OGH 12Os95/03

OGH12Os95/0311.12.2003

Der Oberste Gerichtshof hat am 11. Dezember 2003 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Schindler als Vorsitzenden sowie durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Holzweber, Dr. Philipp, Hon. Prof. Dr. Schroll und Dr. Schwab als weitere Richter, in Gegenwart des Richteramtsanwärters Mag. Proksch als Schriftführer, in der Strafsache gegen Siegfried K***** wegen der Verbrechen des sexuellen Missbrauchs von Unmündigen nach § 207 Abs 1 StGB und weiterer strafbarer Handlungen über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung des Angeklagten sowie über die Berufung der Staatsanwaltschaft gegen das Urteil des Landesgerichtes Feldkirch als Schöffengericht vom 27. März 2003, GZ 41 Hv 2/03i-17, nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung den Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Die Nichtigkeitsbeschwerde wird zurückgewiesen.

Zur Entscheidung über die Berufungen werden die Akten dem Oberlandesgericht Innsbruck zugeleitet.

Dem Angeklagten fallen auch die Kosten des bisherigen Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Text

Gründe:

Mit dem angefochtenen Urteil wurde der Angeklagte Siegfried K***** (richtig:) jeweils einer unbestimmten Anzahl von Verbrechen des sexuellen Missbrauchs von Unmündigen nach § 207 Abs 1 StGB (1) und von Vergehen des Missbrauchs eines Autoritätsverhältnisses nach § 212 Abs 1 StGB (2) schuldig erkannt.

Darnach hat er in der Zeit von Frühjahr 1993 bis Frühjahr 1997 in Altach

1. außer dem Fall des § 206 StGB geschlechtliche Handlungen an seiner am 27. November 1985 geborenen, sohin unmündigen ehelichen Tochter Sabrina Sandra K***** vorgenommen und dadurch

2. sein minderjähriges Kind zur Unzucht missbraucht, indem er die Genannte bis Herbst 1996 nahezu täglich und anschließend einmal wöchentlich, sowie einmal im Sommer 1999 jeweils im äußeren Scheidenbereich leckte, gelegentlich streichelte und zu Beginn des bezeichneten Zeitraums in drei Fällen ihre Hand erfasste, an seinen Geschlechtsteil führte und diesen damit berührte.

Rechtliche Beurteilung

Der dagegen vom Angeklagten aus den Gründen der Z 5 und 5a des § 281 Abs 1 StPO erhobenen Nichtigkeitsbeschwerde kommt keine Berechtigung zu.

Soweit sich die Mängelrüge (Z 5) - unter Hinweis auf eine vorgelegte Meldebestätigung, wonach der Angeklagte mit seiner Familie am 8. Oktober 1993 in das Haus A***** in Altach zog und die Aussage des Opfers, dass Übergriffe erstmals dort stattfanden - gegen die Festsetzung des Beginns der strafbaren Aktivitäten mit Frühjahr 1993 richtet, genügt es zu erwidern, dass damit keine entscheidenden Tatsachen problematisiert werden, weil dadurch die rechtliche Entscheidung über Schuld- oder Freispruch oder darüber, welche strafbaren Handlungen begangen wurden, nicht beeinflusst wird (Ratz WK-StPO § 281 Rz 399).

Sabine K***** gab vor dem Untersuchungsrichter zu Protokoll (ON 3), dass es im Oktober 2001 zu einem "Vorfall beim Duschen" gekommen sei. Der Angeklagte sei ihr ins Bad nachgegangen, habe komisch herumgeschaut und - von der Beschwerde insoweit im verfälschender Verkürzung übergangen - die Aufforderung, den Raum zu verlassen ignoriert, weshalb sie die Mutter per Handy um Hilfe rief (S 53); zu einem weiteren Übergriff sei es dabei nicht gekommen. Daraus folgerte das Erstgericht, dass der Angeklagte auch noch „im Jahr 2000 oder 2001 keineswegs innerlich bereit war, seine eigene Tochter, deren sexuelle Integrität zu respektieren" sowie „keineswegs von seinen sexuellen Intentionen Abstand genommen hatte" (US 10) und schloss daraus auf die Verlässlichkeit der Angaben des Tatopfers auch zum "Vorfall im Jahre 1999" (Schuldspruchfaktum a) - Sommer 1999 - US 2, 5 f).

Soweit der Beschwerdeführer unter Wiederholung seiner von den Tatrichtern abgelehnten Verantwortung, er habe seiner Tochter beim Duschen zugesehen und „keinerlei Absicht in Richtung eines neuerlichen Übergriffs" gehabt (ON 7) die zuletzt bezeichnete Annahme unter Verkennung dieses nur einen formalen Vergleich gestattenden Nichtigkeitsgrundes als "aktenwidrig" rügt (Z 5), bekämpft er die logisch und empirisch einwandfreie erstinstanzliche Beweiswürdigung bloß nach Art einer im schöffengerichtlichen Verfahren unzulässigen Schuldberufung.

Schließlich ergeben sich für den Obersten Gerichtshof nach Prüfung der Akten anhand des übrigen Vorbringens der Tatsachenrüge (Z 5a) keine erheblichen Bedenken in Ansehung entscheidender Tatsachen. Bleibt anzumerken, dass seit 1. Oktober 1998 (ua) bei den dem Angeklagten angelasteten strafbaren Handlungen gegen die Sittlichkeit die Zeit bis zur Erreichung der Volljährigkeit des Verletzten - entgegen der Ansicht des Erstgerichtes (US 12) und des Beschwerdeführers - nicht in die Verjährungsfrist eingerechnet wird (§ 58 Abs 3 Z 3 StGB). Nach Art V Abs 3 StRÄG 1998 (BGBl I 1998/153) ist diese Bestimmung auch auf vor deren Inkraftreten begangene Taten anzuwenden, sofern die Strafbarkeit zu diesem Zeitpunkt noch nicht erloschen war, sodass sich die Frage der Verjährung der von 1993 bis 1997 vom Angeklagten verübten Taten zum Nachteil seiner erst seit 27. November 2003 volljährigen Tochter auch ohne Ablaufhemmung durch neuerliche einschlägige Delinquenz im Sommer 1999 nicht stellt. Die teils offenbar unbegründete, teils nicht gesetzmäßig ausgeführte Nichtigkeitsbeschwerde war daher bereits in nichtöffentlicher Sitzung sofort zurückzuweisen (§ 285d StPO). Daraus folgt die Kompetenz des Gerichtshofes zweiter Instanz zur Entscheidung über die Berufungen des Angeklagten und der Staatsanwaltschaft (§ 285i StPO). Die Kostenentscheidung ist in § 390a Abs 1 StPO begründet.

Stichworte