Spruch:
Der Nichtigkeitsbeschwerde wird Folge gegeben, es werden das angefochtene Urteil, das im Übrigen unberührt bleibt, im Ausspruch über die Unterbringung des Wolfgang S***** in einer Anstalt für geistig abnorme Rechtsbrecher gemäß § 21 Abs 1 StGB sowie die darauf beruhenden Anordnungen aufgehoben und die Sache im Umfang der Aufhebung zu neuer Verhandlung und Entscheidung an das Erstgericht zurückverwiesen.
Mit seiner Berufung wird der Betroffene auf diese Entscheidung verwiesen.
Text
Gründe:
Mit dem angefochtenen Urteil, das auch einen in Rechtskraft erwachsenen abweisenden Teil enthält, wurde Wolfgang S***** gemäß § 21 Abs 1 StGB in eine Anstalt für geistig abnorme Rechtsbrecher eingewiesen, weil er in Pram in einem die Zurechnungsfähigkeit ausschließenden Zustand (§ 11 StGB), der auf einer geistigen oder seelischen Abartigkeit höheren Grades beruhte,
1. am 5. und 6. Dezember 2001 Christine D***** jeweils durch die telefonisch mitgeteilte Äußerung: "Du Drecksau, ich bring dich um, wenn du meine Mutter nicht in Ruhe lässt!", durch Drohung mit dem Tod zu einer Unterlassung, nämlich der Kontaktaufnahme zu Maria S*****, genötigt, wobei die Nötigung infolge neuerlicher Kontaktaufnahme durch Christine D***** mit Maria S***** beim Versuch geblieben ist;
2. am 5. Dezember 2001 Christine D***** durch die Äußerung: "Ich bring dich um, ich mach dich kalt und heiz dich ein!", mit dem Tod gefährlich bedroht, um sie in Furcht und Unruhe zu versetzen, mithin Taten, die mit einer ein Jahr übersteigenden Freiheitsstrafe bedroht sind, begangen hat, die ihm außerhalb dieses Zustandes als Verbrechen der versuchten schweren Nötigung nach §§ 15, 105 Abs 1, 106 Abs 1 Z 1 erster Fall StGB und als Vergehen der gefährlichen Drohung nach § 107 Abs 1 und 2 erster Fall StGB zuzurechnen gewesen wären, und (zu ergänzen - vgl US 7) nach seiner Person, nach seinem Zustand sowie nach der Art der Tat zu befürchten ist, dass er sonst unter dem Einfluss seiner geistigen oder seelischen Abartigkeit höheren Grades eine mit Strafe bedrohte Handlung mit schweren Folgen begehen werde.
Gemäß § 45 Abs 1 StGB sah das Schöffengericht im Hinblick auf den zwischenzeitig erzielten Behandlungserfolg die Unterbringung für eine Probezeit von fünf Jahren bedingt nach. Entgegen § 494 StPO ordnete es im Urteil (und nicht mit gesondertem Beschluss) Bewährungshilfe an und erteilte zwei Weisungen.
Diese Entscheidung bekämpft der Betroffene mit auf § 281 Abs 1 Z 3 und 5 StPO gestützter Nichtigkeitsbeschwerde sowie mit einer (nicht ausgeführten) Berufung.
Rechtliche Beurteilung
Der Mängelrüge (Z 5) kommt Berechtigung zu. Tatsächlich hat - wie die Beschwerde zutreffend aufzeigt - das Erstgericht in der am 26. März 2003 gemäß § 276a StPO wegen Zeitablaufes neu durchgeführten Hauptverhandlung weder Zeugen vernommen noch den Betroffenen zur Sache selbst befragt. Es hat auch nicht die Anzeige, andere im Verlaufe des Verfahrens aufgenommene Protokolle oder sonstige Teile des Aktes verlesen. Dessen ungeachtet hat es die nicht in das Beweisverfahren eingebrachten Aussagen des Betroffenen und der Zeugin im Urteil verwertet (US 8 ff). Ein Urteil aber, welches die Feststellungen entscheidender Tatsachen auf Beweismittel gründet, die in der Hauptverhandlung nicht vorgekommen sind (§ 258 Abs 1 StPO), ist nach § 281 Abs 1 Z 5 StPO nichtig (Ratz, WK-StPO § 281 RN 459; Mayerhofer StPO4 § 258 E 6 ff).
Der Nichtigkeitsbeschwerde des Betroffenen war daher bei nichtöffentlicher Beratung sofort Folge zu geben (§ 285e StPO), womit sich ein Eingehen auf das weitere Beschwerdevorbringen erübrigt. Es bleibt jedoch anzumerken, dass der Nichtigkeitsgrund des § 281 Abs 1 Z 3 StPO durch Überschreitung der vierwöchigen Ausfertigungsfrist des Urteiles nicht vorliegt, weil § 270 Abs 1 StPO nicht ausdrücklich mit Nichtigkeit bedroht ist und die Z 3 des § 281 Abs 1 StPO nur solche Gesetzesverletzungen betrifft, die in der Hauptverhandlung unterlaufen sind.
Im erneuerten Verfahren wird das Erstgericht den Vorwurf des Einweisungsantrages neuerlich anhand der zur Verfügung stehenden Beweismittel zu prüfen und sodann in der Hauptverhandlung vorgekommene Beweise seiner Entscheidung zu Grunde zu legen haben. Mit seiner (angemeldeten) Berufung war der Betroffene auf diese Entscheidung zu verweisen.
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