers verneint - kann hier nicht die Rede sein. Der Kläger verkennt nicht, dass die tatsächliche Gestaltung der Vertragsbeziehung in verschiedener Hinsicht gegen das Vorliegen eines Arbeitsverhältnisses und auch gegen seine Arbeitnehmerähnlichkeit spricht; allerdings meint er, dass diese Gestaltung die Folge einer Missachtung der Vereinbarung durch die Beklagte sei, die ihm auf diese Weise nicht seine Rechtsstellung als Arbeitnehmer bzw als arbeitnehmerähnliche Person nehmen könne. Insofern ist ihm die Feststellung entgegen zu halten, dass die Handhabung des Vertrages ihre Ursache im - noch zu erörternden - Hintergrund des Vertrages hatte. Zudem lässt der Kläger mit seinem Einwand außer Acht, dass bereits der schriftliche (vom Kläger unterfertigte) Beratervertrag in verschiedener Hinsicht gegen die von ihm gewünschte Qualifizierung spricht. Dass im Vertrag ausdrücklich festgehalten ist, dass kein Arbeitsverhältnis begründet wird und dass der Kläger persönlich und wirtschaftlich selbständig ist, ist zwar für sich allein kein entscheidendes Argument gegen die Rechtsauffassung des Klägers, weil es auf derartige Bezeichnungen bei einem anderslautenden Vertragsinhalt, aber auch bei einem anders gelebten Vertragsverhältnis nicht ankommen kann (9 ObA 131/02 mwN). Neben diesen Formulierungen finden sich im Vertrag aber weitere Formulierungen, die die vom Kläger gewünschte Qualifikation in Frage stellen: So ist festgehalten, dass er in der zeitlichen Gestaltung seiner Zeit frei ist und dass er seine Leistungen von seinem privaten Wohnsitz erbringen kann. Auch der Umstand, dass seine Tätigkeit nicht näher umschrieben sondern von "ihm von Fall zu Fall übertragenen Aufgaben" die Rede ist, spricht - vor allem im Zusammenhang mit dem Hintergrund und der Vorgeschichte des Vertrages (dazu unten) - für die Richtigkeit des vom Berufungsgericht betonten Umstandes, dass die Gestaltung des Vertrages von der eines Arbeitsvertrages deutlich abweicht. Dass der Vertrag auch Elemente enthält, die für die vom Kläger gewünschte Qualifikation sprechen, trifft zu: Die vom Kläger betonte Vereinbarung einer Berichtspflicht stellt aber - abgesehen davon, dass sie in der Praxis nicht gelebt wurde - für sich allein kein entscheidendes Kriterien dar. Und auch die vom Kläger ins Treffen geführte Vertragsbestimmung, in der von einer Arbeitszeit von 160 Stunden im Monat die Rede ist, ist in ihrer Bedeutung zu relativieren, zumal im Vertrag lediglich von einer "Erwartung" einer derartigen Arbeitsleistung im Jahresdurchschnitt die Rede ist. Im Übrigen ist nach den Feststellungen davon auszugehen, dass der Kläger auf Grund des Beratervertrages nicht in diesem Ausmaß gearbeitet hat.

Für die Vertretbarkeit der berufungsgerichtlichen Rechtsauffassung spricht aber vor allem der Hintergrund des Vertrages und die damit von den Parteien verbundenen Absichten: Der Kläger - Gründer, Entwickler, Namensgeber und zunächst auch Vorstand der Beklagten - hält nach wie vor nahezu 50 % der Aktien an dieser Gesellschaft. Hinsichtlich weiterer Aktien hat er ein Rückkaufsrecht, das er in Zukunft allenfalls wahrzunehmen gedenkt. Da der Geschäftsgang nicht den Erwartungen entsprach, wurde zwischen ihm und dem weiteren Großaktionär eine Vereinbarung geschlossen, die ua vorsah, dass der Kläger als Vorstand abgelöst werde, statt dessen einen (in Dauer und Vergütung dem Vorstandsvertrag entsprechenden) Beratervertrag erhalten und den Vorsitz im Aufsichtsrat übernehmen sollte. Schon deshalb ist klar, dass die Stellung des Klägers von jener eines Arbeitnehmers weit entfernt war. Der Einwand des Klägers, er sei ja erst Aufsichtsratsvorsitzender geworden, nachdem der Beratervertrag unterzeichnet worden sei, ist in diesem Zusammenhang ohne Belang, weil ja sowohl der Abschluss des Beratervertrages als auch die Übernahme des Vorsitzes im Aufsichtsrates von vornherein Bestandteil der Einigung der beiden Hauptaktionäre war. Zudem steht - wie ausgeführt - fest, dass wegen des dargestellten Hintergrundes der Beratervertrag gerade hinsichtlich jener Aspekte, die für Arbeitnehmerähnlichkeit sprechen, anders gelebt wurde, als es seinem schriftlichen Inhalt entsprechen würde.

Da somit der vorliegende Einzelfall von den Vorinstanzen auf der Grundlage der Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs in vertretbarer Weise gelöst wurde, ist die außerordentliche Revision als unzulässig zurückzuweisen.

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