OGH 10Ob61/03y

OGH10Ob61/03y16.3.2004

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Bauer als Vorsitzenden sowie die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Fellinger, Dr. Hoch, Hon. Prof. Dr. Neumayr und Dr. Schramm als weitere Richter in der Pflegschaftssache des minderjährigen Moritz B*****, geboren am 14. Juni 1994, *****, infolge Revisionsrekurses des Vaters Robert B*****, gegen den Beschluss des Landesgerichts für Zivilrechtssachen Wien als Rekursgericht vom 27. August 2003, GZ 43 R 531/03m, 43 R 532/03h, 43 R 647/03w, 43 R 648/03t-169, womit die Beschlüsse des Bezirksgerichts Innere Stadt Wien vom 24. April 2003, GZ 2 P 213/00i-134, und vom 24. April 2003, GZ 2 P 213/00i-135 bestätigt wurden, der Rekurs der Mutter gegen den Beschluss des Bezirksgerichts Innere Stadt Wien vom 29. April 2003, GZ 2 P 213/00i-138, zurückgewiesen wurde und der Beschluss des Bezirksgerichts Innere Stadt Wien vom 17. Juni 2003, GZ 2 P 213/00i-153, teilweise abgeändert wurde, folgenden

Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

1. Dem Revisionsrekurs des Vaters gegen den Beschluss des Rekursgerichts, mit dem die vom Erstgericht verfügte Einschränkung des väterlichen Besuchsrechts (ON 135) bestätigt wurde, wird Folge gegeben. Die Entscheidung der Vorinstanzen werden aufgehoben. Dem Erstgericht wird eine neuerliche Entscheidung aufgetragen.

2. Der Revisionsrekurs des Vaters gegen den Beschluss des Rekursgerichts, mit dem die Bestimmung der Gebühren des Sachverständigen aus dem Bereich der Psychologie mit 5.392 EUR (ON 134) bestätigt wurde, wird als unzulässig zurückgewiesen.

Text

Begründung

Zu 1. (Einschränkung des väterlichen Besuchsrechts):

Die Eltern des am 14. 6. 1994 geborenen Moritz B***** haben ihre Lebensgemeinschaft im Jahr 2001 aufgelöst (ON 38). Der mj. Moritz B***** verblieb im Haushalt der Mutter. Am 18. 6. 2001 hat das Erstgericht das Besuchsrecht des Vaters wie folgt festgelegt: "Freitag 16h bis Samstag 19h an jedem 2. Wochenende" (ON 53, bestätigt mit ON 59).

Am 2. 4. 2003 beantragte das Amt für Jugend und Familie eine vorläufige Aussetzung des Besuchsrechts des Vaters mit der wesentlichen Begründung, dass das Kind durch das fehlende Verantwortungsbewusstsein des Vaters einer psychischen Belastung und Überforderung ausgesetzt sei (ON 125). Der Vater ersuchte das Gericht am 4. 4. 2003, den Antrag abzuweisen (ON 126). Die Mutter hat am 11. 4. 2003 ausdrücklich beantragt, "das derzeit geltende Besuchsrecht für den Kindesvater ... vorläufig auszusetzen" (ON 129).

Mit Beschluss vom 24. 4. 2003 (ON 135) hat das Erstgericht "als vorläufige Maßnahme zur psychischen Entlastung des Kindes bis zur Erstattung des Sachverständigengutachtens aus dem Fachgebiet der Psychiatrie wird das Besuchsrecht des Vaters ..... zum Minderjährigen Moritz B***** ...... dahingehend eingeschränkt, dass der Vater berechtigt ist, den Minderjährigen im Rahmen des Besuchercafes des Amtes für Jugend und Familie zu sehen."

Dieser Beschluss wurde folgendermaßen begründet:

"Robert B*****, geboren am 14. 12. 1962, ..... ist der außereheliche Vater des minderjährigen Moritz B*****, geboren am 14. 6. 1994, ..... und lebte mit der Kindesmutter Elke B*****, geboren am 18. 1. 1961, .... in einer Lebensgemeinschaft.

