OGH 12Os53/03

OGH12Os53/0323.10.2003

Der Oberste Gerichtshof hat am 23. Oktober 2003 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Schindler als Vorsitzenden sowie durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Holzweber, Dr. Habl, Dr. Philipp und Dr. Schwab als weitere Richter, in Gegenwart des Richteramtsanwärters Mag. Proksch als Schriftführer, in der Strafsache gegen Robert O***** wegen des Verbrechens nach § 28 Abs 2 erster Fall SMG und einer weiteren strafbaren Handlung über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung des Angeklagten gegen das Urteil des Landesgerichtes St. Pölten als Schöffengericht vom 19. März 2003, GZ 16 Hv 17/03i-19, nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

 

Spruch:

In teilweiser Stattgebung der Nichtigkeitsbeschwerde wird das Urteil, das im Übrigen unberührt bleibt, in der rechtlichen Beurteilung des unter Punkt 1 bezeichneten Verbrechens nach § 28 Abs 2 erster Fall SMG als vollendet und demgemäß auch im Strafausspruch einschließlich des Widerrufs der bedingten Strafnachsicht aufgehoben und die Sache im Umfang der Aufhebung zu neuer Verhandlung und Entscheidung an das Erstgericht zurückverwiesen.

Im Übrigen wird die Nichtigkeitsbeschwerde zurückgewiesen. Mit seiner Berufung (und der Beschwerde - § 498 Abs 3 StPO) wird der Angeklagte auf diese Entscheidung verwiesen.

Gemäß § 390a Abs 1 StPO fallen dem Angeklagten auch die Kosten des Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Text

Gründe:

Mit dem angefochtenen Urteil wurde Robert O***** des Verbrechens nach § 28 Abs 2 erster Fall SMG (1) und des Vergehens nach § 27 Abs 1 (erster und zweiter Fall) SMG (2) schuldig erkannt. Darnach hat er im Jahr 2002 den bestehenden Vorschriften zuwider

1. Suchtgift in einer großen Menge (§ 28 Abs 6 SMG) in Ennsdorf erzeugt, indem er 286 Marihuanapflanzen anbaute und zur Aufzucht brachte;

2. in Ennsdorf, Linz, Enns und anderen Orten Suchtgift, nämlich 140 Gramm Cannabisharz und 1.034 Gramm Cannabiskraut, erworben und besessen.

Rechtliche Beurteilung

Der dagegen vom Angeklagten aus den Gründen der Z 5, 9 lit a und 10 des § 281 Abs 1 StPO erhobenen Nichtigkeitsbeschwerde kommt zum Teil Berechtigung zu.

Die Feststellung, wonach der Angeklagte die Pflanzen "in der Absicht zog, durch den Anbau und die Aufzucht bis zur Erntereife möglichst viel an Cannabiskraut zu erhalten, wobei er billigend in Kauf nahm, die ihm bekannte Schwelle zur großen Menge von 20 Gramm THC zu überschreiten" (US 5), lässt - der Mängelrüge (Z 5) zuwider - in Ansehung der subjektiven Tatseite des Suchtgiftverbrechens (1) an Deutlichkeit nichts zu wünschen übrig.

Fehlt geht ferner die Behauptung unzureichender Begründung des auf die Erzeugung einer großen Suchtgiftmenge gerichteten Vorsatzes, den das Erstgericht mängelfrei aus der Verantwortung des Angeklagten, wonach er aus 12 Pflanzen 1.000 Gramm Marihuana ernte (S 149), sowie seinen im (verlesenen) Akt U 186/94 des Bezirksgerichtes Haag enthaltenen Äußerungen, dass er sich schon früher mit der Erzeugung von Marihuana befasste und seit dem 17. Lebensjahr Suchtgift konsumiert, ableiten konnte.

