OGH 5Ob269/03z

OGH5Ob269/03z10.2.2004

Der Oberste Gerichtshof hat durch die Senatspräsidentin des Obersten Gerichtshofes Hon. Prof. Dr. Langer als Vorsitzende und die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Floßmann und Dr. Baumann und die Hofrätinnen des Obersten Gerichtshofes Dr. Hurch und Dr. Kalivoda als weitere Richter in der Rechtssache der Antragsteller 1. Leopold R*****, und 2. Dr. Kurt B*****, beide vertreten durch Martin Nedwed, Funktionär der Mietervereinigung Österreichs, 1010 Wien, Reichsratsstraße 15, gegen die Antragsgegner 1. Dora I***** und 2. Elfriede S*****, beide ***** vertreten durch Dr. Alexander Pflaum, Rechtsanwalt in Wien, wegen § 24 MRG, über den Rekurs und Revisionsrekurs der Antragsgegnerinnen gegen den Beschluss des Landesgerichtes für Zivilrechtssachen Wien als Rekursgericht vom 22. Juli 2003, GZ 40 R 169/03d-28, womit der angefochtene Beschluss des Bezirksgerichtes Josefstadt vom 26. März 2003, GZ 24 Msch 10011/02w-17, teilweise aufgehoben und teilweise abgeändert wurde, den

Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Dem Rekurs wird nicht Folge gegeben.

Dem Revisionsrekurs hingegen wird Folge gegeben.

Der Zwischensachbeschluss des Rekursgerichtes wird aufgehoben und die Rechtssache auch in diesem Umfang zur neuerlichen Verhandlung und Entscheidung an das Erstgericht zurückverwiesen.

Text

Begründung

Unstrittig ist, dass die Antragsteller Mieter, die Antragsgegner Vermieter sind. Abgesehen von den Mietern der top Nr 18 sind alle Mieter ab dem Hochparterre zur Nutzung des Aufzuges berechtigt und an den Liftkosten beteiligt. Sämtliche Mieter dieser Stiege, die den Aufzug sinnvoll nützen könnten, sind zur Nutzung berechtigt. An den Kosten sind nur der Mieter top Nr 18, dem keine benützbare Ausstiegsstelle zur Verfügung steht, und der Mieter des nur von der Straße aus zu betretenden Geschäftslokales im Erdgeschoss nicht beteiligt.

Die Antragsteller begehren die Feststellung, dass der Aufzug ihrer Wohnhausanlage in Stiege 2 eine Gemeinschaftsanlage und nach den hiefür vorgesehenen Regelungen abzurechnen sei sowie dass der Mietzins um den das gesetzlich zulässige Zinsausmaß übersteigenden Betrag überschritten worden sei. Der Aufzug sei in den früheren Jahren keine Gemeinschaftsanlage gewesen, es habe ein Schüsselbetrieb mit Münzeinwurf bestanden. Da der Betrieb besonders störanfällig und mit hohen Kosten verbunden gewesen sei, sei auf Betreiben des Erstantragstellers und einer anderen Mieterin im Jahr 1976 der Schlüsselbetrieb eingestellt und der Aufzug frei zugänglich gemacht worden. Dagegen hätten keine Einwände bestanden, weil ab dem Hochparterre fast alle Mieter an der Aufzugsgemeinschaft beteiligt gewesen seien. Im Laufe der folgenden Jahre habe sich die Belegung der Mietobjekte insoferne geändert, als Wohnungen zunehmend in gewerbliche Nutzung übergegangen seien, sodass der Aufzug nunmehr als Gemeinschaftsanlage angesehen werden müsse und dementsprechend abzurechnen sei. Die Abänderung ergebe sich einerseits aus der Abnahme von Wohnungen und der Zunahme gewerblicher Nutzung und andererseits auch daraus, dass auch Aufzugsbenützer hinzugekommen seien. Sondernutzung sei vereinbart worden, weil nicht alle Mieter den Aufzug nach dem Krieg finanziert hätten und nur jenen ein Benützungsrecht eingeräumt worden sei, die sich an den Kosten für die Errichtung des neuen Aufzugs beteiligt hätten. Im Jahr 1976 habe es eine weitere Vereinbarung gegeben, die das Einverständnis für die Finanzierung der Modernisierung des Aufzuges zum Inhalt gehabt habe. Seit der Neuerrichtung der Anlage habe sich die Zahl der Nutzungsberechtigten vermehrt, ohne dass es zu einem Dissolutionsvertrag und einer neuen Vereinbarung gekommen sei. Es habe sich die Art der Nutzung gravierend geändert und die Anlage sei der Allgemeinheit freigegeben worden.