Die Mutter strebte ab Herbst 2000 eine häusliche Trennung vom Vater an. Mit Beschluss vom 18. 6. 2001 wurde der Antrag des Kindesvaters ... auf Übertragung der gemeinsamen Obsorge abgewiesen, weiters wurde auch der Antrag des Kindesvaters auf Entziehung der mütterlichen Obsorge wegen deren angeblicher artifizieller Erkrankung abgewiesen, dem Kindesvater wurde ein Besuchsrecht im Ausmaß von Freitag 16.00 Uhr bis Samstag 19.00 Uhr an jedem zweiten Wochenende eingeräumt.

Diese Entscheidung wurde vom Kindesvater mit Rekurs angefochten. Mit Beschluss des Landesgerichts für ZRS Wien vom 29. 8. 2001 wurde die Entscheidung in ihrem das Besuchsrecht des Vaters regelnden Punkt bestätigt.

In der Begründung der Entscheidung des Landesgerichtes für ZRS Wien wird bereits ausgeführt, dass aus dem gegenständlichen Akt vom Vater unbestrittene Vorfälle zu entnehmen sind, aus denen hervorgehe, dass er versuche, vor dem Minderjährigen die Mutter als an allen Konflikten schuldig darzustellen. Als anschauliches Beispiel sei erwähnt, der Versuch des Vaters, die 'negativen Signale' der Mutter in seine Richtung 'in entschärfter Form am Minderjährigen vorbeizuleiten', indem er den Minderjährigen mit einer die Mutter darstellenden Plastikpistole auf eine den Vater symbolisierende Puppe schießen lässt. Auch aus Sicht des Landesgerichtes für ZRS Wien gaben bereits damals diese Vorfälle durchaus Anlass dazu, die Erziehungsfähigkeit des Vaters allgemein in Frage zu stellen.

Wie aus der Stellungnahme des Jugendamtes vom 26. 3. 2003 hervorgeht, interveniert der Vater seither in Berichten und Beschwerden sowohl bei der Regionalstelle des Jugendamtes und der Abteilung MA 11 wie auch bei der Schule des Minderjährigen und beim Stadtschulrat mit permanenten Eingaben, die die angeblichen Misshandlungen der Kindesmutter an dem Minderjährigen unter Beweis stellen sollen. Die Ansicht des Kindesvaters, dass die Kindesmutter an einem Münchhausen-by-Proxy-Syndrom leide, wurde vom gerichtlichen Sachverständigen .... in seinem ausführlichen Gutachten vom 14. 6. 2002 widerlegt. In diesem Gutachten wurde auch die Situation der Mutter mit dem Minderjährigen zu Hause in Augenschein genommen, die Mutter unterzog sich bereitwillig sämtlichen Untersuchungen und Tests, während der Vater dies verweigerte. ...

Auch das Ergebnis dieser Begutachtung hielt den Kindesvater nicht von weiteren Anträgen und seitenlangen Anschuldigungen, betreffend die angeblichen Misshandlungen des Minderjährigen durch die Kindesmutter an sämtliche dafür zuständige Stellen ab.

Am 18. 3. 2003 richtete der Vater, wie aus dem Bericht des Jugendamtes vom 26. 3. 2003 hervorgeht, abermals ein Schreiben an die Regionalstelle 23. Zur Beweisführung seiner massiven Vorwürfe gegen die Kindesmutter legte der Kindesvater diesem Schriftstück eine Tonbandcassette und CD-Rom bei, die er während eines Besuchskontaktes mit seinem Sohn - in Form einer Befragung durch den Vater zum Thema Misshandlung des Minderjährigen und seiner Katze durch die Mutter - aufgenommen hatte.

