Spruch:
Der Revision wird Folge gegeben.
Das Urteil des Berufungsgerichts wird aufgehoben. Die Rechtssache wird zu neuerlicher Entscheidung (allenfalls nach Durchführung einer Berufungsverhandlung) an dieses zurückverwiesen.
Die Kosten des Revisionsverfahrens sind weitere Kosten des Berufungsverfahrens.
Text
Begründung
Mit Urteil des Erstgerichts vom 13. Juni 2001 wurden die Kläger verpflichtet, die Beeinträchtigung des Dienstbarkeitsrechts des Beklagten, auf einem bestimmten, in der Natur ersichtlichen Weg uneingeschränkt zu fahren und zu gehen, durch das Abstellen von Fahrzeugen oder sonstigen Fahrnissen auf diesem Weg zu unterlassen.
Am 7. März 2001 bewilligte dieses Gericht dem Beklagten wider die Kläger zur Erwirkung der oben dargestellten Unterlassung die Exekution und verhängte über sie eine Geldstrafe. Die Exekutionsbewilligung stützt sich auf die Behauptungen des Beklagten, die Kläger hätten am 2. Jänner 2002 zwei und am 28. Jänner 2002 ab etwa 12.00 Uhr durch etwa 24 Stunden einen Pkw auf dem Weg derart abgestellt, dass ihm die Durchfahrt verwehrt gewesen sei.
Mit der vorliegenden Impugnationsklage begehren die Kläger die Aufhebung der Exekutionsbewilligung samt Strafbeschluss mit der Begründung, weder sie noch Familienangehörige würden auf dem Weg Fahrzeuge so abstellen, dass das Dienstbarkeitsrecht des Beklagten behindert werden könne. Der Weg werde nur von zwei anderen Familienmitgliedern, nämlich dem Sohn und der Schwiegertochter für die Zufahrt zu deren Garage benutzt. Weder die Kläger selbst, noch Personen, auf die sie Einfluss nehmen könnten, wie etwa Familienangehörige, hätten am 2. oder 28. Jänner 2002 Fahrzeuge auf dem Weg so abgestellt, dass dem Beklagten die Durchfahrt nicht möglich gewesen wäre.
Das Dienstbarkeitsrecht des Beklagten erstrecke sich lediglich auf eine Breite von 3 m, während der Weg in der Natur eine solche vom 5,2 bis 6 m aufweise. Der Sohn und die Schwiegertochter würden ihre Fahrzeuge zwar gelegentlich kurzfristig auf dem Weg abstellen, um Sachen aus dem Auto auszuladen, in der Folge werde das Fahrzeug aber stets in die Garage gebracht. Jedenfalls treffe die Kläger keine Verhinderungspflicht gegenüber Handlungen Dritter, die ohne ihr Wissen und ihre Einwilligung Fahrzeuge auf dem Weg abstellen.
Der Beklagte wendete dazu ein, am 28. Jänner 2002 sei der Pkw des Sohnes und der Schwiegertochter der Kläger bis zumindest 12 Uhr des folgenden Tages derart abgestellt worden, dass die Durchfahrt erheblich beeinträchtigt gewesen sei. Am 2. Jänner 2002 sei dieses Fahrzeug über einen längeren Zeitraum dort so abgestellt gewesen, dass eine Durchfahrt überhaupt nicht möglich gewesen sei.
Das Erstgericht hob die Exekutionsbewilligung samt Strafbeschluss auf und traf dazu im Wesentlichen folgende Feststellungen:
Es ist nicht feststellbar, ob am 2. Jänner 2002 der Sohn der Kläger seinen Pkw nur wenige Minuten auf dem Dienstbarkeitsweg geparkt hat, um den Kinderwagen aufzuladen, oder aber, ob das Fahrzeug nicht ganz eine Stunde an dieser Stelle gestanden ist. Jedenfalls wollte der Beklagte in der fraglichen Zeit den Zufahrtsweg nicht befahren. Der Sohn bzw die Schwiegertochter der Kläger haben sich im unmittelbar daneben befindlichen "Zuhaus" befunden. Am 28. Jänner 2002 stellte der Sohn der Kläger sein Fahrzeug vor deren Haus ab, wobei nicht feststellbar ist, ob das Fahrzeug vom Nachmittag des 28. Jänner 2002 bis Mittag des Folgetages dort stand oder kürzer. Das Fahrzeug ragte in den Weg hinein, wobei grundsätzlich ein Passieren mit einem Pkw ohne weiteres möglich gewesen wäre, eine Breite des Weges von 3 m wäre jedoch nicht mehr gewährleistet gewesen. Grundsätzlich wäre der Sohn der Kläger auch im "Zuhaus" erreichbar gewesen. Die Streitteile wollten auch in dieser Zeit die Ausfahrt nicht benützen.
