OGH 10ObS432/02f

OGH10ObS432/02f21.10.2003

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Bauer als Vorsitzenden, die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Fellinger und Dr. Schramm sowie die fachkundigen Laienrichter Mag. Dr. Wolfang Höfle (aus dem Kreis der Arbeitgeber und Leopold Smrcka (aus dem Kreis der Arbeitnehmer) als weitere Richter in der Sozialrechtssache der klagenden Partei Waltraud F*****, vertreten durch Dr. Edeltraud Fichtenbauer, Rechtsanwältin in Wien, gegen die beklagte Partei Pensionsversicherungsanstalt, 1021 Wien, Friedrich-Hillegeist-Straße 1, im Revisionsverfahren nicht vertreten, wegen Berufsunfähigkeitspension, infolge Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Wien als Berufungsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen vom 28. August 2002, GZ 10 Rs 232/02i-40, womit infolge Berufung der klagenden Partei das Urteil des Arbeits- und Sozialgerichtes Wien vom 6. Februar 2002, GZ 19 Cgs 219/99f-36, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung

I. den Beschluss

gefasst:

Der Antrag der klagenden Partei, gemäß Art 89 Abs 2 B-VG an den Verfassungsgerichtshof den Antrag zu stellen, § 273 ASVG als verfassungswidrig aufzuheben, wird zurückgewiesen.

II. Zu Recht erkannt:

 

Spruch:

Der Revision wird nicht Folge gegeben.

Die Klägerin hat die Kosten ihres Rechtsmittels selbst zu tragen.

Text

Entscheidungsgründe:

Eingangs ist festzuhalten, dass die Bezeichnung der beklagten Partei von Amts wegen von "Pensionsversicherungsanstalt der Angestellten" auf "Pensionsversicherungsanstalt" zu berichtigen war, weil mit 1. 1. 2003 alle Rechte und Verbindlichkeiten der Pensionsversicherungsanstalt der Angestellten auf die neu errichtete Pensionsversicherungsanstalt als Gesamtrechtsnachfolger übergingen (§ 538a ASVG idF 59. ASVG-Novelle, BGBl I 2002/1).

Die Klägerin wiederholt - unter den Rechtsmittelgründen der unrichtigen rechtlichen Beurteilung der Sache und der Mangelhaftigkeit des Berufungsverfahrens - ihren Standpunkt, sie sei auf Grund ihres spastischen Schiefhalses (Torticollis spasticus) leichten Grades und Kopftremors ("Wackelkopfes") vom Arbeitsmarkt ausgeschlossen. Dieses Leiden stehe nämlich einer Kommunikation der Klägerin mit Vorgesetzten und Arbeitskollegen entgegen. Die Klägerin könne zwar sprechen, ein gesunder (durchschnittlicher) Mensch könne aber mit ihr nicht kommunizieren, weil seine Aufmerksamkeit auf den ständig wackelnden, schief am Körper der Klägerin sitzenden Kopf gerichtet sei, weshalb er sich "im Zuge der Kommunikation" nicht "auf die Kommunikation" konzentrieren könne.

Rechtliche Beurteilung

Dem ist entgegenzuhalten, dass die Klägerin ganz richtig erkennt, dass nach ihren Behauptungen ihr Leiden nicht ihre Kommunikationsfähigkeit, sondern jene anderer Menschen angeblich beeinträchtigt. Nach den Feststellungen der Vorinstanzen ist die Klägerin in der Lage, ihre Tätigkeit als Dekorateurin ohne wesentliche Einschränkungen zu verrichten. Demnach ist es nicht entscheidend, ob sich das Leiden der Klägerin - wie sie behauptet - während ihres Berufslebens bedeutend verschlechterte. Die Tätigkeit einer Dekorateurin ist nicht mit Kunden- und Parteienverkehr verbunden. Sollte die Klägerin tatsächlich auf Grund fehlender Akzeptanz ihres köperlichen Zustandes am Arbeitsmarkt keinen geeigneten Arbeitsplatz finden, läge Arbeitslosigkeit, nicht aber Berufsunfähigkeit vor, wie der Oberste Gerichtshof bereits in Bezug auf eine behauptete Inakzeptanz eines spastischen Schiefhalses ausgesprochen hat (10 ObS 144/98v mwN). Die von der Revisionswerberin behaupteten Feststellungsmängel liegen somit nicht vor. Da die Klägerin ihre Tätigkeit als Dekorateurin ohne wesentliche Einschränkungen verrichten kann, kommt der vom Obersten Gerichtshof in ständiger Rechtsprechung (zB SSV-NF 15/96) verneinten Frage, ob ein bereits vor Beginn der Erwerbstätigkeit eingetretener und damit in das Versicherungsverhältnis mitgebrachter, im wesentlichen unveränderter körperlicher oder geistiger Zustand bei Leistungen aus den Versicherungsfällen der geminderten Arbeitsfähigkeit zum Eintritt des Versicherungsfalls führen kann, keine entscheidungserhebliche Bedeutung zu. Die Ausführungen der Revision zur angeblichen Verfassungswidrigkeit des § 273 Abs 1 ASVG betreffen schon aus diesem Grund keine im vorliegenden Fall relevante Frage. Ein Recht, vom Obersten Gerichtshof die Antragstellung an den Verfassungsgerichtshof auf Aufhebung eines Gesetzes wegen Verfassungswidrigkeit zu begehren, steht der Revisionswerberin im Übrigen nicht zu (SSV-NF 9/34 mwN ua). Der darauf abzielende Antrag war daher zurückzuweisen. Die Kostenentscheidung beruht auf § 77 Abs 1 Z 2 lit b ASGG.

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