Spruch:
Dem Revisionsrekurs wird nicht Folge gegeben.
Text
Begründung
Mit Antrag vom 10. 9. 2002 begehrten die Einschreiter unter Vorlage eines Adoptionsvertrags und der erforderlichen Personaldokumente, die Annahme des Minderjährigen Glenn Mark B. Z***** durch die Ehegatten Raul J***** und Felicidad B***** als Wahleltern an Kindes Statt zu bewilligen. Die in Aussicht genommenen Wahleltern haben ihren gewöhnlichen Aufenthalt in Österreich; der Wahlvater ist österreichischer Staatsbürger, die Wahlmutter ist ebenso philippinische Staatsangehörige wie das in Aussicht genommene Wahlkind. Dieses hat seinen gewöhnlichen Aufenthalt auf den Philippinen.
Nach fruchtloser Aufforderung an die Antragsteller, das Vorliegen der Voraussetzungen einer internationalen Adoption nach dem Haager Übereinkommen über den Schutz von Kindern und die Zusammenarbeit auf dem Gebiet der internationalen Adoption urkundlich nachzuweisen, wies das Erstgericht den Adoptionsantrag ab. Verfahrensrechtliche Voraussetzung für die Bewilligung der Adoption sei aufgrund des multilateralen Übereinkommens, dass ein entsprechender Antrag bei der zentralen Behörde des Aufnahmestaats gestellt wurde. Da eine derartige Antragstellung im Verfahren nicht nachgewiesen sei und somit auch keine befürwortenden Berichte der zentralen Behörden des Aufnahmestaats und des Heimatstaats vorliegen, sei der Antrag abzuweisen.
Das Gericht zweiter Instanz gab dem dagegen erhobenen Rekurs nicht Folge und bestätigte den angefochtenen Beschluss mit der Maßgabe, dass der Adoptionsbewilligungsantrag zurückgewiesen werde. Es sprach aus, dass der ordentliche Revisionsrekurs zulässig sei. Das "Übereinkommen über den Schutz von Kindern und die Zusammenarbeit auf dem Gebiet der internationalen Adoption" sei sowohl von Österreich als auch den Philippinen ratifiziert worden. Regelungsgegenstand des Übereinkommens seien internationale Adoptionen, bei denen die künftigen Adoptiveltern und das Kind ihren gewöhnlichen Aufenthalt in verschiedenen Vertragsstaaten haben. Die Vorschriften des Übereinkommens seien nur auf die Adoption von Kindern anzuwenden, die das 18. Lebensjahr noch nicht vollendet haben. In dem für die Überprüfung durch das Rechtsmittelgericht maßgeblichen Zeitpunkt der Beschlussfassung erster Instanz habe das in Aussicht genommene Wahlkind dieses Alter noch nicht erreicht gehabt, sodass das Übereinkommen auf diese Adoption anzuwenden sei. Das Verfahren beginne danach mit einem Adoptionsantrag der künftigen Adoptiveltern, der an die zentrale Behörde des Aufnahmestaates - in Österreich die Landesregierung des Bundeslandes, in dem die Adoptiveltern ihren gewöhnlichen Aufenthalt haben - zu richten sei. Die zentrale Behörde habe die rechtliche Fähigkeit und soziale Eignung der künftigen Adoptiveltern zu prüfen und einen umfassenden Bericht über diese zu erstellen. Dieser Bericht sei sodann der zentralen Behörde des Heimatstaats des Kindes zu übermitteln, die ihrerseits über die das Kind betreffenden Umstände und Verhältnisse zu berichten habe. Da es somit in dem für das Rekursverfahren maßgeblichen erstinstanzlichen Entscheidungszeitpunkt an der Erfüllung der formalen Erfordernisse des zitierten Übereinkommens gefehlt habe, sei der angefochtene Beschluss mit der Maßgabe zu bestätigen, dass der Antrag zurückgewiesen werde.
Der dagegen erhobene Revisionsrekurs der Antragsteller ist nicht berechtigt.