Die Antragsgegner vertraten hingegen die Ansicht, dass hier keine Gemeinschaftsanlage vorliege.

Das Erstgericht wies den Antrag ohne Durchführung eines Beweisverfahrens mit der Begründung ab, dass schon nach dem Vorbringen der Antragsteller kein Auflösungsvertrag hinsichtlich der Sondernutzung geschlossen worden sei. Eine einseitige Aufkündigung des Aufzugsbenützungsvertrages durch die Mieter sei nicht möglich. Allein aus dem Umstand, dass der Schlüsselbetrieb auf Ersuchen von zwei Mietern eingestellt und der Aufzug der Allgemeinheit zugänglich gemacht worden sei und auch die übrigen Mieter - mit Ausnahme der Mieter, die keine sinnvolle praktische Nutzungsmöglichkeit hätten - nunmehr an den Aufzugskosten beteiligt seien, könne nicht geschlossen werden, dass die Vermieter vom ursprünglichen Vertrag hätten abgehen wollen. Vielmehr sei aus dem Umstand, dass die Vermieter nicht nur die Kosten des Betriebes, sondern auch die Kosten der Instandhaltung den Mietern vorschrieben, zu schließen, dass sie an der für sie günstigeren Vereinbarung einer Liftgemeinschaft festhalten wollten.

Das Rekursgericht gab dem Rekurs in Ansehung des Zwischenantrages auf Feststellung der Überschreitung des gesetzlich zulässigen Zinsausmaßes gegenüber den beiden Antragstellern durch Vorschreibung einer (Instandhaltungskosten enthaltenden) Aufzugskostennachzahlung im Jahr 2000 Folge und hob den Sachbeschluss des Erstgerichtes diesbezüglich auf und trug dem Erstgericht die neuerliche Entscheidung nach Verfahrensergänzung auf. Gleichzeitig fällte es einen Zwischensachbeschluss über den Zwischenfeststellungsantrag und sprach aus, dass der Aufzug im Sinne einer Gemeinschaftsanlage nach § 24 MRG zu verrechnen sei. In rechtlicher Hinsicht gelangte es zu dem Ergebnis, dass ein Personenaufzug dann eine Gemeinschaftsanlage sei, wenn es jedem Mieter rechtlich freistehe, ihn gegen Beteiligung an den Kosten des Betriebes zu benützen. Würden hingegen einzelnen Mietern, etwa weil sie die Errichtung finanziert hätten, das Recht eingeräumt, die Benützung der Anlage durch andere Mieter von der Zahlung eines über die Beteiligung an den Betriebskosten hinausgehenden Entgelts abhängig gemacht oder ihnen das Recht eingeräumt, andere Mieter überhaupt von der Benützung auszuschließen, liege keine Gemeinschaftsanlage vor. Hätten die Mieter dieses Ausschließungsrecht nicht (obwohl sie die Errichtung mitfinanziert haben), hätten sie nicht das Recht, selbst über die Unterbestandgabe des Benützungsrechtes oder die Aufnahme in die Gemeinschaft der Aufzugsbenützer zu entscheiden, so liege keine Aufzugsanlage in Sondernutzung, sondern eine Gemeinschaftsanlage vor. Sei der Vermieter, auch wenn er mit bestimmten Mietern eine Vereinbarung über die Finanzierung einer aktuellen Aufzugsreparatur oder Erneuerung getroffen habe, nicht gehindert, künftigen Mietern die Aufzugsbenützung einzuräumen, so liege eine Gemeinschaftsanlage vor. Sei nur ein Mieter zur alleinigen Nutzung berechtigt (Maschinenmiete), müssten weitere Interessenten mit ihm und nicht dem Vermieter einen Aufzugsbenützungsvertrag schließen, diesfalls liege also eine Sondernutzung des Mieters vor. Die Existenz eines Schlüsselbetriebes habe rechtlich keine Bedeutung. Es stehe im vorliegenden Fall nicht einmal fest, dass ein oder mehrere Mieter das Recht gehabt hätten, über die Aufzugsbenützung durch andere zu verfügen oder von diesen Geld hiefür zu verlangen. Der Umstand, dass auch an neue Mieter nach 1950 die Liftbenützung von den Vermietern eingeräumt worden sei, spreche schon gegen die Existenz einer Sondernutzung der 1950 die Erneuerung des Aufzugs Finanzierenden.

