Spruch:
Der außerordentliche Revisionsrekurs wird gemäß §§ 78, 402 Abs 4 EO iVm § 526 Abs 2 Satz 1 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 528 Abs 1 ZPO zurückgewiesen (§ 528a iVm § 510 Abs 3 ZPO).
Text
Begründung
Die Beklagte macht als erhebliche Rechtsfrage geltend, dass das Rekursgericht die Unterscheidung zwischen der Auffassung eines politisch verständigen Lesers und der eines nicht so qualifizierten Lesers zu Unrecht als nicht maßgeblich erachtet habe. Nach der Rechtsprechung der Mediengerichte sei nicht der Standpunkt irgendeines Durchschnittslesers, sondern der des politisch verständigen Lesers maßgebend. Die Grundsätze des Mediengesetzes seien bei gleichen Sachverhalten auch von den Zivilgerichten zu beachten.
Rechtliche Beurteilung
Richtig ist, dass nach nunmehr ständiger Rechtsprechung die Wertungen des Medienrechtes jedenfalls dort, wo der gleiche Sachverhalt geregelt wird, bei der Auslegung des § 78 UrhG zu berücksichtigen sind (4 Ob 63/95 = ÖBl 1996, 161 - Kopf der Drogenbande; 4 Ob 184/97f = SZ 70/183 = ÖBl 1998, 88 - Ernestine K. mwN). Im vorliegenden Fall führt aber auch die Beurteilung des Bildbegleittexts vom Blickwinkel eines politisch verständigen Lesers aus zu keinem anderen Ergebnis. Wie das Rekursgericht zu Recht ausführt, wird jeder Leser, ob "durchschnittlich" oder "höher gebildet", den Text als ehrenrührigen Vorwurf verstehen. Nur aus diesem Grund und nicht weil es die Wertungen des Mediengesetzes für nicht maßgeblich erachtet hätte, ist das Rekursgericht auf die Unterscheidung zwischen den beiden Leserschichten nicht weiter eingegangen.
Im Übrigen widerspricht sich die Beklagte selbst, wenn sie einerseits damit argumentiert, dass der politisch verständige Leser dem Text nur entnehme, der Kläger habe lediglich politische Kritik und damit sein Recht auf Meinungsfreiheit und -vielfalt ausgeübt, andererseits aber erklärt, jede Person, die an maßgeblicher Position im politischen Leben stehe, müsse sich Kritik an ihrem Verhalten gefallen lassen. Wäre der Begleittext tatsächlich nur als Bericht über die Ausübung des Rechts auf Meinungsfreiheit zu verstehen, so fehlte es an einer Kritik, die sich der Kläger gefallen lassen muss.
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