Spruch:
Für diese Pflegschaftssache ist das Bezirksgericht Wolfsberg zuständig.
Der Beschluss des Bezirksgerichtes Wolfsberg vom 7. 8. 2003, GZ 1 P 145/03y-43, wird aufgehoben.
Text
Begründung
Die Minderjährigen befinden sich bei Pflegeeltern in Bad St. Leonhard im Lavanttal. Der Pflegschaftsakt wurde beim Jugendgerichtshof Wien zu 6 P 7/02t geführt.
Mit Beschluss vom 30. 6. 2003, ON 42, trat der Jugendgerichtshof Wien den Akt dem Bezirksgericht Wolfsberg im Sinne von BGBl I 30/2003 zuständigkeitshalber ab.
Mit Beschluss vom 7. 8. 2003, ON 43, lehnte das Bezirksgericht Wolfsberg die Übernahme der Pflegschaftssache vorerst ab. In seiner Begründung bezog es sich auf § 111 JN und hielt es für zweckmäßiger, dass der Jugendgerichtshof Wien zuerst über die offenen Anträge auf Festsetzung von Kostenersatzbeiträgen entscheide. Am 11. 9. 2003 übersandte das Bezirksgericht Wolfsberg den Akt an den Jugendgerichtshof Wien (ON 44).
Der Akt gelangte in der Folge zum Landesgericht für Strafsachen Wien, welches ihn an das Bezirksgericht Wolfsberg mit dem Bemerken retournierte, dass der Jugendgerichtshof Wien nicht mehr bestehe und daher auch nicht mehr entscheiden könne (ON 45).
Daraufhin legte das Bezirksgericht Wolfsberg den Akt dem Obersten Gerichtshof zur Entscheidung gemäß § 47 JN vor (ON 46).
Rechtliche Beurteilung
Gemäß § 47 Abs 1 JN sind Streitigkeiten zwischen verschiedenen Gerichten erster Instanz über die Zuständigkeit für eine bestimmte Rechtssache von dem diesen Gerichten zunächst übergeordneten gemeinsamen höheren Gericht zu entscheiden.
Gemäß Art III § 2 Abs 1 BGBl I 30/2003 wird der Jugendgerichtshof Wien mit Ablauf des 30. 6. 2003 aufgelassen. Nach Abs 4 dieser Bestimmung sind die am 30. 6. 2003 beim Jugendgerichtshof Wien in Ausübung der den Bezirksgerichten zustehenden Gerichtsbarkeit anhängigen Pflegschaftssachen von den jeweils örtlich zuständigen Bezirksgerichten weiterzuführen.
Der Jugendgerichtshof Wien existiert also - trotz seiner bisher aufrechterhaltenen Nennung als Gerichtshof erster Instanz in § 30 Abs 1 GOG - nicht mehr. Die Zuständigkeit für die vorliegende Pflegschaftssache ist kraft Gesetzes - und nicht durch gerichtliche Übertragung gemäß § 111 JN - auf das Bezirksgericht Wolfsberg als gemäß § 109 Abs 1 JN örtlich zuständiges Bezirksgericht übergegangen. Das Ansinnen dieses Gerichtes, ein gar nicht mehr existentes anderes Gericht möge noch nach seiner Auflassung offene Anträge erledigen, ist abwegig. Über die offenen Anträge wird somit das Bezirksgericht Wolfsberg selbst zu entscheiden haben.
Es könnte zweifelhaft sein, ob hier überhaupt ein Fall des § 47 Abs 1 JN vorliegt, weil diese Bestimmung die Existenz beider über die Zuständigkeit streitenden Gerichte voraussetzt und eine Zuweisung an ein aufgelassenes Gericht denkunmöglich ist. Zur Klarstellung der Zuständigkeitslage ist es aber zweckmäßig, in zumindest sinngemäßer Anwendung des § 47 JN auszusprechen, dass das Bezirksgericht Wolfsberg für diese Pflegschaftssache zuständig ist, und den die Übernahme der Pflegschaftssache ablehnenden Beschluss dieses Gerichtes aus dem Rechtsbestand zu entfernen (vgl RIS-Justiz RS0046377).
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