Die Kritik, jener Teil der Urteilsbegründung, in welchem aus dem Reinhaltsgehalt des beim Angeklagten zuletzt sichergestellten Cannabiskrautes auf den Reinsubstanzgehalt der Pflanzen zum Zeitpunkt der Erntereife und aus dem Verhältnis von 12 Pflanzen zu einer erzielten Erntemenge von etwa 1.000 Gramm Marihuana auf eine zu erwartende Erntemenge von 23 Kilogramm Marihuana aus 286 Pflanzen geschlossen wird (US 6), sei unzureichend bzw nicht nachvollziehbar, läuft ebenso auf eine im schöffengerichtlichen Verfahren unzulässige Bekämpfung der Beweiswürdigung hinaus wie die Behauptung seines fehlenden Wissens über die zu erwartenden Erntemengen bei ("experimenteller") Erzeugung nur für den Eigenbedarf. Entgegen der Auffassung des Angeklagten ist die Urteilsannahme des Vorsatzes auf Erzeugung einer großen Menge Suchtgiftes nicht "aktenwidrig". Denn ein solcher Mangel haftet einem Urteil nur dann an, wenn es den eine entscheidende Tatsache betreffenden Inhalt einer Aussage oder Urkunde in seinem wesentlichen Teilen unrichtig oder unvollständig wiedergibt (Foregger/Fabrizy StPO8 § 281 Rz 47), nicht aber, wenn - wie hier - aus dem Reinsubstanzgehalt von (nur) 1,0 bis 1,25 % bei den Robert O***** sichergestellten (früher gezogenen) Cannabispflanzen auf einen gleichen Wirkstoffgehalt der von ihm nunmehr angebauten Hanfpflanzen geschlossen, sohin im Rahmen der freien Beweiswürdigung (§ 258 Abs 2 StPO) aus aktenkonform wiedergegebenen Beweisergebnissen eine logisch fehlerfreie Schlussfolgerung gezogen wird.

Indem die Rechtsrüge (Z 9 lit a) behauptet, die bei Erörterung der Mängelrüge (Z 5) wiedergebenden Urteilsannahmen zur subjektiven Tatseite des Suchtgiftverbrechens (1) "vermögen den Schuldspruch nicht zu tragen", ohne darzulegen, welche weitere Konstatierung der Beschwerdeführer vermisst, führt sie den Tatumstand, der den Nichtigkeitsgrund bilden soll, nicht an und ist damit nicht prozessordnungsgemäß ausgeführt.

Gleiches gilt für die Subsumtionsrüge (Z 10), soweit sie - abweichend von den Feststellungen zum Schuldspruchfaktum 1 (US 5) - den (bedingten) Vorsatz des Beschwerdeführers auf Erzeugung einer großen THC-Menge bestreitete (und solcherart eine Verurteilung bloß nach § 27 Abs 1 dritter Fall SMG anstrebt).

Der weitere Einwand, wonach das Urteil keine Feststellungen enthalte

"welche ... Reinsubstanz des Wirkstoffes in den 286 Cannabispflanzen

vorhanden war", vielmehr lediglich die Konstatierung enthalte, dass

... Setzlinge und Pflanzen bis zu einer Höhe von ca 120 cm

sichergestellt wurden (nominell Z 9 lit a, sachlich Z 10), ist hingegen insofern berechtigt, als daraus - der Sache nach - die Entwicklungsstufe des Versuchs der Tat (§ 15 StGB) abzuleiten wäre. Da das Erstgericht zwar - in Übereinstimmung mit der Beurteilung der Tat als Versuch - auf "zu erwartende Erntemengen" abstellt, im Widerspruch dazu aber die Verantwortung des Angeklagten, "von der Ausbeute seines letzten Pflanzenversuchs überrascht gewesen zu sein" lediglich quantitätsbezogen unter Hinweis auf seine bisherigen Erfahrungen bei der Erzeugung von Marihuana ablehnte (jeweils US 5), somit über die Tatvollendung abspricht, ist die Teilkassierung des angefochtenen Urteils im betroffenen Umfang und die Anordnung einer partiellen Verfahrenserneuerung unumgänglich (§ 285e StPO). Im Übrigen war die teils offenbar unbegründete, teils nicht prozessordnungsgemäß ausgeführte Nichtigkeitsbeschwerde - auch soweit sie unsubstantiiert "notwendige Feststellungen zur subjektiven Tatseite" im Zusammenhang mit dem Schuldspruch wegen des Vergehens nach § 27 Abs 1 erster und zweiter Fall SMG (2) vermisst - gleichfalls in nichtöffentlicher Beratung sofort zurückzuweisen. Mit seiner Berufung und Beschwerde war der Angeklagte auf die teilkassatorische Entscheidung zu verweisen.

Die Kostenentscheidung ist in der bezogenen Gesetzesstelle begründet.

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