OGH 13Os50/04

OGH13Os50/043.5.2004

Der Oberste Gerichtshof hat am 3. Mai 2004 durch den Vizepräsidenten des Obersten Gerichtshofes Hon. Prof. Dr. Brustbauer als Vorsitzenden sowie durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Rouschal, Hon. Prof. Dr. Ratz, Hon. Prof. Dr. Schroll und Dr. Kirchbacher als weitere Richter, in Gegenwart des Richteramtsanwärters Mag. Pröstler-Zehetmaier als Schriftführer, in der Strafsache gegen Martin Sch***** wegen des Verbrechens des sexuellen Missbrauchs von Unmündigen nach § 207 Abs 1 StGB und einer anderen strafbaren Handlung über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung des Angeklagten sowie die Berufung der Privatbeteiligten Julia R***** gegen das Urteil des Landesgerichtes Eisenstadt als Schöffengericht vom 7. Jänner 2004, GZ 9 Hv 11/03d-30, nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung den Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung wegen des Ausspruches über die Schuld werden zurückgewiesen.

Zur Entscheidung über die gegen den Strafausspruch und den Ausspruch über die privatrechtlichen Ansprüche ergriffenen Berufungen werden die Akten dem Oberlandesgericht Wien zugeleitet.

Dem Angeklagten fallen auch die Kosten des bisherigen Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Text

Gründe:

Martin Sch***** wurde des Verbrechens des sexuellen Missbrauchs von Unmündigen nach § 207 Abs 1 StGB (1) und des Vergehens des Missbrauchs eines Autoritätsverhältnisses nach § 212 Abs 1 StGB (2) schuldig erkannt.

Danach hat er im Spätherbst 2001 in St*****

außer dem Fall des § 207 Abs 1 StGB an der am 27. August 1993 geborenen, demnach unmündigen Julia R***** eine geschlechtliche Handlung vorgenommen, indem er das Mädchen mehrmals an der Innenseite der Oberschenkel und an der Scheide streichelte;

durch die zu 1. geschilderte Tat (zu ergänzen [vgl US 10]:) unter Ausnützung seiner Stellung gegenüber der seiner Aufsicht unterstehenden Minderjährigen diese zur Unzucht missbraucht.

Rechtliche Beurteilung

Der aus Z 4 und 5 des § 281 Abs 1 StPO ergriffenen Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten kommt keine Berechtigung zu. Weshalb Julia R***** entgegen ihrer am 1. September 2003 anlässlich der kontradiktorischen Vernehmung erfolgten Erklärung, „bei der Hauptverhandlung nicht mehr aussagen" zu wollen (Bd II, S 33), nun doch bereit sein würde, auf das ihr nach § 152 Abs 1 Z 2a und 3 (§ 248 Abs 1) StPO zustehende Entschlagungsrecht zu verzichten, war dem Antrag auf deren „neuerliche Ladung zum gleichzeitigen Vorhalt der Aussage der Cindy S*****" (Bd II, S 291), welche die gegen den Angeklagten erhobenen Vorwürfe in Abrede gestellt hatte, nicht zu entnehmen. Da aus der (erneuten) Inanspruchnahme des Entschlagungsrechtes beweiswürdigende Schlüsse in der Schuldfrage nicht gezogen werden dürfen, blieb solcherart offen, warum aus der Vorladung der Julia R***** eine weitere Aufklärung zu erwarten gewesen wäre (vgl Ratz, WK-StPO § 281 Rz 330).

Im Antrag auf „ein Gutachten über die Aussagefähigkeit und Aussagetüchtigkeit" dieser Zeugin (Bd II, S 291) hinwieder wurde nicht dargelegt, warum anzunehmen sei, dass sich diese zur Befundaufnahme bereit finden und die Zustimmung auch ihres gesetzlichen Vertreters erfolgen werde. Zudem wurden bei der Antragstellung keinerlei Anhaltspunkte für das Erfordernis der Hilfestellung durch einen Sachverständigen bei der Beurteilung der Glaubwürdigkeit der Zeugin vorgebracht. Das Vorbringen im Rechtsmittel ist verspätet (WK-StPO § 281 Rz 325, 350). Nominell aus Z 5 wird unter Hinweis auf die von der Darstellung der Julia R***** abweichenden Angaben des Angeklagten und der Zeugin Cindy S***** sowie eine unerhebliche - demnach nicht erörterungsbedürftige - Bemerkung der Brigitte G*****, wonach ihre Tochter, die anlässlich der kontradiktorischen Einvernahme angegeben hatte, sie wäre stattdessen lieber heimgefahren und hätte „mit Cindy gespielt", „eine Riesenfreude" gehabt habe, in das Thermalbad nach mitgenommen worden zu sein (Bd II, S 267), nur unzulässig die sorgfältige Beweiswürdigung der Tatrichter in Frage gestellt. Der ergänzende Verweis auf die Ausführungen im Einspruch gegen die Anklageschrift ist schließlich unbeachtlich, weil § 285 Abs 1 StPO vorschreibt, die Begründung der Nichtigkeitsbeschwerde bei deren Anmeldung oder (auch) in der (einzigen) Ausführung dieses Rechtsmittels vorzutragen (vgl Ratz, WK-StPO § 285 Rz 6, 9). Die Zurückweisung der Nichtigkeitsbeschwerde und der im kollegialgerichtlichen Verfahren unzulässigen Berufung wegen des Ausspruches über die Schuld (vgl § 283 Abs 1 StPO) bereits in nichtöffentlicher Sitzung (§ 285d Abs 1 StPO) hat die Zuständigkeit des Oberlandesgerichtes Wien zur Entscheidung über die gegen den Strafausspruch und den Ausspruch über die privatrechtlichen Ansprüche ergriffenen Berufungen zur Folge (§ 285i StPO).

Die Kostenersatzpflicht des Angeklagten gründet sich auf § 390a Abs 1 StPO.

Stichworte