Dies geschah ohne Wissen des Kindes und ohne Einwilligung der Kindesmutter.

Bei diesem Gespräch handelt es sich nach dem persönlichen Eindruck, den sich das Gericht über dieses Tonband verschafft hat, um eine massive Druckausübung des Vaters gegenüber dem Minderjährigen. Sämtliche hier im Raum stehenden Vorwürfe - bezüglich der Misshandlung des Kindes und der Katze - werden vom Kindesvater nachdrücklich und laut selbst ausgesprochen.

Seit September des Vorjahres wird der Minderjährige unter Beteiligung und Befürwortung der Mutter im Institut für Kommunikationspädagogik einmal pro Woche spieltherapeutisch betreut. Diese Form der Betreuung wird auch von der Mutter zu Gesprächstherapien genutzt und entwickelt sich diese Betreuung laut Auskunft des Jugendamtes für Mutter und Kind sehr positiv.

Nach anfänglichem Befürworten einer Aussetzung des Besuchsrechtes des Vaters .... seitens des Jugendamtes und der Mutter konnte nunmehr der Vater in mehreren Gesprächen am Amtstag von der grundsätzlichen Sinnhaftigkeit einer Zusammenarbeit mit dem Jugendamt überzeugt werden, sodass zumindest übergangsweise die Besuchsrechtsausübung des Vaters im Rahmen des Besuchscafes für alle Beteiligten tragbar erscheint.

Zur weiteren Abklärung der Situation wird nunmehr ein umfassendes gerichtliches Gutachten über den Minderjährigen eingeholt werden, dies auch unter Einbeziehung der Frage, inwieweit die Besuchskontakte zum Vater für den Minderjährigen in Hinkunft förderlich sind oder nicht.

Bis zur Abklärung dieser Situation durch ein gerichtliches Gutachten erscheint es daher zum weiteren Wohle des Minderjährigen, der einer massiven Drucksituation seitens der ungeklärten Situation zwischen beiden Eltern ausgesetzt ist, sinnvoll, die Besuchskontakte zum Vater nur im Rahmen des Besuchscafes stattfinden zu lassen."

Das Rekursgericht gab dem gegen diese Einschränkung des Besuchsrechts gerichteten Rekurs des Vaters nicht Folge. In rechtlicher Hinsicht führte es aus, dass oberster Grundsatz jedes Besuchsrechts das Kindeswohl sei. Könne dieses durch das bestehende Besuchsrecht nicht mehr gewährleistet werden, habe das Gericht entsprechende (vorläufige) Maßnahmen zu treffen. Durch den gegenständlichen Fall ziehe sich wie ein roter Faden der schwere Konflikt zwischen den Eltern, Dass dadurch das Wohl des Minderjährigen gefährdet werde, der sich ständig zwischen seiner (vom Vater als schwer psychisch krank beschriebenen) Mutter und dem Vater hin und her gerissen fühle, liege auf der Hand. Entgegen den Rekursausführungen werde vom Erstgericht der Vorwurf der Kindesmisshandlung durchaus ernst genommen und sämtliche nötigen Schritte dazu unternommen. Insbesondere sei zuletzt auch ein psychiatrisches Gutachten in Auftrag gegeben worden. Demgegenüber bleibe die Tatsache bestehen, dass sich aus den bisherigen Beweisergebnissen eine Misshandlung des Kindes durch die Mutter keinesfalls verifizieren lasse. Andererseits sei die Irritation des Minderjährigen deutlich dokumentiert. Unter diesen Gesichtspunkten erscheine auch dem Rekursgericht die Einschränkung des Besuchsrechts auf begleitete Besuchsrechte als vorläufige Maßnahme als die einzige Möglichkeit, eine Belastung des Minderjährigen hintanzuhalten.

Da Rechtsfragen der in § 14 Abs 1 AußStrG genannten Qualifikation nicht vorlägen (im Vordergrund stehe eindeutig die Beurteilung des konkreten Sachverhalts), sei der ordentliche Revisionsrekurs nicht zulässig.