Rechtliche Beurteilung
Nach ständiger Rechtsprechung hat das Rekursgericht die angefochtene Entscheidung nach der Sach- und Rechtslage im Zeitpunkt ihrer Erlassung zu überprüfen (RIS-Justiz RS0006810). Dies gilt auch für die Beschlussfassung in Adoptionssachen (RIS-Justiz RS0048768). Dem Rekursgericht ist daher darin beizupflichten, dass die Frage der Anwendbarkeit des Übereinkommens über den Schutz von Kindern und die Zusammenarbeit auf dem Gebiet der internationalen Adoption, zu dessen Mitgliedstaaten unter anderem Österreich und die Philippinen zählen (BGBl III 1999/145), aufgrund der im Zeitpunkt der erstinstanzlichen Beschlussfassung gegebenen Verhältnisse zu prüfen ist.
Gemäß Art 2 Abs 1 des Übereinkommens ist dieses anzuwenden, wenn ein Kind mit gewöhnlichem Aufenthalt in einem Vertragsstaat ("Heimatstaat") in einen anderen Vertragsstaat ("Aufnahmestaat") gebracht worden ist, wird oder werden soll, unter anderem im Hinblick auf eine Adoption im Aufnahmestaat. Gemäß Art 3 ist das Übereinkommen nicht mehr anzuwenden, wenn die in Art 17 Buchstabe c vorgesehenen Zustimmungen der zentralen Behörden beider Staaten zur Fortsetzung des Adoptionsverfahrens nicht erteilt wurden, bevor das Kind das 18. Lebensjahr vollendet hat. Im Zeitpunkt der erstinstanzlichen Beschlussfassung hatte das Kind, dessen Adoption hier begehrt wird, das 18. Lebensjahr noch nicht vollendet, sodass die Vorschriften des Übereinkommens auf den Antrag anzuwenden waren.
Das Übereinkommen ist zwingendes Recht, und nach dessen Art 40 sind Vorbehalte dazu nicht zulässig. Es regelt aus dem Gedanken des Schutzes der Minderjährigen das Verfahren, ohne dass es eine Vereinheitlichung der Sachnormen bezweckte. Die Frage, bis zu welchem Alter ein Kind an sich adoptiert werden kann, bestimmt sich daher nach dem durch das Kollisionsrecht berufenen nationalen Sachrecht. Liegt nach diesem das Höchstalter unter 18 Jahren, so kann die Adoption allenfalls bereits aus diesem Grund ausgeschlossen sein, die Anwendbarkeit des durch das Übereinkommen vorgeschriebenen Verfahrensgangs wird aber dadurch nicht berührt (Rudolf, Das Haager Übereinkommen über die internationale Adoption ZfRV 2001, 183).
Gemäß Art 14 des Übereinkommens haben sich Personen mit gewöhnlichem Aufenthalt in einem Vertragsstaat, die ein Kind mit gewöhnlichem Aufenthalt in einem anderen Vertragsstaat adoptieren möchten, an die zentrale Behörde im Staat ihres gewöhnlichen Aufenthalts zu wenden. Diese Behörde hat gemäß Art 15 die Eignung der Antragsteller für eine Adoption zu prüfen und einen Bericht an die zentrale Behörde des Heimatstaats zu übermitteln, die ihrerseits gemäß Art 16 alle der Sicherstellung des Wohles des Kindes erforderlichen Überprüfungen durchzuführen hat. Gemäß Art 4 und 5 des Übereinkommens können Adoptionen nur dann durchgeführt werden, wenn die Behörden des Heimatstaats und des Aufnahmestaats diese Erhebungen durchgeführt haben. Auf diesen zwingend vorgeschriebenen Verfahrensgang hat das Erstgericht die Antragsteller ausdrücklich mit seinem Beschluss vom 30. 1. 2003 (ON 11) hingewiesen und zur Vorlage des Nachweises entsprechender Antragstellung aufgefordert. Dieser Aufforderung sind die Antragsteller nicht nachgekommen, sodass auf die von ihnen nun im Revisionsrekurs aufgeworfene Frage, ob das vom Erstgericht für die ehelichen Kinder der in Aussicht genommenen Adoptiveltern zum Kollisionskurator bestellte Jugendamt nicht seiner Funktion hätte enthoben werden müssen, nicht weiter einzugehen ist.
Dem Revisionsrekurs ist ein Erfolg zu versagen.
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