Das Rekursgericht sprach aus, dass der Rekurs bzw der Revisionsrekurs an den Obersten Gerichtshof zulässig sei, da die vom Rekursgericht getroffene klare Abgrenzung nach der Person dessen, der an weitere Mieter die Aufzugsbenützung vergeben könne, einen Gesichtspunkt darzustellen scheine, der über die bereits vorliegende Judikatur hinausgehe.

Dagegen richtet sich der Rekurs und Revisionsrekurs der Antragsgegner mit einem Abänderungsantrag, in eventu wird ein Aufhebungsantrag hinsichtlich des Zwischensachbeschlusses gestellt.

Die Antragsteller beantragen, den Revisionsrekurs zurückzuweisen, in eventu, ihm nicht Folge zu geben.

Rechtliche Beurteilung

Die Rechtsmittel sind zulässig, der Rekurs im Ergebnis - es bleibt bei der Aufhebung - nicht berechtigt, dem Revisionsrekurs kommt Berechtigung im Sinne des Aufhebungsantrages zu.

Das Gesetz gibt keine ausdrückliche Begriffsdefinition der Gemeinschaftsanlage. Nach herrschender Auffassung setzt das Vorliegen einer Gemeinschaftsanlage im Sinne des § 24 Abs 1 MRG voraus, dass es jedem Mieter rechtlich freisteht, sie - gegen Beteiligung an den Kosten des Betriebes - zu benützen (RIS-Justiz RS0069987, RS0070297, Würth in Rummel II/53 § 24 MRG, Rz 2, E.M. Hausmann in Hausmann/Vonkilch, österreichisches Wohnrecht, § 24 MRG Rz 3, je mwN). Es darf also kein Mieter rechtlich von der Benützung der Gemeinschaftsanlage ausgeschlossen sein. Wird hingegen einzelnen Mietern das Recht eingeräumt, die Benützung der Anlage durch andere Mieter von der Zahlung eines über die Beteiligung an den Kosten des Betriebes hinausgehenden Entgeltes abhängig zu machen oder andere überhaupt von der Benützung auszuschließen, so liegt Sondernutzung vor (5 Ob 172/03k, RIS-Justiz RS0070297, Würth aaO, E.M. Hausmann aaO Rz 3 und 4).

Die Rechtssache erscheint noch nicht zur Entscheidung reif, da noch wesentliche Umstände einer weiteren Erörterung, Klärung und entsprechender Feststellungen bedürfen.