Gegen diese Entscheidung richtet sich der außerordentliche Revisionsrekurs des Vaters mit dem Antrag auf entsprechende Veranlassung zur Nachbesserung des angefochtenen Beschlusses bzw dessen Aufhebung und Zurück(ver)weisung an das Erstgericht.

Die Mutter gab innerhalb der ihr vom Obersten Gerichtshof eingeräumten Äußerungsfrist eine Stellungnahme dahin ab, dass der Entscheidung keine Bedeutung iSd § 14 Abs 1 AußStrG zukomme. Vielmehr stelle es eine Frage des Einzelfalls dar, inwieweit ein Besuchsrecht im Besuchscafé des Jugendamtes festgesetzt werden könne. Im Übrigen sei das Kindeswohl bei Ausübung des Besuchsrechts durch den Vater aufgrund dessen Verhaltens massiv gefährdet.

Auch wenn an sich die Entscheidung, ob und in welchem Ausmaß ein Besuchsrecht eingeräumt werden soll bzw darf und ob es entzogen, ausgesetzt oder eingeschränkt werden soll, in der Regel von den Umständen des Einzelfalls abhängig ist (1 Ob 129/00b; 1 Ob 4/01x; EFSlg 83.944, 85.707 uva), ist der Revisionsrekurs zulässig, da eine gefestigte Judikatur zum "begleiteten Besuchsrecht" nach § 185c AußStrG fehlt. Der Rekurs ist auch im Sinne einer Aufhebung der vorinstanzlichen Entscheidungen berechtigt.

In seinem Rechtsmittel führt der Vater aus, dass keine Judikatur bestehe, ob ein begleitetes Besuchsrecht ohne Benennung einer konkreten Person und ohne deren Einbindung zulässig sei. Der angefochtene Beschluss widerspreche den Bestimmungen des AußStrG über ein begleitetes Besuchsrecht. Es sei weder ein konkreter (bestimmbarer) Tag noch die Uhrzeit festgelegt; eine gesetzliche Kompetenz des Jugendamtes, Besuchszeit und Besuchsort autonom festzulegen, fehle. Überdies seien die pauschalen Gründe (Loyalitätskonflikt) nicht ausreichend, das Besuchsrecht überhaupt auszusetzen. Als Grund dafür die Vorwürfe des Vaters heranzuziehen sei sinnwidrig, habe doch das Besuchsrecht auch den Zweck, sich von der gesunden körperlichen und seelischen Entwicklung zu überzeugen und Pflege und Erziehung des obsorgeberechtigten Elternteils zu überwachen. Letztendlich weigere sich die Mutter, das Besuchscafe mit dem Sohn zu besuchen.

Rechtliche Beurteilung

Dazu hat der Senat erwogen:

a) Grundlage für die Anordnung der Ausübung des Besuchsrechts im Rahmen eines so genannten Besuchscafés (in Wien bei den Ämtern für Jugend und Familie) bildet § 185c AußStrG, der eine Sonderregel für das Besuchsregelungsverfahren durch Einführung einer Besuchsbegleitung bildet. Diese mit dem KindRÄG 2001 eingeführte Bestimmung lautet:

"Wenn es das Wohl des Minderjährigen verlangt, kann das Gericht auf Antrag eine geeignete und hiezu bereite Person zur Unterstützung bei der Ausübung des Rechts auf persönlichen Verkehr heranziehen (Besuchsbegleitung). Die geeignete Person oder Stelle (Besuchsbegleiter) ist im Antrag auf Besuchsbegleitung namhaft zu machen und am Verfahren zu beteiligen. Sie kann ihre Bereitschaft auch noch im Rechtsmittel widerrufen. Ihre Aufgaben und Befugnisse hat das Gericht zumindest in den Grundzügen festzulegen. Zwangsmaßnahmen gegen den Besuchsbegleiter sind nicht zulässig."

