OGH 11Os40/04

OGH11Os40/0427.4.2004

Der Oberste Gerichtshof hat am 27. April 2004 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Mayrhofer als Vorsitzenden sowie die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Ebner, Dr. Danek, Dr. Schwab und Dr. Lässig als weitere Richter, in Gegenwart des Richteramtsanwärters Mag. Pröstler-Zehetmaier als Schriftführer, in der Strafsache gegen Rudolf P***** wegen des Vergehens des unbefugten Gebrauchs von Fahrzeugen nach § 136 Abs 1 StGB, AZ 9 U 235/03a des Bezirksgerichtes Innsbruck, über die vom Generalprokurator gegen den Beschluss des Landesgerichtes Innsbruck als Beschwerdegericht vom 16. Jänner 2004, AZ II Bl 322/03, erhobene Nichtigkeitsbeschwerde zur Wahrung des Gesetzes nach öffentlicher Verhandlung in Anwesenheit des Vertreters des Generalprokurators, Staatsanwalt Dr. Nordmeyer, zu Recht erkannt:

 

Spruch:

In der Strafsache gegen Rudolf P*****, AZ 9 U 235/03a des Bezirksgerichtes Innsbruck, verletzt der Beschluss des Landesgerichtes Innsbruck vom 16. Jänner 2004, AZ II Bl 322/03, mit dem der Beschwerde der Staatsanwaltschaft Innsbruck gegen das Unterbleiben einer Entscheidung gemäß § 494a StPO anlässlich des Urteils des Bezirksgerichtes Innsbruck vom 25. Juni 2003 (ON 6) Folge gegeben, vom Widerruf der zum AZ 21 BE 68/00 des Landesgerichtes Innsbruck am 6. März 2000 gewährten bedingten Entlassung abgesehen und die diesbezügliche Probezeit auf fünf Jahre verlängert wurde, das Gesetz in der Bestimmung des § 56 StGB.

Dieser Beschluss sowie der im Urteil des Landesgerichtes Innsbruck vom 16. Jänner 2004, AZ II Bl 322/03, enthaltene Ausspruch, wonach dem Angeklagten gemäß § 390a Abs 1 StPO auch die Kosten des Rechtsmittelverfahrens zur Last fallen, werden aufgehoben und es wird der Beschwerde der Staatsanwaltschaft Innsbruck vom 18. Juli 2003, AZ 54 BAZ 246/03k, (ON 8) nicht Folge gegeben.

Text

Gründe:

Mit am 27. März 2000 in Rechtskraft erwachsenem Beschluss des Landesgerichtes Innsbruck als Vollzugsgericht vom 6. März 2000, GZ 21 BE 68/00-6, wurde Rudolf P***** der einmonatige Rest einer viermonatigen Freiheitsstrafe per 3. April 2000 gemäß § 46 Abs 2 StGB unter Bestimmung einer Probezeit von drei Jahren bedingt nachgesehen. Am 6. Mai 2003 leitete das Bezirksgericht Innsbruck zum AZ 9 U 235/03a durch die Verfügung von Vorerhebungen neuerlich ein Strafverfahren gegen Rudolf P***** ein (S 1), in welchem am 25. Juni 2003 ein Schuldspruch wegen des Vergehens des unbefugten Gebrauchs von Fahrzeugen nach § 136 Abs 1 StGB erfolgte (ON 6), weil der Genannte am 27. März 2003 ein Motorrad ohne Einwilligung des Berechtigten in Gebrauch genommen hatte.

Mit gemeinsam ausgefertigten Entscheidungen (§ 494a Abs 4 StPO) vom 16. Jänner 2004, AZ II Bl 322/03, gab das Landesgericht Innsbruck der gegen dieses Urteil wegen des Ausspruchs über die Strafe erhobenen Berufung der Staatsanwaltschaft nicht Folge, wohl aber deren Beschwerde gegen das Unterbleiben einer Beschlussfassung nach § 494a StPO. Es sah vom Widerruf der mit Beschluss des Landesgerichtes Innsbruck als Vollzugsgericht vom 6. März 2000, GZ 21 BE 68/00-6, gewährten bedingten Entlassung ab, verlängerte die diesbezügliche Probezeit auf fünf Jahre und verpflichtete den Angeklagten gemäß § 390a Abs 1 StPO zum Ersatz der Kosten des Rechtsmittelverfahrens.

Rechtliche Beurteilung

Wie der Generalprokurator in der gemäß § 33 Abs 2 StPO erhobenen Nichtigkeitsbeschwerde zur Wahrung des Gesetzes zutreffend ausführt, steht der Beschluss des Landesgerichtes Innsbruck als Beschwerdegericht vom 16. Jänner 2004, mit dem vom Widerruf der bedingten Entlassung abgesehen und die Probezeit auf fünf Jahre verlängert wurde, mit dem Gesetz nicht im Einklang. Da das Verfahren 9 U 235/03a des Bezirksgerichtes Innsbruck erst am 6. Mai 2003, also mehr als einen Monat nach dem am 3. April 2003 erfolgten Ablauf der zum AZ 21 BE 68/00 des Landesgerichtes Innsbruck bestimmten Probezeit eingeleitet wurde, wäre eine Entscheidung gemäß § 494a StPO (wegen der am 27. März 2003, also während der Probezeit begangenen strafbaren Handlung) nach § 56 zweiter Fall StGB nur innerhalb von sechs Monaten nach diesem Zeitpunkt, also bis spätestens 3. Oktober 2003, zulässig gewesen. Weil das Erstgericht über den allfälligen Widerruf nicht absprach, war (auch) das Beschwerdegericht mit seiner Beschlussfassung an die Sechs-Monats-Frist des § 56 StGB gebunden (EvBl 1987/189). Da die Gesetzesverletzung dem Verurteilten zum Nachteil gereicht, war über ihre bloße Feststellung hinaus die Beseitigung des betroffenen Beschlusses sowie der - im Hinblick auf die Erfolglosigkeit der Berufung der Staatsanwaltschaft verfehlten (§ 390a Abs 1 StPO) - Kostenentscheidung auszusprechen.

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