OGH 13Os163/03

OGH13Os163/0314.1.2004

Der Oberste Gerichtshof hat am 14. Jänner 2004 durch den Vizepräsidenten des Obersten Gerichtshofes Hon. Prof. Dr. Brustbauer als Vorsitzenden sowie durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Rouschal, Hon. Prof. Dr. Ratz, Hon. Prof. Dr. Schroll und Dr. Kirchbacher als weitere Richter, in Gegenwart der Richteramtsanwärterin Mag. Loewe als Schriftführerin, in der Strafsache gegen Rainer T***** wegen des Verbrechens des gewerbsmäßigen schweren Betruges nach §§ 146, 147 Abs 3, 148 zweiter Fall StGB über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung des Angeklagten gegen das Urteil des Landesgerichtes St. Pölten als Schöffengericht vom 3. September 2003, GZ 32 Hv 43/03f-53, sowie die Beschwerde (§ 498 Abs 3 dritter Satz StPO) gegen den gleichzeitig ergangenen Beschluss nach § 494 Abs 1 Z 4 StPO nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

 

Spruch:

Der Nichtigkeitsbeschwerde wird Folge gegeben.

Es werden das angefochtene Urteil, das in seinem freisprechenden Teil unberührt bleibt, im übrigen Teil zur Gänze sowie der Widerrufsbeschluss aufgehoben und die Sache im Umfang der Aufhebung zu neuer Verhandlung und Entscheidung an das Erstgericht zurückverwiesen.

Mit seiner Berufung und seiner Beschwerde wird der Angeklagte auf die kassatorische Entscheidung verwiesen.

Text

Gründe:

Mit dem auch unangefochten gebliebene Teilfreisprüche enthaltenden Urteil wurde Rainer T***** des Verbrechens des gewerbsmäßigen schweren Betruges nach §§ 146, 147 Abs 3, 148 zweiter Fall StGB schuldig erkannt.

Danach hat er in der Zeit zwischen April 2002 und Ende Jänner 2003 in Pressbaum, Neulengbach und anderen Orten mit dem Vorsatz, sich durch das Verhalten der Getäuschten unrechtmäßig zu bereichern, Nachgenannte durch Täuschung über Tatsachen zu folgenden Handlungen verleitet, die diese bzw "deren" Unternehmen am Vermögen schädigten und zwar

A) durch die Vorspiegelung seiner Zahlungsfähigkeit und Zahlungswilligkeit

I) je zur darlehensweisen Zuzählung von Bargeldbeträgen aus

Kreditverträgen bzw Überziehung von Privat- und Firmenkonten, nämlich

1) Verfügungsberechtigte der L*****bank Steiermark im Gesamtausmaß von 116.008 Euro,

2) Verfügungsberechtigte der R*****bank ("R*****") Neulengbach im Gesamtausmaß von 211.702,15 Euro;

wobei er durch die Tat einen 40.000 Euro übersteigenden, insgesamt 327.710,15 Euro betragenden Schaden herbeiführte und den schweren Betrug überdies in der Absicht beging, sich durch dessen wiederkehrende Begehung eine fortlaufende Einnahme zu verschaffen. Dagegen richtet sich die auf Z 5, 5a und 9 lit a des § 281 Abs 1 gestützte Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten.

Rechtliche Beurteilung

Teils nach Art einer Schuldberufung, teils unter Vorbringen von Neuerungen, und insoweit unzulässig, im Übrigen jedoch im Ergebnis zutreffend zeigt die Rüge nach Z 5 Begründungsmängel auf. So ist die zum Schuldspruch A)I)1) (R*****bank Neulengbach) getroffene Feststellung, der Angeklagte hätte den Kreditkundenbetreuer Karl L***** "durch Vorlage eines Geschäftskonzeptes und die Begebung von Sicherheiten" über seine Rückzahlungsfähigkeit und -willigkeit getäuscht (US 9, 30), als Ausspruch über entscheidende Tatsachen nicht zureichend begründet (Z 5 vierter Fall), fehlen doch weitere Konstatierungen darüber, dass das Konzept bewusst falsch oder nicht ernstgemeint bzw die Sicherheiten vorsätzlich nicht entsprechend gewesen wären. Das bloße Verschweigen von wegen Vermögensdelikten erfolgten Verurteilungen gegenüber Angestellten der genannten Bank, insbesondere dem oben genannten Zeugen, stellt ebensowenig eine zureichende Begründung (Z 5 vierter Fall) für einen in Richtung der Täuschung über die Rückzahlungsfähigkeit und -willigkeit bestehenden Vorsatz dar wie die gegenüber Karl L***** erfolgte Vortäuschung eines Herzinfaktes, um zu verbergen, dass der Angeklagte wegen seiner Vorstrafen nicht Geschäftsführer der T*****gmbH war (US 10, 14; insoweit gegenteilig US 12).