Diese Regelung zielt nach dem Willen des Gesetzgebers (RV 296 BlgNR 21. GP 91 ff) darauf ab, einvernehmliche oder kontradiktorische gerichtliche Besuchsregelungen, die nach wie vor dem Kindeswohl entsprechen, leichter durchsetzbar zu machen. Die inhaltliche Voraussetzung für die Anordnung der Besuchsbegleitung ist, dass das Wohl des betroffenen Kindes persönliche Kontakte zu dem nicht mit ihm im gemeinsamen Haushalt lebenden Elternteil erfordert. Dies bedeutet aber nicht, dass die Besuchsbegleitung ultima ratio darstellt und damit zB erst nach Erschöpfung anderer Abwicklungsmodalitäten herangezogen werden dürfte. Die Besuchsbegleitung dürfte sich aus psychologisch-psychiatrischer Sicht wohl in erster Linie für die Neu- oder Wiederanbahnung des persönlichen Kontakts zwischen nicht erziehendem Elternteil und Minderjährigem eignen. Es sind jedoch Fallkonstellationen denkbar, in denen auf Grund der seelisch-psychischen Ausnahmeverfassung und/oder vorübergehend eingeschränkten Einsichtsfähigkeit der Beteiligten auch sonst eine objektive dritte Person für die Abwicklung des Besuchskontakts erforderlich ist. Das neue Rechtsinstitut der Besuchsbegleitung kann also in bestimmten Fällen auch über eine angemessene Übergangszeit hinaus - zB durch wiederholte Anordnung - zu einer Art Dauereinrichtung für die laufende Besuchsabwicklung in bestimmten, zB besonders konfliktgeschädigten Eltern-Kind-Verhältnissen werden.

Zu der im vorliegenden Fall gegebenen gravierenden Konfliktlage ist auf den Inhalt der Entscheidungen der Vorinstanzen zu verweisen, wonach der Minderjährige aufgrund der ungeklärten Situation zwischen seinen Eltern einer massiven Drucksituation ausgesetzt ist, weshalb es als vorläufige Maßnahme sinnvoll sei, die Besuchskontakte zum Vater nur im Rahmen des Besuchscafés des Amtes für Jugend und Familie stattfinden zu lassen.

Diese Drucksituation des Kindes wird im Revisionsrekurs des Vaters ebenso negiert wie die von ihm durchgeführte und auch aufgezeichnete Befragung zum Thema Misshandlung durch die Mutter. Der Vater verweist darauf, dass das Besuchsrecht die Möglichkeit bieten soll, "sich von der gesunden körperlichen und seelischen Entwicklung zu überzeugen und Pflege und Erziehung des obsorgeberechtigten Elternteils zu überwachen. Er lässt dabei außer Acht, dass das Besuchsrecht nicht nur ein Recht eines Elternteils auf persönlichen Verkehr darstellt, sondern auch ein Recht des Kindes (Stabentheiner in Rummel 3, ErgBd § 148 Rz 1 mwN; G. Hopf, Die Rechtsstellung des Elternteils, bei dem sich das Kind nicht hauptsächlich aufhält, nach dem KindRÄG 2001, in Ferrari/Hopf, Reform des Kindschaftsrechts [2001] 69 [78]), wie es nun mit dem KindRÄG 2001 explizit in § 148 ABGB formuliert wurde.

