OGH 7Nc13/04b

OGH7Nc13/04b31.3.2004

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Schalich als Vorsitzenden sowie durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Hon. Prof. Dr. Danzl und Dr. Schaumüller als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Dr. Wolfgang O***** als Masseverwalter im Konkurs über das Vermögen der Firma E***** (9 S 78/01x des Landesgerichtes Innsbruck), gegen die beklagte Partei R*****, vertreten durch Dr. Thomas Giradi, Rechtsanwalt in Innsbruck, wegen Feststellung (Streitinteresse EUR 10.900,93) und Zahlung (EUR 363.364,-- sA), über den Antrag der klagenden Partei auf Delegierung in nichtöffentlicher Sitzung den Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Die Rechtssache wird dem Landesgericht Wiener Neustadt abgenommen und dem Landesgericht Innsbruck zur weiteren Verhandlung und Entscheidung zugewiesen.

Text

Begründung

Mit der bereits am 17. 1. 2002 beim Landesgericht Wiener Neustadt eingebrachten Klage begehrt der klägerische Masseverwalter die Fällung eines Feststellungsurteiles dahin, dass die beklagte Partei gegenüber dem Kläger für alle Schäden hafte, die aus der Verletzung des zwischen der Gemeinschuldnerin und der beklagten Partei abgeschlossenen Vertrages vom Jänner 1999 durch die beklagte Partei stammen und im Zusammenhang mit dem Umbau der [auf Grund eines Bestandvertrages vom 31. 12. 1995 in Innsbruck geführten] Hotel-Pension B***** ... der Gemeinschuldnerin künftig noch entstehen; darüber hinaus wird begehrt, die beklagte Partei schuldig zu erkennen, an den Kläger den Betrag von EUR 363.364,-- samt 5 % Zinsen seit 1. 4. 2001 zu bezahlen. Nach der Klageerzählung habe die beklagte Partei der Gemeinschuldnerin Ende 1998 Umbauleistungen am Bestandobjekt angeboten, wobei der Bau sodann ab Frühjahr 2000 begonnen und von der Gemeinschuldnerin in der Folge (im Einzelnen aufgeschlüsselte) Zahlungen an diverse Professionisten in Millionenhöhe (in Schillingen) geleistet worden seien, welche in Summe die von der beklagten Partei garantierte Höchstgrenze um rund S 9,5 Mio überschritten hätten, welcher Betrag zurückgefordert werde (wobei aus prozessökonomischen Gründen derzeit nur der Klagebetrag eingeklagt werde). Das Feststellungsbegehren resultiere angesichts der zahlreichen weiteren gegen die Gemeinschuldnerin von Professionisten behängenden und derzeit unterbrochenen Verfahren. Die beklagte Partei bestritt das Klagebegehren dem Grunde und der Höhe nach.

Bereits in der Klage stellte der Kläger den weiteren Antrag auf Delegation des Verfahrens an das Landesgericht Innsbruck aus Gründen der Zweckmäßigkeit, weil sich der von der Klage betroffene Umbau in Innsbruck befinde, vom Kläger hiezu bereits Sachbefund aus dem Bauwesen beantragt worden sei (wobei der zu bestellende Sachverständige an Ort und Stelle einen Lokalaugenschein werde vornehmen müssen, wobei in mehreren Parallelverfahren bereits ein Innsbrucker Sachverständiger hiemit beauftragt worden sei, sodass es nahe liege, diesen auch in diesem Prozess zu beschäftigen); des weiteren sei Sachbefund aus dem Buchhaltungswesen beantragt worden, wobei sich die maßgeblichen Unterlagen beim Steuerberater der Gemeinschuldnerin ebenfalls in Innsbruck befänden. Sämtliche angebotenen Zeugen seien in Innsbruck wohnhaft, der Konkursakt werde beim Landesgericht Innsbruck geführt und auch alle sonstigen Professionistenprozesse seien beim Bezirksgericht oder Landesgericht Innsbruck anhängig; auch führe die beklagte Partei zwei Honorarprozesse gegen die Gemeinschuldnerin beim Bezirksgericht Innsbruck, in denen als Gegenforderung von der Gemeinschuldnerin Schadenersatzansprüche aus der Schlechterfüllung des auch hier verfahrensgegenständlichen Vertrages erhoben würden. Die beklagte Partei hat beantragt, dem Delegierungsantrag keine Folge zu geben, wobei es sich bei den maßgeblichen (und gegen die Gemeinschuldnerin klageweise vorgehenden) Professionisten um solche in Ostösterreich handle, deren Entfernung zum Landesgericht Landesgericht Wiener Neustadt ungleich geringer sei als nach Innsbruck. Zur Verweisung des Klägers auf diverse Akten sei zu erwidern, dass solche jederzeit an das Prozessgericht übersendet werden könnten.

