OGH 4Ob20/04a

OGH4Ob20/04a16.3.2004

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Kodek als Vorsitzenden und die Hofrätinnen des Obersten Gerichtshofs Hon. Prof. Dr. Griß und Dr. Schenk sowie die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Vogel und Dr. Jensik als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei V***** GmbH, ***** vertreten durch Dr. Heinrich Kammerlander und andere, Rechtsanwälte in Graz, gegen die beklagten Parteien 1. M***** GmbH, ***** 2. Ingrid S*****, beide vertreten durch Dr. Johann Etienne Korab, Rechtsanwalt in Wien, wegen Unterlassung (Streitwert im Provisorialverfahren 42.000 EUR), über den außerordentlichen Revisionsrekurs der beklagten Parteien gegen den Beschluss des Oberlandesgerichts Graz als Rekursgericht vom 19. November 2003, GZ 6 R 147/03i-13, in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Der außerordentliche Revisionsrekurs wird gemäß §§ 78 und 402 Abs 4 EO iVm § 526 Abs 2 Satz 1 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 528 Abs 1 ZPO zurückgewiesen (§§ 528a iVm § 510 Abs 3 ZPO).

Text

Begründung

Die Beklagten machen geltend, dass Rechtsprechung zur Frage fehle, ob im Anwendungsbereich des Medizinproduktegesetzes gesundheitsbezogene Werbebehauptungen - wie im Arzneimittelgesetz - auch dann als irreführend im Sinne des § 2 UWG anzusehen sind, wenn die behaupteten Wirkungen nach dem Stand der wissenschaftlichen Erkenntnis nicht hinreichend belegt sind. Sie verweisen darauf, dass § 102 MPG, anders als § 6 AMG, den Tatbestand einer Irreführung durch die Behauptung einer nicht durch wissenschaftliche Erkenntnis oder praktische Erfahrungen hinreichend belegten Wirksamkeit nicht nennt. Die Beklagten wollen daraus ableiten, dass mit der Wirksamkeit von Medizinprodukten auch dann geworben werden dürfe, wenn diese nicht hinreichend belegt sei.

Rechtliche Beurteilung

Ihr Schluss ist nicht gerechtfertigt. Sowohl § 6 Abs 3 AMG als auch § 102 Abs 2 MPG zählen nur beispielsweise ("insbesondere") Fälle auf, in denen eine Irreführung vorliegt. In den EB zum Medizinproduktegesetz (313 BlgNR 20. GP 91) wird ausdrücklich darauf hingewiesen, dass die "vorliegende Regelung ... auf wahrheitsgemäße Angaben und im Hinblick auf den sensiblen Produktbereich auf ein generelles Verbot der Irreführung" abstellt und dass § 102 Abs 2 MPG Beispiele für die Irreführung in den für die Medizinproduktesicherheit besonders wichtigen Bereichen, wie Angaben über Leistungen, Nebenwirkungen und die durch die grundlegenden Anforderungen festgelegten Eigenschaften von Medizinprodukten, anführt.

§ 102 MPG schränkt demnach das allgemeine Irreführungsverbot des § 2 UWG keineswegs ein. Damit ist auch die Irreführung in anderen, im Gesetz nicht ausdrücklich genannten Belangen, wie die über den wissenschaftlichen Nachweis behaupteter Wirkungen, unzulässig (4 Ob 261/03s). Mit gesundheitsbezogenen Angaben darf nur dann geworben werden, wenn sie eindeutig belegt sind und eine Irreführung für die umworbenen Verbraucher ausgeschlossen ist (4 Ob 268/98k = ÖBl 1999, 23 - Stockerauer Salat-Erdäpfel); gesundheitsbezogene Angaben sind dann irreführend, wenn Wirkungen behauptet werden, die nach dem jeweiligen Stand der wissenschaftlichen Erkenntnis nicht hinreichend belegt sind (4 Ob 391/87 = ÖBl 1989, 110 - Kupferarmbänder).

Angesichts der klaren gesetzlichen Regelung vermag das Fehlen höchstgerichtlicher Rechtsprechung zu einer bestimmten Gesetzesstelle keine erhebliche Rechtsfrage iSd § 528 Abs 1 ZPO zu begründen (RIS-Justiz RS0042656; Kodek in Rechberger, ZPO2, § 502 Rz 3 mwN).

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