OGH 14Os164/03

OGH14Os164/0316.12.2003

Der Oberste Gerichtshof hat am 16. Dezember 2003 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Mag. Strieder als Vorsitzenden sowie durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Mayrhofer und Hon. Prof. Dr. Ratz als weitere Richter, in Gegenwart des Richteramtsanwärters Mag. Allmayer als Schriftführer, in der Strafsache gegen Bashkim M***** und Usoski T***** wegen des Verbrechens nach § 28 Abs 2 und Abs 3 SMG und anderer strafbarer Handlungen, AZ 35 Ur 166/02t des Landesgerichtes Eisenstadt, über die Grundrechtsbeschwerde des Beschuldigten Usoski T***** nach Anhörung des Generalprokurators in nichtöffentlicher Sitzung den Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Die Grundrechtsbeschwerde wird zurückgewiesen.

Text

Gründe:

Gegen Bashkim M***** und Usoski T***** ist beim Landesgericht Eisenstadt ein Strafverfahren wegen des Verbrechens nach § 28 Abs 2 und Abs 3 SMG und anderer strafbarer Handlungen anhängig, in dem sich Usoski T***** bis 26. November 2003 in Untersuchungshaft befand. Im in dieser Sache zwischen dem Landesgericht Eisenstadt und dem Landesgericht für Strafsachen Graz bestehenden negativen Kompetenzkonflikt hat das Oberlandesgericht Wien am 2. Dezember 2003 beschlossen (AZ 21 Ns 291/03), dass das Landesgericht Eisenstadt zur Führung der Strafsache nicht zuständig ist. Der Inhalt der Entscheidung des Oberlandesgerichtes Graz (AZ 11 Ns 97/03) ist noch nicht bekannt.

In einer mit 11. November 2003 datierten (eingelangt am 21. November 2003), von seinem Verteidiger unmittelbar beim Obersten Gerichtshof eingebrachten Grundrechtsbeschwerde führt Usoski T***** aus, die über ihn mit Beschluss des Landesgerichtes für Strafsachen Graz vom 8. Mai 2003 (AZ 18 Ur 109/93a) aus den Haftgründen der Flucht-, Verdunkelungs- und Tatbegehungsgefahr verhängte Untersuchungshaft sei unverhältnismäßig. Das gegen ihn und Bashkim M***** geführte Strafverfahren des Landesgerichtes für Strafsachen Graz sei mit Beschluss dieses Gerichtes vom 7. Mai 2003 an das Landesgericht Eisenstadt abgetreten worden. Er habe am 11. September 2003 einen Fristsetzungsantrag nach § 91 GeoG gestellt, worauf er vom Landesgericht Eisenstadt von der am 15. September 2003 erfolgten Schließung der Voruntersuchung gemäß § 111 StPO verständigt worden sei. Eine Anklageschrift sei bisher von der Staatsanwaltschaft nicht eingebracht worden. Am 5. November 2003 habe das Landesgericht Eisenstadt (AZ 35 Ur 166/02t) das Strafverfahren (wiederum) an das Landesgericht für Strafsachen Graz rückabgetreten, worauf dieses Gericht (AZ 18 Ur 109/03a) am 11. November 2003 wiederum die Rückabtretung an das Landesgericht Eisenstadt beschlossen habe. In seiner Grundrechtsbeschwerde beantragt der Beschwerdeführer die Feststellung, dass er durch die Abtretung des Strafverfahrens vom Landesgericht Eisenstadt am 5. November 2003 und durch die Rückabtretung des Landesgerichtes für Strafsachen Graz am 11. November 2003 "in seinen Rechtsansprüchen auf den gesetzlichen Richter nach § 83 Abs 2 B-VG und auf Beendigung des Verfahrens innerhalb angemessener Frist oder auf Freilassung während des Verfahrens gem Art 5 PersFrG und Art 6 Abs 1 EMRK" sowie durch den Umstand, "dass trotz der am 15. September 2003 geschlossenen Voruntersuchung bis heute eine Anklageschrift nicht eingebracht und damit die Verfahrensdauer unnotwendig verzögert wurde, im Recht auf Beendigung des Verfahrens innerhalb angemessener Frist oder auf Freilassung während des Verfahrens gem Art 5 PersFrG und Art 6 Abs 1 EMRK verletzt wurde".

Rechtliche Beurteilung

Gemäß § 1 Abs 1 GRBG kann eine Grundrechtsbeschwerde ausschließlich wegen Verletzung des Grundrechtes auf persönliche Freiheit erhoben werden, sofern die Grundrechtsverletzung durch eine Entscheidung oder Verfügung eines Strafgerichtes erfolgte. Es muss sich um eine funktionell grundrechtsrelevante gerichtliche Entscheidung oder Verfügung handeln (dazu näher Mayrhofer/Steininger GRGB 1992 § 1 Rz 24). Dabei kommt als geeignetes Anfechtungsobjekt für die Grundrechtsbeschwerde nur eine Entscheidung der im ordentlichen Rechtsweg letzten Instanz in Betracht (§ 1 Abs 1 GRGB: "nach Erschöpfung des Instanzenzuges").

Formale Voraussetzung einer Grundrechtsbeschwerde ist ferner, dass die angefochtene oder zum Anlass der Beschwerde genommene Entscheidung oder Verfügung genau bezeichnet wird (§ 3 Abs 1 GRBG). In der vorliegenden Grundrechtsbeschwerde bezeichnet der Beschwerdeführer keine funktionell in das Grundrecht auf persönliche Freiheit eingreifende, im ordentlichen Rechtsweg nicht mehr weiter anfechtbare gerichtliche Entscheidung oder Verfügung. Die von ihm genannten Gerichtsbeschlüsse auf Verfahrensabtretung bzw -rückabtretung erfüllen die genannten Voraussetzungen nicht, umso weniger der ebenfalls kritisierte Umstand verzögerter Einbringung der Anklageschrift durch die Staatsanwaltschaft.

Die Grundrechtsbeschwerde war daher, ohne dass es einer sachlichen Überprüfung der Haftvoraussetzungen durch den Obersten Gerichtshof bedurfte, als unzulässig zurückzuweisen. Angemerkt sei, dass die Erhebung einer Nichtigkeitsbeschwerde zur Wahrung des Gesetzes nach §§ 33 Abs 2, 292 StPO nur dem Generalprokurator zusteht. Der Vollständigkeit halber wird der Beschwerdeführer darauf hingewiesen, dass er die Möglichkeit gehabt hätte (nach der Aktenlage wurde er in der Zwischenzeit ohnehin enthaftet), durch einen Enthaftungsantrag eine Haftentscheidung des Untersuchungsrichters und anschließend über eine Beschwerde dagegen die Rechtsmittelentscheidung des Oberlandesgerichtes herbeizuführen und sodann gegen die letztere eine formal einwandfreie Grundrechtsbeschwerde zu erheben.

Stichworte