Das Erstgericht legte die Akten mit dem Bemerken an den Obersten Gerichtshof vor, dass eine Delegierung an das Landesgericht Innsbruck zweckmäßig und zur Vermeidung eines hohen Prozessaufwandes angezeigt erscheine, da der sachliche Bezug des Verfahrens eindeutig beim Bauvorhaben in Innsbruck liege und auch die angebotenen Beweismittel hauptsächlich in Innsbruck gelegen seien; nur ein von der beklagten Partei beantragter Zeuge habe die Ladungsadresse in Mödling.

Rechtliche Beurteilung

Die Delegierung ist gerechtfertigt.

Nach § 31 Abs 1 JN kann aus Gründen der Zweckmäßigkeit auf Antrag einer Partei anstelle des zuständigen Gerichtes ein anderes Gericht gleicher Gattung zur Verhandlung und Entscheidung bestimmt werden. Wenn eine der Parteien dem Antrag durch die andere Prozesspartei widerspricht, kommt eine Delegierung nur bei besonders klar erkennbarer Zweckmäßigkeit in Frage (Ballon in Fasching I2 Rz 6 zu § 31 JN; 2 Nc 34/03b); wenn sich die Frage der Zweckmäßigkeit nicht eindeutig zu Gunsten einer der Parteien lösen lässt und eine Partei der Delegierung widersprochen hat, ist sie grundsätzlich abzulehnen (Mayr in Rechberger, ZPO2 Rz 4 zu § 31 JN; 4 Nd 1/00; 2 Nd 8/01; 9 Nc 5/04s); die im § 31 JN vorgesehene Delegierungsmöglichkeit aus Gründen der Zweckmäßigkeit setzt nämlich voraus, dass die Übertragung der Sache vom zuständigen an ein anderes Gericht im Interesse aller am Verfahren Beteiligten liegt (RIS-Justiz RS0046471). In Anwendung dieser Grundsätze auf den vorliegenden Fall schlagen diese zu Gunsten der antragstellenden klagenden Partei aus. Der vorliegende Rechtsstreit betrifft ein Bauvorhaben, sohin eine unbewegliche Sache, mit Standort im Sprengel des beantragten Delegierungsgerichtes. Ein (allenfalls) vom Prozessgericht zu bestellender Sachverständiger wird zur Befundaufnahme einen als notwendig erachteten Augenschein demgemäß jedenfalls in Innsbruck vorzunehmen haben. Sämtliche bisher von der klagenden Partei beantragten Zeugen haben ebenfalls ihre Ladungsanschrift in Innsbruck; lediglich der (bislang einzige) von der beklagten Partei angebotene Zeuge Andreas St***** ist unter deren Anschrift in Mödling wohnhaft. Auch die für eine allfällige Parteienvernehmung der klägerischen Gemeinschuldnerin in Frage kommenden natürlichen Personen sind unter deren Anschrift in Tirol ansässig. Dass auch der von der beklagten Partei gewählte Rechtsanwalt seinen Sitz in Innsbruck hat, sei nur der Vollständigkeit halber nicht unerwähnt. Aus all diesen Erwägungen kann die Rechtssache aller Voraussicht nach rascher und mit geringerem Kostenaufwand vor dem Landesgericht Innsbruck durchgeführt werden. In diesem Sinne war sie daher dem Landesgericht Wiener Neustadt abzunehmen und antragsgemäß dem Landesgericht Innsbruck zur weiteren Verhandlung und Entscheidung zuzuweisen.

Stichworte