OGH 11Os21/04

OGH11Os21/0427.4.2004

Der Oberste Gerichtshof hat am 27. April 2004 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Mayrhofer als Vorsitzenden sowie durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Ebner, Dr. Danek, Dr. Schwab und Dr. Lässig als weitere Richter, in Gegenwart des Richteramtsanwärters Mag. Pröstler-Zehetmaier als Schriftführer, in der Strafsache gegen Roman A***** und Jan S***** wegen des Vergehens der kriminellen Vereinigung nach § 278 Abs 1 StGB und einer weiteren strafbaren Handlung über die Nichtigkeitsbeschwerde der Staatsanwaltschaft und die Berufung des Angeklagten Roman A***** gegen das Urteil des Landesgerichtes für Strafsachen Graz als Schöffengericht vom 27. Oktober 2003, GZ 4 Hv 195/03s-140, in nichtöffentlicher Sitzung den Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Die Nichtigkeitsbeschwerde wird zurückgewiesen.

Zur Entscheidung über die Berufung werden die Akten dem Oberlandesgericht Graz zugeleitet.

Text

Gründe:

Mit dem angefochtenen Urteil wurden Roman A***** und Jan S***** des Vergehens der kriminellen Vereinigung nach § 278 Abs 1 StGB (Punkt I des Urteilssatzes) und des Verbrechens des teils vollendeten, teils versuchten gewerbsmäßig schweren Betruges, und zwar Jan S***** nach §§ 146, 147 Abs 2, 148 zweiter Fall und 15 StGB (II) und Roman A***** nach §§ 146, 147 Abs 3, 148 zweiter Fall und 15 StGB (II und III), schuldig erkannt.

Hingegen wurde Roman A***** vom weiteren Anklagevorwurf, er habe vom 30. April bis 6. Mai 2003 in Gratwein mit dem abgesondert verfolgten Josef A***** als Mitglied einer kriminellen Vereinigung mit dem Vorsatz, sich durch die wiederkehrende Begehung schwerer Betrügereien eine fortlaufende Einnahme zu verschaffen, Adolf D***** durch Täuschung über Tatsachen, nämlich durch die Vorgabe, kurzfristige finanzielle Probleme im Zusammenhang mit Teppich-Importen von Tunesien nach Österreich zu haben und zur Auslösung der wertvollen Teppiche beim Zoll ein kurzfristiges Darlehen zu benötigen, sowie durch die wahrheitswidrige Behauptung, rückzahlungsfähig und -willig zu sein, zur Übergabe eines (weiteren) Geldbetrages in Höhe von 31.000 Euro verleitet und zur Übergabe von Geldbeträgen in Höhe von 69.000 Euro zu verleiten versucht, wodurch dieser in einem insgesamt 40.000 Euro übersteigenden Geldbetrag am Vermögen geschädigt wurde bzw geschädigt werden sollte, gemäß § 259 Z 3 StPO freigesprochen.

Rechtliche Beurteilung

Diesen Freispruch bekämpft die Staatsanwaltschaft mit einer auf die Gründe der Z 5 und 9 lit a des § 281 Abs 1 StPO gestützten Nichtigkeitsbeschwerde, der jedoch - in Übereinstimmung mit der Stellungnahme der Generalprokuratur - Berechtigung nicht zukommt. Entgegen der Ansicht der Beschwerdeführerin weisen die gerügten Feststellungen (S 11 zu Punkt II A des Urteils) keinen Widerspruch über entscheidende Tatsachen auf. Lediglich die aus Gründen der Straffung des Urteilsspruchs vorgenommene Zusammenfassung von Tatbestandselementen und Begehungsweisen, welche den Punkten II A 1 bis 4 gemeinsam sind, führt im vorliegenden Zusammenhang dazu, dass im angefochtenen Urteil von den "strafbaren Handlungen des Roman A*****" die Rede ist.

Zudem ergibt sich aus den betreffenden Urteilsannahmen unzweifelhaft, dass Adolf D***** vom Angeklagten bloß in einem einzigen Fall betrügerisch um 7.000 Euro geschädigt wurde (US 11). Die Beschwerdeführerin missversteht daher diese Ausführungen, wenn sie daraus trotzdem die ausgesprochene Mitwirkung des Angeklagten an mehrfachen Betrugshandlungen zum Nachteil des Genannten abzuleiten sucht.