Der Sohn und die Schwiegertochter der Kläger bewohnten in dieser Zeit das "Zuhaus" zum Haus der Kläger.
In rechtlicher Hinsicht führte die Erstrichterin aus, es sei weder am 2. noch am 28. Jänner 2002 eine Störung durch die Kläger erfolgt. Am 2. Jänner 2002 habe sich nämlich der Sohn der Kläger in der Nähe des abgestellten Pkws aufgehalten und sei in der Lage gewesen, jederzeit bei Bedarf den Weg frei zu machen. Am 28. Jänner 2002 habe er sich im Haus der Kläger oder im "Zuhaus" befunden, sodass auch an diesem Tag die Durchfahrt ohne größeren Suchaufwand bewerkstelligt hätte werden können. Eine ernstliche Erschwerung oder Gefährdung der Ausübung der Dienstbarkeit sei jedenfalls nicht gegeben gewesen.
Dagegen erhob der Beklagte Berufung und bekämpfte darin auch die Feststellungen des Erstgerichts.
Das Berufungsgericht ließ die Mängel- und Beweisrüge unbehandelt, bestätigte jedoch die angefochtene Entscheidung aus folgenden rechtlichen Erwägungen:
Nach dem der Exekutionsführung zugrunde liegenden Urteil seien die Kläger zur Unterlassung der Beeinträchtigung des Dienstbarkeitsrechts des Beklagten verpflichtet, eine Einwirkungsverpflichtung der Kläger auf Dritte sei nicht Gegenstand des Unterlassungsbegehrens gewesen. Auch dann, wenn die Störungshandlung nicht von dem zur Unterlassung Verpflichteten selbst gesetzt, aber doch von ihm veranlasst worden sei, in dem er durch Handlungen oder Unterlassungen die Voraussetzungen dafür geschaffen habe, dass der Dritte die Störung begehen habe können, werde von der Rsp eine der Unterlassungspflicht immanente Einwirkungspflicht auf Dritte anerkannt. Im vorliegenden Fall stehe fest, dass der Sohn und die Schwiegertochter in einem Zuhaus im Nahebereich des Weges gewohnt hätten. Beim Sohn der Kläger und ihrer Schwiegertochter handle es sich aber nicht um solche Personen, welche automatisch von der Einwirkungspflicht im Unterlassungsbegehren erfasst seien, die Kläger hätten auch nicht die Voraussetzungen dafür geschaffen, dass durch den Sohn eine Beeinträchtigung des Dienstbarkeitswegs herbeigeführt werde. Eine gemeinsame Haushaltsführung, welche eine entsprechende Einwirkungspflicht indizieren könnte, sei nicht vorgelegen. Zudem wäre es dem Beklagten ein Leichtes gewesen, bereits im Titelverfahren in sein Begehren auch eine ausdrückliche Einwirkungspflicht aufzunehmen, von der naturgemäß auch der Sohn und dessen Ehegattin erfasst worden wären. Da eine derartige Einwirkungspflicht nicht gesondert begehrt und nicht zum Gegenstand des Titelverfahrens gemacht worden sei, könne sich der Beklagte auch nicht auf eine entsprechende Einwirkungspflicht berufen.
Über Antrag des Beklagten änderte das Berufungsgericht den Ausspruch über die Unzulässigkeit der Revision dahin ab, dass es diese für zulässig erklärte, weil zu der hier relevanten Frage, ob unter den hier vorliegenden Umständen Familienangehörige, welche nicht im gemeinsamen Haushalt mit titelmäßig zur Unterlassung verpflichteten Personen wohnten, von dieser (hier: die Kläger) treffenden Einwirkungspflicht erfasst seien, gesicherte höchstgerichtliche Rsp fehle.
Rechtliche Beurteilung
Die Revision der Beklagten ist zulässig, weil das Berufungsgericht - wie im Folgenden noch darzulegen sein wird - von der Rsp des Obersten Gerichtshofs abgewichen ist; sie ist iS ihres Eventualantrags auf Aufhebung auch berechtigt.