Keine geeignete Begründung dieses Vorsatzes sind die Ausführungen angeblich gegenüber Markus S***** gesetzter Täuschungshandlungen, damit dieser Sicherheiten zur Verfügung stellte (insoweit auch Z 5 dritter Fall; US 8, 9 iVm US 390); im Übrigen ist ein Betrug am Genannten nicht Urteilsgegenstand.

Aus gleichem Grunde unerfindlich und als Begründung eines Täuschungs- oder Schädigungsvorsatzes ungeeignet sind die erstgerichtlichen Ausführungen hinsichtlich eines angeblichen Betruges an Anton Sch***** (US 16, 19).

Auch zu Faktum A)I)2) (L*****bank Steiermark) ist der Schluss auf einen Täuschungsvorsatz über die Zahlungsfähigkeit und Zahlungswilligkeit nicht nachvollziehbar. Er wird im Wesentlichen bloß damit begründet, dass der Angeklagte den Kreditvermittler Herbert B*****, der Ansprechpartner und "Übermittler der Täuschungshandlungen an Manfred H*****, dem Leiter des Bereichs Freiberufler bei der L*****bank Steiermark war, ebenso wie diesen über "wesentliche Dinge seines Vorlebens" , und die "geplatzte Finanzierung" durch die R*****bank Neulengbach täuschte und seine Verbindlichkeiten sowie einschlägigen Vorstrafen verschwieg. Zusammenfassend ist im Hinblick auf das Dargelegte auch unter Berücksichtigung des vom Angeklagten (nach der ersten Kreditnahme) betriebenen Aufwandes trotz der zugestandenen Kenntnis seiner finanziell äußerst prekären Situation und des damit einhergehenden Zahlungsengpasses (US 27) die Ableitung des Vorsatzes zum Zeitpunkt der "Täuschungshandlungen" zu beiden Schuldsprüchen in diesem Urteil mit Mängeln behaftet, zumal ein solcher auch aus den nach Kreditgewährung erfolgten Privatentnahmen und einer erfolglosen Geschäftstätigkeit (US 18) nicht hinlänglich begründet ist. Nominell unter Z 5, im Ergebnis zutreffend nach Z 9 lit a (allenfalls Z 10) zeigt die Rüge auf, dass die Tatrichter infolge unrichtiger Rechtsansicht hinreichende, eine Ableitung des Schadens der R*****bank Neulengbach in Höhe des aushaftenden Kreditbetrages ermöglichende Feststellungen nicht getroffen haben (US 16, 29). Denn die wertmäßig offenbar entsprechende Pfandbestellung - dem Angeklagten war die Belastung der von Mag. Andreas D***** als Pfand zur Verfügung gestellten Liegenschaft nicht bekannt (US 9) - vermag allenfalls lediglich einen vom Vorsatz umfassten Verzögerungsschaden (Kirchbacher/Presslauer im WK2 § 146 Rz 83) zu indizieren. Dies alles zeigt bereits (wobei sich ein Eingehen auf die weiteren geltend gemachten Beschwerdeargumente und jene den noch erhobenen Tatsachenrüge [Z 5a] erübrigt), dass die Anordnung einer neuen Verhandlung (und Entscheidung) unumgänglich ist. Zu diesem Zwecke war daher - in Übereinstimmung mit der Meinung der Generalprokuratur - das angefochtene Urteil, das im freisprechenden Teil unberührt zu bleiben hatte, im schuldigsprechenden Teil bereits bei der nichtöffentlichen Beratung aufzuheben und an das Erstgericht zurückzuverweisen (§ 285e StPO), welches Schicksal auch der somit grundlagenlose Widerrufsbeschluss zu teilen hat.

Mit seiner Berufung und der Beschwerde war der Angeklagte auf die kassatorische Entscheidung zu verweisen.

Im zweiten Rechtsgang wird das Schöffengericht im Falle eines Schuldspruches auch zu berücksichtigen haben, dass die einer nach Kreditgewährung wiederholten Bargeldabhebungen als Teilrealisationen eines betrügerisch erlangten Darlehens nicht geeignet sind, die Qualifikation der gewerbsmäßigen Begehung (§ 70 StGB) zu begründen.

Stichworte