Entgegen dem Beschwerdestandpunkt führt auch ein Vergleich des bezughabenden Teils des Urteilsspruchs (I A 2) mit den entsprechenden Ausführungen in den Entscheidungsgründen zu keinem anderen Ergebnis. Dass der Angeklagte danach die betreffende Tat gemeinsam mit Komplizen verübt und dabei den herausgelockten Betrag in Empfang genommen hat, schließt nicht aus, dass er an weiteren derartigen Betrugshandlungen der Genannten nicht beteiligt war. Schließlich versagt auch der Hinweis auf Urteilsfeststellungen, die nur Tathandlungen des Angeklagten im Sinn des § 278 StGB zum Gegenstand haben (US 8), aber über eine Mitwirkung des Angeklagten an im Rahmen der kriminellen Ausrichtung der (kriminellen) Vereinigung begangenen strafbaren Handlungen nichts aussagen. Denn § 278 StGB pönalisiert auch Verhaltensweisen, die für sich allein genommen noch nicht strafbar sind, aber bereits der Schaffung der Infrastruktur zur Erreichung des kriminellen Zieles der Vereinigung dienen (Fabrizy StGB8 § 278 Rz 5; ErlRV, 1166 BlgNR XXI. GP 36).

Die Ausführungen des Erstgerichtes, wonach es sich bei der vom Zeugen Adolf D***** an Hand der Lichtbilder S 313 und 345/II als Täter bezeichneten Person um den Bruder des Angeklagten Josef A***** gehandelt habe (US 15), sind zwar - wie die Beschwerdeführerin insoweit zutreffend aufzeigt - unrichtig, jedoch ist dieses Versehen nicht von entscheidungswesentlicher Bedeutung. Die Tatrichter erachteten nämlich die Aussage des Zeugen D***** insoweit ohnehin nicht als tragfähige Entscheidungsgrundlage (S 14), als dieser trotz eingehender Befragung altersbedingt nicht konkret angeben konnte, wann und an wen er welche Beträge übergeben habe (Mayerhofer StPO4 § 281 Z 5 E 188a).

Die Beschwerdeführerin vermag auch in Ansehung der schließlich behaupteten Unvollständigkeit der Urteilsbegründung keine Mangelhaftigkeit aufzuzeigen. Vielmehr beschränkt sie sich insoweit auf die Bezugnahme auf ihr bisheriges Vorbringen sowie auf die Anführung selektiv aus dem Zusammenhang gelöster Begründungsteile. Solcherart bringt sie jedoch die Mängelrüge nicht prozessordnungsgemäß zur Darstellung, sondern bekämpft damit der Sache nach bloß die erstrichterliche Beweiswürdigung nach Art einer im kollegialgerichtlichen Verfahren unzulässigen Schuldberufung. Da schließlich der Umstand, dass das vom Angeklagten bei seiner Verhaftung mitgeführte Mobiltelefon nach den Ergebnissen der Rufdatenrückerfassung (S 105/III) nur einmal zur Kontaktaufnahme mit Adolf D***** verwendet wurde, die Verantwortung des Angeklagten, Adolf D***** nur einmal aufgesucht zu haben, nicht widerlegt, bestand auch kein Anlass für die Erörterung dieses Beweisergebnisses. In der Rechtsrüge (Z 9 lit a) reklamiert die Beschwerdeführerin unsubstantiiert die Feststellungen, dass der Angeklagte "Roman A***** durch seine Mitwirkung an der angenommenen kriminellen Vereinigung, den dadurch den übrigen Mitgliedern gewährten 'entsprechenden' Rückhalt (vgl Urteil Seite 8) und durch das Zurverfügungstellen eines Handys einen zumindest psychischen Tatbeitrag zu den hier relevanten Tathandlungen des Josef A***** sowie weiterer Mitglieder der kriminellen Organisation leistete" (BS 4).

Das Erstgericht gelangte jedoch beweiswürdigend zu dem Ergebnis, dass eine Mitwirkung des Angeklagten an weiteren Betrugshandlungen zum Nachteil Adolf D***** nicht festgestellt werden konnte. Demgemäß versagt die Rechtsrüge, weil das Unterbleiben von Konstatierungen auf Grund der erstrichterlichen Beweiswürdigung nicht unter dem Gesichtspunkt eines Feststellungsmangels geltend gemacht werden kann. Ebenso versagt auch die Bezugnahme auf den Privatbeteiligtenzuspruch an Adolf D*****, der zudem in der (ua auch auf den Schutz des Eigentums abstellenden) Bestimmung des § 278 StGB - als Schutznorm im Sinn des § 1311 ABGB - Deckung findet (Erl RV, 30 BlgNR XIII. GP 413 f; vgl auch Karollus, Funktion und Dogmatik der Haftung aus Schutzgesetzverletzung, 230 ff betreffend § 9 StGB). Die Nichtigkeitsbeschwerde war daher teils als offenbar unbegründet, teils als nicht gesetzesgemäß ausgeführt bereits in nichtöffentlicher Sitzung zurückzuweisen (§ 285d Abs 1 StPO), woraus die Zuständigkeit des Oberlandesgerichtes Graz zur Entscheidung über die Berufung folgt (§ 285i StPO).

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