Mit Impugnationsklage (nach § 36 Abs 1 Z 1 EO) kann der Verpflichtete geltend machen, er habe dem Exekutionstitel überhaupt nicht zuwider gehandelt oder es treffe ihn kein Verschulden (stRsp, zuletzt etwa 3 Ob 317/01s = JBl 2002, 805 = RdW 2002, 738; weitere Nachweise bei Jakusch in Angst, EO, § 36 Rz 20 und Klicka in Angst, EO, § 355 Rz 22; beide für eine Klage bloß analog § 36 Abs 1 Z 1 EO; ohne diese Einschränkung Rebernig in Burgstaller/Deixler-Hübner, EO, § 36 Rz 27; Höllwerth in Burgstaller/Deixler-Hübner aaO § 355 Rz 61). Nach der Rsp hat das Begehren auf Unzulässigerklärung der Anlassexekution zu lauten (Nachweise bei Jakusch aaO Rz 50).
Nach ganz herrschender Auffassung kann die Exekution auf Unterlassung der Ausübung einer Grunddienstbarkeit gegen den im Exekutionstitel verpflichteten Eigentümer der Liegenschaft auch dann bewilligt werden, wenn nicht er selbst, sondern seine "Hausleute" dem Exekutionstitel zuwider handeln (SZ 19/64, SZ 55/59 ua; RIS-Justiz RS0004755). Es wird in einem bestimmten Umfang dem Verpflichteten auch das verbotswidrige Verhalten Dritter als eigener Verstoß gegen die ihn treffende Unterlassungspflicht angerechnet (Höllwerth aaO § 355 Rz 23; Klicka aaO § 355 Rz 5). Die Unterlassungsverpflichtung erfasst also nicht nur das persönliche Handeln des Verpflichteten, sondern auch das Handeln jener Personen, auf die er Einfluss nehmen kann, also jedenfalls seiner Familienangehörigen (SZ 55/59; Höllwerth, Klicka, jeweils aaO). Im vorliegenden Fall bezeichnen die Kläger selbst ihren Sohn und ihre Schwiegertochter als Familienangehörige und es ergibt sich aus dem Zusammenhang der Klage, dass sie auch davon ausgehen, auf diese Einfluss nehmen zu können. Sie haben auch nie behauptet, es treffe sie mangels Einflussmöglichkeit auf diese Personen kein Verschulden (zur Behauptungslast siehe 3 Ob 19/01t = JBl 2002, 261 = RZ 2002/23 mwN), sondern vorgebracht, weder sie noch die genannten Personen würden die Dienstbarkeit des Beklagten beeinträchtigen. Entscheidend für den Impugnationsstreit ist somit, ob dem Beklagten der Nachweis eines Zuwiderhandelns der Angehörigen der Kläger gegen den Exekutionstitel gelingt. Da bei der Exekution nach § 355 EO nur der Verstoß gegen das nach dem Exekutionstitel Verbotene maßgebend ist, kommt es (entgegen der Ansicht des Erstgerichts) grundsätzlich nicht darauf an, ob Sohn und Schwiegertochter sich in erreichbarer Nähe ihres dem Titel zuwider auf dem Servitutsweg abgestellten Pkws aufhielten. Maßgebend könnte nur sein, ob wegen der konkret vorliegenden Umstände (etwa Halten wegen Be- oder Entladung) ein "Abstellen" noch nicht vorgelegen wäre. Da das bloße Beeinträchtigen der uneingeschränkten Dienstbarkeit nach dem Titel zu unterlassen ist, reicht auch eine nicht ganz unerhebliche Einschränkung der von der Dienstbarkeit umfassten Wegbreite hin, um einen Verstoß zu bejahen. Dabei steht die Feststellung einer bloßen Beeinträchtigung der Fahrmöglichkeit einer (zumindest) teilweisen Klagsabweisung nicht entgegen, weil darin ein Minus zum im Exekutionsantrag behaupteten Verwehren der Durchfahrt liegt. Wie der Oberste Gerichtshof bereits entschieden hat, ist der Impugnationsklage gemäß § 36 Abs 1 Z 1 EO gegen eine Unterlassungsexekution nach § 355 Abs 1 EO soweit stattzugeben, als der Verpflichtete die der Exekutionsbewilligung bzw Strafbeschlüssen zugrunde liegenden titelwidrigen Verhaltensweisen nicht realisierte, also die betreibende Partei einen in Wahrheit nicht bestehenden Vollstreckungsanspruch für sich in Anspruch nahm (3 Ob 317/01s).
Entgegen der Ansicht des Berufungsgerichts sind daher die vom Beklagten, aber auch von den Klägern in ihrer Berufungsbeantwortung bekämpften Tatsachenfeststellungen des Erstgerichts über die Dauer des Abstellens des Pkws von Relevanz, weshalb das Urteil des Gerichts zweiter Instanz aufzuheben und diesem eine neue Entscheidung aufzutragen ist.
Der Kostenvorbehalt gründet sich auf § 52 ZPO.
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