Oberster Grundsatz jeder Besuchsrechtsregelung ist das Kindeswohl (RIS-Justiz RS0047782 [T18] und [T19] ua). Bedacht zu nehmen ist weiters "auf die Bedürfnisse und Wünsche des Kindes" (§ 148 Abs 1 Satz 3 ABGB idF KindRÄG 2001). Nötigenfalls hat das Gericht - insbesondere wenn der berechtigte Elternteil seine Verpflichtung aus dem als Unterlassungsgebot ausgeformten Wohlverhaltensgebot des § 145b ABGB nicht erfüllt - die Ausübung des Rechtes auf persönlichen Verkehr einzuschränken oder zu untersagen (§ 148 Abs 2 ABGB idF KindRÄG 2001). Die Gesetzesmaterialien nennen als Beispiele für zu unterlassende Beeinträchtigungen und Erschwernisse "Vereinnahmungen", "Aufwiegelungen" und "Aufhetzungen" des Kindes (RV aaO 53; Haidenthaller, Schwerpunkte der Kindschaftsrechts- Reform 2001, JBl 2001, 622 [625]).

Unter Bedachtnahme auf die für die Ausübung des Besuchsrechts aufgestellten Grundsätze sind die Vorinstanzen zu Recht davon ausgegangen, dass der Vater schwerwiegend gegen das Wohlverhaltensgebot verstoßen hat und durch sein Verhalten die vorübergehende Einschränkung der Besuchskontakte zum Wohl des Kindes erforderlich ist. Gerade die vom Erstgericht angeordnete Ausübung des Besuchsrechts im Rahmen eines Besuchscafés gibt die Möglichkeit, dass die für das Kindeswohl erforderlichen persönlichen Kontakte des Kindes zu seinem Vater in einer geschützten und kontrollierten Atmosphäre stattfinden können.

b) In § 185c AußStrG ist ausdrücklich vorgesehen, dass die Besuchsbegleitung nur auf Antrag und nicht von Amts wegen angeordnet werden kann. Der Antrag kann von jeder Verfahrenspartei eingebracht werden (RV aaO 92). Weiters ist in dem Antrag eine zur Besuchsbegleitung bereite Person oder Stelle namhaft zu machen.

Ein solcher in einem zeitlichen und sachlichen Zusammenhang mit der Beschlussfassung durch das Erstgericht stehender Antrag mit den genannten Inhaltserfordernissen ist aus dem Akt ebenso wenig ersichtlich wie eine Bereitschaftserklärung der besuchsbegleitenden Stelle.

c) In Wien handelt es sich bei den so genannten Besuchscafés des Magistrats der Stadt Wien (Magistratsabteilung 11) um ein Angebot, mit dem Hilfe bei der Besuchsanbahnung gegeben wird. Der Elternteil, dem die Obsorge zuerkannt ist, bringt sein Kind in die Räumlichkeiten des Besuchscafés, wo die anwesenden SozialarbeiterInnen versuchen, eine ungezwungene Atmosphäre herzustellen. Das Ziel liegt darin, dass die Eltern nach einer gewissen Zeit des betreuten Besuchskontakts selbst - wieder - einvernehmlich die Besuchskontakte abwickeln können (3 Ob 238/03a).

Der Einwand des Vaters im Rechtsmittel, es bestehe keine gesetzliche Kompetenz des Jugendamts, Besuchszeit und Besuchsort autonom festzulegen, ist nicht berechtigt. Denn das Gericht bestimmt nach § 185c AußStrG die Besuchsbegleitung sowie in den Grundzügen ihre Durchführung. Die Details der Durchführung nimmt nach seinen Möglichkeiten der Besuchsbegleiter vor. Insoweit ein Amt für Jugend und Familie dazu sein Besuchscafé zur Verfügung stellt, handelt es wie jeder andere private Besuchsbegleiter und nicht als Verwaltungsbehörde. Eine Vereinbarung des Termins für den Besuchskontakt im Besuchscafé und der sonstigen näheren Modalitäten mit den Eltern erfolgt auch nicht mit Bescheid oder mit verbindlicher Wirkung für die Eltern. Wenn sich ein Elternteil weigert, einen Termin für das Besuchscafé zu vereinbaren, oder einem vereinbarten Termin mit dem Kind fernbleibt, verhängt der Besuchsbegleiter (hier: die Magistratsabteilung 11 des Magistrats der Stadt Wien) auch keine Sanktionen, sondern teilt dies dem Pflegschaftsgericht mit, das nun seinerseits die entsprechenden Sanktionsmöglichkeiten des AußStrG anwenden kann (3 Ob 238/03a).