Die Antragsteller selbst bringen vor, dass eine Sondernutzungsvereinbarung zwischen einer Gruppe von Mietern und den Vermietern bestanden habe. Welchen Inhalt diese Vereinbarung konkret hatte, wurde bisher noch nicht deutlich vorgebracht und es fehlen auch Feststellungen dazu. Insbesondere fehlt die Präzisierung, ob die Parteien die Benützung der Aufzugsanlage nur von der Bezahlung eines gewissen über die Betriebskosten hinausgehenden Betrages abhängig gemacht haben und damit der Vermieter bei Einhalten dieser Beteiligung jederzeit neuen Mietern die Benützung vereinbarungsgemäß einräumen durfte oder ob andere Mieter grundsätzlich von der Benützung ausgeschlossen sein sollten ("Maschinenmiete"). Das Rekursgericht kann nicht ohne weitere Erörterung des Sachverhaltes wegen Unklarheit vom Vorbringen beider Parteien, dass eine Sondernutzung vereinbart gewesen war, abgehen. Abgesehen davon ist nach dem unstrittigen Sachverhalt noch nicht ganz klar, inwiefern alle Mieter, die den Aufzug sinnvoll nützen können, an den "Liftkosten" beteiligt sind, ob damit nämlich Betriebskosten oder auch andere Kosten gemeint sind, bleibt offen. Ein Wesensmerkmal der Gemeinschaftsanlage im Sinn des § 24 Abs 1 MRG ist aber - wie oben ausgeführt -, dass die Benützbarkeit für alle Mieter nur von der Beteiligung an den Betriebskosten abhängig gemacht wird.

Nur aus dem Umstand, dass die Benützung des Aufzuges durch den Vermieter allein weiteren Mietern eingeräumt wird, lässt sich abschließend nichts gewinnen. Es kommt - wie oben dargelegt - nur auf die zugrundeliegende Sondernutzungsvereinbarung an, ob danach der Vermieter oder nur die Mieter berechtigt sind, die Benützung anderen unter gewissen Voraussetzungen einzuräumen. Der Oberste Gerichtshof hat bereits einmal ausgesprochen, dass der Umstand, dass die Aufnahme von Mitgliedern der Aufzugsgemeinschaft durch die Hausverwaltung erfolgen konnte, noch nicht gegen das Vorliegen einer Aufzugsgemeinschaft spreche, weil es ja durchaus im Interesse einer solchen Gemeinschaft liege, dass durch eine einfache Neuaufnahme von Mitgliedern eine Verbreitung der Kostenträger erreicht werde (MietSlg XLVIII/17). Die Einräumung einer Berechtigung könnte aber auch gegen bestehende Vereinbarungen verstoßen, was auch noch nicht zur einseitigen Beseitigung einer Sondervereinbarung führen könnte (vgl 5 Ob 2157/96h).

Es wird daher im vorliegenden Fall aufzuklären sein, welche Sondernutzungsvereinbarung zwischen den Mietern und Vermietern bestand und ob diese konkludent abgeändert wurde, dass nun mehr eine Gemeinschaftsanlage bestehen sollte. Dazu ist es aber notwendig noch genauere Erörterungen zum Vorbringen der Antragsteller vorzunehmen. Es ist abzuklären auf Grund welcher Erklärungen welcher Personen der Schlüsselbetrieb beseitigt wurde, welche Vereinbarung im Jahr 1976 anläßlich der Modernisierung des Aufzugs getroffen wurden und welche Erklärungen und Handlungen in der Folge im Hinblick auf die Benützung des Aufzugs bis heute vorgenommen wurden und wie darauf von den Vertragspartnern reagiert wurde und welche Rechte in der Folge von den Vermietern Mietern, die nicht zur Sondergemeinschaft gehörten, mit allfälliger Zustimmung der Sondernutzungsberechtigten eingeräumt wurden und welche Kosten diese nun zu tragen haben. Erst dann wird im Sinne der oben aufgezeigten Rechtsprechung beurteilt werden können, ob die Vereinbarung der Sondernutzung der Aufzugsanlage bestand, in der Folge einvernehmlich aufgelöst wurde und nun als Gemeinschaftsanlage zu beurteilen ist oder nicht.

Es war daher wie im Spruch zu entscheiden. Da noch kein Beweisverfahren durchgeführt wurde, wurde die Rechtssache an das Erstgericht zurückverwiesen.

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