d) Nach § 185c AußStrG sind die Aufgaben und Befugnisse des Besuchsbegleiters vom Gericht "zumindest in den Grundzügen" festzusetzen. Angesprochen ist damit das "Tätigkeitsfeld" des Besuchsbegleiters (RV aaO 94). Die einen Kompromiss zwischen den Erfordernissen der Rechtssicherheit und Rechtsklarheit einerseits und denen der Flexibilität suchende Regelung ermöglicht es, die zeitliche Festsetzung des mit Besuchsbegleitung auszuübenden Besuchsrechts dem Besuchsbegleiter nach dessen Möglichkeiten und Ressourcen zu überlassen; durch die Besuchsbegleitung soll ja gerade die Anwesenheit einer fachlich geeigneten Person gewährleistet sein. Bei einer Festlegung der Besuchszeit schon durch das Gericht wären überdies häufige Ergänzungen und Änderungen des gerichtlichen Beschlusses erforderlich, was das KindRÄG 2001 vermeiden wollte (RV aaO 94; Haidenthaller, Schwerpunkte der Kindschaftsrechts-Reform 2001, JBl 2001, 622 [627]). Letztlich kann das Ziel der Besuchsbegleitung, nämlich die Beruhigung einer konfliktbeladenen Situation - nur mit einer gewissen, dem Besuchsbegleiter eingeräumten Flexibilität bei der Abwicklung erreicht werden (vgl Deixler-Hübner, Die neuen familienrechtlichen Verfahrensbestimmungen, in Ferrari/Hopf, Reform des Kindschaftsrechts [2001] 115 [129]). Die dem Besuchsbegleiter eingeräumte starke Stellung ist vom KindRÄG 2001 noch dadurch betont, dass er seine Bereitschaft jederzeit zurückziehen kann, weil gegen ihn keine Zwangsmaßnahmen möglich sind (§ 185c Satz 5 AußStrG). Aus all diesen Gründen ist bei der grundsätzlichen Umschreibung der Aufgaben und Befugnisse des Besuchsbegleiters nicht auch schon eine zeitliche Festlegung der begleiteten Besuchskontakte erforderlich.

Die erforderliche Festsetzung der Aufgaben und Befugnisse der besuchsbegleitenden Stelle durch das Gericht "zumindest in den Grundzügen" (zB Ort, Verständigung der Beteiligen, Teilnehmer) ist im vorliegenden Fall allerdings nicht erfolgt.

e) Damit erweist sich das Verfahren als ergänzungsbedürftig. Zum einen ist vor Anordnung einer Besuchsbegleitung das Vorhandensein des erforderlichen Antrags mit den Verfahrensbeteiligten abzuklären (§ 2 Abs 2 Z 5 AußStrG). Die Erklärung eines Verfahrensbeteiligten, mit Besuchen im Besuchscafé einverstanden zu sein, ist einem ausdrücklichen Antrag gleichzuhalten (3 Ob 238/03a). Soweit ein entsprechender Antrag und auch die Bereitschaft des Besuchsbegleiters zur Mitwirkung vorliegen, hat das Gericht die Aufgaben und Befugnisse des Besuchsbegleiters "zumindest in den Grundzügen" festzusetzen.

Zu 2. (Bestimmung der Sachverständigengebühren)

Beschlüsse des Rekursgerichts über die Gebühren der Sachverständigen unterliegen keinem weiteren Rechtszug an den Obersten Gerichtshof. Insoweit erweist sich der Revisionsrekurs als jedenfalls unzulässig (§ 14 Abs 2 Z 3 AußStrG).

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